Urteil des OLG Oldenburg vom 03.06.2004

OLG Oldenburg: rechtliches gehör, voreingenommenheit, unparteilichkeit, unbefangenheit, rechtslehre, willkürverbot, berufungskläger, rückabwicklung, gesellschafter, datum

Gericht:
OLG Oldenburg, 15. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 15 U 8/04
Datum:
03.06.2004
Sachgebiet:
Normen:
ZPO 42 Abs 2, ZPO 42 Abs 2
Leitsatz:
Befangenheit eines Richters wegen rechtlicher Ausführungen in einem Hinweisbeschluss nach § 522
Abs. 2 ZPO?
Volltext:
Oberlandesgericht Oldenburg
15 U 8/04
6 O 2154/03 LG Oldenburg
Beschluss
In dem Rechtsstreit
S... ,
Kläger und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...
g e g e n
1. D... ,
2. D... ,
3. K... ,
4. D... ,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...
hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
durch die Richter am Oberlandesgericht ..., ... und ...
am 03. Juni 2004
beschlossen:
Der Antrag des Klägers, den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... , den Richter am Oberlandesgericht ...
und die Richterin am Oberlandesgericht ... wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird als unbegründet
zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Das Landgericht Oldenburg hat mit Urteil vom 23. Dezember 2003 die Klage auf Rückabwicklung einer Beteiligung
des Klägers als stiller Gesellschafter an der S... AG abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner frist
und formgemäß eingelegten Berufung. Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg hat in der Besetzung
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht ... , Richter am Oberlandesgericht ... und Richterin am Oberlandesgericht
... mit Hinweisbeschluss vom 15. April 2004 den Kläger auf die beabsichtigte Zurückverweisung der Berufung und
die Gründe hierfür gem. § 522 Abs. 2 ZPO hingewiesen. Mit Schriftsatz vom 6. Mai 2004 hat der Kläger den
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... , den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am
Oberlandesgericht ... wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung hat er im wesentlichen geltend
gemacht: Die Begründung des Hinweisbeschlusses lasse erkennen, dass die abgelehnten Richter eine Entscheidung
unter Außerachtlassung des klägerischen Sachvortrags aus Klage und Berufungsbegründung erwägen, so dass eine
Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG drohe. Weiterhin lasse der Beschluss
eine Entscheidung erkennen, die unter Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG in seiner
Ausprägung als Willkürverbot ergehen werde. Daraus ergebe sich aus der Sicht einer verständigen Partei der
zwingende Eindruck fehlender Unbefangenheit der abgelehnten Richter.
Die abgelehnten Richter haben sich am 7. Mai 2004 dienstlich geäußert. Die Ablehnungsgesuche bleiben ohne
Erfolg.
Nach § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund
vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu begründen. Nach gesichertem Erkenntnisstand
in der Rechtsprechung und Rechtslehre ist nicht erforderlich, dass der Richter tatsächlich befangen ist, wie es auch
unerheblich ist, ob er sich für befangen hält oder nicht. Es kommen vielmehr als Gründe, die geeignet sind,
Misstrauen gegen die Parteilichkeit des Richters zu rechtfertigen, nur solche in Betracht, die vom Standpunkt des
Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtungen wecken können, der Richter stehe der Sache nicht
unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (vgl. BverfG NJW 1993, 2230). Hierzu gehört allerdings
nicht die Kundgabe einer bestimmten Rechtsauffassung (Zöller/Vollkommer § 42 Rn. 42).
Unter Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich nicht, dass die mit der Sache befassten Richter dem Kläger nicht
neutral und objektiv gegenüber stünden. Selbst wenn man mit dem Kläger annimmt, die Ausführungen im
Hinweisbeschluss hätten den Streitstoff nicht erschöpfend behandelt und sein Vorbringen nur unzureichend
gewürdigt, rechtfertigt dies noch nicht die Ablehnung der Richter wegen Besorgnis der Befangenheit. Hierzu müssten
weitere Tatsachen hinzukommen, aus denen zu erkennen ist, dass der Richter nicht bereit sei, auf Argumente der
Parteien einzugehen oder dass er sich bereits vorzeitig endgültig festgelegt habe. Nur unter solchen Umständen
kann ein von dem Kläger angenommener Rechtsfehler zugleich Ausdruck einer Voreingenommenheit des Richters
sein (vgl. BayObLG ZMR 1994, 16). Das Ablehnungsgesuch zeigt hierfür keine hinreichenden Gesichtspunkte auf,
sondern erschöpft sich darin, dass der Kläger seinen abweichende Rechtsstandpunkt darlegt und die Tatsachen
anführt, welche seiner Ansicht nach in dem Hinweisbeschluss nicht ausreichend beachtet worden seien sollen. Es
ist aber gerade die Aufgabe des gesetzlich vorgeschriebenen Hinweises, dem Berufungsführer unter Darlegung der
für das Gericht tragenden Gesichtspunkte rechtliches Gehör zu der beabsichtigten Verfahrensweise zu gewähren,
um ihm Gelegenheit zu geben, diese zu entkräften oder weitere Einwände vorzubringen. Wenn der Hinweis nicht alle
Tatsachen aufgreift, rechtfertigt dies bei der gebotenen vernünftigen Betrachtungsweise (Zöller/Vollkommer § 42 Rn.
9) nicht den Schluss auf eine Voreingenommenheit der beteiligten Richter oder eine willkürliche Verfahrensweise.
Denn es entspricht Sinn und Zweck der vom Gesetzgeber beabsichtigten beschleunigten Verfahrensweise, wenn die
schriftlichen Ausführungen sich auf die wesentlichen Punkte beschränken, wobei die Gewichtung der maßgeblichen
Umstände zum wesentlichen Teil der richterlichen Überzeugungsbildung gehört. Der Hinweis soll indes kein alle
Aspekte ausleuchtendes Urteil ersetzen.
Daher erweist sich das Ablehnungsgesuch als unbegründet.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO sind nicht
gegeben, da es sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung handelt und die Rechtsfragen
bereits höchstrichterlich entschieden sind.
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