Urteil des OLG Köln vom 21.01.1991
OLG Köln (gebühr, verfügung, antragsteller, zpo, beratung, kenntnis, betrag, auftrag, beschwerde, höhe)
Oberlandesgericht Köln, 17 W 36/91
Datum:
21.01.1991
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
17. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
17 W 36/91
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 43 O 146/90
Tenor:
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die als zu
erstattende Kosten des Antragsgegners gegen den Antragsteller
festgesetzten 1.683,78 DM mit
4 % seit dem 28. November 1990 zu verzinsen sind.
Die Kosten des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens trägt der
Antragsteller.
Gründe
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Die Erinnerung des Klägers, die aufgrund der Vorlage an den Senat als sofortige
Beschwerde gilt (§§ 21 Abs. 2 11 Abs. 2 RpflG), ist zulässig, in der Hauptsache aber
nicht begründet.
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Ohne Erfolg wendet die Beschwerde sich dagegen, daß der Rechtspfleger die Kosten
der Aachener Prozeßbevollmächtigten des Antragsgegners antragsgemäß mit 836,76
DM als erstattungsfähig anerkannt und von den diesem durch die Mitwirkung des
Rechtsanwalts Mxxx aus Sxxx als Verkehrsanwalt erwachsenen Kosten in Höhe von
847,02 DM einen Betrag von 818,21 DM unter dem Gesichtspunkt anderweit ersparter
Kosten in die Kostenfestsetzung eingestellt hat.
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Für die Erstattungsfähigkeit der mit der Beauftragung des Prozeßanwalts anfallenden
Prozeßgebühr ist es unerheblich, daß den Prozeßbevollmächtigten des Antragsgegners
der unbedingte Prozeßauftrag zur Abwehr des Verfügungsbegehrens des Antragstellers
erst zu einem Zeitpunkt erteilt worden ist, als der Antrag auf Erlaß der einstweiligen
Verfügung bereits zurückgenommen war. Zwar war damit auch der Prozeßauftrag der
Axxx Prozeßanwälte des Antragsgegners objektiv beendet, weil sein Zweck nicht mehr
erreicht werden konnte; zugunsten dieser Anwälte gilt der Auftrag gleichwohl gemäß §
674 BGB so lange als fortbestehend, bis sie vom Erlöschen des Auftrags Kenntnis
erlangten oder Kenntnis haben mußten (vgl. den in Jur. Büro 1986, 1197 veröffentlichten
Senatsbeschluß mit weiteren Nachweisen). Zu den aufgrund des Kostenbeschlusses
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nach § 269 Abs. 3 ZPO festsetzbaren Verfahrenskosten gehört daher auch die
Prozeßgebühr des Prozeßbevollmächtigten der als Antragsgegner in das Verfahren der
einstweiligen Verfügung einbezogenen Partei, der in Unkenntnis der Beendigung des
Prozeßrechtsverhältnisses einen Schriftsatz, mit Sachanträgen bei Gericht einreicht. So
aber war es hier. Ausweislich der Gerichtsakten ist der Schriftsatz vom 22. August 1990,
den der Korrespondenzanwalt des Antragsgegners gefertigt und dessen Axxx
Prozeßbevollmächtigten zur Einreichung beim Landgericht Aachen übersandt hat, dort
am 27. August 1990 eingegangen. Die Axxx Anwälte müssen demnach vor dem 28.
August 1990 mit der Prozeßvertretung des Antragsgegners beauftragt worden sein. Das
belegt zudem die Tatsache, daß der Eingangsstempel, mit dem das an die Axxx
Prozeßbevollmächtigten des Antragsgegners gerichtete Auftragsschreiben seines Sxxx
Verkehrsanwalts vom 21. August 1990 im Büro der Axxx Anwälte versehen worden ist,
das Datum des 27. August 1990 trägt. Die bei Gericht am 23. August 1990
eingegangene Antragsrücknahme des Antragstellers vom 22. August 1990 ist dem
Antragsgegner demgegenüber erst am 28. August 1990 zugestellt worden. Dafür, daß
der Antragsgegner auf anderem Wege schon früher von der Rücknahme des Antrags
auf Anordnung der einstweiligen Verfügung Kenntnis erlangt hat, sind Anhaltspunkte
nicht ersichtlich, so daß die von dem Antragsgegner als Prozeßgebühr seiner Axxx
Prozeßbevollmächtigten geltend gemachte Gebühr (nebst Zuschlägen) in voller Höhe
den vom Antragsteller zu erstattenden Kosten des vorangegangenen Verfahrens der
einstweiligen Verfügung zugerechnet werden muß.
Aus den vorstehend erörterten Gründen ist es auch nicht zu beanstanden, daß der
Rechtspfleger die Kosten des Sulinger Korrespondenzanwalts des Antragsgegners in
Höhe von 818,21 DM als erstattungsfähig anerkannt hat. Der Antragsgegner durfte ohne
Verstoß gegen das Gebot, unnötige Mehrkosten zu vermeiden, seinen Sxxx
Rechtsanwalt mit der Vermittlung der Informationen zwischen ihm und dem zum
Prozeßbevollmächtigten zu bestellenden, beim Prozeßgericht zugelassenen
Rechtsanwalt beauftragen, weil er nach der im Zeitpunkt der Auftragserteilung
gegebenen Sachlage damit rechnen mußte, andernfalls erstattungsfähige Rat- und
Informationskosten in mindestens gleicher, wenn nicht sogar höherer Größenordnung
aufwenden zu müssen. Dem Rechtspfleger ist darin zuzustimmen, daß zu den in die
vergleichende Kostenabwägung einzubeziehenden Aufwendungen des
Antragsgegners neben den Kosten einer Informationsreise nach Axxx auch die Kosten
einer prozeßbezogenen Beratung gehören. Anders als sonst die mit einer Klage oder
einem Verfügungsantrag überzogene Partei sah sich der Antragsgegner ernstlich vor
die Frage gestellt, ob er sich gegen das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers
überhaupt zur Wehr setzen solle. Für die Frage, ob eine Rechtsverteidigung in
vorliegender Sache hinreichende Aussicht auf Erfolg versprach, kam es entscheidend
darauf an, ob die in der Rechtsprechung zur Werbung durch unaufgeforderte
Übermittlung eines auf die Anbahnung oder Vorbereitung eines Geschäftsabschlusses
gerichteten Angebots mittels Telex oder Telefax entwickelten Grundsätze sich auf die
hier in Rede stehende Fallgestaltung würden übertragen lassen. Die für die Beurteilung
dieser Rechtsfrage erforderlichen Rechtskenntnisse aber können bei dem
Antragsgegner, der einen Landmaschinenhandel betreibt, nicht vorausgesetzt werden.
Eine prozeßbezogene Beratung des Antragsgegners hätte eine Sichtung der
einschlägigen Rechtsprechung insbesondere des Bundesgerichtshofs erfordert und
schon mit Rücksicht darauf eine zumindest durchschnittliche anwaltliche Mühewaltung
erfordert. Der Antragsgegner hatte daher nach billigem Ermessen mit einer im mittleren
Bereich des nach § 20 Abs. 1 BRAGO zur Verfügung stehenden Rahmens liegenden
Gebühr zu rechnen. Hierfür hat sich in der Praxis die 5/10-Gebühr als Regelgebühr
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durchgesetzt, so daß die in die Vergleichsrechnung einzubeziehenden Kosten einer
prozeßbezogenen Beratung unter Berücksichtigung der auch dem beratenden Anwalt
gebührenden Auslagenpauschale und der auf die Beratungsvergütung entfallenden
Umsatzsteuer mit 441,18 DM anzusetzen sind. Die mit einer Informationsreise nach
Axxx verbundenen Kosten und die Kosten einer ergänzenden schriftlichen und
telefonischen Fühlungnahme mit seinen Prozeßanwälten hatte der Antragsgegner auf
insgesamt wenigstens 420,- DM zu veranschlagen. Der Antragsgegner hatte daher
davon auszugehen, daß die Kosten, die er für den alternativen Fall einer unmittelbaren
Beauftragung und Unterrichtung eines Aachener Rechtsanwalts würde aufwenden
müssen, ebenso hoch, wenn nicht höher sein würden als die Korrespondenzvergütung
eines ortsnah praktizierenden Rechtsanwalts.
Aus alledem folgt, daß der Rechtspfleger die dem Antragsgegner durch die Mitwirkung
seines Sxxx Rechtsanwalts als Verkehrsanwalt entstandenen Kosten nicht in einem zu
weitgehenden Umfang als erstattungsfähig anerkannt hat, daß er insoweit vielmehr
einen zu niedrigen Betrag in die Kostenfestsetzung einbezogen hat. Einer Abänderung
des angefochtenen Beschlusses zum Nachteil des Antragstellers steht jedoch das auch
im Kostenfestsetzungsverfahren geltende Verbot der Schlechterstellung des alleinigen
Rechtsmittelführers entgegen, so daß es im Ergebnis bei dem als zu erstattende
Prozeßkosten des Antragsgegners gegen den Antragsteller festgesetzten Betrag von
1.683,78 DM verbleiben muß.
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Die im Rahmen des betragsmäßigen Rechtsmittelangriffs von Amts wegen
vorzunehmende Überprüfung der gesamten Kostenfestsetzung führt allerdings zu einer
Änderung des Zinsausspruchs. Unrecht hat der Rechtspfleger für den Beginn der
Verzinsungspflicht auf den Eingang des Kostenfestsetzungsgesuchs des
Antragsgegners bei Gericht am 6. September 1990 abgestellt. Die dem angefochtenen
Beschluß zugrunde Hegende Kostengrundentscheidung ist am 28. November 1990
ergangen, so daß der Zinsanspruch des § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO erst an diesem Tage
zur Entstehung gelangt ist (vgl. KG NJW 1967, 1569).
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97, 92 Abs. 2 ZPO.
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Streitwert: 1.683,78 DM.
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