Urteil des OLG Köln vom 22.01.2010
OLG Köln (einstweilige verfügung, angemessener zeitraum, uwg, verfolgung, unkenntnis, kenntnis, mitarbeiter, werbung, anlage, kündigung)
Oberlandesgericht Köln, 6 W 149/09
Datum:
22.01.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 W 149/09
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 81 O 23/09
Normen:
UWG § 12 Abs. 2
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss
des Landgerichts Köln vom 18.09.2009 - 81 O 23/08 - abgeändert:
Die Kosten des in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt
erklärten Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
Diese hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
G r ü n d e :
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Die zulässige (§§ 91a Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 569 Abs. 1 und 2 ZPO) sofortige
Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Billigem Ermessen entspricht es, der
Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, denn ohne die mit der
Unterlassungserklärung des Antragsgegners vom 06.03.2009 eingetretene Erledigung
wäre die einstweilige Verfügung vom 19.01.2009 – 33 O 9/09 LG Köln – auf seinen
Widerspruch aufzuheben gewesen, weil die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2
UWG widerlegt ist.
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Am Verfügungsgrund fehlt es, wenn ein Antragsteller mit der gerichtlichen Verfolgung
eines Wettbewerbsverstoßes längere Zeit zuwartet, obwohl er die den Verstoß
begründenden Tatsachen und die Person des Verantwortlichen kennt. Maßgeblich ist in
arbeitsteiligen Unternehmen die Kenntnis der für die Ermittlung oder Verfolgung von
Wettbewerbsverstößen zuständigen Mitarbeiter (Senat WRP 1999, 222 = NJW-RR
1999, 694) und Wissensvertreter (§ 166 Abs. 1 BGB analog: OLG Hamburg, GRUR-RR
2006, 374 [376]; Köhler / Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 12 Rn. 3.15; Hess in: Ullmann
jurisPK-UWG, 2. Aufl. 2009, § 12 UWG, Rn. 94), wozu sogar Sachbearbeiter zu rechnen
sein können, von denen nach ihrer Funktion erwartet werden darf, dass sie die
Wettbewerbsrelevanz des Verhaltens erkennen und ihre Kenntnis an die weitergeben,
die im Unternehmen zu Entscheidungen über das Einleiten entsprechender
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Maßnahmen befugt sind (vgl. OLG Frankfurt / Main, NJW 2000, 1961 f.).
Bei der Antragstellerin, die über keine eigene Rechtsabteilung verfügt, hatte der
Mitarbeiter P. eine solche Stellung inne: Unstreitig forderte er den Antragsgegner am
21.11.2008 telefonisch zur Entfernung der streitbefangenen Werbung von seiner
Internetseite auf und veranlasste die Sperrung der Seite im System der Antragstellerin;
unter dem 02.01.2009 sprach er als deren Vertreter ("i.V.") wegen der in Rede
stehenden die Werbung die Kündigung des "Hotelvertrags" mit dem Antragsgegner aus
(Anlage K 1). Auch wenn er bei der Antragstellerin nicht selbst zur Entscheidung über
die Einleitung von Gerichtsverfahren befugt gewesen sein mag, sondern der Antrag von
einem Rechtsanwalt vorbereitet und intern durch den Geschäftsführer freigegeben
wurde, fiel die Verfolgung des in Rede stehenden wettbewerbswidrigen Verhaltens also
in seinen Zuständigkeitsbereich. Liegt der Fall aber so, kann sich die Antragstellerin
nicht auf Unkenntnis ihrer Entscheidungsträger bis zur Einschaltung von Rechtsanwalt
Dr. E. am 15.12.2008 (mehr als drei Wochen nach dem 21.11.2009) berufen, denn sonst
hätte sie es in der Hand, ihre "ausgelagerte Rechtsabteilung" über die von ihrer
"Qualitätsabteilung" festgestellten Verstöße bewusst in Unkenntnis zu lassen und den
Lauf der Dringlichkeitsfrist zu manipulieren.
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Bei Antragstellung am 16.01.2009 (acht Wochen nach dem 21.11.2008) war die
Dringlichkeit nicht mehr gewahrt. Auch wenn in diesem Bereich bestimmte Fristen nach
ständiger Rechtsprechung des Senats nur als Anhaltspunkt dienen können, ist die
Dringlichkeitsvermutung – wie im angefochtenen Beschluss erwähnt – in der Regel
widerlegt, wenn der Unterlassungsgläubiger ohne zwingende Gründe einen Zeitraum
von mehr als einem Monat bis zur Antragstellung verstreichen lässt. Acht Wochen bis
zur Anbringung des Eilantrags sind nach diesen Maßstäben selbst unter
Berücksichtigung des Jahreswechsels keineswegs mehr als angemessener Zeitraum
anzusehen, zumal die Kündigung des "Hotelvertrags" bereits vom 02.01.2009 datiert
und ein stichhaltiger Grund für die Überschreitung der mit der Abmahnung auf den
19.12.2008 gesetzten Frist (Anlage K 2) um volle vier Wochen nicht ersichtlich ist.
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Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1
ZPO.
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Beschwerdewert: bis 3.000,00 € (Verfahrenskosten erster Instanz)
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