Urteil des OLG Köln vom 25.10.1994

OLG Köln (fahrzeug, kläger, täter, entwendung, diebstahl, wagen, beweisführung, gepäck, meinung, versicherungsnehmer)

Oberlandesgericht Köln, 9 U 188/94
Datum:
25.10.1994
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 U 188/94
Schlagworte:
VERSICHERUNG; KASKOVERSICHERUNG; DIEBSTAHL;
FAHRZEUGSCHÄDEN
Normen:
§ 12 AKB
Leitsätze:
Kaskoversicherte Fahrzeugschäden bei Diebstahlsversuch In der
Fahrzeugkaskoversicherung sind nur solche Schäden versichert, die bei
dem Versuch der Entwendung des gesamten Fahrzeugs oder der
mitversicherten Zubehörteile entstanden sind. Schäden anläßlich der
(versuchten) Entwendung von im Fahrzeug aufbewahrten oder
transportierten Gegenständen liegen außerhalb des
Versicherungsschutzes.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1
Die Berufung der Beklagten ist in formeller Hinsicht bedenkenfrei und hat auch in der
Sache selbst Erfolg.
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Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten wegen des Schadensereignisses vom
28.11.1991 kein Entschädigungsanspruch aus der für seinen Verkaufsanhänger
abgeschlossenen Fahrzeugversicherung zu. Er hat einen nach den
Versicherungsbedingungen zu entschädigenden Versicherungsfall nicht nachgewiesen.
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Unstreitig besteht für den Imbißwagen bei der Beklagten lediglich eine
Teilkaskoversicherung auf der Grundlage der AKB, so daß auch nur die in § 12 Nr. 1 I
AKB genannten Risiken versichert sind, also die Gefahren Brand oder Explosion,
Entwendung (insbesondere Diebstahl), Sturm, Hagel, Blitzschlag oder
Überschwemmung sowie das Risiko eines Zusammenstoßes mit Haarwild. Der hier
vom Kläger geltend gemachte Schaden an der Verkaufsklappe seines Imbißwagens,
der bei einem Einbruchsversuch in das Fahrzeug entstanden sein soll, könnte allenfalls
unter dem Gesichtspunkt der versuchten Entwendung des Fahrzeugs selbst oder seiner
mitversicherten Fahrzeug- und Zubehörteile versichert sein (vgl. zum Umfang der
Fahrzeugversicherung § 12 Nr. 1 Satz 1 AKB sowie die dazu gehörige Teileliste). Nach
herrschender Meinung, der der Senat folgt, werden Beschädigungen des Fahrzeugs bei
dem Versuch, das Fahrzeug als ganzes oder mitversicherte Teile zu entwenden,
grundsätzlich von der Fahrzeugversicherung umfaßt, dagegen keine Schäden infolge
des (versuchten) Diebstahls von Gepäck, Transportgütern oder sonstigen
Gegenständen im Fahrzeug, die keine mitversicherten Fahrzeug- oder Zubehörteile sind
und für die ggf. eine spezielle Gepäck- oder Transportversicherung abzuschließen ist
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(vgl. Prölss/Martin, VVG, 25. Aufl., Anm. 3 a zu § 12 AKB; Stiefel/Hofmann,
Kraftfahrtversicherung, 15. Aufl., Rdnr. 36 zu § 12 AKB). Demnach bestünde vorliegend
Versicherungsschutz nur, wenn der vom Kläger behauptete Einbruchsversuch auf den
Diebstahl des Fahrzeugs selbst oder seiner Teile gerichtet war. Ein Beweis dafür ist
jedoch nicht erbracht. Allerdings können in Fällen der vorliegenden Art an die
Beweisführung keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden, da der
Versicherungsnehmer in der Regel keine Zeugen oder sonstigen Beweismittel dafür
beibringen kann, welchem Diebstahlsobjekt der Einbruchsversuch gegolten hat, und
deshalb der Wert der Diebstahlsversicherung in den häufigen Fällen fehlender
Tataufklärung von vornherein in Frage gestellt wäre, wollte man stets den vollen Beweis
verlangen. Ähnlich wie in den vollendeten Diebstahlsfällen (vgl. dazu insbesondere
Prölss/Martin, a.a.O., Anm. 3 b mit Nachweisen zur Rechtsprechung) muß es daher
genügen, daß der Versicherungsnehmer Tatsachen darlegt und beweist, aus denen
sich das äußere Bild eines auf die Entwendung des Fahrzeugs selbst oder seiner
mitversicherten Teile gerichteten Handlung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit
erschließen läßt (ähnlich auch Stiefel/Hofmann, a.a.O., die jedoch generell in
Zweifelsfällen davon ausgehen wollen, daß die Tat dem Fahrzeug selbst oder einem
Fahrzeugteil gegolten hat; vgl. auch BGH VersR 1994, 1185, hinsichtlich der
Beweisführung in bezug auf die Zueignungsabsicht eines Diebs). Einen solchen
,Minimalsachverhalt" hat der Kläger aber nicht nachgewiesen. Er ist im Gegenteil selbst
zunächst einmal davon ausgegangen, daß der Täter es vermutlich auf die
Wechselgeldkasse abgesehen hatte, die zuvor von ihm in den Verkaufsanhänger
gebracht worden war und bei dem er möglicherweise beobachtet wurde. Auch nach
Meinung des Landgerichts spricht alles dafür, daß der Täter den Kläger beobachtet hat,
wie er die Geldkassette in dem Imbißwagen deponierte. Diese Vermutung liegt auch
aufgrund der äußeren Umstände nahe. Hätte der Täter es auf den Verkaufsanhänger
selbst abgesehen gehabt, hätte er entweder das Fahrzeug sofort auf einen Haken
genommen und abgeschleppt; oder er hätte, falls dies wegen der heruntergedrehten und
nur von innen her hochzukurbelnden Stützen nicht möglich gewesen wäre, wie der
Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, die hintere Tür des Imbißwagens
aufgebrochen, um an die im Inneren befindliche Kurbel für die Stützen zu gelangen.
Daß er aber statt dessen mühsam versucht, die Verkaufsklappe im oberen Bereich, in
dem die Scharniere angebracht sind, aufzuhebeln, um im Inneren des Fahrzeugs an die
Kurbel für die Stützen zu gelangen, kann nach der Lebenserfahrung nicht als
hinreichend wahrscheinlich angesehen werden. Da der obere Abschluß der
Verkaufsklappe so hoch liegt, daß man ohne Steighilfe praktisch über Kopf arbeiten
muß und zudem auch noch ein Werkzeug benötigt, um die Klappe im oberen
Eckbereich aufzuhebeln (vgl. Seite 6 des Gutachtens des Sachverständigen B. = Bl. 73),
hätte der Täter sich am hellichten Tag auf dem Parkplatz vor einer Kreissparkasse derart
auffällig verhalten müssen, daß ein solches Vorgehen nur dann erklärbar wäre, wenn es
ihm allein darum ging, durch die aufgehebelte Klappe die Geldkassette zu ergreifen und
sodann schnellstens wieder zu verschwinden. Eher unwahrscheinlich ist
demgegenüber, daß er durch die aufgebrochene Verkaufsklappe in das Fahrzeug
hineinklettern, dort die Kurbel für die Stützen betätigen und wieder durch die Klappe
herausklettern wollte, um dann den Wagen abzuschleppen. Keinerlei Anhaltspunkte
bestehen auch dafür, daß der Täter es auf Fahrzeug- oder Zubehörteile abgesehen
hatte. Anders als bei Pkw´s werden Diebe, die in einen Imbißverkaufsanhänger
einbrechen, auch nicht ohne weiteres davon ausgehen, daß sich im Inneren
lohnenswerte Fahrzeug- oder Zubehörteile befinden, wie etwa ein Autoradio.
Da somit nach alledem ein äußeres Bild vorliegt, das eher gegen die Absicht des Täters
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spricht, den Anhänger als ganzen oder mitversicherte Fahrzeug- oder Zubehörteile zu
entwenden, ist der Beweis eines entschädigungspflichtigen Versicherungsfalles nicht
erbracht. Auf die Berufung der Beklagten hin war daher das klagezusprechende Urteil
des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer für den Kläger: 6.480,00
DM.
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