Urteil des OLG Köln vom 28.01.2005
OLG Köln: deutsche bundespost, kennzeichnungskraft, begriff, verwechslungsgefahr, farbe, dienstleistungsmarke, verbundenes unternehmen, die post, bestandteil, brief
Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Vorinstanz:
Tenor:
1
2
3
Aktenzeichen:
Normen:
Oberlandesgericht Köln, 6 U 131/04
28.01.2005
Oberlandesgericht Köln
6. Zivilsenat
Urteil
6 U 131/04
Landgericht Köln, 33 O 23/04
MarkenG §§ 5, 14 Abs. 2 Ziff. 2 u. 3, 15
1.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 01.06.2004 verkündete Urteil
der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 33 O 23/04 - wird
zurückgewiesen.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung
oder Hinterlegung in Höhe von 120 % der zu vollstreckenden Summe
abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in
derselben Höhe leisten.
4.
Die Revision wird nicht zugelassen.
B e g r ü n d u n g
I.
Die Klägerin, die Deutsche Post AG, ist als Rechtsnachfolgerin für den Bereich des Brief-
und Paketdienstes im Zuge ihrer Privatisierung aus der früheren staatlichen "Deutsche
Bundespost" hervorgegangen. Sie ist u. a. Inhaberin der Wortmarke "POST", die als
durchgesetztes Zeichen mit Priorität zum 22.02.2000 unter anderem für die Beförderung
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
und Zustellung von Gütern, Briefen, Paketen und Päckchen eingetragen worden ist. Wegen
der weiteren erfassten Waren und Dienstleistungen wird auf die als Anlage K 3 (Bl. 52 f.)
vorgelegte Ablichtung aus dem Markenregister Bezug genommen.
Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2) und 3) sind, ist Inhaberin der
mit Priorität zum 08.03.2000 eingetragenen Wortmarke "DIE BLAUE POST". Diese Marke
ist u. a. für Post- und Kurierdienstleistungen geschützt. Wegen der Einzelheiten des
eingetragenen Schutzbereiches der Marke wird auf den als Anlage K 8 (Bl. 123 f.) in Kopie
bei der Akte befindlichen Auszug aus dem Markenregister Bezug genommen.
Die Klägerin rügt unter Bezugnahme auf ein als Anlage K 2 (Bl. 20 ff.) vorgelegtes
demoskopisches Gutachten von O Infratest zur Bekanntheit, Verkehrsdurchsetzung und
Zuordnung der Bezeichnung "Post" eine Verletzung ihrer Marken- und Firmenrechte. Sie
hat Unterlassungs-, Löschungs-, Auskunfts- und Schadensersatzfeststellungsanträge
gestellt, wegen deren Wortlauts auf S.4 der angefochtenen Entscheidung Bezug
genommen wird.
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten und haben die Auffassung vertreten, die
Bezeichnung "Post" sei für die streitgegenständlichen Postdienstleistungen rein
beschreibend.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, es bestehe wegen
geringer Kennzeichnungskraft von "Post" und hinreichender Unterschiede der Zeichen
weder in markenrechtlicher, noch in unternehmenskennzeichenrechtlicher Hinsicht eine
Verwechslungsgefahr zwischen "POST" bzw. "Deutsche Post AG" und der angegriffenen
Bezeichnung "DIE BLAUE POST", und die Voraussetzungen eines Schutzes bekannter
Zeichen lägen ebenfalls nicht vor.
Im Berufungsverfahren verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge weiter. Sie
wiederholt und vertieft ihr Vorbringen und tritt durch Einholung eines weiteren
demoskopischen Gutachtens Beweis an zur Bekanntheit ihrer Firmenbezeichnung
"Deutsche Post AG" und zu ihrer Behauptung, ein erheblicher Teil des Verkehrs werde
angesichts der Bezeichnung "DIE BLAUE POST"
Bestandteil ihres Unternehmens oder ein mit ihr verbundenes Unternehmen.
Die Beklagten treten der Berufung entgegen.
II.
Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Der Klägerin stehen die
geltend gemachten Ansprüche weder aus Marken- noch aus
Unternehmenskennzeichenrecht zu.
A.
Markenrechtliche Ansprüche
1.
Der mit dem Berufungsantrag zu I. 1) geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich
nicht aus § 14 Abs. 2 Ziffer 2 MarkenG.
Die Prüfung der Frage, ob bei einander gegenüberstehenden Marken im Sinne der
17
18
19
20
Vorschrift die Gefahr einer Verwechslung besteht, ist auf der Grundlage des jeweiligen
Gesamteindrucks der in Frage stehenden Marken vorzunehmen. Ob danach eine
Verwechslungsgefahr begründet ist, ist unter Berücksichtigung der Nähe der in Betracht zu
ziehenden Dienstleistungen, für welche die zu vergleichenden Zeichen geschützt oder
verwendet sind, sowie der Kennzeichnungskraft der Klagemarke und nach der Ähnlichkeit
der zu beurteilenden Zeichen zu entscheiden, wobei die genannten Faktoren in einer
Wechselbeziehung dergestalt zueinander stehen, dass der Ähnlichkeitsgrad um so
geringer sein kann, je größer die Kennzeichnungskraft und/oder die Dienstleistungsnähe
ist, während umgekehrt ein höherer Ähnlichkeitsgrad erforderlich ist, wenn die
Kennzeichnungskraft der Marke nur schwach und/oder der Dienstleistungsabstand größer
ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BGH GRUR 03, 1040 f - "Kinder"; GRUR 02, 1067 f
- "DKV/OKV"; GRUR 02, 809, 811 - "FRÜHSTÜCKS-DRINK I"
;
"Springende Raubkatze"). Nach diesen Grundsätzen ist das Bestehen einer
Verwechslungsgefahr zu verneinen.
a)
Das Landgericht hat seiner Entscheidung eine mittlere Kennzeichnungskraft der
Klagemarke "POST" zugrunde gelegt. Der erforderliche Grad der Verkehrsdurchsetzung
sei im Markeneintragungsverfahren mit bindender Wirkung festgestellt worden. Da die von
Hause aus fehlende Unterscheidungskraft des zunächst nur die erwartete Dienstleistung
beschreibenden Begriffs "Post" überwunden sei, habe das Zeichen zumindest normale
Kennzeichnungskraft.
Die Eintragung der Wortmarke "POST" durch das Deutsche Patent- und Markenamt bewirkt
in der Tat, dass im Verletzerstreitverfahren vom Vorliegen der
Eintragungsvoraussetzungen, also auch dem Bestehen einer Kennzeichnungskraft der
Marke auszugehen ist (vgl. z. B. BGH a.a.O. "Kinder"; WRP 02, 987, 990 - "Festspielhaus"
und die umfangreichen Hinweise auf weitere Rechtsprechung bei Ingerl/Rohnke,
Markenrecht, 2. Aufl., § 14 Rz.15 ). Im Regelfall ist dabei eine mittlere Kennzeichnungskraft
der eingetragenen Marke zugrunde zu legen. Eine Kennzeichnungsschwäche kann für
derartige Zeichen aber dann angenommen werden, wenn sich das Zeichen sehr stark an
beschreibende Angaben anlehnt (BGH a.a.O. " Kinder S. 1043). Es spricht einiges dafür,
dass im Streitfall von einer solchen nur geringen Kennzeichnungskraft auszugehen ist. Das
kann der Senat aber offen lassen, weil jedenfalls die Auffassung der Klägerin, die
Kennzeichnungskraft sei gesteigert, weil die als Anlage K 2 vorgelegte demoskopische
Umfrage eine Bekanntheit von "Post" von 84,6 % der Durchschnittsbevölkerung ergeben
habe, nicht zutrifft.
Der Begriff "Post" ist nicht nur Markenname der Dienstleistungsmarke der Klägerin,
sondern auch Bestandteil von deren Unternehmenskennzeichen "Deutsche Post AG". Eine
Steigerung der Kennzeichnungskraft der Dienstleistungsmarke "POST" setzt voraus, dass
der Begriff sich gerade in dieser Funktion, also zur Kennzeichnung der von der Klägerin
erbrachten Dienstleistung, und nicht als Hinweis auf das Unternehmen hoher Bekanntheit
erfreut. Der Nachweis einer gesteigerten Kennzeichnungskraft gerade der
Dienstleistungsmarke "POST" ist indes durch das als Anlage K 2 vorgelegte Gutachten
nicht erbracht worden. In Frage 3 sind die angesprochenen Verbraucher dazu befragt
worden, welche Funktion die Bezeichnung "Post" bei der Beförderung von Briefen und
Warensendungen für sie habe. Dabei standen neben der Antwort "Dazu kann ich nichts
sagen" drei alternative Antwortmöglichkeiten zu Verfügung, die wie folgt lauteten: "Ist für
mich Hinweis auf ein ganz bestimmtes Unternehmen in Deutschland", "Wird von mehreren
21
22
23
24
unterschiedlichen Unternehmen in Deutschland verwendet"; und: "Ist für mich überhaupt
kein Unternehmenshinweis". Diese und die weiteren Fragen 4 und 5, die die Namen der
betreffenden Unternehmen zum Gegenstand hatten, belegen, dass mit der Befragung eine
Bekanntheit gerade des Unternehmenskennzeichens, nicht aber einer
Dienstleistungsmarke "POST" erforscht worden ist. Auch die Folgefragen befassen sich mit
der Frage der Unternehmensbezeichnung. Die Befragung ist aus diesem Grunde nicht
tauglich, eine Erhöhung der Kennzeichnungskraft der Marke "POST" durch
Verkehrsbekanntheit zu belegen. Vor diesem Hintergrund kann es auch auf sich beruhen,
dass die Erhebung erst zwei Jahre nach dem Kollisionszeitpunkt im Jahre 2000
durchgeführt worden ist und eine Rückrechnung ohnehin nicht unproblematisch wäre. Der
Senat hat auch keinen Anlass, zur Frage einer evtl. Erhöhung der Kennzeichnungskraft der
Wortmarke "Post" im Jahre 2000 ein (weiteres) demoskopisches Gutachten einzuholen.
Der in der Berufungsverhandlung protokollierte Beweisantritt der Klägerin betrifft die
Unternehmensbezeichnung "Deutsche Post AG" und nicht die Marke "POST". Das gilt
auch für den bereits mit Schriftsatz vom 03.12.04 erfolgten Beweisantritt.
Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin auch auf angeblich hohe Werbeaufwendungen für die
Marke "POST". Werbeaufwendungen, die gerade die Dienstleistungsmarke "POST", nicht
aber die Unternehmensbezeichnung der Klägerin oder ein Unternehmensschlagwort "Post"
betreffen, sind nicht dargelegt. Soweit die Klägerin sich auf die Anlagen K 17 (Bl. 345 ff.),
die gesondert geheftete Anlage K 31 sowie die Anlage K 32, die aus einem zwei
Leitzordner umfassenden Schriftsatz an das Deutsche Patent- und Markenamt im
Löschungsverfahren nebst Anlagen besteht, beruft, vermögen diese umfangreichen
Unterlagen eine Steigerung der Kennzeichnungskraft gerade der Dienstleistungsmarke
nicht zu belegen. Mit der Anlage K 17 ist eine Postwurfsendung vorgelegt worden, in der
die Marke "POST" nicht hervorgehoben verwendet wird und bei der es sich ausweislich
des Deckblattes (Bl. 345) um eine Werbung der ausdrücklich so bezeichneten "Deutsche
Post AG" handelt. Auch aus der Anlage K 31, in der die Fahrzeuge der namentlich
benannten Klägerin aufgelistet sind, findet sich eine Bewerbung der Dienstleistungsmarke
nicht. Allerdings ist der Begriff "Post" in nicht wenigen bildlichen Beispielen enthalten, die
in den Anlagen 1 und 2 zu dem erwähnten Schriftsatz an das Deutsche Patent- und
Markenamt (Anlage K 32) aufgeführt sind. Es handelt sich überwiegend um
Hinweisschilder an Häusern oder im Straßenbild, die durch die Überschrift "Post" mit oder
ohne das bekannte schwarze Posthorn signalisieren, dass sich an einer Stelle, auf die
durch das Schild hingewiesen wird, eine Postfiliale befindet. Zum Teil sind auch derartige
Postfilialen selbst bildlich wiedergegeben. Diese Hinweisschilder haben durchweg eine
rein beschreibende Funktion, indem sie nämlich darauf hinweisen, dass und wo sich eine
Filiale der Klägerin befindet. Der Umstand, dass der Verkehr damit zugleich eine
Vorstellung verbindet, welche Dienstleistung ihn dort erwartet, beruht auf dem
beschreibenden Charakter des Begriffes Post sowie darauf, dass es andere Anbieter, die
ein derartiges Filialnetz betreiben, in Deutschland (noch) nicht gibt, nicht aber auf einem
Verständnis des Ortshinweises als Dienstleistungsmarke.
Danach ist allenfalls eine mittlere Kennzeichnungskraft anzunehmen.
b)
Mindestens für einen Teilbereich, nämlich die Zustellung von Briefen, Paketen, Geld und
Wertgegenständen, das Abholen von Briefen, Paketen, Geld und Wertgegenständen sowie
deren Lagerung und Post- und Kurierdienstleistungen ist von einer Branchenidentität der
sich gegenüberstehenden Dienstleistungsmarken auszugehen.
25
26
27
28
29
c)
Demgegenüber ist die Ähnlichkeit der beiden Zeichen nur gering. Bei der Prüfung der
Ähnlichkeit sind die Zeichen im Ausgangspunkt jeweils in ihrer Gesamtheit einander
gegenüberzustellen. Es stehen sich danach gegenüber:
"POST" und "DIE BLAUE POST"
Die angegriffene Bezeichnung "DIE BLAUE POST" wird markenrechtlich nicht durch ihren
Bestandteil "POST" geprägt. Die Prägung eines Gesamtzeichens durch eines seiner
Elemente setzt nach der Rechtsprechung (vgl. z. B. BGH a.a.O. "Springende Raubkatze";
GRUR 02, 626, 628 - "IMS") voraus, dass dieses Element eine selbständig
kennzeichnende Stellung hat und in dem Gesamtzeichen nicht derart untergeht oder in den
Hintergrund tritt, dass es durch die Einfügung in das Gesamtzeichen seine Eignung verliert,
die Erinnerung an das ältere Zeichen wachzurufen. Dies kann in der angegriffenen
Bezeichnung für ihren Bestandteil "POST" deswegen nicht angenommen werden, weil der
Begriff "Post" von Hause aus rein beschreibend ist (vgl. dazu BGH a.a.O. "Kinder") und im
Übrigen inzwischen mehrere konkurrierende Anbieter auf dem Markt sind, die
Postdienstleistungen erbringen und deswegen Anlass haben, den Begriff "Post" auch für
ihr Unternehmen zu verwenden. Bei zusammengesetzten Wortzeichen kann daher der
Bestandteil "POST" nicht das Gesamtzeichen prägen, sondern es übernimmt umgekehrt
der zusätzliche Teil des Gesamtzeichens, hier also die Worte "DIE BLAUE", die Funktion,
das Unternehmen von anderen Unternehmen abzugrenzen, die Postdienstleistungen
erbringen, insbesondere von der aus dem früheren staatlichen Monopolunternehmen
Deutsche Bundespost hervorgegangenen Klägerin. Der Klägerin kommen in diesem
Zusammenhang auch die Grundsätze der Entscheidung "City-Plus" (GRUR 03, 880 ff) nicht
zugute. Der BGH hat in jener Entscheidung ausgeführt, dass dann, wenn eine von Hause
aus wenig unterscheidungskräftige Bezeichnung durch Verwendung im Geschäftsverkehr
zunehmend eine herkunftshinweisende Funktion erhalten habe, sich dies nicht nur auf die
Kennzeichnungskraft des Zeichens selbst auswirke, sondern zugleich bewirke, dass dem
Zeichen vom Verkehr auch dann ein stärkerer Herkunftshinweis entnommen werde, wenn
er ihm nicht isoliert, sondern als Bestandteil eines anderen Zeichens begegne. Es kann
unterstellt werden, dass der Verkehr, wenn er das angegriffene Zeichen "DIE BLAUE
POST" wahrnimmt, sich wegen des Zeichenelementes "POST" an die Dienstleistung der
Klägerin und damit ihre Wortmarke erinnern wird. Gleichwohl prägt dieser Bestandteil das
Zeichen deswegen nicht, weil die Elemente "DIE BLAUE" ihrerseits entgegen der
Behauptung der Klägerin nicht rein beschreibend, sondern eben kennzeichnend sind. Es
ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, was durch die Zeichenelemente "DIE BLAUE"
beschrieben werden sollte. Die Klägerin tritt - wie nicht zuletzt die umfangreichen
vorerwähnten Benutzungsbeispiele belegen - in Fortsetzung der Tradition der früheren
"Deutsche Bundespost" vorherrschend mit der Farbe gelb im Verkehr auf. Die Bezeichnung
eines Unternehmens als "DIE BLAUE POST"
gerade nicht als unbedeutender Zusatz oder gar Beschreibung, sondern als
Unterscheidungsmerkmal gegenüber der "gelben" Klägerin dar. Eine Prägung der
angegriffenen Marke "DIE BLAUE POST" durch das beschreibende Element "POST"
kommt daher auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass dieses Wort inzwischen
für die Klägerin als Marke geschützt worden ist, und der Grundsätze der Entscheidung
"City-Plus" des BGH nicht in Betracht.
Stehen sich damit die Begriffe "POST" und "DIE BLAUE POST" jeweils in ihrer Gesamtheit
gegenüber, so kann nur eine geringe Ähnlichkeit der Begriffe festgestellt werden. Sowohl in
30
31
32
klanglicher als auch in schriftbildlicher Hinsicht unterscheiden sich die Marken dadurch
beträchtlich, dass der Einwortmarke "POST" ein Zeichen der Beklagten gegenübersteht,
das aus drei Wörtern besteht. Das angegriffene Zeichen enthält zwar auch die Klagemarke
"POST", ihr sind aber die Wörter "DIE BLAUE" vorangestellt. Dieser Unterschied wirkt sich,
was nicht näher begründet werden muss, sowohl im sprachlichen als auch im
schriftbildlichen Vergleich erheblich aus, zumal der Verkehr gewöhnt ist, eher auf den
Beginn als die weiteren Teile eines zusammengesetzten Wortzeichens zu achten.
Auch vom Sinn her besteht aus den schon angedeuteten Gründen eine nur geringe
Ähnlichkeit: Während die Klägerin und ihre Rechtsvorgängerin seit Jahrzehnten und damit
unvordenklichen Zeiten durchweg und auffällig unter Verwendung der Farbe Gelb auf dem
Markt aufgetreten sind, ist die Farbe Blau eine solche, die im herkömmlichen Postbetrieb
bislang keine Rolle gespielt hat. Der Vortrag der Klägerin, sie verwende innerhalb ihres
Konzerns verschiedene Farben zur Abgrenzung unterschiedlicher Geschäftsbereiche,
vermag an der vorstehenden Beurteilung deswegen nichts zu ändern, weil dem Verkehr, für
den im Rahmen der herkömmlichen Brief- und Paketpost der Klägerin die Farbe Gelb völlig
vorherrschend ist, von dieser Unterscheidung nichts weiß. Soweit die Klägerin darauf
hinweist, dass sie Mehrheitseigentümerin der "Deutsche Postbank" sei, die ihrerseits eine
blaue Farbe markenmäßig verwende, vermag ihr auch das nicht weiterzuhelfen. Der
Verkehr sieht - auch soweit er die Verbindung der Klägerin zur "Deutsche Postbank" kennt
- in dem hier maßgeblichen Dienstleistungsbereich der Zustellung und des Abholens von
Briefen, Paketen, und Wertgegenständen die Farbe Blau nicht als Zeichen der Klägerin an.
Mit Ausnahme eines für die rechtliche Beurteilung unbeachtlichen Teils ist dem Verkehr
bewusst und war es auch zum Kollisionszeitpunkt bereits, dass der Postmarkt in der
Vergangenheit monopolitisch strukturiert war und dass der frühere Monopolist - die
Deutsche Bundespost - einen in der Form eines "privaten" Unternehmens geführten
Rechtsnachfolger gefunden hat. Ihm ist weiter aus zahlreichen Medienberichten und der
Existenz einer großen Deregulierungsbehörde bekannt, dass der Postmarkt generell
privatisiert werden soll und dass sich neben dem Nachfolger des früheren Monopolisten
weitere Unternehmen gegründet haben, die sich konkurrierend im Markt etablieren. In
dieser Situation nimmt der Verkehr ohne weiteres an, dass es sich bei der "BLAUEN
POST" um ein Unternehmen handelt, dass zur Beschreibung seiner Dienstleistung den
herkömmlichen Begriff "Post" verwendet, aber durch die Verwendung der für
Postdienstleistungen bislang völlig unbekannten Farbe Blau anstelle des von der Klägerin
bzw. ihrer Rechtsvorgängerin durchgängig verwendeten Farbe Gelb zum Ausdruck bringt,
dass es sich bei ihm eben um einen Wettbewerber der Klägerin handele.
Ist damit von einer allenfalls mittleren Kennzeichnungskraft von "POST", aber einer nur
geringen Ähnlichkeit der Klagemarke mit "DIE BLAUE POST" auszugehen, so kann auch
im Bereich der Branchenidentität eine Verwechslungsgefahr nicht bejaht werden.
Das gilt auch für die von der Klägerin noch angeführte mittelbare Verwechslungsgefahr.
Entgegen der Auffassung der Klägerin reiht sich das angegriffene Zeichen "DIE BLAUE
POST" nicht in ein Serienzeichen "POST" ein, das durch die auf Bl. 531 d.A. der Akten
aufgelisteten Marken repräsentiert würde. Es handelt sich dort sämtlich um Wortmarken, die
zwar den Begriff "Post" enthalten, dies aber nicht in Alleinstellung, sondern unter Beifügung
weiterer Begriffe speziell aus dem Bereich des Postwesens (z.B.: "Post mit Posthorn";
"PressePost"; "PostCom"; "EasyPost"; "PostZustellService" u.s.w.). Die vorstehend
wiedergegebenen und auch alle übrigen in der Auflistung enthaltenen Zusätze weisen
allenfalls auf bestimmte Sparten der Klägerin hin und stellen sich nicht durch ihren
Sinngehalt in einen Gegensatz zu dem bekannten Erscheinungsbild der Klägerin. Das tut
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
aber gerade das angegriffene Zeichen, in dem es mit den Bestandteilen "DIE BLAUE..."
einen auffälligen Gegensatz zu der Farbe Gelb aufbaut, die für die Klägerin aus den
genannten Gründen herkunftshinweisend ist. Soweit sich hier die Klägerin in der
mündlichen Verhandlung noch auf Marken "Rote Post" und "Schwarze Post" berufen hat,
vermag dies - ungeachtet der Frage der Priorität jener Marken - eine mittelbare
Verwechselungsgefahr schon deswegen nicht zu begründen, weil die Verwendung dieser
Marken für den Betrieb der Klägerin nicht dargetan ist und der Verkehr deswegen die
Bezeichnung die "DIE BLAUE POST" nicht als Bestandteil einer existenten Zeichenserie
ansehen könnte.
2.
Der mit dem Berufungsantrag zu I. 1) geltend gemachte Unterlassungsanspruch kann auch
nicht mit Erfolg auf § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG gestützt werden, weil es sich bei der
Wortmarke "POST" nicht um eine bekannte Marke im Sinne der Vorschrift handelt. Die
Marke ist aus den vorstehend dargelegten Gründen lediglich von durchschnittlicher
Kennzeichnungskraft und das vorgelegte Gutachten aus dem Jahre 2002 belegt aus den
genannten Gründen auch eine besondere Bekanntheit gerade der Dienstleistungsmarke
nicht.
3.
Kann damit der Unterlassungsantrag nicht auf markenrechtliche Unterlassungsansprüche
gestützt werden, weil es an der erforderlichen Verwechslungsgefahr bzw. Bekanntheit der
Marke "POST" fehlt, so kann die Klägerin aus Markenrecht auch weder die Zustimmung zur
Löschung der Marke noch die weiteren Annexansprüche auf Auskunft und
Schadensersatzfeststellung verlangen, weil diese Ansprüche sämtlich ebenfalls das
Bestehen der Anspruchsvoraussetzungen des § 14 Abs. 2 Ziff. 2 oder 3 MarkenG,
insbesondere also das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr oder einer bekannten Marke,
voraussetzen.
B.
Unternehmenskennzeichenrechtliche Ansprüche
1.
Der mit dem Berufungsantrag zu I. 1) geltend gemachte Unterlassungsanspruch kann auch
nicht mit Erfolg auf §§ 5, 15 Abs. 2 MarkenG gestützt werden.
Ob bei einem Unternehmenskennzeichen eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 15
Abs. 2 MarkenG besteht, hängt von der Zeichenähnlichkeit, der Kennzeichnungskraft der
geschützten Bezeichnung und der Branchennähe ab, wobei auch diese Gradmesser
zueinander in der oben beschriebenen Wechselwirkung stehen (vgl. z. B. BGH GRUR 02,
898 - "de-facto´"; GRUR 02, 626, 629 - "IMS"; GRUR 01, 1161, 1162, "CompuNet - ComNet
I"; weitere Nachweise bei Ingerl/Rohnke a.a.O., § 15 Rz 50).
Der Firmenbezeichnung "Deutsche Post AG" der Klägerin kommt allenfalls
durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Der Senat hat im Verfahren 6 U 42/01, das eine
Wortbildmarke "Regionalpost" zum Gegenstand hatte und an dem die Klägerin ebenfalls
beteiligt war, in seiner Entscheidung vom 02.11.01 folgendes ausgeführt (Urteil Seite 9):
"Die Kennzeichnungskraft der aus den vorstehenden Gründen von ihren beiden Elementen
gemeinsam geprägten Klagemarke ist, soweit die herkömmlichen Posterzeugnisse und -
43
44
dienstleistungen betroffen sind, von Hause aus als schwach anzusehen. Nur in der
Kombination der beiden Bestandteile "Deutsche Post" erlangt das Zeichen
Unterscheidungskraft, weil es sich bei "Post" im allgemeinen Sprachgebrauch um einen
beschreibenden Begriff u. a. für auf bestimmte Art und Weise versendete und zugegangene
Brief- und Paketsendungen etc. und Beförderungsleistungen handelt ("meine/Deine pp.
Post"; "Post erhalten", "auf dem Postwege versenden"; "per Luftpost"; "Postanschrift"
u.s.w.)". Der Bundesgerichtshof hat die gegen dieses Urteil gerichtete Revision, soweit sie
gegen die Abweisung der auf die Klagemarke "Deutsche Post" gestützten Klage gerichtet
war, durch Beschluss vom 12.12.2002 (I ZR 308/01) gemäß § 554 b Abs. 1 ZPO a.F. nicht
angenommen, weil die Rechtssache insoweit keine grundsätzliche Bedeutung und die
Revision keine Aussicht auf Erfolg habe. Der Senat hält an seiner vorzitierten Auffassung
fest: Auch als Unternehmenskennzeichen ist der Begriff "Post" von Hause aus rein
beschreibend: Denn ebenso wie der Begriff "Post" etwa in den oben beispielhaft
aufgezählten Wortkombinationen als Beschreibung für versendete und zugegangene Brief-
bzw. Paketsendungen und Beförderungsleistungen geläufig ist, ist es im sprachlichen
Umgang gebräuchlich, eine Institution, die derartige Beförderungsleistungen von Brief und
Paketsendungen erbringt, als "Post" zu bezeichnen ("zur Post gehen"; einen Brief auf die
Post geben"; "mit der Post schicken" u.ä.). Es kann damit auch im firmenrechtlichen Sinne
dem Begriff "Deutsche Post" bzw. "Deutsche Post AG" von Hause aus für
Postdienstleistungen nur eine schwache Kennzeichnungskraft zuerkannt werden, die ihren
Ursprung allein in der Kombination beider Begriffe hat. Durch den Zusatz "Deutsche" wird
kenntlich gemacht, dass es sich nicht um einen beliebigen Beförderer von Post und
Paketen, sondern gerade um denjenigen Dienstleister handelt, der als deren
Rechtsnachfolger aus der "Deutsche Bundespost" hervorgegangen ist.
Es spricht einiges dafür, dass der Firmenname "Deutsche Post" im maßgeblichen
Kollisionszeitpunkt im Jahre 2000 nicht mehr nur schwach kennzeichnend, sondern
aufgrund seiner Benutzung nunmehr von mittlerer Kennzeichnungskraft war. Aus der als
Anlage K 2 vorgelegten demoskopischen Untersuchung zur Bekanntheit von "Post" ergibt
sich, dass 80,6 % der Befragten die Bezeichnung "Post" bei der Beförderung von Briefen
und Warensendungen als einen Hinweis auf ein ganz bestimmtes Unternehmen in
Deutschland auffassten. Von diesen haben 57,2 % auf die entsprechende Nachfrage das
Unternehmen richtig als "Deutsche Post (AG)" bezeichnet. Dies entspricht in absoluten
Zahlen einem Anteil von 46,10 % der Befragten. Bei Einbeziehung auch derjenigen, die auf
die spätere Frage 11 geantwortet haben, es gebe zwar mehrere Unternehmen "Post", diese
gehörten aber zu einem Gesamtkonzern, haben 84,6 % die Angabe "Post" als Hinweis auf
ein bestimmtes Unternehmen angesehen, was einer absoluten Quote von 48,39 %
entspricht. Der Senat kann die Frage offen lassen, inwieweit die Erhebung, die zwei Jahre
später durchgeführt worden ist, Rückschlüsse auf die Bekanntheit im Kollisionszeitpunkt
zulässt. Denn die Klage kann auch dann keinen Erfolg haben, wenn zugunsten der
Klägerin unterstellt wird, dass die Bezeichnung "Deutsche Post" damals bereits nicht mehr
von schwacher, sondern bereits von mittlerer Kennzeichnungskraft war. Das gilt auch dann,
wenn man zusätzlich zugunsten der Klägerin unterstellt, dass in jenem Zeitpunkt ebenso
der von Haus aus rein beschreibende isolierte Begriff "Post" wegen seiner Bekanntheit
inzwischen eine eigenständige Kennzeichnungskraft erlangt hatte und deswegen geeignet
war, als Firmenkennzeichen auf die Klägerin hinzuweisen. Denn selbst wenn dies der Fall
sein sollte, wäre eine Verwechslungsgefahr nicht zu bejahen:
Aus den oben zu dem geltend gemachten Anspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG
dargelegten Gründen, die uneingeschränkt auch im Rahmen des § 15 Abs.2 MarkenG
gelten, besteht zwischen "Post" (und erst Recht "Deutsche Post AG") einerseits und "DIE
45
46
47
48
49
50
51
52
BLAUE POST" andererseits nur eine geringe Ähnlichkeit. Aus diesem Grunde kann auch
bei teilweiser Identität der Dienstleistungen aufgrund lediglich mittlerer
Kennzeichnungskraft der Firmenbezeichnung "Deutsche Post AG" bzw. des
Firmenschlagwortes "Post" eine Verwechslungsgefahr nicht bejaht werden.
2.
Aus den nämlichen Gründen, die bereits zum Markenschutz ausgeführt worden sind, kann
die Bezeichnung "Post" auch nicht als eine bekannte geschäftliche Bezeichnung der
Klägerin angesehen werden, weswegen auch Ansprüche aus §§ 5, 15 Abs. 2 MarkenG
ausscheiden.
3.
Fehlt es damit sowohl an einer Verwechslungsgefahr im Sinne des § 15 Abs. 2 MarkenG
als auch an einer Bekanntheit der geschäftlichen Bezeichnung im Sinne des § 15 Abs. 2
MarkenG, so stehen der Klägerin auch der Anspruch auf Löschung sowie die weiter
geltend gemachten Annexansprüche auf Auskunft und Schadenersatzfeststellung auch aus
unternehmenskennzeichenrechtlichen Gründen nicht zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Ein Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Die Rechtsfragen, auf denen die
Entscheidung beruht, sind höchstrichterlich geklärt. Im übrigen hat der zu entscheidende
Einzelfall auch keine grundsätzliche Bedeutung.
Streitwert: 500.000,00 EUR