Urteil des OLG Köln vom 20.07.2005

OLG Köln: ohg, geschäft, kaufmann, unrichtigkeit, bindungswirkung, markt, gesellschafter, bürgschaftserklärung, rechtsnachfolge, handelssache

Oberlandesgericht Köln, 5 W 80/05
Datum:
20.07.2005
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 W 80/05
Tenor:
Zuständig ist die Zivilkammer des Landgerichts Köln.
Gründe:
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Das funktionell zuständige Gericht ist entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu
bestimmen, nachdem sich sowohl die 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts
Köln mit Beschluss vom 3. Juni 2005 als auch die 27. Zivilkammer des Landgerichts
Köln mit Beschluss vom 15. Juni 2005 rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
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Funktionell zuständig zur Entscheidung des Rechtsstreits ist die Zivilkammer. Die
Zuständigkeit folgt bereits aus der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses der
10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 3. Juni 2005 (§§ 102 Satz 2,
97 Abs. 2 Satz 1 GVG). Ein Verweisungsbeschluss nach § 97 Abs. 2 Satz 1 GVG ist
nicht anders als im Falle einer Verweisung nach § 281 ZPO - nur ausnahmsweise dann
nicht bindend, wenn er schlechterdings nicht als im Rahmen der Verweisungsnorm
ergangen angesehen werden kann, weil er entweder auf einer Verletzung rechtlichen
Gehörs beruht – davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden – oder weil er jeder
gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als objektiv willkürlich betrachtet werden
muss (BGH, NJW 2002, 3634, 3635). Allerdings genügen bloße inhaltliche Unrichtigkeit
oder sonstige Fehlerhaftigkeit grundsätzlich nicht, um Willkür zu bejahen (BGH NJW
1993, 1273; MDR 2002, 1451). Der Verweisungsbeschluss darf bei verständiger
Würdigung nicht mehr verstehbar erscheinen und muss offensichtlich unhaltbar sein
(BVerfGE 29, 45, 49; BGH, MDR 1996, 1032). Dies ist hier nicht der Fall.
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Eine Handelssache im Sinne von § 95 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist nur gegeben, wenn die
Klage gegen einen eingetragenen Kaufmann gerichtet ist und ein Anspruch aus einem
Geschäft, das für beide Seiten ein Handelsgeschäft ist, geltend gemacht wird. Im Falle
der hier gegebenen Rechtsnachfolge kommt es darauf an, ob das Geschäft für die
vertragsschließenden Parteien ein Handelsgeschäft war. Gläubigerin der
Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten war nach der Bürgschaftserklärung vom 26.
März 2003 "die B", eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Auch wenn eine Gesellschaft
bürgerlichen Rechts ausnahmslos aus Gesellschaftern besteht, die die
Kaufmannseigenschaft besitzen, wird die Gesellschaft selbst dadurch nicht automatisch
zum Kaufmann. Vielmehr setzt dies voraus, dass die Gesellschaft selbst ein
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zum Kaufmann. Vielmehr setzt dies voraus, dass die Gesellschaft selbst ein
Handelsgewerbe betreibt (§ 1 Abs. 1 HGB), erst dann würde die Gesellschaft
bürgerlichen Rechts ohne einen gesonderten Rechtsakt zur OHG (BGHZ 146, 341,
346). Die 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln hat sich auf den
Standpunkt gestellt, eine B sei einer OHG allenfalls angenähert. Das mag in dieser
Allgemeinheit fraglich sein. Diese Auffassung ist indes nicht unvertretbar. Soweit in
veröffentlichten Entscheidungen die Ansicht vertreten wurde, einer B könne die
Kaufmannseigenschaft zukommen, beruht dies auf einer Prüfung im Einzelfall (vgl. etwa
KG, BauR 2001, 1790; OLG Dresden, BauR 2002, 1414; OLG Frankfurt, OLGR 2005,
257), wobei in der rechtswissenschaftlichen Literatur durchaus umstritten ist, ob eine B
angesichts ihrer regelmäßig nicht auf Dauer angelegten Tätigkeit am Markt überhaupt
den Gewerbebegriff erfüllen kann (zweifelnd für den Regelfall etwa K. Schmidt, BB
2003, 703, 704; ähnlich auch LG Bonn, BauR 2005, 138, 140). Bei dieser Sachlage
kann es – mag eine Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen auch als sinnvoll
angesehen werden und mag es sachgerecht erscheinen, insoweit auf die
Kaufmannseigenschaft der Gesellschafter abzustellen (so Kunze, BauR 2005, 473, 476)
– nicht als völlig unvertretbar gewertet werden, dass die 10. Kammer für Handelssachen
im vorliegenden Fall ihre Zuständigkeit verneint hat.