Urteil des OLG Köln vom 17.11.1997
OLG Köln (zpo, kläger, rechtliches gehör, verhalten, mutter, verfahrenskosten, hauptsache, beschwerde, ergebnis, vaterschaft)
Oberlandesgericht Köln, 14 W 21/97
Datum:
17.11.1997
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
14. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
14 W 21/97
Vorinstanz:
Amtsgericht Köln, 383 C 40/97
Schlagworte:
Ehelichkeitsanfechtungsverfahren
Normen:
ZPO §§ 51 II, 85 II, 91 a
Leitsätze:
Nach Erledigung eines vom Kindesvater angestrengten
Ehelichkeitsanfechtungsverfahrens in der Hauptsache ist dem
minderjährigen Beklagten im Rahmen der Kostenentscheidung nach §
91 a ZPO nicht anzulasten, daß die Kindesmutter durch ihr Verhalten
Anlaß zur Erhebung der Anfechtungsklage gegeben hat (gegen OLG
Nürnberg FamRZ 1996, 883).
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß des
Amtsgerichts Köln vom 8. Oktober 1997 - 383 C 40/97 - wird auf Kosten
des Klägers zurückgewiesen.
G r ü n d e :
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I.
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Der Kläger und die Mutter der Beklagten schlossen am 15.10.1994 die Ehe. Mit der
Behauptung, er sei nicht der Vater der Beklagten, hat der Kläger
Ehelichkeitsanfechtungsklage erhoben und hierzu weiter vorgetragen, etwa 4 Wochen
nach der Geburt der Kinder habe die Kindesmutter ihm gesagt, die Beklagten stammten
nicht von ihm ab, jedenfalls habe sie in der Empfängniszeit Geschlechtsverkehr mit
einem anderen Mann gehabt. Nach Einholung eines Blutgruppengutachtens, welches
unter Einbeziehung der Kindesmutter, des Klägers und des Beklagten zu 1. zu dem
Ergebnis führte, daß die Vaterschaft des Klägers zu mehr als 99,9999 % wahrscheinlich
und damit "praktisch erwiesen" sei, haben die Parteien das Verfahren übereinstimmend
in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Kläger hat beantragt, die Kosten des
Verfahrens gemäß §§ 91a, 93 ZPO gegeneinander aufzuheben. Er hat - unter anderem
mit Hinweis auf OLG Nürnberg, FamRZ 1996, 883 - die Auffassung vertreten, eine
solche Kostenverteilung sei angezeigt, weil die Kindesmutter durch ihre Äußerungen
und ihr Verhalten die Klageerhebung veranlaßt habe, was sich die Beklagten zurechnen
lassen müßten.
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Durch den angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht die Kosten des in der
Hauptsache erledigten Verfahrens dem Kläger auferlegt. Zur Begründung hat es
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ausgeführt, die volle Kostenbelastung des Klägers rechtfertige sich daraus, daß er bei
streitiger Fortführung des Ehelichkeitsanfechtungsverfahrens aller Voraussicht nach
unterlegen wäre. Die behaupteten Äußerungen der Kindesmutter seien unerheblich,
weil sie nicht Partei des Verfahrens sei.
Gegen diesen ihm am 16.10.1997 zugestellten Beschluß hat der Kläger mit am
29.10.1997 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde erhoben. Er
beantragt weiterhin, die Verfahrenskosten gegeneinander aufzuheben und wiederholt
hierzu vertiefend sein erstinstanzliches Vorbringen. Die Kindesmutter habe auch
anderen Personen gegenüber Zweifel an der Vaterschaft des Klägers geäußert.
Außerdem habe das Amtsgericht sein Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt, weil es
ihm einen Schriftsatz der Beklagten erst zusammen mit der angefochtenen
Entscheidung zugestellt habe.
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II.
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Die gemäß § 91a Abs.2 ZPO statthafte und auch im übrigen formell unbedenkliche
Beschwerde des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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1. In Kindschaftssachen, zu denen die dem vorliegenden Beschwerdeverfahren
zugrunde liegende Ehelichkeitsanfechtungsklage gehört, gelten für die
Kostenentscheidung die allgemeinen Regeln der §§ 91 ff. ZPO - mit der im vorliegenden
Fall nicht einschlägigen Besonderheit des § 93c ZPO -. Das Amtsgericht hat daher
zutreffend über die Verfahrenskosten nach § 91a ZPO entschieden und hierbei auf den
zu erwartenden Ausgangs des Verfahrens bei streitiger Fortführung abgestellt. Daß die
Klage aller Voraussicht nach ohne Erfolg geblieben wäre, zweifelt auch der Kläger nicht
an. Daher entspricht es billigem Ermessen, daß der Kläger die Verfahrenskosten allein
zu tragen hat.
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2. Demgegenüber läßt sich eine anteilige Kostenbelastung der Beklagten nicht aus dem
vom Kläger behaupteten Verhalten der Mutter der Beklagten, welches Anlaß zur
Erhebung der Ehelichkeitsanfechtungsklage gegeben haben soll, herleiten. Zwar kann
bei einer Kostenentscheidung nach § 91a ZPO im Rahmen einer "reziproken"
Anwendung des Grundgedankens aus § 93 ZPO auch zu berücksichtigen sein, ob der
Beklagte dem Kläger Veranlassung zur Klage gegeben hat (Zöller/Vollkommer,
Zivilprozeßordnung, 20. Aufl. 1997, Rdn. 25 a.E. zu § 91a). Nach Ansicht des Senats ist
den Beklagten jedoch insoweit das Verhalten ihrer Mutter nicht anzulasten. Soweit das
OLG Nürnberg in der vom Kläger zitierten Entscheidung (FamRZ 1996, 883 f.) für Fälle
der vorliegenden Art eine gegenteilige Auffassung vertreten hat, vermag der Senat
dieser nicht zu folgen.
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a) Der Hinweis auf § 51 Abs.2 ZPO ist nicht geeignet, die Zurechnung des Verhaltens
der Mutter zu begründen. Ob § 51 Abs.2 ZPO bei Statusklagen im Bezug auf
minderjährige Kinder als Parteien überhaupt angewandt werden kann, ist jedenfalls
nicht unumstritten, wenn es auch herrschender Meinung entsprechen mag (vgl. hierzu
und zur gleichgelagerten Problematik bei der Anwendung von § 85 Abs.2 ZPO BGH
NJW-RR 1993, 130 = FamRZ 1993, 308 mit weiteren Nachweisen und dazu die
ablehnende Anmerkung von Bosch FamRZ 1993, 308f., ebenfalls mit weiteren
Nachweisen). Im vorliegenden Fall bedarf diese Frage jedoch keiner Entscheidung.
Denn § 51 Abs.2 ZPO betrifft - wie auch § 85 Abs. 2 ZPO im Bezug auf den
Prozeßbevollmächtigten - nur das prozessuale Verhalten des gesetzlichen Vertreters,
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sein Verschulden im Rahmen der Prozeßführung (vgl. dazu Zöller/Vollkommer, a.a.O.,
Rdn 19 zu § 51). Darum geht es hier aber nicht. Weder wurden die Beklagten im
vorliegenden Verfahren durch die Kindesmutter vertreten - vielmehr gemäß §§ 1909,
1795 Abs.1 Satz 3, 1629 Abs.2 Satz 1 BGB durch das Jugendamt als
Ergänzungspfleger - noch steht ein schuldhaftes Verhalten im Prozeß zur Debatte. Eine
Ausdehnung des Gedankens des § 51 Abs. 2 ZPO auf außerprozessuales Verhalten
erscheint dem Senat jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art nicht gerechtfertigt.
b) Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß die beklagten Kinder selbst völlig mittellos
sind und auch die Kindesmutter angesichts ihrer geringfügigen Einkünfte nicht in der
Lage ist, sich an den Prozeßkosten zu beteiligen. Selbst wenn eine anteilige
Kostenbelastung der Beklagten ausgesprochen würde, müßte daher im Ergebnis doch
der Kläger, der mit seinen Erwerbseinkünften den Unterhalt der Familie sicherstellt, für
die auf seine Kinder entfallenden Kosten aufkommen. Daß den Beklagten ratenfreie
Prozeßkostenhilfe bewilligt worden ist, ändert an der Beurteilung nichts, da an sich ein
vorrangiger Prozeßkostenvorschußanspruch der Beklagten gegen den Kläger
bestanden hätte (vgl. dazu allgemein Palandt/Diederichsen, BGB, 56. Aufl. 1997, Rdn.
34 zu § 1610; Kalthoener/Büttner, Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe, 1988, Rdn.
355).
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c) Ob ein materiellrechtlicher - auf Erstattung von Prozeßkosten gerichteter -
Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Kindesmutter besteht, bedarf keiner
Klärung, weil ein solcher Anspruch anderweitig geltend zu machen wäre und nicht die
anteilige Belastung der Beklagten mit den Verfahrenskosten zu rechtfertigen vermag.
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Das Amtsgericht hat es nach alledem zu Recht dahinstehen lassen, ob sich die Mutter
der Beklagten - was sie bestreitet - tatsächlich in der von dem Kläger behaupteten
Weise geäußert hat. Ebensowenig war den diesbezüglichen weiteren Beweisantritten
des Klägers im Beschwerdeverfahren nachzugehen.
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3. Ein möglicher Verstoß gegen den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen
Gehörs ist dadurch geheilt worden, daß der Kläger im Beschwerdeverfahren
Gelegenheit hatte, zum Schriftsatz der Beklagten vom 2.10.1997 Stellung zu nehmen.
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4. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 97 Abs.1
ZPO.
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Beschwerdewert: Der Wert entspricht der Höhe der außergerichtlichen Kosten der
Beklagten zuzüglich der Hälfte der Gerichtskosten.
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