Urteil des OLG Köln vom 20.08.1997

OLG Köln (schutz der familie, beschwerde, eltern, beschwerdeführer, eintragung, familie, wahl, inkrafttreten, aussetzung, geschwisterkind)

Oberlandesgericht Köln, 16 Wx 230/97
Datum:
20.08.1997
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 Wx 230/97
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 1 T 299/97
Schlagworte:
Kein aus dem Geburtsnamen beider Elternteile gebildeter Doppelname
für nach dem 1. 4. 1994 geborene Kinder
Normen:
BGB § 1616 Abs. 3
Leitsätze:
Nach dem 1. 4. 1994 geborene Kinder können auch dann keinen aus
den Geburtsnamen der Eltern gebildeten Doppelnamen erhalten, wenn
ein zuvor geborenes Geschwisterkind diesen Doppelnamen aufgrund
des bis dahin geltenden Namensrechts bereits trägt. Diese Regelung
verstößt weder gegen Art. 3 noch gegen Art. 6 GG; denn den Eltern war
durch die im Familiennamenänderungsgesetz vorgesehene
Übergangsregelung die Möglichkeit eingeräumt, den Doppelnamen ihrer
bisherigen Kinder zu ändern und so die Grundlage für einen
einheitlichen Familiennamen aller - auch künftigen - Kinder zu schaffen.
Tenor:
Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluß des
Landgerichts Köln vom 23.07.1997 - 1 T 299/97 - wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens der weiteren
Beschwerde.
G r ü n d e :
1
Das als nicht befristete weitere Beschwerde statthafte Rechtsmittel (§§ 49 Abs. 1 Satz 2,
48 Abs. 1 PStG, §§ 27 Abs. 1, 20 FGG) hat in der Sache keinen Erfolg. Ohne
Rechtsfehler hat das Landgericht die Eintragung eines aus den Nachnamen der beiden
Eltern zusammengesetzten Doppelnamens als Familiennamen für den am 23.08.1996
geborenen Sohn J. abgelehnt.
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Die landgerichtliche Entscheidung steht in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung
des Senats (Beschluß vom 17.01.1996 - 16 Wx 226/95- = StAZ 1996, 137 f; Beschluß
vom 23.01.1996 - 16 Wx 8/96; -Beschluß vom 26.02.1996 - 16 Wx 11/96 -). Sie
entspricht auch der inzwischen einhelligen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte,
wonach § 1616 Abs. 3 BGB die Eintragung eines aus den Geburtsnamen beider
Elternteile gebildeten Doppelnamens für ein Kind, das nach dem Inkrafttreten des
Familiennamensrechtsänderungsgesetzes zum 01.04.1994 geboren worden ist, auch
dann nicht erlaubt, wenn ein zuvor geborenes Geschwisterkind diesen (Doppel-)Namen
bereits trägt (BayObLG StAZ 1996, 15; OLG Celle StAZ 1996, 116; OLG Düsseldorf
3
StAZ 1996, 134; OLG Frankfurt StAZ 1996, 135; OLG Zweibrücken StAZ 1996, 174
jeweils mit weiteren Nachweisen). Das Landgericht hat in dem angegriffenen Beschluß
zutreffend und ausführlich die für diese einhellige Auffassung in der obergerichtlichen
Rechtsprechung maßgeblichen Gründe dargelegt. Zur Vermeidung von überflüssigen
Wiederholungen kann zunächst auf die zutreffenden und nicht ergänzungsbedürftigen
Ausführungen im angegriffenen Beschluß verwiesen werden.
Die in der weiteren Beschwerde vorgebrachten verfassungsrechtlichen Einwände
gegen die zutreffende Auffassung der herrschenden Meinung greifen nicht durch. Sie
vermögen daher weder eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (§ 80 BVerfGG)
noch eine Aussetzung des Verfahrens bis zu einer Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts über anhängige Verfassungsbeschwerden zu dieser Frage
zu rechtfertigen. Der mit der Beschwerde zunächst geltend gemachten Aussetzung des
Verfahrens stehen insbesondere Belange des Kindeswohls entgegen, die eine
geburtsnahe Klärung der Namensfrage gebieten.
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Bei der Neuordnung des Familiennamesrechts hatte der Gesetzgeber nach der
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.1991 (NJW 1991, 1602 ff)
einen weiten Gestaltungsspielraum. Das beanstandete, bisherige Recht war nur
deshalb nicht mit dem Gleichberechtigungsgebot des Grundgesetzes (Art 3 GG) in
Übereinstimmung zu bringen, weil es den Mannesnamen als Kindesnamen vorsah,
wenn die Ehegatten nicht einen ihrer Geburtsnamen zum gemeinsamen Ehenamen
bestimmten. Indem § 1616 Abs. 3 BGB nunmehr die Befugnis des
Vormundschaftsgerichts zur Übertragung des Namensbestimmungsrechts vorsieht,
meidet es den dem alten Recht immanenten Verstoß gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz. Männer und Frauen werden nach der neuen gesetzlichen
Regelung bei der Bestimmung des Namens ihrer Kinder nicht mehr unterschiedlich
behandelt.
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Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer verstößt es auch nicht gegen Artikel 6
GG, daß die Kinder aus der Ehe der Beschwerdeführer unterschiedliche Namen tragen,
weil die nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.1991
eröffnete Möglichkeit der Wahl eines Doppelnamens nunmehr nach dem Inkrafttreten
des Familiennamensrechtsänderungsgesetztes seit dem 01.04.1994 verschlossen ist.
Artikel 6 Abs. 1 GG zwingt nämlich nicht zur Wahl eines einheitlichen Familiennamens
(BVerfG NJW 1988, 1577). Es ist insbesondere Teil des gesetzgeberischen
Gestaltungsspielraums zu der Ausformung des Namensrechts, Doppelnamen
weitgehend auszuschließen. Der in Artikel 6 Abs. 1 GG verankerte
verfassungsrechtliche Schutz der Familie beinhaltet zwar auch die Gewährleistung des
Prinzips der Einheit der Familie und der Zusammengehörigkeit ihrer Mitglieder.
Zwingende verfassungsrechtliche Vorgaben für die Regelung des Namensrechts
ergeben sich daraus für den vorliegenden Fall indessen nicht. Der Gesetzgeber hat
vielmehr durch das Recht der Neubestimmung des Namens für die in dem
Übergangszeitraum seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom
05.03.1991 bis zur gesetzlichen Neuregelung geborenen Kinder gemäß Art. 7 § 3
FamNamRG diesem Anliegen hinreichend Rechnung getragen. Er hat damit die
angesichts seines Gestaltungsspielraums auch verfassungsrechtlich hinreichende
Möglichkeit eröffnet, die Namenswahl für vor dem 01.04.1994 geborene Kinder zu
ändern und damit einen einheitlichen Namen der aus der Ehe hervorgehenden Kinder
zu gewährleisten. Auf die Fortgeltung der durch die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.1991 eröffneten, erweiterten Wahlmöglichkeit
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bei der Namensbestimmung konnten die Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt
vertrauen. Das Bundesverfassungsgericht hat vielmehr in der zitierten Entscheidung
deutlich hervorgehoben, daß die von ihm vorgenommene vorläufige Regelung nur eine
Zwischenlösung bis zur gesetzlichen Neuordnung des Familiennamensrechts darstellte,
bei der der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum habe.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.
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Wert des Beschwerdegegenstandes: 5.000,00 DM
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