Urteil des OLG Köln vom 22.06.1993
OLG Köln (firma, agb, sittenwidrigkeit, vollstreckung, gesetz, zwangsvollstreckung, sitten, zpo, partner, monat)
Oberlandesgericht Köln, 22 U 8/93
Datum:
22.06.1993
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
22. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
22 U 8/93
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 5 O 93/92
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 24.11.1992 verkündete Urteil
der 5. Zi-vilkammer des Landgerichts Köln - 5 O 93/92 - wird
zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
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Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein An-spruch auf Unterlassung der
Zwangsvollstreckung und Herausgabe des Vollstreckungsbescheids des
Amtsgerichts Schöneberg vom 10.05.1984 zu, da die Zwangsvollstreckung aus
diesem Titel keine sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB darstellt. Das
Landgericht hat in dem angefochte-nen Urteil unter Erwähnung der maßgebenden
Recht-sprechung eingehend dargelegt, daß die besonderen Voraussetzungen für
eine Durchbrechung der Rechts-kraft im Wege einer Klage aus § 826 BGB, nämlich
Kenntnis des Gläubigers von der Unrichtigkeit des Titels und sittenwidrige
Titelerschleichung oder sittenwidrige Ausnutzung des Titels, im vorliegen-den nicht
bejaht werden können. Auf die in allen Punkten treffenden Ausführungen des
Landgerichts wird Bezug genommen.
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Die ergänzenden Erwägungen der Berufung geben kei-nen Anlaß zu einer anderen
Beurteilung:
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Eine Sittenwidrigkeit des Partnerschaftsvermitt-lungsvertrags zwischen der Klägerin
und der Firma V. läßt sich nicht feststellen. Der Umstand, daß die der Klägerin
genannten Partneranschriften nicht zu dem erhofften Erfolg führten, recht-fertigt noch
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nicht den Schluß darauf, daß die Leistungen der Firma V. in einem offensichtlichen
Mißverhältnis zur Gegenleistung der Klägerin stan-den. Die Beklagte hat in ihrer
Klageerwiderung die Arbeiten der Firma V. zur Erstellung eines "Part-neradressen-
Abrufdepots" im einzelnen dargelegt. Dem ist die für eine Sittenwidrigkeit des
Partner-vermittlungsvertrags darlegungs- und beweispflich-tige Klägerin nicht mit
konkreten Einwendungen und Beweisangeboten entgegengetreten. Im übrigen
würde auch eine Sittenwidrigkeit des Vertrags mit der Firma V. noch nicht den Schluß
auf eine sitten-widrige Erschleichung oder Ausnutzung des Voll-streckungstitels
rechtfertigen, da hierfür die vom Landgericht dargelegten zusätzlichen, hier aber nicht
erfüllten Voraussetzungen nötig wären.
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Soweit in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Firma V.
Verzugszinsen von 1,5 % monat-lich (18 % jährlich) vorgesehen waren, verstößt
diese Klausel zwar gegen § 11 Nr. 5 b AGB-Gesetz und ist deshalb unwirksam. Es
kann aber nicht da-von ausgegangen werden, daß dies der Beklagten be-reits bei
Beantragung des Vollstreckungsbescheids am 16.04.1984 erkennbar war; denn die
einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Ausle-gung des § 11 Nr. 5
AGB-Gesetz lag zum damaligen Zeitpunkt noch nicht vor (Urteil des BGH vom
28.05.1984, NJW 1984, 2941).
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Die Behauptung der Klägerin, daß sie den Partner-schaftsvermittlungsvertrag mit der
Firma V. als-bald nach Vertragsschluß gekündigt habe, wird von der Beklagten
bestritten und ist von der Klägerin nicht bewiesen worden. Ebensowenig läßt sich
fest-stellen, daß die Beklagte bei Erlaß des Titels ei-ne solche Kündigung und eine
darauf beruhende Un-richtigkeit des Titels kannte.
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Die Klägerin vermag sich schließlich auch nicht mit Erfolg darauf zu berufen, daß die
Beklagte die Vollstreckung über Jahre verzögert habe, um sich den ihr nach der
materiellen Rechtslage nicht zu-stehenden Zinsgewinn zu sichern. Abgesehen
davon, daß die Beklagte dies bestritten und behauptet hat, sie habe jährlich 2-3
Vollstreckungsversuche unternommen, könnte in einem solchen Zuwarten mit der
Vollstreckung schon deshalb keine Sitten-widrigkeit gesehen werden, weil die
Klägerin ein Anwachsen der Zinsforderung ohne weiteres durch rechtzeitige Zahlung
des Schuldbetrags hätte ver-meiden können.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
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Streitwert für das Berufungsverfahren und zugleich Urteilsbeschwer: 11.295,26 DM
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