Urteil des OLG Köln vom 30.08.1999

OLG Köln: unbeteiligter dritter, amt, verwaltung, vertretung, erfüllung, bevollmächtigung, beirat, kandidat, beschädigung, versammlung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Normen:
Leitsätze:
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2
Aktenzeichen:
Oberlandesgericht Köln, 16 WX 123/99
30.08.1999
Oberlandesgericht Köln
16. Zivilsenat
Beschluss
16 WX 123/99
WEG § 29;
Wahl zum Verwaltungsbeirat einer Wohnungseigentümergemeinschaft
§ 29 WEG An die Eignung eines Wohnungseigentümers, das Amt eines
Mitgliedes des Verwaltungsbeirats zu übernehmen, können nicht die
gleichen strengen Anforderungen gestellt werden wie an die Eignung für
das Amt des Verwalters. Daß ein Wohnungseigentümer mit einem
anderen in Streit lebt, nimmt ihm nicht von vornherein die Eignung,
Mitglied des Verwaltungsbeirates werden zu können.
052 16 Wx 123/99
OBERLANDESGERICHT KÖLN B E S C H L U S S
In dem Wohnungseigentumsverfahren
betreffend die Wohnungseigentumsanlage pp.
an dem beteiligt sind:
pp.
hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder
Dr. Schuschke, Dr. Ahn-Roth und Dr. Schmitz am 30. August 1999
b e s c h l o s s e n :
Die weitere sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den
Beschluß der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 22.07.1999 -
29 T 61/99 - wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren sofortigen Beschwerde
werden der Antragstellerin auferlegt. Eine Erstattung außergerichtlicher
Kosten findet nicht statt.
G r ü n d e
Die weitere sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Sie ist insbesondere
formgerecht eingelegt worden. Auch bei der Einlegung der Beschwerde zu Protokoll der
Geschäftsstelle des Gerichts ist die Vertretung durch einen Bevollmächtigten möglich,
wenn die Bevollmächtigung ordnungsgemäß nachgewiesen ist
(Keidel/Kuntze/Winkler/Kahl, § 21 FGG Rz. 18). Vorliegend hat die Antragstellerin die
Bevollmächtigung ihres Lebensgefährten, des Herrn J. A., zur Beschwerdeeinlegung der
Rechtspflegerin gegenüber durch Vorlage ihres Personalausweises ausdrücklich bestätigt.
Gegenstand der Beschwerde, über die der Senat zu entscheiden hat, ist allerdings nur das
Protokoll der Rechtspflegerin vom 18.08.1999. Der der Rechtspflegerin überreichte
Schriftsatz vom 17.08.1999, auf dem im Protokoll lediglich Bezug genommen ist, hat
dagegen unberücksichtigt zu bleiben, da er der Form des § 29 FGG nicht genügt
(Keidel/Kuntze/Winkler/Kahl, § 29 FGG Rz. 29; OLG Köln, NJW-RR 1995, 968 f). Die
weitere sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist aber in der Sache unbegründet. Zu
Recht hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung die Anfechtung der Wahl
der Verwaltungsratsmitglieder Frau B., Herr W. und Herr S. durch die Antragstellerin als
unbegründet zurückgewiesen. Bei der Wahl eines Verwaltungsbeirats gem. § 29 WEG
haben die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft die Grundsätze
ordnungsgemäßer Verwaltung zu beachten. Die Entscheidung darüber, ob eine
Maßnahme - hier die Wahl bestimmter Wohnungseigentümer zu Mitgliedern des
Verwaltungsbeirates - noch ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, muß
berücksichtigen, daß der Eigentümergemeinschaft insoweit ein erheblicher
Ermessensspielraum zusteht und daß sie nicht genötigt ist, immer nur die Entscheidung zu
treffen, die ein außenstehender unbeteiligter Dritter als die beste und die ausgewogenste
Entscheidung bezeichnen würde (vgl. insoweit Weitnauer-Lüke, § 21 WEG Rz. 12).
Ordnungsgemäß ist in diesem Zusammenhang, was dem Interesse der Gesamtheit der
Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Gerade bei personellen
Entscheidungen wird sich selten erreichen lassen, daß die Ausgewählten das
uneingeschränkte Vertrauen sämtlicher Wohnungseigentümer genießen. Da der
Verwaltungsbeirat kein originäres Organ der Wohnungseigentümergemeinschaft ist, seine
Aufgabe vielmehr darin besteht, dort, wo die Wohnungseigentümergemeinschaft hierfür ein
Bedürfnis sieht, den Verwalter und die Gemeinschaft bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu
unterstützen (Bärmann/Pick, § 29 WEG Rz. 1), können an die Eignung eines
Wohnungseigentümers, das Amt eines Mitgliedes des Verwaltungsbeirates zu
übernehmen, nicht die gleichen Anforderungen gestellt werden, wie an die Eignung für das
Amt des Verwalters. Die Bestellung eines Wohnungseigentümers zum Mitglied des
Verwaltungsbeirates widerspricht deshalb nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn
schwerwiegende Gründe gegen diese Person sprechen (Weitnauer/Lüke, § 29 WEG Rz. 3;
Bub/Kreutzer/Rapp/Spiegelberger/Stuhrmann/Wenzel, § 29 WEG Rz. 38; Bielefeld, Der
Wohnungseigentümer, 16.3). Insbesondere bei kleineren
Wohnungseigentümergemeinschaften, bei denen die Zahl der zur Übernahme des Amtes
bereiten Wohnungseigentümer gering ist, scheidet ein Wohnungseigentümer nicht schon
deshalb als geeigneter Kandidat aus, weil er mit einem der anderen Wohnungseigentümer
im Streit liegt. Unter Berücksichtigung des vorstehend dargelegten Maßstabes sind die drei
Wohnungseigentümer, die in der Versammlung vom 27.10.1998 in den Verwaltungsbeirat
gewählt wurden, für dieses Amt nicht ungeeignet, ihre Wahl widerspricht also nicht den
Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Insoweit kann zunächst auf den Beschluß des
Amtsgerichts und die Entscheidung des Landgerichts, deren Gründe sich der Senat
vollinhaltlich zu eigen macht (§ 543 ZPO), Bezug genommen werden. Ergänzend hierzu ist
noch auszuführen: Entgegen der Ansicht der Antragstellerin war es weder rechtlich noch
moralisch verwerflich, daß die Verwalterin die Antragstellerin mit Billigung des
Verwaltungsbeirates auf Zahlung rückständiger Teile einer Sonderumlage in Anspruch
genommen hat. Jedes Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft ist zur Erfüllung der
ihm obliegenden finanziellen Verpflichtungen auch dann verpflichtet, wenn andere
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Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft ebenfalls mit ihren Zahlungspflichten im
Rückstand sind. Daß ein Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft, das für den
Verwaltungsbeirat kandidierte, sich geweigert hat, die Antragstellerin in der
entsprechenden Wohnungseigentümerversammlung zu vertreten, ist ebenfalls keine
schwerwiegende Verfehlung. Dabei kann offen bleiben, ob ein anderes Mitglied der
Wohnungseigentümergemeinschaft, auch wenn es dem Beirat angehört, überhaupt
verpflichtet ist, eine solche Vertretung zu übernehmen, wenn die Teilungserklärung eine
derartige Verpflichtung nicht vorsieht, die Vertretung in
Wohnungseigentümerversammlungen dort vielmehr anders geregelt ist. In Anbetracht der
unsicheren Rechtslage liegt jedenfalls keine schwere Verfehlung vor, die die
Ungeeignetheit für das Amt eines Mitglieds des Verwaltungsbeirates dokumentieren würde.
Daß der Verwaltungsbeirat die Unregelmäßigkeiten des Verwalters bei der
Jahresabrechnung 1995, die Gegenstand der Entscheidung des Senats vom 07.12.1998 -
16 Wx 177/98 - waren, nicht erkannt hat, reicht ebenfalls nicht aus, um die
Beiratsmitglieder, die bereits 1996 und in der Folgezeit tätig waren, von einer Wiederwahl
in den Beirat auszuschließen. Die Mitglieder des Verwaltungsbeirates sind in der Regel
Laien. Sie können nicht alle Rechtsvorschriften, die etwa bei der Fertigung einer
Jahresabrechnung zu beachten sind, überblicken. Übersehen sie Fehler, die später
gerichtlich beanstandet werden, decken sie dabei aber nicht ihnen bekanntes strafrechtlich
relevantes Verhalten des Verwalters, so verlieren sie nicht durch ihr einmaliges objektives
Fehlverhalten die Eignung, künftig wieder Mitglied des Verwaltungsbeirates zu werden. Es
muß von ihnen lediglich verlangt werden, daß sie künftig die Vorgaben der Gerichte zum
Inhalt der Jahresabrechnung beachten. Daß dies vorliegend nicht geschehen wäre, wird
nicht behauptet. Daß das Mitglied W. möglicherweise nicht die genügende Rücksicht
gegenüber dem Gemeinschaftseigentum an den Tag legt, wenn es durch auslaufendes Öl
aus seinem Motorrad eine im Gemeinschaftseigentum stehende Zufahrt immer wieder
verschmutzt, nimmt ihm ebenfalls nicht die generelle Eignung, Mitglied des
Verwaltungsbeirates zu werden. Die Antragstellerin ist hier ggf. darauf zu verweisen, das
Mitglied auf Unterlassung der Beschädigung des Gemeinschaftseigentums in Anspruch zu
nehmen.
Die Kostenentscheidung für das vorliegende Verfahren beruht auf § 47 WEG. Es bestand
keine Veranlassung, von dem Grundsatz abzuweichen, daß in
Wohnungseigentumssachen regelmäßig keine Erstattung außergerichtlicher Kosten erfolgt.
Der Beschwerdewert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 5.000,00 DM.
Dr. Schuschke Dr. Ahn-Roth Dr. Schmitz 5
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