Urteil des OLG Köln vom 17.05.2002

OLG Köln: vergütung, aufwand, eltern, mündel, abgeltung, kostenersatz, beschwerdeschrift, verfügung, kindeswohl, erfüllung

Oberlandesgericht Köln, 4 WF 49/02
Datum:
17.05.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 WF 49/02
Vorinstanz:
Amtsgericht Bonn, 42 F 107/01
Tenor:
Auf die als sofortige Beschwerde zu wertende Erinnerung des
Verfahrenspflegers vom 19.03.2002 (Bl. 131 GA) wird der Beschluss des
Rechtspflegers des Amtsgerichts - Familiengericht - Bonn vom
28.02.2002 - 42 F 107/01 - (Bl. 117 - 119 GA) abgeändert.
Dem Verfahrenspfleger wird für seine Tätigkeit in der Zeit vom
17.09.2001 bis 27.12.2001 eine aus der Staatskasse zu zahlende
Vergütung gemäß §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 FGG, § 1908 i, 1936 BGB, § 1
BVormVG, § 8 ZSEG in Höhe von 539,35 EUR (entsprechend 1.054,88
DM) bewilligt.
Eine Kostenerstattung für das Beschwerdeverfahren finde nicht statt.
G r ü n d e:
1
Die gemäß § 50 Abs. 5, 67 Abs. 3, 56 g Abs. 5 FGG zulässige - insbesondere frist- und
formgerecht eingelegte - als sofortige Beschwerde zu wertende Erinnerung des
Verfahrenspflegers hat auch in der Sache Erfolg. Der Verfahrenspfleger kann gemäß
den im Beschlusstenor genannten Vorschriften die von ihm gemäß Antrag vom
27.12.2001 (Bl. 102 GA) begehrte Vergütung in Höhe von 1.054,88 DM (= 539,35 EUR)
2
verlangen. Nach Auffassung des Senates ist die vom Rechtspfleger vorgenommene
Vergütungskürzung nicht gerechtfertigt.
3
Für das vorliegende Festsetzungsverfahren bedarf es keiner abschließenden
Entscheidung über die konkrete verfahrensrechtliche Stellung eines Verfahrenspflegers
im Sorgerechtsverfahren und über den erforderlichen Umfang seiner Tätigkeiten in
diesem Verfahren. Insoweit hat das OLG Brandenburg in seinem Beschluss vom
14.08.2001 (veröffentlich in FamRZ 2002, 626) festgestellt, dass der Verfahrenspfleger
für die Durchführung des gerichtlichen Verfahrens an die Stelle des gesetzlichen
Vertreters des Kindes trete und an dessen Stelle die Kindesinteressen in das Verfahren
einzubringen habe. Es sei dagegen nicht seiner Aufgabe, sich an der Erforschung der
4
dem objektiven Kindeswohl am besten dienenden Entscheidung zu beteiligen;
insbesondere habe er keine über die bloße Ermittlung des Kindeswillens
hinausgehenden Ermittlungen anzustellen. Vergütet werde nur der für die Erfüllung der
vorgenannten Aufgaben notwendige Zeitaufwand, insoweit sei der geltend gemachte
Aufwand einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen. Dagegen hat das OLG Zweibrücken
in seinem Beschluss vom 06.05.2001 (veröffentlich in FAMRZ 2002, 627) die
Auffassung vertreten, dass zu den Aufgaben des Verfahrenspfleger auch die Ermittlung
des wahren Kindeswillens durch entsprechende Exploration sowie Gespräche mit dem
am Verfahren beteiligten Verwandten des Kindes zähle. Ob diese "weite" Auffassung
des OLG Zweibrücken zum erforderlichen Umfang der Tätigkeit eines
Verfahrenspflegers im Sorgerechtsverfahren generell anzunehmen ist, bedarf keiner
abschließenden Entscheidung. Jedenfalls muss für den vorliegenden Fall, in dem das
Familiengericht die Tätigkeit des Verfahrenspflegers deutlich dadurch ausgeweitet hat,
dass es ihn ausdrücklich auch zum "Umgangspfleger" bestimmt hat, letzteres gelten. So
hat das Familiengericht in Erläuterung seines Bestellungsbeschlusses gemäß
Verfügung vom 06.09.2001 (Bl. 49, 49 R GA) hinzugefügt, dass vorgesehen sei, dass
der begleitete Umgang in den Praxisräumen des Umgangpflegers stattfinden solle, da
andere Möglichkeiten nicht hätten gefunden werden können. Die Einzelheiten zu den
Besuchen hätten nach Absprache des Umgangspflegers mit den Beteiligten durch das
Gericht zu erfolgen.
Aufgrund des Bestellungsbeschlusses und des oben zitierten Zusatzes ist der
Tätigkeitsbereich des Verfahrenspflegers erheblich über die normale Tätigkeit eines
Verfahrenspflegers hinaus ausgedehnt worden. Ansonsten hätte es nicht der
zusätzlichen aufgabenerweiternden Erläuterungen des Familiengerichts zur Bestellung
als Verfahrenspfleger bedurft.
5
Damit ist aber der Zeit- und sonstige Aufwand des Verfahrenspflegers unter
Berücksichtigung seiner Erläuterungen in der Beschwerdeschrift und im Schriftsatz vom
07.05.2002 auf ihrer Plausibilität hin zur Vermeidung von Missbrauchsfällen zu
überprüfen. Diese Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen lässt die Nicht-
abhilfeentscheidung vermissen. Dieses stellt einen wesentlichen Verfahrensfehler dar.
Gleichwohl sieht der Senat von einer Aufhebung und Zurückverweisung ab, da die
Sache entscheidungsreif ist.
6
Unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens des Verfahrenspflegers kann nach
Auffassung des Senates nicht festgestellt werden, dass der Verfahrenspfleger nicht
erforderliche Tätigkeiten abgerechnet wissen will. In der Stellungnahme des
Bezirksrevisors bei dem Landgericht Bonn vom 19. Februar 2002 (Bl. 114, 115 GA) zum
Kostenfestsetzungsantrag des Verfahrenspflegers geht der Bezirksrevisor zunächst im
Ansatz zutreffend davon aus, dass Vorgespräche mit den Eltern der Mündel zur Führung
einer Verfahrenspflegschaft, nicht zuletzt um die Ausgangssituation richtig
einzuschätzen, unabdingbar seien und seitens der Landeskasse im angemessenen
Rahmen auch der Kostenaufwand hierfür erstattet werden müsse. Dieser
Kostenaufwand ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles auf seine
Plausibilität hin zu überprüfen. Erstattet werden können nur die erforderlichen Kosten.
7
Vorliegend war besonders zu berücksichtigen, dass es sich zumindest im
Anfangsstadium des vorliegenden Sorgerechtsverfahren um einen schwer zu
beurteilenden Sachverhalt handelte, der gerade auch die Bestellung eines
"Umgangspflegers" nach Auffassung des Familiengerichts erforderlich machte. Im
8
Hinblick auf die Aufgabenzuteilung konnte und musste der Verfahrenspfleger davon
ausgehen, dass er über das übliche Maß hinaus tätig werden musste. Dies hat er
sodann auch in seinem Erinnerungsschriftsatz vom 19.03.2002 (Bl. 131, 132 GA) und in
seinem weiteren Schriftsatz vom 07.05.2002 (Bl. 142, 143 GA) näher erläutert. Von
daher war es erforderlich, sorgfältig den geplanten begleiteten Umgang zwischen dem
Kind M. und seinem Vater vorzubereiten. Dies setzte mehrere Gespräche mit der
Kindesmutter, dem Kindesvater und dem Psychotherapeuten des Kindesvaters voraus.
Daher kann es im Ergebnis auch nicht angegriffen werden, wenn der Verfahrenspfleger
den Psychotherapeuten des Kindesvaters aufsuchte, um mit diesem die Frage des
Umgangs mit dem Kind zu besprechen. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang
nicht zu beanstanden, dass der Verfahrenspfleger zu dem Psychotherapeuten des
Kindesvaters fuhr und diesen nicht zu sich bestellte. Dieser hätte andernfalls sicher vom
Verfahrenspfleger Kostenerstattung für seinen Aufwand verlangt. Diesen hätte dann der
Verfahrenspfleger wiederum in Ansatz bringen können. Der Senat kann nicht erkennen,
dass die gewählte Verfahrensweise des Verfahrenspflegers weniger kostengünstig war
als die von ihm vorgeschlagene.
Überprüft man unter diesen Gesichtspunkten den Zeitaufwand des Verfahrenspflegers
auf seine Plausibilität hin, so können die in Ansatz gebrachten 994 Minuten nicht
beanstandet werden. Gleiches gilt für die in Rechnung gestellten gefahrenen 122
Kilometer. Der Kilometersatz ergibt sich aus dem ZSEG, der Stundensatz für den
Zeitaufwand aus dem BVormG.
9
Auch der in Ansatz gebrachte Zeitaufwand für die Anfertigung des vierseitigen
Aktenvermerkes erscheint nicht überhöht. Im Ansatz zutreffend geht der Bezirksrevisor
davon aus, dass nicht gesondert zu vergüten sind die Tätigkeiten, die dem allgemeinen
Bürodienst unterfallen. Die Vergütung mit einem Stundensatz dient auch der Abgeltung
anteiliger allgemeiner (sachlicher und personaler) Bürokosten des Berufsbetreuers.
Allerdings kann der Verfahrenspfleger Vergütung für solche Tätigkeiten dann verlangen,
wenn er selbst diktiert oder tippt. Nur die Diktatumsetzung selbst unterfällt den
allgemeinen Bürokosten (vgl. OLG Brandenburg a. a.O.). Es liegen keine Anhaltspunkte
dafür vor, dass der Verfahrenspfleger vorliegend allgemeine Bürokosten insoweit in
Ansatz gebracht hat. Vielmehr begehrt er Kostenersatz für eigenen Zeitaufwand.
10
Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass eine Plausibilitätsprüfung im Hinblick
auf den dargelegten Aufwand die in Rechnung gestellten Kosten als gerechtfertigt
erscheinen lässt.
11
Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG.
12
Beschwerdewert: 168,09 EUR.
13