Urteil des OLG Köln vom 04.04.2000

OLG Köln: gegendarstellung, betroffene person, anzeiger, veröffentlichung, rechtsnatur, zeitung, privatsphäre, grundstück, widerruf, meldung

Oberlandesgericht Köln, 15 U 172/99
Datum:
04.04.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 U 172/99
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 28 O 427/99 (= 15 U 173/99
Tenor:
Die Berufungen des Verfügungsklägers gegen die Urteile des
Landgerichts Köln vom 27.10.1999 - 28 O 427/99 und 28 O 472/99 -
werden zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der
Verfügungskläger. Das Urteil ist rechtskräftig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die jetzt verbundenen Berufungen sind statthaft und auch im übrigen zulässig,
insbesondere wurden sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet.
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In der Sache selbst haben sie jedoch keinen Erfolg.
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1. Zur Berufung im Verfahren 15 U 172/99 (28 O 427/99 Landgericht Köln)
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Das Landgericht hat das Gegendarstellungsverlangen des Verfügungsklägers mit
zutreffender Begründung zurückgewiesen.
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Die hiergegen mit der Berufung vorgetragenen Einwände rechtfertigen keine andere
Entscheidung.
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Der Gegendarstellungsanspruch ist ein Mittel zum Schutz des Einzelnen gegen
Einwirkungen der Medien auf seine Individualsphäre (Bundesverfassungsgericht NJW
1983 Seite 1179 ff).
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Er richtet sich gegen eine in einem periodischen Druckwerk aufgestellte
Tatsachenbehauptung. Die Gegendarstellung soll den Leser mit der davon
abweichenden Darstellung des Betroffenen bekannt machen.
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Demgemäß verpflichtet § 11 Abs. 1 Landespressegesetz NW (PresseG) den
verantwortliche Redakteur und den Verleger eines periodischen Druckwerkes, eine
Gegendarstellung der Person oder Stelle zum Abdruck zu bringen, die durch eine in
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dem Druckwerk aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen ist.
Die Pflicht zum Abdruck einer Gegendarstellung besteht gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Lit. a
PresseG jedoch dann nicht, wenn die betroffene Person oder Stelle kein berechtigtes
Interesse an der Veröffentlichung hat.
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Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser letztgenannten Norm sind vorliegend erfüllt.
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Durch den Abdruck des Artikels "Aussagen gegen Aussagen" in dem K. Anzeiger vom
10.10.1999 ist das berechtigte Interesse des Klägers an der verlangten
Gegendarstellung gegenüber dem am 7.9.1999 ebenfalls im K.-Anzeiger erschienenen
Artikel "E. und Z. wollen sich gegenseitig verklagen" im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1
Lit. a PresseG entfallen.
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Sinn und Zweck des Gegendarstellungsanspruches ist es, einem unzutreffenden
Eindruck beim Empfänger der Meldung entgegenzuwirken. Dieses wird aber in
wesentlich stärkerem Maße durch eine alsbald nach dem Erstbericht veröffentlichte
Richtigstellung oder einen Widerruf seitens des Mediums selbst erreicht
(Seitz/Schmidt/Schoener, Der Gegendarstellungsanspruch, 3. Aufl. Rdnr. 268).
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Eine eigene Berichtigung des Mediums schließt hierbei die
Gegendarstellungsforderung dann aus, wenn die Ausräumung der Fehlvorstellung
dadurch hinreichend sichergestellt ist (Wenzel, Das Recht der Wort- und
Bildberichterstattung, 4. Aufl., Rdnr. 11.52).
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Diese Voraussetzungen sind durch den Artikel der Verfügungsbeklagten mit dem Titel
"Aussagen gegen Aussagen" vom 10.09.1999 erfüllt. In diesem Artikel hat die
Verfügungsbeklagte die von dem Verfügungskläger in dem vorliegenden Verfahren
begehrte Gegendarstellung wörtlich übernommen. Auch befand sich dieser Artikel
optisch auf der gleichen Seite wie der Ausgangsartikel vom 07.09.1999 (vgl. zum Ort der
Platzierung auch Wenzel, a.a.O. Rdnr. 11.52).
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Eine gesonderte Gegendarstellung des Beklagten würde demgegenüber bei dem Leser
der Zeitung zu keinem anderen Ergebnis führen. Dieses gilt auch deshalb, da die
Verfügungsbeklagte die Stellungnahme des Verfügungsklägers in dem Bericht
"Aussagen gegen Aussagen" redaktionell aufgearbeitet und damit gleichgewichtig
neben die Darstellung der übrigen Betroffenen gestellt hat. Demgegenüber könnte einer
gesonderten Gegendarstellung zumindest der Eindruck der "Einseitigkeit" anhaften, was
viel schwächer wäre.
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1. Die Berufung im Verfahren 15 U 173/99 (28 O 472/99 Landgericht Köln)
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Dem Verfügungskläger steht auch in Ansehung des Artikels "Aussagen gegen
Aussagen" im K.-Anzeiger vom 10.09.1999 kein Anspruch auf Abdruck des von ihm
begehrten Gegendarstellungstextes zu.
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Vielmehr genügt sein Gegendarstellungsbegehren bereits inhaltlich nicht den
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Anforderungen des § 11 PresseG.
Aus der Rechtsnatur des Gegendarstellungsanspruches als Mittel zur Abwehr eines
Angriffs des Presseorganes auf die Privatsphäre folgt, dass der Inhalt der
Gegendarstellung mit den Behauptungen der beanstandeten Erstmitteilung gedanklich
im Zusammenhang stehen, auf sie Bezug nehmen und eine gegenläufige
Tatsachenbehauptung beinhalten muß (Wenzel, a.a.O. Rdnr. 11.33 und 11.94).
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Mit zutreffender Begründung hat bereits das Landgericht darauf hingewiesen, dass es
hinsichtlich Ziffer 1 des beanspruchten Gegendarstellungsbegehrens an einer konkreten
entgegengesetzten Tatsachenbehauptung des Verfügungsklägers fehlt.
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In dem Artikel "Aussagen gegen Aussagen" vom 10.09.1999 hat die
Verfügungsbeklagte gemeldet, der Bürgermeister und der Beigeordnete hätten sich an
eine Formulierung eines Grundstückseigentümers erinnert, wonach der
Verfügungskläger dem Grundstücksinteressenten zugesichert habe, das Grundstück
könne um eine in dem Artikel näher bezeichnete Fläche erweitert werden und er müsse
nur einen entsprechenden Antrag stellen.
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Demgegenüber begehrt der Verfügungskläger den Abdruck einer Erklärung, wonach
ihm eine schriftliche Erklärung dieses Grundstückseigentümers vorliege, wonach die
ihm zugeschriebene Formulierung jeglicher wahrheitsgemäßer Grundlage entbehre.
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Dem Gegendarstellungsverlangen kann nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit
entnommen werden, was der Verfügungskläger mit dieser Formulierung zum Ausdruck
bringen will.
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Seine Formulierung lässt einerseits die Möglichkeit zu, er wolle behaupten, der
Grundstückseigentümer habe die Erklärung überhaupt nicht gegenüber dem
Bürgermeister und dem Beigeordneten abgegeben. Andererseits kann die beantragte
Formulierung aber auch so verstanden werden, der Grundstückseigentümer wolle jetzt
sagen, er habe die Erklärung zwar gegenüber dem Bürgermeister und dem
Beigeordneten in der geschilderten Art und Weise abgegeben, diese sei jedoch
inhaltlich falsch gewesen. Damit bleibt unklar, was eigentlich als unrichtig im Wege der
Gegendarstellung korrigiert werden soll.
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Eine eindeutige Zuordnung, in welcher Art und Weise die Erklärung ausgelegt werden
soll, wird im übrigen - was allerdings auch nicht ausreichend wäre - weder aus dem
erstinstanzlichen noch aus dem Berufungsvorbringen des Verfügungsklägers deutlich.
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Soweit sich der Verfügungskläger gegen die weitere Formulierung in dem Artikel vom
10.09.1999 wendet, wonach er Grundstücke an Interessenten verkauft habe, könnten
zwar Bedenken gegen die Ansicht des Landgerichtes bestehen, aus dem
Zusammenhang werde deutlich, dass der Verfügungskläger nur im Auftrag der
Weilerswister Wohnungsbaugesellschaft verhandelt habe. Denn dieser Umstand würde
- wenn überhaupt - nur solchen Lesern offenbar, die auch den ersten Artikel gelesen
haben.
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Dieses kann aber dahinstehen, da - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - dem
Verfügungskläger ein Anspruch auf Veröffentlichung nur eines Teiles seines
Gegendarstellungsbegehrens nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip nicht zusteht
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(Wenzel, a.a.O., Rdnr. 11.196 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Streitwert: bis zur Verbindung am 09.03.2000 in beiden Verfahren je 30.000,00 DM,
danach 60.000,00 DM für das gesamte, verbundene Verfahren.
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