Urteil des OLG Köln vom 27.03.2006

OLG Köln: verlängerung der frist, kommanditgesellschaft, vertragsklausel, einkommenssteuer, saldo, steuerbelastung, anteil, gesellschaftsvertrag, gesellschafter, einkünfte

Oberlandesgericht Köln, 2 U 4/06
Datum:
27.03.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 U 4/06
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 2 O 729/02
Tenor:
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 8.
Dezember 2005 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts
Köln – 2 O 729/02 – durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2
Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Der Kläger erhält Gelegenheit, hierzu bis zum 28. April 2006 Stellung zu
nehmen. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass mit einer
Verlängerung der Frist zur Stellungnahme nicht gerechnet werden kann.
G r ü n d e
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1. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Das
Landgericht hat die über einen Betrag in Höhe von
4.743,04 €
Zahlungsklage zu Recht (§ 513 Abs. 1 ZPO) abgewiesen. Auch nach Auffassung des
Senats hat der Kläger gegen die Beklagte keinen Bereicherungsanspruch (§ 812 Abs. 1
Satz 1, 1. Alt. BGB) in Höhe des in der Berufungsinstanz noch streitigen Betrages von
181.725,62 €
(1985 bis 1988) aufgrund der zwischen den Parteien geschlossenen notariellen
Verträge vom 27. Mai 1986 bzw. 11. Dezember 1987 einen Betrag in Höhe von
669.540,14 DM
Betrages von
678.816,72 DM
Betrages von
9.276,58 DM
Landgericht dem Kläger zugesprochen hat.
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a) Entgegen der Auffassung des Klägers belief sich der aus den genannten notariellen
Verträgen ergebende
Zahlungsanspruch
Betrag in Höhe von
491.961,00 DM
zugrunde gelegten Betrag in Höhe von
669.540,14 DM
dass nach der Meinung des Klägers von den unstreitig auf ihn entfallenden
Nießbrauchserträgen in Höhe von
1.255.596,36 DM
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Steuern in Höhe von
763.635,00 DM
Auffassung des Landgerichts, der der Senat beitritt, Steuern in Höhe von lediglich
586.056,22 DM
unterschiedlichen Berechnungsarten der abzuziehenden Steuern die richtige ist, ergibt
sich aus einer Auslegung der notariellen Verträge vom 27. Mai 1986 bzw. 11. Dezember
1987. Hiernach hat der Kläger der Beklagten "1/3 der Erträge nur nach Abzug der von
ihm auf dieses Drittel etwa zu zahlenden Ertrags- und Vermögenssteuern zu
überweisen". Insoweit weist aber die vom Landgericht vorgenommene Auslegung,
wonach die Steuerabzüge auf der Grundlage der von dem Kläger vorgelegten
Steuerbescheide für jeden Veranlagungszeitraum
konkret
Rechtsfehler auf. Dass sich bei einer derartigen Berechnung ein Steuerbetrag in Höhe
der von der Beklagten errechneten und vom Landgericht der Entscheidung
zugrundegelegten Summe ergibt, wird auch von dem Kläger nicht in Abrede gestellt.
aa) Allerdings ist die Vertragsklausel auslegungsbedürftig. Da die Einkommenssteuer
auf der Grundlage des zu versteuernden Einkommens festgesetzt wird, gibt es im
engeren Wortsinne keine "auf dieses Drittel zu zahlenden Ertrags- und
Vermögenssteuern". Die Erträgnisse aus dem Nießbrauch sind insoweit lediglich
Bestandteil des Einkommens des Klägers. Dies hat auch das Landgericht in der
angegriffenen Entscheidung nicht verkannt, vielmehr hat das Landgericht ausdrücklich
darauf hingewiesen, dass die Einkommenssteuer des Klägers für die in Rede
stehenden Jahre in einer Gesamtsumme errechnet wird und der auf den
Nießbrauchserträge entfallende Anteil sich den Steuerbescheiden nicht unmittelbar
entnehmen lasse.
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bb) Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Vertragsparteien auf der Grundlage einer
interessengerechten Auslegung der Vertragsklausel eine
konkrete
abzuziehenden Steuerbetrages anhand der von dem Kläger jeweils gezahlten Steuern
vereinbart haben. Wie der Kläger selbst in seinem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 11.
November 2003 ausgeführt hat, war es in erster Linie das Ziel der notariellen
Vereinbarungen, Klarstellungen herbeizuführen, die einen Streit möglichst vermeiden
sollten. Eine derartig einfach zu handhabende und auch praktikable Lösung besteht
aber darin, für jeden Veranlagungszeitraum, in dem der Kläger Erträge aus der ihm
vermachten Beteiligung als Nießbrauch erwirtschaftete und die dementsprechend sein
Einkommen erhöhten, anhand der Einkommenssteuerbescheide die konkrete
gesamtsteuerliche Belastung des Klägers festzustellen und die Einkünfte und Steuern in
ein Verhältnis zu setzen. Hieraus errechnet sich der sogenannte
Durchschnittssteuersatz, so dass man auch problemlos die steuerliche Belastung im
Hinblick auf die Beteiligung an der KG anteilig errechnen kann. Zwar ist eine
Berechnung auch fiktiv in dem von dem Kläger gewünschten Sinne möglich, dass er
von jeglicher steuerlicher Belastung betreffend den Nießbrauch freigestellt wäre. Dies
führte jedoch dazu, dass auch Umstände, die erst Jahre später nach dem Erzielen der
Nießbrauchserträge eingetreten sind, noch Auswirkungen auf die Steuerbelastung und
damit auf den an die Beklagte abzuführenden Betrag in einem vorangegangenen
Veranlagungszeitraum haben könnten. So möchte der Kläger auch für das Jahr 1988
wegen eines Umstandes aus dem Jahr 1994 bei der Berechnung des Anspruchs der
Beklagten angefallene Steuern als Abzugsposten berücksichtigt wissen,
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obwohl ausweislich des Einkommenssteuerbescheides für das Jahr 1988 überhaupt
keine Einkommenssteuer festgesetzt worden ist. Dass dies dem Willen der
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Vertragsparteien entsprochen hätte, lässt sich nach Überzeugung des Senats nicht
feststellen. Vielmehr würde eine derartige Auslegung Anlass für weitere Streitigkeiten
bieten, die durch die Regelung gerade vermieden sollten.
cc) Entgegen der Auffassung des Klägers lässt auch die Berechnung der
Steuerbelastung bei der Bemessung der Rücklagenbildung entsprechend dem
Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft aus dem Jahre 1977 keine
zwingenden Rückschlüsse darauf zu, wie die hier streitgegenständliche Vertragsklausel
auszulegen ist. Die Parteien haben durch die vorliegend in Rede stehenden notariellen
Verträge vom 27. Mai 1986 bzw. 11. Dezember 1987 eine eigenständige Regelung
getroffen. Insoweit kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beklagte selbst zu
keinem Zeitpunkt Gesellschafter der Kommanditgesellschaft gewesen ist.
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b) Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht auch den von dem Kläger durch
entsprechende Zahlungen der Kommanditgesellschaft
geleisteten Betrag
streitgegenständlichen Zeitraum auf eine Summe in Höhe von lediglich
678.816,72 DM
bemessen. Soweit der Kläger demgegenüber von einem Betrag in Höhe von
856.662,72
DM
an dem negativen Saldo des Generalkontos der Erblasserin in Höhe von 177.846,00
DM als eine an die Beklagte erbrachte Leistung gewertet wissen möchte. Dies vermag
jedoch nicht zu überzeugen. Auch nach Auffassung des Senats ist der negative Saldo
auf dem Generalkonto als Teil der Gesellschaftsbeteiligung an der
Kommanditgesellschaft Gegenstand des dem Kläger von der Erblasserin zugewandten
Vermächtnisses. Dies wird auch in der Regelung in § 2 Ziffer 1 des
Vermächtnisvollzugsvertrages vom 11. Dezember 1987 indirekt bestätigt. Die hierin
enthaltene Regelung, dass die "auf den Darlehenskonten angesammelten
entnahmefähigen Beträge" nicht auf den Kläger übergehen sollten, ergibt nur dann
einen Sinn, wenn die übrigen Rechte und Pflichten aus den Darlehenskonten gerade
mitübertragen werden sollten, wie die Beklagte in der Berufungserwiderung zu Recht
geltend macht.
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2. Die Annahme der Berufung ist auch trotz fehlender Erfolgsaussicht nicht aus den
Gründen des § 522 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ZPO veranlasst. Der vorliegende Rechtsstreit hat
keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des Senats ist auch nicht zur
Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
geboten. Vielmehr beruht die Beurteilung des Streitfalles nur auf eine Würdigung des
Vorbringens zu den konkreten Umständen des vorliegenden Einzelfalles. Der Sache
nach geht es lediglich um eine interessengerechte Vertragsauslegung.
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3. Gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO gibt der Senat dem Kläger unter Hinweis auf die
beabsichtigte Zurückweisung seines Rechtsmittels und die hierfür maßgeblichen
Gründe Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb der in der Beschlussformel
bezeichneten Frist.
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