Urteil des OLG Köln vom 20.02.1992
OLG Köln (kläger, persönliche anhörung, fahrzeug, polizei, bild, ort, nachweis, abend, zpo, erklärung)
Oberlandesgericht Köln, 5 U 84/91
Datum:
20.02.1992
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 U 84/91
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 24 O 25/90
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 17.04.1991 verkündete Urteil
der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 O 25/90 - wird
zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung ist nicht begründet.
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Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen, weil der Kläger die behauptete
Entwendung seines Fahrzeugs nicht nachgewiesen hat. Zutreffend ist das
Landgericht dabei davon ausgegangen, daß einem Versicherungsnehmer in Fällen
der vorliegenden Art grundsätzlich Beweiserleichterungen zukommen, da er in aller
Regel keine Zeugen oder sonstigen Beweis-mittel für die Entwendung des
Fahrzeugs beibringen kann und der Wert der Diebstahlversicherung in den häufigen
Fällen fehlender Tataufklärung von vornherein in Frage gestellt wäre. Es genügt
daher in aller Regel, wenn der Versicherungsnehmer einen Sachverhalt nachweist,
der nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluß auf
die in den Versicherungsbedingungen genannte Ent-wendung zuläßt. Im Normalfall
genügt insoweit die Feststellung von Beweisanzeichen, denen hinreichend deutlich
das äußere Bild eines bedingungsgemäß versicherten Diebstahls entnommen
werden kann (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, der sich der Senat
angeschlossen hat; vgl. BGH VersR 1984, 29 ff.; VersR 1986, 53 f.; r + s 1989, 5 f.; r +
s 1990, 129, 130). Für den Nachweis eines äußeren Bildes im vorgenannten Sinne
muß zumindest fest-stehen, daß das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem
bestimmten Ort abgestellt, es später an diesem Ort nicht mehr aufgefunden wurde
und es nach den Umständen des Falles mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als
ausgeschlossen angesehen werden kann, daß der Versicherungsnehmer selbst oder
ein anderer mit seinem Willen das Fahrzeug von dem Abstellort weggefahren hat.
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Im Streitfall fehlt es schon am Nachweis, daß das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit
an einem bestimmten Ort, an dem es nach den Angaben des Klägers später nicht
mehr vorgefunden wurde, abgestellt worden war.
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Einen unmittelbaren Zeugen für diesen Vorgang ver-mag der Kläger nicht zu
benennen. Er hat lediglich seine Lebensgefährtin als Zeugin dafür benannt, daß er
an jenem Abend wie jeden Montagabend mit seinem Fahrzeug von seiner Wohnung
weggefahren war, um zum Tennisspielen in eine Halle zu fahren, in der der Kläger für
die betreffende Zeit einen Platz abonniert hatte. Dies beweist zwar nicht unmittelbar,
daß der Kläger auch tatsächlich direkt zur Tennishalle gefahren ist und dort sein
Fahrzeug abgestellt hat. Im Einzelfall mag es allerdings einmal zur Beweisführung
ausreichen, wenn lediglich die Abfahrt von der Wohnung zu einer bestimmten Zeit
voll bewiesen ist, sofern der Versicherungs-nehmer zu dieser bestimmten Zeit mit
dem Wagen regelmäßig zu einem bestimmten Ort fährt, da allein schon die
Regelmäßigkeit dieses Verhaltens es hin-reichend wahrscheinlich erscheinen lassen
kann, daß es auch an dem betreffenden Tage so gewesen ist. Im vorliegenden Fall
ist aber auch nach Auffassung des Senats nicht einmal die Wegfahrt von der
Wohnung mit dem angeblich entwendeten Fahrzeug bewiesen. Der Zeugin B., die
dies vor dem Landgericht bekundet hat, kann in diesem Punkte nicht geglaubt
werden, weil sie insoweit nach dem Inhalt der Ermittlungsakte 21 UJs 1093/89 StA
Köln völlig anders ausgesagt hat als bei der Polizei in jenem Ermitt-lungsverfahren.
Ihre dort im Vermerk vom 31.10.1989 wiedergegebene Aussage, sie habe den Kläger
gegen 21.40 Uhr mit dem P. wegfahren hören (Bl. 24 d.BA) steht mit der Aussage vor
dem Landgericht, sie habe sich vom Kläger an jenem Abend an der Türe
verabschiedet und gesehen, wie er mit dem P. weggefahren sei (Bl. 119 d.A.), in
krassem Widerspruch. Eine überzeugende Begründung für diesen Widerspruch hat
der Kläger nicht vorgetragen. Die erst im zweiten Rechtszug nachgeschobene
Behauptung (auf den Widerspruch war schon in erster Instanz seitens der Beklagten
im Schriftsatz vom 26.03.1991 hingewiesen worden, Bl. 126 d.A.), die Zeugin B. habe
auch der Polizei gegenüber schon berichtet gehabt, daß sie gesehen habe, wie der
Kläger in den P. gestiegen und weggefahren sei, was aber nicht in dem Vermerk vom
31.10.1989 wiedergegeben worden sei, ist nicht schlüssig. Es ist schlechterdings
nicht nachvollziehbar, aus welchem Grunde die Polizei das weniger bedeutsame
Wegfahren-"hören" vermerken sollte, wenn die Zeugin B. sogar vom Wegfahren-
"sehen" gesprochen hat. Zutreffend hat das Landgericht die Zeugin B. im übrigen
auch wegen der widersprüchlichen Angaben dazu, ob sie nun in jener Nacht
aufgeblieben war und auf den Kläger gewartet hatte (so ihre Angaben bei der Polizei,
Bl. 24 d.BA) oder "schon am schlafen" war, als die Polizei kam (so ihre Angaben vor
dem Landgericht, Bl. 120), für unglaubwürdig gehalten. Die in der
Berufungsbegründung für diesen Widerspruch gegebene Erklärung, die Zeugin sei
aufgeblieben, aber vor Müdigkeit auf der Couch eingeschlafen, vermag gleichfalls
nicht die unterschiedlichen Aussagen in ausreichendem Maße plausibel zu machen.
Die Angabe "ich war schon am schlafen, als die Polizei kam" kann bei
unvoreingenommener Betrachtungsweise nur so verstanden werden, daß die Zeugin
sich schon zur Ruhe begeben hatte; ansonsten hätte die Aussage lauten müssen:
"Ich war am schlafen, als die Polizei kam".
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Der Beweis dafür, daß der Kläger an jenem Abend zur üblichen Zeit mit dem P. von
zu Hause weggefahren war, kann somit aufgrund der Aussage der Zeugin B. noch
nicht als geführt angesehen werden.
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Unter Umständen kann allerdings zum Nachweis des äußeren Bildes eines
Fahrzeugdiebstahls im oben genannten Sinne auch einmal eine persönliche
Anhörung des Versicherungsnehmers gemäß § 141 ZPO ausreichen, wenn diese die
Überzeugung von der Richtigkeit der schriftsätzlich vorgetragenen Angaben zum
Versicherungsfall zu vermitteln vermag (vgl. BGH VersR 1991, 917 f.; Senat in r + s
1991, 221 f.). Das setzt jedoch voraus, daß der Versicherungsneh-mer zuverlässig
und vertrauenswürdig ist, somit seinen Angaben uneingeschränkt geglaubt werden
kann, und er auch eventuell vorhandene Ungereimtheiten und Auffälligkeiten, die das
äußere Bild ei-ner Fahrzeugentwendung beeinträchtigen, überzeugend zu entkräften
in der Lage ist. Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor, so daß eine
Anhörung des Klägers zum äußeren Bild des Versicherungsfalles selbst, - also zum
Abstellen des Fahrzeugs vor der Tennishalle und dem späteren nicht-wieder-
Auffinden an dieser Stelle -, einen Beweis für den Eintritt eines nach den
Versicherungsbe-dingungen zu entschädigenden Versicherungsfalles gleichfalls
nicht zu erbringen vermag und daher auch nicht in Betracht kam.
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Im Verhandlungstermin vom 16.01.1992, in dem der Kläger persönlich anwesend war
und zu den Anschaf-fungspreisen des Fahrzeugs selbst und seiner
Sonderausstattung befragt worden ist, stellte sich heraus, daß die vom Kläger bislang
vorgetragene und durch entsprechende schriftliche Bestätigungen des Autohauses
D. in K. belegten Angaben zu den Preisen des angeblich entwendeten Fahrzeugs mit
den Beträgen, die der Kläger tatsächlich beim Erwerb des Fahrzeugs für dieses
gezahlt hatte, in keiner Weise übereinstimmen. Der Kläger mußte einräumen, daß es
sich bei dem vom Autohaus D. bescheinigten Preisen um "Listenpreise" handelt,
während er in der Tat statt der ausgewiesenen 50.085,38 DM nur rund 42.000,00 DM
an das Autohaus gezahlt hat. Sein Vortrag in der Klageschrift (dort Seite 3 oben), er
habe das Fahrzeug inclusive Zubehör zu einem Preis von 50.085,38 DM käuflich
erworben gehabt, ist also falsch. Falsch ist sodann, wie im Verhandlungstermin
erörtert wurde, auch der Vortrag im Schriftsatz vom 05.07.1990 (dort Seite 3 unten),
der Kläger habe sich "zwischenzeitlich ein anderes Hardtop" für das Fahrzeug
besorgt gehabt. Tatsächlich war das Fahrzeug schon beim Kauf mit einem Hardtop
ausgerüstet gewesen und war später kein "anderes Hardtop" besorgt worden. Die
Unrichtigkeit des genannten Vorbringens zeigt, daß man sich auf die Angaben des
Klägers nicht verlassen und er demgemäß auch nicht als zuverlässig und
vertrauenswürdig angesehen wer-den kann.
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Da schon aus diesem Grunde eine persönliche Anhörung des Klägers zum
Versicherungsfall selbst nicht in Betracht kommt, ist es schon nicht mehr von
ausschlaggebender Bedeutung, daß der Kläger auch zu den vorhandenen
Ungereimtheiten und Auffälligkeiten, die das äußere Bild einer "echten"
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Fahrzeugentwendung vorliegend stören, keine plausibelen Erklärungen gegeben
hat. So hat er keine befriedigende Erklärung dazu bringen können, wie es möglich ist,
daß nach den Feststellungen des TÜV Rheinland im Gutachten vom 16.01.1990, das
von der Beklagten in Auftrag gegeben worden war, einer der drei vom Kläger
vorgelegten Originalfahrzeugschlüssel Verschleißspuren und Eindrücke aufweist, die
nicht durch normalen Gebrauch hervorgerufen worden sind, sondern typisch sind für
die Beanspruchungen, die am Originalschlüssel bei der Herstellung eines
Nachschlüssels entstehen. Keine überzeugende Begründung hat der Kläger auch für
die Tatsache gegeben, wie es kommt, daß er nach seinen Angaben über keinen
einzigen Anschaffungsbeleg hinsichtlich des Fahrzeugs selbst und seiner diversen
Zubehörteile verfügt, obwohl er das Fahrzeug nebst Sonderaus-stattung erst knapp
vier Monate vor dem behaupteten Diebstahl und verschiedenes Zubehör sogar noch
später erworben hatte. Seine Erklärung, er habe mit solchen Belegen, sofern er sie
überhaupt erhalten habe, nichts anfangen können, überzeugt nicht, da, wie auch dem
Kläger bekannt sein dürfte, erfahrungsgemäß spätestens bei einer Veräußerung des
Fahrzeugs derartige Belege eine entscheidende Rolle spielen können.
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Alles in allem kann somit von einem Nachweis einer entschädigungspflichtigen
Fahrzeugentwendung nicht ausgegangen werden.
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Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10,
713 ZPO.
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Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer für den Kläger:
55.293,38 DM.
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