Urteil des OLG Köln vom 07.09.1999

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Oberlandesgericht Köln, 6 W 48/99
Datum:
07.09.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 W 48/99
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 81 O 49/99 SH I
Schlagworte:
Original Don Kosaken; Titelverstoß durch Untätigbleiben
Normen:
ZPO §§ 793, 890
Leitsätze:
1. Ein Titelschuldner handelt dem gegen ihn ergangenen
Unterlassungsgebot auch zuwider, wenn er einen verbotswidrigen
Zustand (hier: Verwendung der Bezeichnung "Original Don Kosaken")
aufrecht erhält, dessen Beseitigung von seinem Willen abhängig ist. 2.
Einem Titelschuldner obliegt es insbesondere, von ihm um
Werbevermittlung angesprochene Adressaten (darunter
Zeitungsverlage) auf das gegen ihn ergangene Unterlassungsgebot
unmittelbar nach dessen Zugang bei ihm hinzuweisen, um hierdurch
eine Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustandes zu verhindern. 3.
Schlichte Untätigkeit des Schuldners stellt dessen eigne
Zuwiderhandlung gegen den Titel dar, wenn er damit rechnen muss,
dass von ihm zuvor angesprochene Dritte eine dem titulierten Verbot
entgegenstehende (Werbe-)Handlung -auch über das Internet-
verwirklichen und er -wie insbesondere bei Zeitungsverlagen- davon
ausgehen darf, dass diese alsdann von (weiteren) Aktivitäten absehen
werden.
Rechtskraft:
unanfechtbar
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss der 1.
Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 10.06.1999 - 81
O 49/99 SH I - wird zurückgewiesen. Die Kosten des
Beschwerdeverfahrens hat die Schuldnerin zu tragen.
G r ü n d e :
1
Die gemäß §§ 793, 577 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Beschwerde der
Schuldnerin hat in der Sache keinen Erfolg.
2
Zu Recht hat das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss gegen die Schuldnerin
wegen Zuwiderhandlung gegen das in der einstweiligen Verfügung vom 25.03.1999 (81
O 49/99 LG Köln) titulierte Unterlassungsgebot ein Ordnungsgeld in Höhe von 2.000,--
DM festgesetzt. Denn die Schuldnerin hat sowohl in objektiver Hinsicht als auch in
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subjektiv vorwerfbarer Weise dem darin ausgesprochenen Verbot zuwidergehandelt,
ihren Chor als "Original Don Kosaken ..." zu bezeichnen. Aus den vom Landgericht in
dem angefochtenen Beschluss bereits ausgeführten überzeugenden Gründen, auf die
der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen in entsprechender Anwendung von §
543 Abs. 1 ZPO Bezug nimmt, muss die Schuldnerin es sich in objektiver und
subjektiver Hinsicht zurechnen lassen, dass die von ihr mit dem Werbeschreiben vom
05.03.1999 angeschriebene und ausdrücklich um Vorankündigung des geplanten
Konzerts gebetene Saarbrücker Zeitung sodann unter dem Datum des 29./30.03.1999,
also nach Vollziehung der im Beschlussweg erwirkten einstweiligen Verfügung durch
die Gläubigerin, im Internet auf das Konzert der "Original Don Kosaken ..." hingewiesen
hat. Die von der Schuldnerin mit ihrer Beschwerde vorgebrachten Argumente vermögen
demgegenüber keine abweichende Würdigung herbeizuführen.
Soweit die Schuldnerin damit bereits in Abrede stellen will, dass aus der gegen sie
titulierten Unterlassungsverpflichtung eine Handlungspflicht zur Beseitigung des von ihr
geschaffenen rechtswidrigen Zustandes geflossen sei, überzeugt das nicht. Denn der
Titelschuldner handelt dem gegen ihn ergangenen Unterlassungsgebot auch dann
zuwider, wenn er einen verbotswidrigen Zustand aufrechterhält, dessen Beseitigung von
seinem Willen abhängig ist. Im Rahmen dieser den Schuldner treffenden Pflicht zur
Abwendung eines rechtswidrigen Erfolgs hat er durch positives Tätigwerden die
Garantie dafür zu schaffen, dass dem Unterlassungsgebot nicht zuwidergehandelt wird,
wozu er in seinem Verfügungsbereich unverzüglich und sachgerecht alle zumutbaren
Handlungen und Maßnahmen treffen muss, um die Fortwirkung des
wettbewerbswidrigen Handlungserfolges zu unterbinden oder die Neuvornahme der
untersagten Handlung und ihre Verletzungsfolgen zu verhindern. Unterlässt er dies und
hat diese pflichtwidrige Untätigkeit den Titelverstoß verursacht, hat der
Vollstreckungsschuldner eine eigene Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot
begangen (vgl. Großkommentar/Jestaedt, UWG, vor § 13 E Rdnr. 26;
Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Aufl., Einleitung UWG Rdnr. 581 - jeweils
m.w.N. -). So liegt der Fall hier. Der Schuldnerin oblag es, die von ihr mit dem in Rede
stehenden Werbeblatt vom 05.03.1999 angeschriebenen Adressaten, darunter die
Saarbrücker Zeitung, auf das in der ihr am 26.03.1999 zugestellten Beschlussverfügung
titulierte Verbot aufmerksam zu machen. Denn mit Blick auf den Umstand, dass das
Konzert für den 29.03.1999 angesetzt war, war es ihr objektiv möglich und zumutbar, bei
den angeschriebenen Adressaten noch für ein Unterlassen der werblichen
Ankündigung des Konzerts unter Verwendung der verbotenen Bezeichnung "Original
Don Kosaken ..." Sorge zu tragen. Im gegebenen Zusammenhang kann es dabei
offenbleiben, ob es den objektiven Umständen nach für die Schuldnerin vorhersehbar
war, dass die werbliche Ankündigung bzw. der Hinweis auf die Konzertveranstaltung
gerade auch im Internet veröffentlicht werde. Das ist deshalb nicht von
entscheidungserheblicher Bedeutung, weil für die Schuldnerin im Zeitpunkt der
Zustellung der Beschlussverfügung am 26.03.1999 absehbar war, dass noch am Tage
der Konzertveranstaltung, also am 29.03.1999, jedenfalls auch in der Tagesausgabe der
Saarbrücker Zeitung - wie in dem Schreiben vom 05.03.1999 erbeten - ein aktueller
Hinweis auf die Konzertveranstaltung der "Original Don Kosaken ..." veröffentlicht
werde. Vor diesem Hintergrund durfte die Schuldnerin daher nicht untätig bleiben,
sondern hatte sie unter anderem die Saarbrücker Zeitung auf das titulierte Verbot
aufmerksam zu machen, um den mit dem Schreiben vom 05.03.1999 geschaffenen
rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Wäre seitens der Schuldnerin ein derartiger, ihr
zumutbarer und daher abzuverlangender Hinweis unter anderem gegenüber der
Saarbrücker Zeitung erfolgt, spricht alles dafür, dass dann eine entsprechende
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werbliche Ankündigung durch die auf das Verbot aufmerksam gemachte Adressatin
nicht nur in dem Printmedium, sondern in allen von ihr zu Publikationszwecken
genutzten Medien, darunter dem Internet, unterblieben wäre.
Die somit durch ihre schlichte Untätigkeit bewirkte eigene Zuwiderhandlung der
Schuldnerin gegen das Unterlassungsgebot ist ihr auch in subjektiver Hinsicht
vorwerfbar. Ein - eigenes - Verschulden des Titelschuldners liegt vor, wenn er
pflichtwidrig nicht unverzüglich nach Kenntnis des gerichtlichen Unterlassungsgebotes
alle ihm zumutbaren Anordnungen oder sonstigen Maßnahmen trifft, um
Zuwiderhandlungen zu unterbinden, wobei an diese Pflicht des Schuldners strenge
Maßstäbe anzulegen sind. Diesen Anforderungen hat die Schuldnerin hier nicht genügt.
Soweit sie sich in diesem Zusammenhang mit dem Einwand zu verteidigen sucht, sie
habe in keinem Auftragsverhältnis mit der Saarbrücker Zeitung gestanden, ist das von
vornherein unerheblich. Denn die Pflicht des Titelschuldners, Zuwiderhandlungen
gegen das Verbot zu verhindern, ist nicht an eine bestimmte rechtliche Ausgestaltung
des Verhältnisses zu einem Dritten, von dessen Seite aus durch die vom Schuldner
gesetzte maßgebliche Ursache die Fortführung des wettbewerbswidrigen Zustands zu
besorgen ist, gebunden. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob der Titelschuldner konkret
damit rechnen muss, dass der Dritte eine dem titulierten Verbot entgegenstehende
Handlung verwirklichen werde. Das aber ist im Streitfall zu bejahen. Die Schuldnerin
kann sich insbesondere nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe nicht mit der
Veröffentlichung der werblichen Ankündigung der Saarbrücker Zeitung im Internet
rechnen müssen. Aus den bereits vom Landgericht in dem angefochtenen Beschluss
dargelegten überzeugenden Gründen stellt es auch im Bereich von Printmedien eine
verbreitete Übung dar, Veröffentlichungen einschließlich der Hinweise auf - lokale -
Veranstaltungen ebenfalls im Internet zu publizieren. Die Schuldnerin hat dabei
entgegen ihrer Ansicht auch nicht etwa um eine Einschränkung des werblichen
Hinweises auf ihre Konzertveranstaltung nur in Printmedien der Saarbrücker Zeitung
gebeten. Die in dem Schreiben vom 05.03.1999 formulierte Bitte um "Vorankündigung
des Konzerts ... in Ihrer Zeitung ..." bringt keine derartige Beschränkung auf ein
bestimmtes Publikationsmedium zum Ausdruck, sondern stellt ersichtlich die
allgemeinsprachlich formulierte Bitte um die Erwähnung in den von der
angeschriebenen "Saarbrücker Zeitung" genutzten Medien dar.
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Auch soweit die Schuldnerin schließlich ihre Haftung mit dem Einwand abzuwenden
trachtet, es müsse hier - wie dies angeblich im Markenrecht anerkannt sei - nur
derjenige haften, der die Verletzungshandlung selbst begehe der bloße Informant könne
hingegen nicht in Anspruch genommen werden, hat das keinen Erfolg. Ungeachtet der
Frage, dass sich aus der von der Schuldnerin zum Beleg für diesen im Markenrecht
angeblich anerkannten Grundsatz angegebenen Fundstelle (Gloy, Handbuch des
Wettbewerbsrechts, 2. Aufl., Rdnr. 50 zu § 27), eine derartige Beschränkung nicht ergibt,
handelt es sich bei der Schuldnerin nicht lediglich um eine "bloße Informantin", sondern
um diejenige, die mit ihrer konkreten Bitte um Ankündigung der Konzertveranstaltung
unter Verwendung des Begriffs "Original Don Kosaken ..." die maßgebliche Ursache für
die hier fragliche Veröffentlichung gesetzt hat. Maßgeblich ist aber, dass die
Schuldnerin die hier in Rede stehende Zuwiderhandlung durch ihr Unterlassen, für die
Umsetzung und Achtung des titulierten Verbots ernsthaft Sorge zu tragen, selbst
verwirklicht hat.
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Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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