Urteil des OLG Oldenburg vom 23.02.1998

OLG Oldenburg: gebühr, wirtschaftliches interesse, gesellschafter, anwachsung, rechtsnachfolge, vergünstigung, grundstück, gesellschaftsanteil, gesamthänder, miteigentum

Gericht:
OLG Oldenburg, 05. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluß, 5 W 13/98
Datum:
23.02.1998
Sachgebiet:
Normen:
KOSTO § 61, KOSTO § 67, KOSTO § 30, BGB § 738
Leitsatz:
Gebühr für Grundbucheintragung betr. das Ausscheiden eines BGB-Gesell- schafters.
Volltext:
Gründe:
Mit dem angefochtenen, hiermit in Bezug genommenen Beschluß hat das Landgericht die den Beteiligten 1. und 2.
erteilten Kostenrechnungen des Amtsgerichts Oldenburg vom 23.1.1997 bestätigt, in denen von den Beteiligen
anteilig die Kosten für die Eintragung der Eigentumsverhältnisse an den vorbezeichneten Grundstücken nach der
Auseinandersetzung der vormalig bestehenden "... Grundstücksgesellschaft bürgerlichen Rechts" erhoben worden
sind.
Die dagegen gerichtete weitere Beschwerde ist gemäß § 14 Abs. 3 S. 2 KostO zulässig und hat in der Sache Erfolg,
da für die Eintragung des Ausscheidens der Beteiligten zu 1. aus der "... Grundstücksgesellschaft bürgerlichen
Rechts" im Grundbuch Band 681 Blatt 37169, 39391 und 55940 keine Gebühr nach §§ 60, 61 KostO, sondern nur
eine Gebühr nach § 67
KostO zu erheben ist.
Der Gebührentatbestand des § 60 KostO wird durch den Vorgang der Eintragung von Eigentümern oder
Miteigentümern ausgelöst. Die vorliegende Eintragung hinsichtlich der Anwachsung des Gesellschaftsanteils der
ausgeschiedenen Gesellschafter stellt aber keine Eintragung von Miteigentümern im Sinne des § 60 KostO dar, so
daß hierfür eine volle Gebühr aus dem nach § 61 Abs. 1 S. 3 KostO zu berechnenden Wert nicht angesetzt werden
kann (BayObLG RPfleger 1994, 128; Hartmann Kostengesetze 27 Aufl. § 67 KostO Rdn. 9; a.A.
Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann KostO 13. Aufl. § 61 Rdn. 6;
Rohs/Wedewer KostO § 61 Rdn. 2a). Mit der Voraussetzung der Eintragung als Miteigentümer knüpft § 60 KostO
materiell- rechtlich an den Erwerb von Eigentum oder Miteigentum an, wobei sich dieser Erwerb - wie etwa bei der
Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 BGB - auch außerhalb des Grundbuchs vollziehen kann. Um einen solchen
Eigentumserwerb, der die Eintragung eines neuen (Mit-) Eigentümers erforderlich macht,
handelt es sich bei der Anwachsung nach § 738 BGB aber nicht. Scheidet ein Gesellschafter aus einer Gesellschaft
aus, so tritt eine entsprechende Anwachsung seines Anteils die verbleibenden Gesellschafter ein, ohne daß es bei
Grundstücken einer Auflassung nach § 925 BGB bedarf (RGZ 65, 227; 68, 411; BGHZ 24, 352, 368). Der mit der
Anwachsung
verbundene unmittelbare Übergang des Gesellschaftsanteils auf die anderen verbleibenden Gesellschafter bedeutet
eine schlichte Vergrößerung der anderen Gesellschaftsanteile (so auch BayObLG aaO); sie stellt weder einen
rechtsgeschäftlichen Übertragungsakt dar noch
eine vertragliche oder gesetzliche Rechtsnachfolge (vgl. RGZ 163, 142, 147/148; BGHZ 50, 307, 310 etwa zur
entsprechenden Anwendung von § 1059a Nr. 1 BGB).
Eine andere Rechtsfolge ergibt sich auch nicht aus § 61 Abs. 2 S. 3 KostO. Diese Vorschrift enthält als
Sonderregelung gegenüber § 60 KostO nur eine Vergünstigung für die Erwerber von Gesamthandsanteilen an einem
Grundstück, nicht aber eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 60 KostO auf alle denkbaren
Veränderungen im Gesamthandseigentum. Soweit die Regelung bei Änderungen in der Person des an der
Gesamthand Berechtigten den Anteil des ausscheidenden oder neu eintretenden
Gesellschafters zugrunde legt, erfaßt sie nur den Fall des Erwerbs eines Gesamthandanteils im Wege der
rechtsgeschäftlichen Übertragung oder der Rechtsnachfolge. Anderenfalls müßte nicht nur der Fortfall des
ausscheidenden Gesellschafters, sondern auch der den Gesellschaftsanteil erwerbende, verbleibende Gesellschafter
im Grundbuch neu eingetragen
werden; dies findet aber nicht statt. Auch wird die Erweiterung des Anteils des verbleibenden Gesellschafters im
Grundbuch ebensowenig eingetragen wie die Größe des Anteils der einzelnen Gesamthänder (BayObLG aaO).
Da weder eine Eigentumsumschreibungsgebühr nach § 60 KostO noch eine
Löschungsgebühr nach § 68 KostO anfällt, ist nach § 67 Abs. 1 S.1, Abs. 3 KostO für den Anwachsungsvermerk
durch Eintragung in Spalte 4 der Abt. I des Grundbuchs ein Viertel der vollen Gebühr aus dem nach § 30 KostO zu
bestimmenden Wert zu erheben. Wenn auch für diese Wertbestimmung der volle Wert des Grundstücks nach § 19
KostO wegen des Verweises auf § 30 KostO in § 67 KostO nicht maßgebend ist, kommt ihm jedoch bei der
wirtschaftlichen Schätzung des ,Interesses" als Beziehungswert im Sinne des § 30 Abs. 1 KostO Bedeutung zu. Der
Senat legt im vorliegenden Fall den Wert der Anwachsung als wirtschaftliches Interesse an der Grundbuchänderung
und damit einen Gegenstandswert von 4.108.600.- DM (halber Gesamthandsanteil an den im Grundbuch von ...
Band 681 Blatt
37169, 39391 und 55940 eingetragenen Grundstücken) zugrunde. Ein Anlaß für eine weitergehende Ermäßigung des
Gegenstandswerts besteht nicht; das wirtschaftliche Interesse an der Grundbuchänderung bemißt sich auschließlich
nach dem Umfang der in der Eintragung dokumentierten Rechtsänderung. Aus diesem Gegenstandswert errechnet
sich ein Betrag von 1572,50 DM als Viertel der vollen Gebühr in Höhe von 6290.- DM, der von
den Beteiligten zu 1. und 2. je zur Hälfte zu zahlen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 Abs. 1 S. 2 KostO. Die Wertfestsetzung ergibt sich aus § 30 Abs. 1
KostO; dabei war zu berücksichtigen, daß sich die Beschwerdeführer nur insoweit gegen die von ihnen erhobenen
Kosten in Höhe von 6290.- DM gewandt haben,
als hier eine volle Gebühr und nicht eine viertel Gebühr nach § 67 KostO angesetzt worden ist; dementsprechend
verringerte sich der Beschwerdewert auf drei Viertel dieses Betrages.