Urteil des OLG Köln vom 06.03.1996
OLG Köln: gesellschafter, abschlag, verbindlichkeit, gesellschaftsschuld, bilanz, eigenkapital, darlehen, auflösung, vollstreckbarkeit, konkurs
Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
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Vorinstanz:
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Normen:
Leitsätze:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Oberlandesgericht Köln, 27 U 101/95
06.03.1996
Oberlandesgericht Köln
27. Zivilsenat
Urteil
27 U 101/95
Landgericht Köln, 27 O 332/94
unzulässig Entnahmen GmbH Gesellschafter
GmbHG §§ 30, 31
Zahlungen der GmbH aus Verbindlichkeiten einer GbR, deren
Gesellschafter zugleich Alleingesellschafter der GmbH sind, sind als
Entnahmen der Gesellschafter zu werten, wenn es an einem
Rechtsgrund für die Zahlungen fehlt. Zu kapitalersetzenden
Nutzungsüberlassungen, wenn das Mietverhältnis zwischen GmbH und
GbR wegen Personengleichheit der Gesellschafter jederzeit aufgelöst
werden kann.
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 7. November 1995 verkündete
Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 27 O 332/94 -
abgeändert: Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.672,00 DM
nebst 4 % Zinsen seit dem 05.09.1994 zu zahlen. Die Kosten des
Rechtsstreits trägt der Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Die zulässige Berufung ist begründet.
Der Beklagte ist verpflichtet, den noch im Streit befindlichen Betrag an die Klägerin zu
zahlen, weil die Zahlungen der Gemeinschuldnerin auf die Darlehen der Stadtsparkasse
K., die die aus dem Beklagten und Frau F.-Q. bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts
aufgenommen hatte, sich rechtlich als Entnahmen der Gesellschafter der
Gemeinschuldnerin darstellen, für die es an einer Berechtigung fehlt. Sie sind
zurückzuzahlen. Das ergibt sich schon aus dem GmbH-Gesetz. Nach § 31 Abs. 1 GmbHG
sind Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 GmbHG zuwider geleistet sind, der
Gesellschaft zu erstatten. Um solche Zahlungen handelt es sich hier, da mit den Zahlungen
das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen angegriffen wurde. Nach der
von der Klägerin vorgelegten Bilanz per 31.12.1993 betrug der nicht durch Eigenkapital
gedeckte Fehlbetrag 212.524,80 DM. Der Jahresfehlbetrag belief sich auf 352.296,21 DM,
der das Kapital und die Gewinnrücklagen völlig aufgezehrt hat.
Aber auch nach dem Gesellschaftsvertrag sind die Entnahmen zurückzuzahlen. Unter
welchen Voraussetzungen Entnahmen getätigt werden können, bestimmen §§ 13.3, 14 und
15 des Gesellschaftsvertrages. Die Voraussetzungen des § 13.3 liegen ersichtlich nicht vor.
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Nach § 14 sind Abschläge auf den voraussichtlichen Bilanzgewinn zulässig. Doch setzt
das zum einen den Beschluß der Gesellschafter vorau. Zu einem ausdrücklichen Beschluß
trägt der Beklagte nichts vor. Auch für die Annahme eines stillschweigenden
Gesellschafterbeschlusses, der im übrigen § 6.1 widerspräche, tragen die Parteien nichts
vor. Selbst wenn man aber aus den Zahlungen der Gemeinschuldnerin, deren alleinige
Geschäftsführer und Gesellschafter der Beklagte und Frau F.-Q. waren, auf einen
zumindest stillschweigenden Gesellschafterbeschluß schließen könnte, fehlte es an einer
weiteren Voraussetzung eines Abschlages. Nach § 14.2 darf ein Abschlag nur gezahlt
werden, wenn ein vorläufiger Abschluß oder ein Zwischenabschluß einen
Jahresüberschuß ergibt. Weder tragen die Parteien einen Abschluß noch die vorläufige
Feststellung eines Gewinns vor. Nach § 14.3 ist der Abschlag zurückzuzahlen, soweit er
den ausschüttungsfähigen Bilanzgewinn übersteigt.
Dem Einwand des Beklagten, es habe sich bei den Zahlungen der Gemeinschuldnerin an
die Stadtsparkasse K. nicht um Entnahmen der Gesellschafter gehandelt, fehlt die
tatsächliche und rechtliche Grundlage. Die Gemeinschuldnerin hat auf eine Verbindlichkeit
der BGB-Gesellschaft gezahlt, ohne daß für die Zahlungen eine Verbindlichkeit der
Gemeinschuldnerin gegenüber der BGB-Gesellschaft oder gegenüber der Stadtsparkasse
K. ersichtlich wäre. Eine solche trägt der Beklagte auch nicht vor. Er hat durch seine
Prozeßbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung lediglich vortragen lassen, die
Zahlungen seien nicht als Entnahmen zu werten, weil es mehrere denkbare Möglichkeiten
gebe, aus denen die Gemeinschuldnerin zur Zahlung verpflichtet gewesen sei. Der
Beklagte nennt aber solche nicht. Da schon das Landgericht die Zahlungen rechtlich als
Entnahmen gewertet hat, hat der Senat keine Zweifel, daß der Beklagte als ehemaliger
Mitgeschäftsführer der GmbH die den Zahlungen etwa zugrundeliegende andere Ursache
gekannt und angegeben hätte, wenn es sie gäbe.
Da die Zahlungen als Entnahmen der Gesellschafter zu werten sind, handelt es sich nicht
um einen Anspruch der Gemeinschuldnerin gegen die BGB-Gesellschaft, sondern um
einen Anspruch gegen die Gesellschafter der Gemeinschuldnerin, nämlich um einen
Anspruch gegen den Beklagten einerseits und die Mitgeschäftsführerin F.-Q. andererseits.
Auf die Frage, ob der BGB-Gesellschaft gegen die Gemeinschuldnerin Mietzinsansprüche
zustehen, kommt es hier nicht an. Dem Beklagten stünde wegen solcher Ansprüche kein
Zurückbehaltungsrecht zu. Ein Zurückbehaltungsrecht wird dem Gesellschafter einer BGB-
Gesellschaft nur zugestanden, wenn er von einem Gesellschaftsgläubiger der GbR, hier
der GmbH, wegen einer Gesellschaftsschuld persönlich in Anspruch genommen wird. Der
Beklagte wird indessen nicht für eine Gesellschaftsschuld der GbR persönlich in Anspruch
genommen, sondern für eine eigene Schuld gegenüber der GmbH. Ein
Zurückbehaltungsrecht billigt der Bundesgerichtshof dem Verpflichteten wegen des
allgemeinen Rechtsgedankens zu, der in § 129 Abs. 3 HGB und § 770 Abs. 2 BGB seinen
Niederschlag gefunden hat. Danach kann der Gesellschafter einer OHG bzw. der Bürge die
Befriedigung des Gesellschaftsgläubigers bzw. des Bürgschaftsgläubigers verweigern,
solange dieser sich durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung der Gesellschaft bzw.
des Hauptschuldners befriedigen kann. Die Forderung der Gemeinschuldnerin richtet sich
aber nicht gegen die BGB-Gesellschaft, sondern gegen die Gesellschafter persönlich.
Unabhängig hiervon kann die BGB-Gesellschaft gemäß § 32 a GmbHG auch keine
Mietzinsansprüche gegen die Gemeinschuldnerin geltend machen. Der Anspruch auf
Rückgewähr eines Darlehens kann im Konkurs über das Vermögen der GmbH nicht
geltend gemacht werden, wenn ein Gesellschafter der Gesellschaft in einem Zeitpunkt, in
dem ihr die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten,
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stattdessen ein Darlehen gewährt hat. Dieselbe Rechtsfolge tritt nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofes ein, wenn anstelle eines Darlehens der Gesellschaft von einem
Gesellschafter kapitalersetzende Nutzungsüberlassungen gewährt werden und jedenfalls
die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt überschuldet ist (BGH NJW 1990, 516 ff). Dieser
Stand war ausweislich der Bilanz für 1993 spätestens ab Januar 1994 erreicht. Zwar ist der
Mietvertrag zwischen der Gemeinschuldnerin und der BGB-Gesellschaft bereits im Jahre
1991 abgeschlossen worden. Entscheidend ist indessen, daß die BGB-Gesellschaft der
Gemeinschuldnerin das Grundstück weiterhin belassen hat, obwohl sie das Mietverhältnis
ohne weiteres hätte auflösen können. Das folgt aus der Tatsache, daß die Gesellschafter
der Gemeinschuldnerin und der BGB-Gesellschaft personengleich sind. Daß die
Gesellschafter der BGB-Gesellschaft sich möglicherweise über eine Beendigung des
Mietvertrages nicht verständigen konnten, spielt keine Rolle. Diese Frage betrifft das
Innenverhältnis der Gesellschafter. Es kommt allein darauf an, daß die BGB-Gesell- schaft
zur Auflösung rechtlich imstande war. Das steht aber wegen der Personengleichheit außer
Zweifel.
Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 91 a ZPO. Der Beklagte hat die Kosten des
Rechtsstreits auch zu tragen, soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für
erledigt erklärt haben. Denn er haftete gemäß § 43 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 GmbHG für
die gesamten Entnahmen neben Frau F.-Q. als Gesamtschuldner. Die Klägerin als
Konkursverwalterin bedurfte zur Geltendmachung dieses Anspruchs nicht eines
Gesellschafterbeschlusses gemäß §§ 46 Nr. 6, 47 GmbHG (BGH NJW 1960, 1667). Die
Klage war daher bis zur teilweisen Erledigung in vollem Umfang begründet.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 7.672,00 DM
Beschwer für den Beklagten: unter 60.000,00 DM.