Urteil des OLG Köln vom 22.07.2003

OLG Köln: mietvertrag, wohnung, vergleich, deckung, bindungswirkung, versicherungsschutz, untermieter, verfügung, versicherungsvertrag, rechtsschutz

Oberlandesgericht Köln, 9 U 187/02
Datum:
22.07.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 U 187/02
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 24 O 176/02
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 10. Oktober 2002 verkün-dete
Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 O 176/02 - wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e
1
I.
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Der Kläger übertrug im Jahr 1993 sein Eigentum an einem Einfamilienhaus auf seinen
Sohn. Absprachegemäß erfolgte ein Umbau, bei dem auch eine Wohnung für den
Kläger hergerichtet wurde. Der Kläger und seine Frau unterschrieben – das war eine
gewisse Zeit streitig – einen Mietvertrag für die Wohnung, mußten aber im Ergebnis
keine Mietzahlung leisten, weil der Anspruch des Sohnes auf Miete ebenso hoch war
wie der zugunsten des Klägers im notariellen Vertrag vorgesehene Anspruch auf eine
Leibrente. Der Mietvertrag begann zum 1.1.1994. Im Sommer 1999 wurde der Kläger
Mitglied des örtlichen Mietvereins, der für seine Mitglieder bei der Beklagten einen
Gruppenversicherungsvertrag unterhält. Versicherungsbeginn für den Kläger war der
2.8.1999. Der Kläger kündigte den Mietvertrag nach diversen Querelen zum 31.12.2000
und zog aus. Im Sommer 2000 erklärte er gegenüber seinem Sohn die Kündigung von
(nicht schriftlich fixierten) Darlehensverträgen und behauptete insoweit, eine
Rückzahlung der vom Kläger investierten Gelder sei vereinbart worden. Er meldete den
Versicherungsfall der Beklagten, die mit Schreiben vom 26.7.2000 Deckung wegen
Vorvertraglichkeit ablehnte. Nachdem der Kläger unter dem 29.7.2000 und 8.6.2001 um
erneute Prüfung gebeten hatte, wurde die Leistungsverweigerung unter dem 12.6.2001
auch auf fehlende Erfolgsaussicht gestützt. Schließlich reichte der Kläger beim
Landgericht Lüneburg Klage ein. Das Landgericht verwies den Rechtsstreit an das
Amtsgericht Lüneburg. Die Klage wurde dort abgewiesen. Nach Einlegung der Berufung
gegen dieses Urteil haben die Parteien beim Landgericht am 15.10.2002 einen
Vergleich geschlossen.
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Der Kläger hat die Beklagte auf Gewährung von "Rechts- und Versicherungsschutz" für
das beim Amtsgericht Lüneburg geführte Klageverfahren in Anspruch genommen. Für
das Berufungsverfahren richtete er keine Deckungsanfrage an die Beklagte, er hat in
erster Instanz insoweit jedoch die Klage erweitert.
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Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 10.10.2002 abgewiesen. Der Kläger hat
gegen das Urteil Berufung eingelegt.
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Er beantragt nunmehr,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.565,38 € nebst 5% Zinsen über dem
Basiszinssatz seit dem 27.5.2003 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf das erstinstanzliche Urteil, den
vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die
Sitzungsniederschrift vom 27. Mai 2003 Bezug genommen.
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II.
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Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
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Die Klage ist vom Landgericht im Ergebnis mit Recht abgewiesen worden.
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Nach dem vom "Mieterverein M. u. V. e. V." und der Beklagten geschlossenen
Gruppenversicherungsvertrag ist der Kläger Versicherter und als solcher in Abweichung
von § 75 VVG und § 11 ARB 75 berechtigt, Ansprüche gegen die Beklagte als
Versicherer unmittelbar geltend zu machen, s. § 1 Nr. 3 des Gruppenvertrages.
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Dem Kläger stehen aus dem fraglichen Vertrag jedoch keine Ansprüche wegen des vor
dem Amts- und Landgericht Lüneburg gegen seinen Sohn geführten Rechtsstreits (39 C
128/01 = 6 S 73/02) zu. Nach § 2 Nr. 1 des Gruppenversicherungsvertrages "ist die
gerichtliche Wahrnehmung rechtlicher Interessen der versicherten Personen aus Miet-
und Pachtverhältnissen in ihrer Eigenschaft als Mieter, Untermieter, Pächter oder
dinglich Nutzungsberechtigter" versichert, wobei nach § 2 Nr. 2 der
Versicherungsschutz sich auf die selbstbewohnte Wohnung bezieht.
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Nach dem eigenen Sachvortrag des Klägers handelte es sich bei den von ihm gegen
seinen Sohn gerichtlich geltend gemachten Forderungen nicht um solche, die ihre
Grundlage im Mietverhältnis hatten. Der Kläger berief sich wegen der Ansprüche gegen
seinen Sohn auf vertragliche Absprachen, die mit dem Mietverhältnis nicht
zusammenhängen, nämlich auf Darlehensvereinbarungen und auf Absprachen, die mit
dem Abschluß des notariellen Vertrages in Verbindung standen. Bei diesen Ansprüchen
handelt es sich nicht um solche aus dem Mietverhältnis. Als Ansprüche, für die der
Kläger von der Beklagten Deckungsschutz verlangen könnte, kommen hier letztlich nur
solche aus § 547 BGB a. F. in Betracht. Der Kläger hat sich auf diese
Anspruchsgrundlage auch in der – zunächst - an das Landgericht Lüneburg gerichteten
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Klage berufen, was dann zur Verweisung des Rechtsstreits an das Amtsgericht führte.
Allerdings scheiden Ansprüche aus der fraglichen Anspruchsgrundlage im Ergebnis
aus, denn § 547 BGB a. F. greift nur bei Verwendungen, die während der Mietzeit
gemacht werden (Palandt/Putzo BGB, 57. Aufl., § 547 Rn. 2 und 11). Hier ging es aber
nach der eigenen Darstellung des Klägers um solche, die getätigt wurden, bevor ein
Mietvertrag zustande kam. Diese können jedoch nur über § 951 BGB (oder § 684 S. 1
BGB) gefordert werden. Diese Ansprüche sind letztlich auf Bereicherungsausgleich
gerichtet und haben ihre Ursache nicht im Mietverhältnis. Ihre Geltendmachung gehört
nicht in den versicherten Bereich des Mieterrechtsschutzes.
Der Umstand, daß der Kläger – fälschlich – meinte, seine Ansprüche auch auf § 547
BGB a. F. stützen zu können, führt nicht dazu, daß die Beklagte für den fraglichen
Rechtsstreit zur Deckung verpflichtet ist. Angesichts der vertraglich vereinbarten
Einschränkung des Umfangs der Versicherung hat der Senat zu überprüfen, ob
Ansprüche in Betracht kamen, die ihre Grundlage im Mietverhältnis haben konnten. Für
diese Beurteilung kann es nicht entscheidend darauf ankommen, ob der Kläger sich
auch auf eine Anspruchsgrundlage berief, die im Mietverhältnis ihren Ursprung hatte.
Vielmehr müssen Ansprüche, die dem versicherten Bereich zuzuordnen sind, schlüssig
dargetan sein. Diese Voraussetzung war nicht gegeben.
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Soweit der Kläger meint, nachdem im Hauptprozeß ein Vergleich geschlossen wurde
und nachdem das Landgericht Lübeck Ansprüche aus dem Mietverhältnis bejaht habe,
sei eine vom Senat zu beachtende Bindungswirkung eingetreten, kann dem nicht
gefolgt werden. Im Verhältnis zwischen dem Rechtsschutzversicherer und dem
Rechtsschutzversicherten besteht eine derartige Bindungswirkung gerade nicht (vgl.
BGH VersR 1992, 568 = r + s 1992, 201). Ob das Landgericht Ansprüche aus dem
Mietverhältnis bejaht hat, erscheint nach Aktenlage im übrigen als zweifelhaft. In der
Verfügung des Vorsitzenden der Berufungskammer vom 27. Mai 2002 werden nur
Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung angesprochen. Der Text des später
gerichtlich protokollierten Vergleichs, in dem unter Nummer 2 Ansprüche aus dem
Mietverhältnis für abgegolten erklärt werden, besagt nichts darüber, ob solche
Ansprüche auch im Rechtsstreit tatsächlich schlüssig dargetan waren. Es ist auch nichts
dafür ersichtlich, daß der Vergleich, für den bei der Streitwertfestsetzung kein Mehrwert
berücksichtigt wurde, sich auf Ansprüche bezogen haben könnte, die über den
Gegenstand des Rechtsstreits hinausgingen.
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Aus den dargelegten Gründen steht dem Kläger aus dem Versicherungsvertrag weder
ein Anspruch auf Rechtsschutz für die erste noch für die zweite Instanz zu. Darauf, daß
hinsichtlich des Berufungsverfahrens im übrigen ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 d) cc)
ARB 75 vorlag, der zur Leistungsfreiheit nach § 15 Abs. 2 Satz 1 ARB 75 in Verb. mit § 6
Abs. 3 Satz 1 VVG geführt hätte, muß nicht weiter eingegangen werden.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713
ZPO.
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Ein Anlaß, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, besteht nicht. Die
Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des
Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 7.565,38 €
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