Urteil des OLG Köln vom 16.12.2008

OLG Köln: darlehen, treu und glauben, widerklage, grundstück, innenverhältnis, gaststätte, zwangsvollstreckung, beweiswürdigung, ausgleichszahlung, auszahlung

Oberlandesgericht Köln, 3 U 12/08
Datum:
16.12.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
3. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 U 12/08
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 27 O 611/05
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom
13.12.2007 – 27 O 611/05 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die
Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden,
wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von
110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
G r ü n d e:
1
I.
2
Der Kläger begehrt von der Beklagten, seiner ehemaligen Lebensgefährtin, die
Aufhebung der Gemeinschaft an einer Sicherungsgrundschuld und die Zustimmung zur
Eintragung einer Teilgrundschuld auf dem in ihrem Eigentum stehenden
Hausgrundstück mit der Anschrift An der X x1 in G, das vormals den Parteien in
Bruchteilsgemeinschaft gehörte, bis die Beklagte es durch Zuschlag in einem
Teilungsversteigerungsverfahren erwarb. Mit ihrer Widerklage begehrt die Beklagte die
Einwilligung des Klägers in die Auszahlung des restlichen hinterlegten Erlöses aus dem
Teilungsversteigerungsverfahren.
3
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Tatbestand der angefochtenen
Entscheidung des Landgerichts Köln Bezug genommen.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Es hat
ausgeführt, der Kläger habe zwar grundsätzlich einen Anspruch auf Aufhebung der
Gemeinschaft der Parteien an der Sicherungsgrundschuld. Indes sei der Kläger nach
Treu und Glauben gehindert, diesen Anspruch geltend zu machen, denn die Beklagte
könne mit eigenen Forderungen gegen die sodann zugunsten des Klägers
einzutragende Teilgrundschuld in Höhe von 20.451,88 € aufrechnen. Gleiches gelte für
5
eine weitere Forderung des Klägers in Höhe von 1.617,56 €, die sich daraus ergebe,
das ihm vom Teilungsversteigerungserlös ein Drittel, mithin 25.957,19 €, zustehe,
wovon er bislang nur 24.339,63 € erhalten habe.
Die Gegenforderungen der Beklagten überstiegen die Summe der klägerischen
Ansprüche von 22.096,24 €. Die Beklagte habe Verbindlichkeiten des Klägers in Höhe
von 12.500 € getilgt. Des weiteren habe die Beklagte gegen den Kläger einen
Ausgleichsanspruch in Höhe von 11.577,50 €, da sie die Restschuld des gemeinsam
zum Erwerb des Hausgrundstücks aufgenommenen Darlehens in Höhe von 23.155
allein getilgt habe, sowie einen weiteren Ausgleichsanspruch in Höhe von 4.734,47 €,
weil sie in den Jahren 2001–2004 in dieser Höhe Ratenzahlungen auf das Darlehen
geleistet habe, die an sich der Kläger hätte leisten müssen. Hinsichtlich beider
Ausgleichsansprüche ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Parteien im
Innenverhältnis je hälftig am Darlehen beteiligt gewesen seien. Zwar habe die
Beweisaufnahme ergeben, dass die Parteien im Jahr 1987 oder 1988 vereinbart hatten,
dass der Kläger das Darlehen zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3 zu tragen habe. Jedoch
stehe nach der Beweisaufnahme auch fest, dass die Beklagte dem Kläger damals einen
Ausgleich in Höhe von 13.334 DM gezahlt habe, mit dem interne Ausgleichsansprüche
abgegolten sein sollten; nach dieser Zahlung sei jede Partei zur je hälftigen Bedienung
des Darlehens verpflichtet gewesen.
6
Zuzüglich weiterer Ausgleichsansprüche der Beklagten in Höhe von 1.247,67 € aus
zwei Kostenfestsetzungsbeschlüssen ergäben sich somit Gegenforderungen der
Beklagten in Höhe von 30.059,64 €. Habe der Kläger demnach keine
Zahlungsansprüche mehr gegen die Beklagte, so sei er auch verpflichtet, der
Auszahlung des hinterlegten Restbetrags an die Beklagte zuzustimmen.
7
Mit der am 17.1.2008 eingelegten und durch einen am 18.2.2008, einem Montag, beim
Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz begründeten Berufung wendet sich der
Kläger gegen das am 17.12.2007 zugestellte Urteil des Landgerichts Köln vom
13.12.2007. Er rügt eine unzutreffende Beweiswürdigung durch das Landgericht. Dieses
habe übersehen, dass in der bisherigen, sich über ein Jahrzehnt erstreckenden
Auseinandersetzung der Parteien nie von einer Ausgleichszahlung die Rede gewesen
sei, erst recht nicht von einer in Höhe von 13.334 DM. Zudem habe die
Beweisaufnahme weder klären können, welcher Rechtsgrund dieser angeblichen
Ausgleichszahlung zugrunde gelegen habe, noch wann sie erfolgt sei. Es widerspreche
auch der Lebenserfahrung, dass eine Ausgleichszahlung vorweg und durch Barzahlung
erfolge. Daher müsse es bei der Eingangsfeststellung des Landgerichts verbleiben,
wonach die Parteien vereinbart hätten, dass er den Darlehensbetrag zu 1/3 und die
Beklagte zu 2/3 hätten tragen sollen. Dies stehe in Einklang mit dem Umstand, dass er
nach der Trennung der Parteien die auf dem Grundstück befindliche Halle, die Beklagte
hingegen das Haus genutzt habe. Nachdem er die Halle instandgesetzt habe, sei man
sich einig gewesen, dass deren Wert mit 1/3 des Grundstückswert zu bemessen sei.
Dass er für eine gewisse Zeit gleichwohl die Hälfte der monatlichen
Darlehensbelastung getragen habe, beruhe auf den familiären Bindungen, dem Streben
nach einer einvernehmlichen Lösung und auf "atmosphärischen Gründen gegenüber
der eigenen Bank".
8
Das Landgericht habe auch die Gegenforderungen der Beklagten unzutreffend ermittelt.
Der Betrag von 4.734,47 €, den die Beklagte ausweislich des Urteils an die
finanzierende Bank gezahlt haben solle, sei in dem vermeintlichen Ablösebetrag des
9
Darlehens von 23.155 € enthalten. Insoweit sei entgegen den Feststellungen des
Landgerichts streitig, ob die Beklagte diesen Betrag gezahlt habe. Die 1.247,67 € aus
zwei Kostenfestsetzungsbeschlüssen habe nicht die Beklagte, sondern er bezahlt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
10
unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Köln vom 13.12.2007 die Beklagte
zu verurteilen,
11
1. der Aufhebung der Gemeinschaft an der durch teilweise Tilgungen der im
Grundbuch von G, Flur x2, Flurstück xx3/x4, Blatt xxx6, in Abteilung III, laufende
Nr. 1 eingetragenen Sicherungsgrundschuld für die Raiffeisenbank G-I eG
entstandenen und allen Parteien gemeinschaftlich zustehenden Teilgrundschuld
über 120.000 DM in der Weise zuzustimmen, dass für ihn eine Teilgrundschuld in
Höhe von 40.000 DM gebildet wird, und der Eintragung einer Teilgrundschuld in
dieser Höhe zu seinen Gunsten gleichrangig mit den in Abteilung III, laufende Nr.
1 verbleibenden Restgrundpfandrechten zuzustimmen;
2. nach Tilgung dieser Grundschuld und Übertragung an die Beklagte die
Zwangsvollstreckung in ihr Grundstück, An der X x1 in xxxx7 G, eingetragen im
Grundbuch von G, Blatt xxx6, zu dulden,
12
13
sowie die Widerklage abzuweisen.
14
Die Beklagte beantragt,
15
die Berufung zurückzuweisen.
16
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie räumt ein, dass der Kläger die
genannten Forderungen aus zwei Kostenfestsetzungsbeschlüssen beglichen habe. Im
Übrigen vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag, wonach die Parteien ungeachtet der
Eigentumsverhältnisse am Hausgrundstück im Innenverhältnis zur je hälftigen
Bedienung des Darlehens verpflichtet waren, was sich nicht zuletzt daraus ergebe, dass
sie es selbst nach ihrer Trennung – abgesehen von Zahlungsstockungen des Klägers –
jeweils hälftig zurückgeführt hätten.
17
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die in beiden
Instanzen gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Urkunden und
Unterlagen, die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts Köln aus dem Urteil vom
13.12.2007 – 27 O 611/05 – sowie die Sitzungsniederschrift vom 4.11.2008 (Bl. 741 ff.
GA) ergänzend Bezug genommen.
18
II.
19
Die zulässige Berufung ist unbegründet, weil das Landgericht die Klage im Ergebnis zu
Recht abgewiesen und der Widerklage zu Recht stattgegeben hat.
20
1.
21
Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Zustimmung der
Beklagten zur Aufhebung der Gemeinschaft an der durch teilweise Tilgung der im
Grundbuch von G eingetragenen Sicherungsgrundschuld für die Raiffeisenbank G-I e.G.
(nachfolgend: Bank) entstandenen und den Parteien gemeinschaftlich zustehenden
Teilgrundschuld über 120.000 DM in der Weise, dass für den Kläger eine
Teilgrundschuld in Höhe von 40.000 DM gebildet und diese gleichrangig neben dem in
Abteilung III unter laufender Nr. 1 eingetragenen Restgrundpfandrecht eingetragen wird.
Noch hat der Kläger einen sonstigen Anspruch auf Mitwirkung der Beklagten zur
Geltendmachung eines Anspruches auf Einräumung einer entsprechenden
Teilgrundschuld gegenüber der Bank.
22
Zu Recht macht die Beklagte geltend, dass eine Sicherungsgrundschuld noch nicht
entstanden sei, in deren Teilung sie zustimmen könnte. Der Auseinandersetzungs-
anspruch des Klägers gem. §§ 749 Abs. 1, 752, 747 Satz 2 BGB richtet sich vielmehr auf
die Mitwirkung der Beklagten bei der Geltendmachung des Anspruchs gegen die Bank
gem. §§ 311, 241 BGB i.V.m. den Darlehensverträgen auf Einräumung und Übertragung
einer Teilsicherungsgrundschuld auf den Kläger, soweit die Grundschuld in der
Teilungsversteigerung in voller Höhe bestehen geblieben und von den Gläubigern
angemeldet und in das geringste Gebot aufgenommen worden ist. Die Grundschuld ist
auch nach dem Zuschlag vom 15.9.2004 (Anlage B 2, Bl. 26 GA) bestehen geblieben,
§§ 52 Abs. 1, 91 Abs. 1 ZVG (BGH, Urteil vom 2.5.1990, XII ZR 20/89, BGHR BGB §
812 Abs. 1 Zwangsversteigerung 1; BGH, Urteil vom 13.1.1993, XII ZR 212/90, NJW-RR
1993, 386–390, Rn. 48). Die Parteien haben jedoch als Darlehensnehmer und
Sicherungsgeber aus dem Sicherungsvertrag einen durch den Wegfall des
Sicherungszwecks aufschiebend bedingten Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld
gegen die Bank (BGH, Urteil vom 13.1.1993, a.a.O.; BGH, Urteil vom 10.6.1983, V ZR
252/80, NJW 1984, 169, 171). Der Kläger kann dazu von der Beklagten aufgrund seines
Auseinandersetzungsanspruchs die Mitwirkung, § 747 Satz 2 BGB, an der
Geltendmachung des Anspruchs fordern, was zur Bildung einer Teilgrundschuld in
Höhe des nicht mehr valutierten Betrages für beide Parteien führen kann, §§ 1192, 1145
BGB (vgl. BGH, Urteil vom 31.10.1985, IX ZR 95/85, NJW-RR 1986, 233, 234; BGH,
Urteil vom 13.1.1993, a.a.O., Rn. 49).
23
Jedoch ist der insoweit ungenau gefasste Antrag des Klägers auslegungsfähig. Denn
nach dem schon aus der Klageschrift erkennbaren Willen des Klägers richtet sich sein
Begehren auf die Mitwirkung im genannten Sinne. Die begehrte Mitwirkung ist als
wesensgleiches minus in dem nach dem Wortlaut auf Zustimmung gerichteten
Klageantrag enthalten.
24
2.
25
Der Anspruch auf Mitwirkung zur Einräumung einer Teilgrundschuld besteht nicht in
Höhe der geltend gemachten 20.451,67 € (40.000 DM), sondern allenfalls in Höhe von
11.867,86 €. Denn die Beklagte kann zu Recht einwenden, sie habe mit der Ablösung
des Restdarlehens in Höhe von 23.155 € sowie mit den Zahlungen, die sie bis zum
15.9.2004 auf das Darlehen erbrachte, jedenfalls 8.583,81 € auf die Darlehensschuld
des Klägers gezahlt, weswegen die Darlehensforderung gegen den Kläger gemäß §
426 Abs. 2 S. 1 BGB in dieser Höhe auf sie übergegangen sei.
26
a)
27
Die Auseinandersetzung hinsichtlich der Grundschuld hat zwischen den Parteien nach
den Regeln über die Bruchteilsgemeinschaft zu erfolgen, §§ 749, 752 BGB. Das Gesetz
sieht hierfür keinen Geldanspruch, sondern Teilung in Natur vor, die hier durch
Zerlegung der Teilgrundschuld in zwei gleichrangige Teilgrundschulden möglich ist, §§
1152, 1192 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 31.10.1985, a.a.O.). In einem nächsten Schritt
kann der Kläger die Teilgrundschuld verwerten, indem er von der Beklagten Duldung
der Zwangsvollstreckung in das Grundstück verlangt, §§ 1191 Abs. 1, 1147 BGB. Die in
der Bruchteilsgemeinschaft wurzelnde Mitberechtigung der Parteien am
Rückgewähranspruch, der zu einer Abtretung der Teilgrundschuld durch den
Grundschuldgläubiger führt, wird überlagert vom internen Ausgleichsverhältnis der
Parteien nach § 426 Abs. 1 BGB. Steht demjenigen Teilhaber, der auf die
Darlehensforderung gezahlt hat, deswegen ein Ausgleichsanspruch gegen den anderen
Teilhaber zu, so ist im Umfang dieses Anspruchs die Darlehensforderung des
Grundschuldgläubigers gemäß § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB auf ihn übergegangen. Daher
kann er in entsprechender Anwendung des § 401 BGB insoweit die Übertragung der
Grundschuld auf sich verlangen (BGH, Urteil vom 28.4.1983, IX ZR 1/82, FamRZ 1983,
797, 798; BGH, Urteil vom 13.1.1993, a.a.O., Rn. 49).
28
b)
29
So liegt es hier. Zur Finanzierung des Grundstückskaufpreises von 140.000 DM nahmen
die Parteien im Mai 1987 bei der Bank zwei Darlehen über insgesamt 120.000 DM auf,
zu deren Absicherung in Abteilung III unter laufender Nr. 1 eine Grundschuld
eingetragen wurde. Das Darlehen Nr. xx8 über 27.000 DM wurde gemeinsam bedient
und am 30.8.1991 getilgt. Das Darlehen Nr. xx9 über 93.000 DM wurde ebenfalls
gemeinsam bedient. Die Parteien stockten dieses Darlehen mit Vertrag vom 8.7.1997
um 20.000 DM auf und lösten mit 35.685,60 DM den alten Kredit ab, wobei die
Grundschuld weiterhin als Sicherheit vereinbart wurde. Mit Vertrag vom 16.11.1998
stockten die Parteien das Darlehen erneut auf, nämlich auf 83.600 DM, wobei 40.685,93
DM neu aufgenommen wurden und die Grundschuld weiterhin als Sicherheit vereinbart
wurde. Seit der ersten Darlehensaufnahme bis zum 15.9.2004 zahlte ausweislich der
Aufstellung des Klägers im Schriftsatz vom 26.2.2006 (Bl. 257 GA), welcher die
Beklagte nicht widersprochen hat, der Kläger insgesamt 54.470,53 € und die Beklagte
58.944,41 €. Danach leistete der Kläger keine Zahlungen. Die Beklagte beglich im
Rahmen der nachfolgenden Umschuldung zum Jahreswechsel 2004/2005 das nach der
Teilungsversteigerung noch valutierende Restdarlehen aus dem gemeinsamen Vertrag
in Höhe von 23.155 €. Soweit der Kläger auf S. 11 der Berufungsbegründung (Bl. 496
GA) ausführt, es sei streitig, ob die Beklagte diesen Betrag gezahlt habe, ist der Senat
an die tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts in dessen Urteil vom
13.12.2007 gebunden. Der Umstand, dass die Beklagte das Restdarlehen in Höhe von
23.155 € ablöste, ist dort auf der dritten Seite im zweiten Absatz (Bl. 429 GA) als
unstreitig aufgeführt.
30
c)
31
Nach alledem war der Kläger im Innenverhältnis mit zumindest 46,17% und die
Beklagte mit höchstens 53,83% an dem zweimal aufgestockten Darlehen beteiligt.
32
Gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB haften Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu gleichen
33
Anteilen, wenn sich nicht aus Gesetz, einer ausdrücklichen oder stillschweigenden
Vereinbarung, Inhalt und Zweck des Rechtsverhältnisses oder aus der besonderen
Gestaltung des tatsächlichen Geschehens etwas anderes ergibt. Überlagert werden
kann das Gesamtschuldverhältnis durch eine Bruchteilsgemeinschaft mit abweichenden
Anteilen. So ist anerkannt, dass sich bei ungeklärtem Gesamtschuldverhältnis im
Zweifel auch aus den Vorschriften der Bruchteilsgemeinschaft, §§ 748, 755 BGB, ein
den Bruchteilen entsprechender Ausgleichsanspruch ergeben kann, wenn es im Zweifel
dem Willen der Bruchteilseigentümer entspricht, dass derjenige Teilhaber einen
Erstattungsanspruch haben soll, der im Einverständnis mit den übrigen Teilhabern
Aufwendungen zugunsten der Gemeinschaft – z.B. Ablösung von Grundschulden –
macht (BGH, Urteil vom 28.11.1974, II ZR 38/73, WM 1975, 196, 197; BGH, Urteil vom
13.1.1993, a.a.O., Rn. 25, 26 m.w.N.). Dies gilt aber nur dann, wenn nicht ein
entgegenstehender Wille der Parteien zu einem von den Anteilen der dinglichen
Bruchteilsgemeinschaft abweichenden obligatorischen Gesamtschuldverhältnis
festgestellt werden kann.
aa)
34
Hinsichtlich des Ursprungsdarlehens, das der Finanzierung des Grundstückskaufs
diente, kann nach diesen Grundsätzen nicht angenommen werden, dass die Parteien im
Verhältnis ihrer Anteile am Bruchteilseigentum beteiligt sein sollten. Denn aus dem
insoweit übereinstimmenden Vortrag der Parteien folgt, dass diese keineswegs, wie mit
der Berufungsbegründung behauptet, zunächst vereinbart hätten, dass der Kläger 1/3
und die Beklagte zu 2/3 des Darlehensbetrags zu tragen habe. Vielmehr hat der Kläger,
der im Termin vom 4.11.2008 persönlich angehört worden ist, ausgeführt, dass ein
Betrag von "ca. 46.000 DM" im Raum gestanden habe, da er einen Miteigentumsanteil
am Grundstück von einem Drittel gehabt habe. Demnach haben die Parteien damals
dem Umstand Rechnung getragen, dass der Darlehensbetrag (120.000 DM) hinter dem
Grundstückskaufpreis (140.000 DM) zurück blieb, weil die Beklagte einen Teil des
Kaufpreises (20.000 DM) aus eigenen Mitteln bar entrichtet hatte. Der Senat versteht
daher die Ausführungen des Klägers dahin, dass er nicht etwa mit 1/3 des
Darlehensbetrags, sondern mit 1/3 des Kaufpreises am Darlehen beteiligt gewesen sei.
Dabei rundete man den sich rechnerisch ergebenden Anteil des Klägers von 46.666,67
DM (140.000 DM / 3) auf glatte Tausend, wobei der Kläger nicht mehr in Erinnerung hat,
ob auf- oder abgerundet wurde. Zugunsten des Klägers nimmt der Senat an, dass die
Parteien sich damals auf eine Abrundung einigten, so dass er vom Ursprungsdarlehen
46.000 DM, also einen Anteil von 46/120 zu tragen hatte.
35
bb)
36
An den beiden Aufstockungen des Darlehens waren die Parteien hingegen im
Innenverhältnis mangels abweichender Regelung gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB zu je
½ beteiligt; die Quote von 46/120 gilt insoweit nicht, da die Aufstockungen nicht im
Zusammenhang mit dem Grundstück standen.
37
Die Beweisaufnahme erster Instanz hat ergeben, dass die erste Aufstockung im Jahr
1997 dem Ausgleich des "gemeinsamen" Girokontos der Parteien – gemeint ist das
gemeinsam genutzte Konto der Beklagten, für das der Kläger eine Vollmacht besaß, so
die Aussage des Zeugen L (Bl. 367, 369 GA) – diente; die zweite Aufstockung im Jahr
1998 diente überwiegend der gemeinsam genutzten Gaststätte (Urteil, Bl. 436 GA).
Unabhängig davon, ob Teilbeträge der zweiten Aufstockung der Beklagten allein zugute
38
kamen – der Zeuge L gab einen Teilbetrag von 10.000 € an, der auf ein "neues"
Privatkonto der Beklagten geflossen sei (Bl. 367 GA) –, hat sich jedenfalls die
erstinstanzliche Behauptung des Klägers nicht bestätigt, die Aufstockungen hätten dem
Unterhalt und der Instandhaltung des gemeinsamen Grundstücks gedient.
Gegen diese Beweiswürdigung, die sich maßgeblich auf die Aussage des Zeugen L
stützt, wendet der Kläger in der Berufungsbegründung ein, die Aussagen "der
Bankmitarbeiter" hätten ergeben, dass "maßgeblich Hausverbindlichkeiten bzw. das
entsprechende Konto bedient" wurden (S. 9, Bl. 494 GA).
39
Wendet sich der Berufungskläger – wie hier – gegen die Beweiswürdigung im
angefochtenen Urteil, so greift er, gestützt auf den Berufungsgrund des § 513 Abs. 1 Alt.
2 ZPO, die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen mit dem Ziel einer erneuten
Feststellung durch das Berufungsgericht an. Zur ordnungsgemäßen Begründung der
Berufung muss er deshalb gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO die Voraussetzungen
darlegen, unter denen nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO die Bindung des
Berufungsgerichts an die vom Eingangsgericht getroffenen Feststellungen entfällt (BGH,
Beschluss vom 28.5.2003, XII ZB 165/02, NJW 2003, 2531, 2532). Dies ist ihm nicht
gelungen. Auch bei der gebotenen umfassenden Prüfung durch das Berufungsgericht
(BGH, Urteil vom 12.3.2004, V ZR 257/03, BGHZ 158, 269–282) sind konkrete
Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen
des erstinstanzlichen Gerichts begründen und welche sich insbesondere aus
Verfahrensfehlern ergeben können, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des
Sachverhalts unterlaufen sind, nicht ersichtlich, § 529 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO.
40
Ein solcher Verfahrensfehler läge namentlich dann vor, wenn die Zeugen bekundet
hätten, dass die Darlehensaufstockungen maßgeblich "Hausverbindlichkeiten" betrafen,
denn dann hätte das Landgericht nicht zum Ergebnis kommen dürfen, der
Verwendungszweck sei überwiegend ein anderer gewesen.
41
Indes findet die Darstellung des Klägers hinsichtlich des Inhalts der Zeugenaussagen
im Protokoll der Beweisaufnahme keine Stütze. Von den drei vernommenen
Bankmitarbeitern hat allein der Zeuge L Ergiebiges bekundet; dieser hat zur
Verwendung des Geldes für "Hausverbindlichkeiten" nichts gesagt. Vielmehr gab er an,
der Verwendungszweck im zweiten Aufstockungsdarlehen, nämlich "Renovierung
Objekt" (Bl. 143 GA), sei "offensichtlich einvernehmlich zwischen den Parteien
geändert" worden (Bl. 368 GA).
42
Soweit die Beweisaufnahme ergeben hat, dass der Aufstockungsbetrag aus dem Jahr
1998 der gemeinsam betriebenen Gaststätte der Parteien dienten, kommt es entgegen
der Ansicht des Klägers nicht auf den Vergleich an, den die Parteien unter dem
26.9.2001 vor dem OLG Köln zum Aktenzeichen 17 U 46/01 schlossen. Zwar
verpflichtete sich die Beklagte in diesem Vergleich, den Kläger von allen
Geschäftsschulden freizustellen, die in Bezug auf die Gaststätte bestünden oder
bestehen könnten. Das allein lässt aber nicht mit hinreichender Sicherheit darauf
schließen, dass auch ein Teilbetrag des hier streitgegenständlichen Darlehens unter
den Begriff der Geschäftsschulden der Gaststätte fallen sollte. Denn bei Abschluss des
Vergleichs im Jahr 2001 erfolgte die Rückführung des Darlehens trotz der Trennung der
Parteien noch einvernehmlich und je hälftig. Zudem ist nicht vorgetragen oder
ersichtlich, dass die Parteien nachgehalten hätten, welcher Teil des
Aufstockungsbetrags der Gaststätte zugute gekommen war.
43
Nach alledem steht nicht fest, dass die Parteien für die beiden Darlehensaufstockungen
eine von § 426 Abs. 1 S. 1 BGB (gleiche Anteile) abweichende Regelung getroffen
hätten.
44
cc)
45
Ausgehend von einer Beteiligung des Klägers am Ursprungsdarlehen zu 46/120 und an
den beiden Aufstockungen zu je ½ errechnet sich insgesamt eine prozentuale
Beteiligung von 46,17%:
46
Das Ursprungsdarlehen valutierte im Zeitpunkt der ersten Aufstockung noch mit
35.585,60 DM. Hiervon entfielen auf den Kläger 46/120, mithin 13.641,15 DM. Vom
Aufstockungsbetrag (20.000 DM) hatte er die Hälfte, also 10.000 DM, zu tragen. Sein
Gesamtanteil am aufgestockten Darlehen (55.585,60 DM) betrug somit 23.641,15 DM
oder 42,53%.
47
Im Zeitpunkt der zweiten Aufstockung betrug die Restschuld 42.914,07 DM. Hiervon
hatte der Kläger 42,53% zu tragen, also 18.251,35 DM. Des weiteren war er mit ½ am
Aufstockungsbetrag von 40.685,93 DM beteiligt, was 20.342,97 DM ausmacht. In der
Summe ergeben sich 38.594,32 DM, was 46,17% des auf 83.600 DM aufgestockten
Darlehens entspricht.
48
dd)
49
Aus der Quote des Klägers von 46,17% sowie den beiderseitigen Zahlungen ergibt sich
ein Anspruch der Beklagten gegen den Kläger nach § 426 Abs. 2 S. 1 BGB in Höhe von
8.583,81 €:
50
Bis zum 15.9.2004 leistete der Kläger insgesamt 54.470,53 € auf das Darlehen, die
Beklagte zahlte bis zu diesem Tag 58.944,41 €. Insgesamt und unter Berücksichtigung
der Restzahlung der Beklagten in Höhe von 23.155 € ergibt sich eine Zahlungssumme
von 136.569,94 €. Hiervon hätte der Kläger eine Quote von 46,17% zu tragen gehabt,
was 63.054,34 € entspricht. Seine tatsächlichen Zahlungen von 54.470,53 € bleiben um
8.583,81 € hinter dem geschuldeten Betrag zurück, so dass insoweit die Beklagte
Ausgleichung verlangen kann und die Forderung der Bank gegen den Kläger auf sie
übergegangen ist.
51
Nach alledem besteht ein Anspruch des Klägers auf Mitwirkung der Beklagten zur
Einräumung einer Teilgrundschuld allenfalls in Höhe von 11.867,86 €.
52
3.
53
Der Geltendmachung des verbleibenden Auseinandersetzungsanspruches, welcher auf
die Einräumung einer Teilgrundschuld in Höhe von 11.867,86 € gerichtet ist, steht
vorliegend der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen, § 242 BGB. Denn die
Beklagte kann zu Recht einwenden, dass sie in Höhe von 12.500 € einen
bereicherungsrechtlichen Gegenanspruch gegen den Kläger hat, § 812 Abs. 1 Satz 1, 1.
Alt. BGB.
54
Die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, auf ein weiteres Darlehen des Klägers,
55
für welches er alleine haftete, der Bank 12.500 € gezahlt zu haben, wodurch der Kläger
in gleicher Höhe von einer Schuld befreit wurde. Hierdurch ist er bereichert und der
Beklagten zum Wertersatz verpflichtet, da es im Verhältnis der Parteien an einem
Rechtsgrund für die Zahlung fehlt.
Diese Zahlung erfolgte auf Kosten der Beklagten, auch wenn sie aus dem hinterlegten
Resterlös aus der Teilungsversteigerung, welcher den Parteien gem. § 432 BGB in
ungeteilter Gemeinschaft zusteht, erbracht wurde. Denn dem Kläger stand an diesem
Resterlös kein Auseinandersetzungsanspruch gegen die Beklagte mehr zu. Vielmehr
verblieb aus der Teilungsmasse in Höhe von 77.871,56 € nach Vorwegentnahme der
Kosten des Verfahrens in Höhe von 4.852,66 € ein Überschuss in Höhe von 73.018,90
€. Aus diesem wurde ein Drittel-Anteil in Höhe von 24.339,63 € an die Bank auf die
Schuld des Klägers ausgekehrt. Dies erfolgte auf der Grundlage des im Teilungsplan
des AG Kerpen vom 19.1.2005 (31 K 116/01) unter C II 1 festgestellten Anspruch der
Bank gegen den Kläger aus der durch den Zuschlag erloschenen Grundschuld aus der
Abteilung II laufende Nr. 2 über 50.000 DM in Verbindung mit der Anspruchsanmeldung
vom 13.7.2004 in Höhe von 28.121,06 €. Für diese Grundschuld haftete ausweislich der
Grundbucheintragung (Bl. 25 GA) ausschließlich der 1/3-Grundstücksanteil des Klägers.
Die Zahlung wie auch die Auskehrung des Betrages an die Bank sind unstreitig. Gemäß
§ 112 Abs. 2 Satz 1 ZVG ist der Überschuss auf die Grundstücksanteile im Verhältnis
ihres Wertes zu verteilen. Gemäß dem 1/3-Anteil des Klägers an dem Grundstück steht
ihm ein 1/3-Anteil an dem Überschuss zu. Nach Auskehrung dieses 1/3-Anteils an die
Bank ist der Kläger in entsprechender Höhe von einer Schuld befreit. Ein weiterer Anteil
an dem Überschuss steht ihm nicht zu. Eine hiervon abweichende Vereinbarung mit der
Beklagten hat der Kläger nicht dargetan.
56
Damit steht auch fest, dass die Zahlung der 12.500 € aus dem verbliebenen Resterlös in
Höhe von 48.679,26 € allein aus dem auf die Beklagte entfallenden Überschussanteil
erfolgte, wodurch die Beklagte entreichert und der Kläger ohne Rechtsgrund im Sinne
von § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB bereichert wurde.
57
4.
58
Übersteigt nach alledem die Gegenforderung der Beklagten den
Auseinandersetzungsanspruch des Klägers, der sich auf Basis seines Vortrags ergibt,
so kann dahinstehen, ob die Parteien eine abweichende Regelung getroffen haben,
wonach der Kläger sogar die Hälfte des Ursprungsdarlehens tragen sollte. Offen bleiben
kann demnach auch, ob die Beweiswürdigung des Landgerichts hinsichtlich der 1987
oder 1988 angeblich erbrachten Ausgleichszahlung in Höhe von 13.334 DM richtig und
vollständig ist.
59
Soweit der Kläger einwendet, es fehle an der Gegenseitigkeit der Forderungen, weil der
Anspruch der Parteien gegen die Bank auf Rückgewähr der Grundschuld ihnen
gemeinsam zustehe, übersieht er, dass die zurückzugewährende Grundschuld sodann
in zwei gleichrangige Teilgrundschulden zu zerlegen ist, wovon je eine jeder Partei
allein zusteht.
60
Auf die Gleichartigkeit von Grundschuld- und Zahlungsanspruch kommt es nicht an. Die
Beklagte kann den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung aus § 242 BGB auch
dann geltend machen, wenn es an einer Aufrechnungslage fehlt.
61
5.
62
Hat der Kläger demnach schon keinen Anspruch auf Mitwirkung der Beklagten an der
Bildung einer Teilgrundschuld, so fehlt es auch an einem Anspruch auf Duldung der
Zwangsvollstreckung.
63
6.
64
Der auf Einwilligung in die Auszahlung des restlichen Hinterlegungsbetrages (AG
Kerpen – Aktenzeichen: 16 HL 20/05) aus dem vor dem AG Kerpen geführten
Teilungsversteigerungsverfahren gerichtete Widerklage hat das Landgericht aus den
oben (3.) genannten Gründen zu Recht stattgegeben. Denn dem Kläger steht ein
weiterer Anteil an dem hinterlegten Restüberschuss nicht mehr zu, nachdem die
24.339,63 € an die Bank zur Befriedigung der auf seinen 1/3-Grundstücksanteil
bestellten Grundschuld gezahlt worden sind.
65
III.
66
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
67
Ein Anlass, gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, besteht
nicht. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern Belange
der Rechtsfortbildung oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
68
Streitwert für das Berufungsverfahren: 55.826,05 €
69
Davon entfallen
70
- auf die Klage: 20.451,68 € (40.000 DM)
71
- auf die Widerklage: 35.374,37 €
72
Der Streitwert der Widerklage errechnet sich aus dem ursprünglichen
Hinterlegungsbetrag von 48.679,27 € abzüglich der daraus geleisteten Zahlungen
(12.500 € + 474,95 € + 329,95 €).
73