Urteil des OLG Köln vom 28.09.1999

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Oberlandesgericht Köln, 9 U 31/99
Datum:
28.09.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 U 31/99
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 24 0 166/98
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 08.02.1999 verkündete Urteil
der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 0 166/98 - wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung des Klägers ist unbegründet.
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Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger kann von der Beklagte
als Haftpflichtversicherer keinen Ersatz von Bergungskosten für sein am 29.11.1997 im
Stadthafen Essen gesunkenes Sportboot "V." verlangen.
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Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Entschädigungsanspruch weder auf Grund
einer Zusage der Kostenübernahme durch die Beklagte noch nach den Grundsätzen
über den Ersatz von Rettungskosten zu.
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1. Dass die Beklagte zugesagt hat, die Bergungskosten zu übernehmen, hat der Kläger
nicht bewiesen. Insoweit folgt der Senat den zutreffenden Ausführungen des
landgerichtlichen Urteils und nimmt darauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
Der Zeuge H., Gruppenleiter bei der beklagten Versicherung, hat nicht bestätigt, dass er
versprochen habe, die Beklagte würde die Bergungskosten übernehmen. Er hat nach
seiner Bekundung vor dem Landgericht lediglich eine Überprüfung der Kostenerstattung
zugesagt.
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Einer Vernehmung des von dem Kläger als Zeugen benannten weiteren Mitarbeiters der
Beklagten, Herrn H., bedurfte es nicht. Der Kläger hat insoweit auch zuletzt nur
behauptet, der Zeuge H. habe gegenüber dem Zeugen H. "klargestellt", die Beklagte sei
zur Kostenübernahme der Bergungskosten verpflichtet. Diese Äußerung ist allenfalls
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eine vorläufige rechtliche Wertung, nicht aber eine bindende Zusage der
Kostenübernahme, erst recht nicht gegenüber dem Kläger. Dass die Beklagte bereit
war, die Kosten des Absaugens der Treibstoffvorräte in Höhe von 1.380,-- DM zu
regulieren, hat keine Auswirkungen auf die hier in Rede stehende Erstattung der
Bergungskosten. Die Kostenübernahme war ausdrücklich auf die Aufwendungen für das
Absaugen des restlichen Tankinhalts beschränkt.
2. Ein Anspruch auf Ersatz der Bergungskosten ergibt sich aber auch nicht auf Grund
des Haftpflichtversicherungsverhältnisses zwischen den Parteien. Die Beklagte ist nicht
zur Erstattung der Aufwendungen für die Bergung nach den Grundsätzen über den
Ersatz von Rettungskosten gemäß den §§ 63 Abs.1, 62 Abs. 1 S. 1 VVG verpflichtet.
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Nach den zum Vertragsinhalt erhobenen Erläuterungen für Wassersportfahrzeuge (EHV
13) ist versichert nach Maßgabe der AVB, den Erläuterungen und den BHB die
gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers aus Halten, Besitz und Gebrauch des
im Versicherungsvertrag bezeichneten Wassersportfahrzeugs, das ausschließlich zu
privaten Zwecken und/oder zur Vermietung - ohne Berufsbesatzung - benutzt wird und
dessen Standort im Inland ist (EHV 13 Nr. 1). Weiter ist u.a. versichert im Umfang des
Vertrages "die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers für unmittelbare oder
mittelbare Folgen von Veränderungen der physikalischen, chemischen oder
biologischen Beschaffenheit eines Gewässers einschließlich des Grundwassers
(Gewässerschäden), mit Ausnahme von Gewässerschäden (1.)durch Einleiten oder
Einbringen von gewässerschädlichen Stoffen in Gewässer oder durch sonstiges
bewußtes Einwirken auf Gewässer. Dies gilt auch, wenn die Einleitung oder Einwirkung
zur Rettung anderer Rechtsgüter geboten ist; (2.) durch betriebsbedingtes Abtropfen
oder Ablaufen von Öl oder anderen Flüssigkeiten aus Tankverschlüssen,
Betankungsanlagen oder aus maschinellen Einrichtungen des Schiffes". Nach § 5 Nr. 1
der AHB (Stand 01.01.1995) ist der Versicherungsfall im Sinne des Vertrages zwischen
den Parteien das Schadenereignis, das Haftpflichtansprüche gegen den
Versicherungsnehmer zur Folge haben könnte.
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Rettungskosten fallen dem Versicherer nach § 63 Abs. 1 S.1 VVG nur zur Last, wenn
der Versicherungsnehmer diese Aufwendungen "gemäß § 62 VVG macht". Nach § 62
Abs. 1 S. 1 VVG ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, "bei dem Eintritt des
Versicherungsfalls" nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens
zu sorgen und dabei die Weisungen des Versicherers zu befolgen. Der Rettungspflicht
des Versicherungsnehmers entspricht gleichsam als Kehrseite ein Rettungsrecht zu
Lasten des Versicherers.
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Die Rettungspflicht beginnt in der Haftpflichtversicherung der vorliegenden
Ausgestaltung für das Halten eines Motorbootes - entsprechend dem dort definierten
Versicherungsfall - mit dem Beginn des Ereignisses, welches Haftpflichtansprüche
Dritter gegen den Versicherungsnehmer auslösen könnte ( vgl. BGH, VersR 1966, 745;
1969, 694; Senat r+s 1994, 332; Voit in Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 62, Rn 2 m.w.N.
). Nicht abzustellen ist hingegen - jedenfalls bei der hier gegebenen Vertragsgestaltung
- auf das bloße Drohen einer privatrechtlichen Inanspruchnahme (so aber OLG
Hamburg, VersR 1997, 1391 mit Anm. Wriede, VersR 1998, 178;
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r + s 1999, 60; siehe auch Peter, VersR 1998, 432). Voraussetzung für die Annahme der
Rettungspflicht ist demnach, dass sich die in der Motorboothaftpflichtversicherung
versicherte Gefahr verwirklicht, also eine Schädigung eines Dritten in diesem Sinne
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jedenfalls begonnen hat ( vgl. zur Gewässerschadenhaftpflichtversicherung OLG
Stuttgart, VersR 1997, 822, welches auf Entstehung des Schadens abstellt).
Das ist aber vorliegend nicht der Fall. Schadensersatzanspüche Dritter sind nach Lage
der Dinge gar nicht betroffen. Der Kläger ist auch zu keinem Zeitpunkt auf
Schadensersatz in Anspruch genommen worden. Das Sinken des Schiffes im
Stadthafen stellt für sich betrachtet noch keine Schädigung Dritter dar. Der Vortrag des
Klägers, dass aus dem im Wasser liegenden Boot auch weitere
gewässerverunreinigende Stoffe austreten "könnten", loses Material gelange als Müll in
das Hafenbecken, zudem träten über die Batterie gewässergefährdende Säure sowie
Schwermetalle ins Wasser ein, zeigt lediglich theoretische Möglichkeiten auf. Eine
konkrete Schädigung, die Ansprüche Dritter auslösen könnte, ist damit nicht
vorgetragen.
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Soweit der Kläger allgemein vorbringt, durch das abgesunkene Schiff werde das
Anfahren und Antäuen von im Hafengebiet befindliche Löschstellen behindert, hat
ebenfalls eine konkrete Schädigung Dritter, die denkbare Ansprüche etwa aus dem
Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung nach § 823 Abs. 1 BGB auslösen könnte, nicht
begonnen. Die Durchfahrt mag durch das Boot des Klägers erschwert worden sein. Dies
bedeutet aber noch nicht, dass es ohne die Bergung zu einem Zusammenstoß
gekommen wäre. Dafür, dass bestimte Schiffe - etwa wegen ihrer Breite - die fragliche
Stelle nicht passieren könnten, ist nicht vorgetragen.
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Schließlich führt der Gesichtspunkt der - von der Beklagten bestrittenen - Behinderung
des direkt neben dem streigegenständlichen Motorboot befindlichen Ausbildungsbootes
"A. f." nicht zu einer anderen Bewertung. Auch in diesem Zusammenhang liegt eine
Schädigung mit der Folge eines Schadensersatzanspruchs Dritter gegen den Kläger
nicht vor. Wie sich aus dem Tatortbefundbericht der Wasserschutzpolizei in Essen vom
30.11.1997 ergibt, war das Ausbildungsboot selbst durch den Untergang der "V." nicht
in Mitleidenschaft gezogen.
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Nach alledem bestand ein Entschädigungsanspruch des Klägers nicht.
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Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach
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§ 546 Abs. 1 S. 2 ZPO sind nicht gegeben. Die Sche hat keine grundsätzliche
Bedeutung, da höchstrichterliche Entscheidungen zu Rettungskosten vorliegen.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Der Wert der
Beschwer ist nach § 546
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Abs. 2 ZPO festzusetzen.
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Streitwert für das Berufungsverfahren
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und Wert der Beschwer des Klägers: 12.520,64 DM
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