Urteil des OLG Köln vom 17.10.2006

OLG Köln: einzelrichter, einspruch, datum, auflage

Oberlandesgericht Köln, 4 WF 161/06
Datum:
17.10.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 WF 161/06
Vorinstanz:
Amtsgericht Bonn, 42 F 490/05
Tenor:
Auf die Beschwerde des Beklagten vom 22. September 2006 wird der
Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Bonn vom 7.
September 2006 aufgehoben und das Verfahren an das Familiengericht
zurückverwiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.
G r ü n d e
1
Durch den angefochtenen Beschluss ist der Widereinsetzungsantrag des Beklagten
wegen der Versäumung der Einspruchsfrist zurückgewiesen worden. Gleichzeitig ist der
Einspruch des Beklagten gegen das Versäumnisurteil des Amtsgerichts vom 3. März
2006 als verspätet verworfen worden.
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Der Beklagte vertritt mit der Beschwerde die Auffassung, das Versäumnisurteil vom 3.
März 2006 sei nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Auch wenn er sich vom 15.
November 2005 bis zum 3. Mai 2006 in stationärer Krankenhausbehandlung befunden
habe, seien sowohl die Terminsladung als auch das Versäumnisurteil an seinen
Wohnsitz zuzustellen gewesen.
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Die Beschwerde ist als sofortige Beschwerde nach §§ 567 Absatz 1, 569 ZPO zulässig.
Soweit nicht durch Urteil, sondern durch Beschluss entschieden worden ist, ist das
gegen eine Beschluss gegebene Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde im Wege der
Meistbegünstigung gegeben (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 25. Auflage, vor § 511
Rdn. 30 mit weiteren Nachweisen).
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Die Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Denn das
Familiengericht hat nicht in zulässiger Weise über den Einspruch des Beklagten und
den Wiedereinsetzungsantrag entschieden. Nach der Neufassung der ZPO durch das
Zivilprozessrechtsreformgesetz 2001 muss die Entscheidung über die Verwerfung des
Einspruches gegen ein Versäumnisurteil stets durch Urteil ergehen, § 341 Absatz 2
ZPO (s. auch Thomas/Putzo/Reichhold, ZPO, 24. Aufl., § 341 Rdn. 5; Zöller/Herget,
5
a.a.O. § 341 Rdn. 9; Schenkel, MDR 2003, 136). Die gleiche Entscheidungsform gilt
gemäß § 238 Absatz 2 ZPO auch im Hinblick auf die Entscheidung über die
Wiedereinsetzung.
Die Sache ist vorliegend analog § 538 Abs. 2 Nr. 2 ZPO aufzuheben und zurück zu
verweisen, denn der Einspruch des Beklagten ist als unzulässig verworfen worden (s.
Zöller/Gummer, a.a.O. § 572 Rdn. 31).
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Eine eigene Sachentscheidung des Senats entsprechend § 538 Abs. 1 ZPO kommt
nicht in Betracht. Für eine solche Entscheidung wäre nicht der originäre Einzelrichter,
sondern der Senat zuständig, der jedoch nicht über die sofortige Beschwerde gegen
den Verwerfungsbeschluss zu befinden hat. Aufgrund der erstinstanzlichen
Einzelrichterentscheidung mittels Beschluss ist gemäß § 568 Satz 1 ZPO der originäre
Einzelrichter beim Oberlandesgericht für die Entscheidung über die sofortige
Beschwerde zuständig. Bei der an sich prozessual gebotenen Entscheidung durch
Urteil wäre für die Entscheidung der Senat und damit ein anderer Spruchkörper
zuständig gewesen. Dieser könnte gemäß § 526 ZPO die Sache allenfalls auf den
entscheidenden Einzelrichter übertragen, sofern sich der Rechtsstreit dafür eignen
würde und die weiteren Voraussetzungen vorlägen. Umgekehrt könnte der Einzelrichter
das Beschwerdeverfahren nur unter den Voraussetzungen des § 568 Satz 2 ZPO, die
hier nicht vorliegen, auf den Senat übertragen. Eine originäre Zuständigkeit des Senats,
wie sie im Urteilsverfahren bestehen würde, kommt bei der gegebenen Fallkonstellation
in keinem Fall in Frage. Mithin ist es aufgrund der prozessual fehlerhaften Entscheidung
des Landgerichts zu einer gesetzwidrigen Verschiebung der Zuständigkeit gekommen,
die durch die Zurückverweisung der Sache zu korrigieren ist (vgl. OLG Celle NJW-RR
2003, 647).
7
Gerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind im Hinblick auf die Nichtbeachtung
der Neufassung des § 341 Absatz 2 ZPO nicht zu erheben, § 21 Absatz 1 Satz 1 GKG.
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