Urteil des OLG Köln vom 05.08.2009
OLG Köln (unterbrechung der verjährung, wiederkehrende leistung, fahrtkosten, höhe, verjährung, leistung, praxis, begriff, unterbrechung, bezug)
Oberlandesgericht Köln, 5 W 23/09
Datum:
05.08.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 W 23/09
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 11 O 451/08
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 27. April 2009 gegen
den Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 12.
März 2009 - 11 O 451/08 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
G r ü n d e:
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Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig. In der Sache hat sie indes aus
den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung und denen der
Nichtabhilfeentscheidung des Landgerichts Aachen vom 9. Juli 2009 (11 O 451/08), die
sich der Senat zu Eigen macht und auf die hier zur Vermeidung von Wiederholungen
Bezug genommen wird, keinen Erfolg.
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I.
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Insbesondere ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei den
geltend gemachten Fahrtkosten um regelmäßig wiederkehrende Leistungen im Sinne
von § 197 Abs. 2 BGB handelt, die innerhalb von drei Jahren verjähren. Denn die
Qualifizierung einer Leistung als regelmäßig wiederkehrend im Sinne von § 197 Abs. 2
BGB setzt ausschließlich voraus, dass die Leistung an von vorne herein bestimmten
regelmäßig wiederkehrenden Terminen zu erbringen ist; der Rechtsgrund der Leistung
ist demgegenüber insoweit ebenso gleichgültig wie die Frage, ob auch die Höhe der
Leistung im vorhinein festgelegt oder ob sie von weiteren Umständen abhängig
gemacht ist, ob diese Umstände nicht nur zu einem Schwanken der Höhe, sondern
gelegentlich sogar zum Ausbleiben der Leistung führen können [vgl. hierzu etwa: BGHZ
28, 144, Juris-Rn. 32 ff., 32, 35, zu dem inhaltsgleichen Begriff der regelmäßig
wiederkehrenden Leistungen in § 197 BGB a. F. – st. Rspr.]. In diesem Sinne handelt es
sich bei den hier umstrittenen Fahrtkosten um regelmäßig wiederkehrende Leistungen,
weil von vornhinein feststand bzw. feststeht, dass die Leistungen wegen der fortlaufend
jede Woche mehrfach erforderlichen therapeutischen Hilfe für den Kläger regelmäßig
Woche für Woche wiederkehren. Dabei hindert die durch die unterschiedlichen
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Entfernungen zu den einzelnen Therapiestätten wechselnde Höhe die Qualifizierung als
regelmäßig wiederkehrende Leistung ebenso wenig wie der Umstand, dass in
einzelnen Wochen wegen Urlaubs der Therapeuten oder aus sonstigen Gründen die
Leistungen auch gelegentlich vollständig entfallen. Die Qualifizierung der hier
umstrittenen Leistungen als regelmäßig wiederkehrend im Sinne von § 197 Abs. 2 BGB
entspricht auch dem Schutzzweck dieser Norm, wonach der Schuldner durch die kurze
Verjährung geschützt werden soll, weil er sich nicht auf eine bestimmte Höhe des
Anspruchs einstellen kann und nicht mit der Geltendmachung einer über Jahre
aufgelaufenen Schuld rechnen muss [vgl. zum Schutzzweck des inhaltsgleichen
Begriffes der regelmäßig wiederkehrenden Leistungen in § 197 BGB a. F. etwa: BGH,
NJW 2005, 3146, Juris-Rn. 11 m. w. N.]; auch die hier betroffene Schuldnerin kann sich
nicht auf eine bestimmte Höhe des Anspruchs betreffend die Fahrtkosten zu den
Therapien einstellen und muss nicht mit der Geltendmachung einer über Jahre
aufgelaufenen Schuld rechnen.
II.
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Dementsprechend sind gemäß § 197 Abs. 2 i. V. m. § 199 Abs. 1 BGB die Fahrtkosten,
die vor dem 1. Januar 2005 entstanden sind, verjährt. Dem steht der Umstand, dass die
Antragsgegnerin unstreitig regelmäßig 500 Euro monatlich auf die Schadensposition
personeller Pflegemehrbedarf zahlt [vgl. hierzu Schriftsätze des Antragstellers vom 16.
Januar 2009 (Bl. 84/85 d. A.) und der Antragsgegnerin vom 10. Februar 2009 (Bl. 86/87
d. A.)], nicht entgegen. Denn bei regelmäßig wiederkehrenden Leistungen stellen die
jeweiligen Leistungen auf Einzelansprüche lediglich in Bezug auf den Gesamtanspruch
und damit auf das Stammrecht, aus dem die Einzelansprüche resultieren, ein
Anerkenntnis im Sinne von § 208 BGB a. F. bzw. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB n. F. dar, das
zu einer Unterbrechung bzw. dem Neubeginn der Verjährung führt [BGH, VersR 1960,
949 f., 949, zu § 208 BGB a. F., der inhaltlich unverändert durch § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB
übernommen worden ist, wobei der Begriff der Unterbrechung der Verjährung durch den
Begriff des Neubeginns der Verjährung ersetzt worden ist]. Demgegenüber gilt im
Verhältnis der Einzelansprüche zueinander, dass jeder Einzelanspruch einer
selbstständigen Verjährung unterliegt und die Zahlung auf einen Einzelanspruch nicht
zu der Unterbrechung bzw. dem Neubeginn der Verjährung eines späteren
Einzelanspruchs führen kann [BGH, a. a. O.].
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III.
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Das Landgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass durch das ergänzende
Vorbringen des Antragstellers in seiner Beschwerdebegründung zwar zu den
unverjährten Fahrtkosten nunmehr mit hinreichender Substanz vorgetragen worden ist,
dass das Landgericht aber für den Teil der Klageforderung, der nunmehr im Sinne von §
114 ZPO hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, gemäß § 23 Nr. 1 GVG nicht zuständig
ist. Denn in Bezug auf die Besuche in der Praxis van Wissen sind für die Zeit nach dem
31. Dezember 2004 ausweislich der insoweit einschlägigen Anlagen 29 bis 42 zu dem
Schriftsatz des Antragstellers vom 15. Mai 2009 [Anlagenhefter zu Bl. 97 ff. d. A.]
insgesamt 376 Termine angefallen, die auf der Basis der Berechnungsweise des
Antragstellers Fahrtkosten in Höhe von (376 Termine x 24 km x 0,26 Euro =) 2.346,24
Euro verursacht haben.
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Eine abweichende Beurteilung ergäbe sich auch dann nicht, wenn man das Vorbringen
des Antragtellers betreffend die Besuche bei der Praxis für Ergotherapie J.N./T.O. in der
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Zeit nach dem 31. Dezember 2004 im Hinblick auf die Bescheinigungen dieser Praxis
vom 12. Februar und 10. März 2008 [Anlagen 2 und 3 zur Antragsschrift vom 8. Oktober
2008 (Bl. 12 und 13 d. A.)] für hinreichend substanziiert hielte, was aus den zutreffenden
Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht gerechtfertigt sein dürfte. Denn
ausweislich dieser Bescheinigungen könnten in diesem Fall höchstens 126 Termine
berücksichtigt werden, nämlich 104 Termine für das Jahr 2005 [zwei Termine pro
Woche x 52 Wochen = (52 x 2 =) 104 Termine] zuzüglich 22 Termine für das Jahr 2006
[ausweislich der Bescheinigungen endete die Behandlung in der Praxis am 10. März
2006; mithin können allenfalls für 11 Wochen jeweils zwei Termine und damit 22
Termine berücksichtigt werden]. Auf der Basis der Berechnungsweise des
Antragstellers ergäben sich insoweit Fahrtkosten in Höhe von (126 Termine x 66 km x
0,26 Euro =) 2.162,16 Euro. Die gesamten nicht verjährten Fahrtkosten beliefen sich
dementsprechend auf (2.346,24 Euro + 2.162,16 Euro =) 4.508,40 Euro.
VI.
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Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 127 Abs. 4 ZPO nicht veranlasst.
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Beschwerdegebühr: 50 Euro.
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