Urteil des OLG Köln vom 24.06.2003

OLG Köln: werkstatt, vernehmung von zeugen, widerklage, wagen, entschädigung, unfall, polizei, anschlussberufung, fahrzeug, kennzeichen

Oberlandesgericht Köln, 9 U 21/01
Datum:
24.06.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 U 21/01
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 24 0 185/00
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin werden das Teilurteil des Landgerichts
Köln vom 21.12.2000 - 24 O 185/00 - und das Schlussurteil des
Landgerichts Köln vom 27.9.2001 - 24 O 185/00 - teilweise abgeändert
und unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel beider
Parteien wie folgt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die der Klägerin
durch die Teilklagerücknahme in Höhe von 14.208,01 DM entstehenden
Kosten zu erstatten.
Die Beklagte wird verurteilt,
a) 1.244,12 € (2.433,28 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 26.12.1999 an
Herrn Q. X., C., D., zu zahlen,
b) an die Klägerin 472,18 € (923,50 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem
27.4.2000 zu zahlen,
c) an die Klägerin, 672,17 € (1.314,66 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem
27.4.2000 aus 233,40 € ( 456, 50 DM) sowie 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz nach dem Diskontsatzüberleitungsgesetz aus 438,77 €
(858,16 DM) seit dem 20.7.2000 zu zahlen sowie
d) weitere 302,60 € (591,84 DM) nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz nach dem Diskontsatzüberleitungsgesetz seit dem
20.7.2000 an Herrn I. G., N., J..
2. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte
7.072,96 € (13.833,51 DM) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz
nach dem Diskontsatzüberleitungsgesetz seit dem 14.7.2000 zu zahlen.
Im übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtstreits erster Instanz werden zu 3/5 der Klägerin
und zu 2/5 der Beklagten auferlegt.
Die Kosten des Rechtstreits zweiter Instanz werden der Klägerin zu 6/11
und der Beklagten zu 5/11 auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
1
Die Klägerin beschäftigt sich mit dem Verkauf und der Reparatur von R.fahrzeugen. Sie
hatte bei der Beklagten eine "Verbundene Firmen-Versicherung" für die betriebliche
Tätigkeit als Kraftfahrzeughandel- und -handwerksbetrieb abgeschlossen. Wegen der
Einzelheiten des Inhalts des Versicherungsvertrages wird auf die Bedingungen in der
Anlage zur Klagebegründung, VF 29022:05, VF 290023:01,VF 700:01, VF 593:02, VF
29101:01 (Bl. 23 ff GA) Bezug genommen.
2
Gegenstand der Klage sind Ansprüche der Klägerin aus 6 Versicherungsfällen. Die
Beklagte hat widerklagend in 2 Fällen Leistungen zurückverlangt.
3
Im einzelnen geht es um folgende Schadenereignisse:
4
Fall 1. :
5
Am 3.11.1999 wurde ein zur Veräußerung anstehender R. E., der mit einem roten
Nummernschild versehen war, der Zeugin Dr. H. zur Verfügung gestellt. Diese erlitt mit
dem Wagen in F. einen von ihr schuldhaft verursachten Auffahrunfall. Einzelheiten zur
Überlassung des Fahrzeuges an die Zeugin sind streitig. Den von der Klägerin
verlangten Entschädigungsbetrag von netto 15.208,01 DM unter Berücksichtigung einer
Selbstbeteiligung von 1.000,00 DM, also 14.208,01 DM zahlte die Beklagte, nach
Mahnung und Fristsetzung durch die Klägerin bis 24.12.1999, erst nach Erlass, aber vor
Zustellung eines Mahnbescheids über 16.641,29 DM (Bruttobetrag abzüglich 1.000,00
DM). Daraufhin hat die Klägerin in Höhe von 14.208,01 DM nebst anteiliger Zinsen mit
Schriftsatz vom 18.4.2000 die Klage zurückgenommen. Insoweit begehrt die Klägerin
Feststellung der Ersatzpflicht der Kosten und Zahlung der Mehrwertsteuer auf die
Entschädungsforderung.
6
Fall 2 und 3:
7
Am 14.11.1999 kam es durch Aufhebeln der Fenster zu einem Einbruch in die Werkstatt
der Klägerin, bei dem nach der Behauptung der Klägerin verschiedene Gegenstände
entwendet worden sind. Die Klägerin hat Entschädigung für den Verlust der Sachen, u.
a. Laptop und Fotoausrüstung, (6.780,83 DM, Gegenstand des Teilurteils) und
Fensterreparatur ( 1.688,00 DM) verlangt.
8
Am 19.11.1999 versuchten wiederum Unbekannte durch Aufbrechen eines Fensters
und einer Feuerschutztür in die Werkstatt einzudringen. Insoweit hat die Klägerin
Reparaturkostenersatz in Höhe von 2.611,50 DM geltend gemacht.
9
Fall 4:
10
Nach der Behauptung der Klägerin ist am 14.8.1999 ein S. der G. & X., B. GmbH, der
sich wegen einer Inspektion in der Obhut der Klägerin befunden habe, auf Grund
regennasser Fahrbahn in einer Kurve bei O. verunfallt. Fahrer sei Herr X., Beifahrer Herr
L. gewesen. Die Beklagte regulierte den Schaden mit 13.833,51 DM.
11
Fall 5:
12
Beim Ausfahren aus dem Firmengelände wurde am 6.4.2000 ein bei der Klägerin zur
Reparatur befindlicher T. einer Frau M. von einem vorbeifahrenden Fahrzeug gestreift.
Insoweit hat die Klägerin Ersatz von Reparaturkosten in Höhe von 650,00 DM geltend
gemacht. Nach Erstellung der Rechnung vom 22.2.2001 über 659,26 DM wird die Klage
hilfsweise zusätzlich auf den überschießenden Betrag von 9,26 DM (vgl. Bl. 257 GA)
gestützt.
13
Fall 6:
14
Am 5.6.2000 ist nach dem Vortrag der Klägerin ein bei ihr zur Reparatur befindlicher R.
E. eines Herrn U. beim Zurücksetzen durch den die Reparatur durchführenden
Mitgeschäftsführer L. in der Werkstatt mit einem abgestellten P. eines Herrn G. kollidiert.
15
Insoweit hat die Klägerin Reparaturkosten für den R. in Höhe von 1.450,00 DM und
1.000,00 DM für den P. beansprucht.
16
Nach Erstellung der Rechnung vom 22.2.2001 über 1.911,91 DM wird die Klage
hilfsweise auf den Differenzbetrag von 461,91 DM gestützt (vgl. Bl.257 GA).
17
Weiterhin hilfsweise hat die Klägerin die Klage auf Ersatz von Sachverständigenkosten
in Höhe von 1.196,42 DM der V. GBR vom 25.8.1999 (vgl. Bl. 258, 262 GA) im Hinblick
auf den Fall 4 gestützt.
18
Zum Fall 1 hat die Klägerin behauptet, der Wagen sei der Kaufinteressentin, der Zeugin
Dr. H., mit einem roten Nummernschild zu einer Probefahrt überlassen worden. Die
Klägerin vertritt die Auffassung, sie habe Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer,
da das Fahrzeug im Eigentum des Herrn X. gestanden habe. Die Beklagte müsse die
durch die zurückgenommene Klage entstandenen Kosten erstatten.
19
Die Klägerin hat ursprünglich mit Klageantrag zu 2) beantragt, die Beklagte zu
verurteilen,
20
an die Klägerin 11.080,33 DM nebst 10 % Zinsen seit Rechtshängigkeit
21
zu zahlen.
22
Das Landgericht hat insoweit durch Teilurteil vom 21.12.2000 die Klage in Höhe eines
Teilbetrages von 6.780,83 DM abgewiesen.
23
Es hat ausgeführt, im Hinblick auf den Einbruch vom 14.11.1999 (Fall 2) habe die
Klägerin gegen die Obliegenheit der unverzüglichen Vorlage der Stehlgutliste
verstoßen, was zur Leistungsfreiheit führe.
24
Die Klägerin hat weiter beantragt,
25
1. die Beklagten zu verurteilen,
26
einen Betrag von 2.433,28 DM nebst 10 % Zinsen seit dem 26.12.1999 an Herrn Q.
X., C., D., zu zahlen,
27
2. weitere 4.299,50 DM nebst 10 % Zinsen seit 27.04.2000 an die Klägerin zu
zahlen,
28
hilfsweise weitere 2.456,50 DM nebst 10 % seit dem 26.12.1999 an Herrn Q. X., C.,
D., zu zahlen,
29
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die der Klägerin durch
Teilklagerücknahme in Höhe von 14.208,01 DM im Rahmen des vorliegenden
Rechtsstreits entstehenden Kosten zu erstatten,
30
4. die Beklagte zu verurteilen, weitere 2.100,00 DM nebst 10 % Zinsen seit dem
20.07.2000 zu zahlen,
31
5. die Beklagte zu verurteilen, an Herrn I. G., N., J. 1.000,00 DM nebst 4 % Zinsen
seit dem 20.7.2000 zu zahlen.
32
Die Beklagte hat beantragt,
33
die Klage abzuweisen.
34
Widerklagend hat sie beantragt,
35
die Klägerin zu verurteilen, an sie 28.036,52 DM nebst 5 % Zinsen über
36
dem Basiszinssatz seit dem 14.7.2000 zu zahlen.
37
Die Klägerin hat beantragt,
38
die Widerklage abzuweisen.
39
Die Beklagte hat mit der Widerklage Rückforderungsansprüche geltend
40
gemacht. Sie hat zu Fall 1 vorgetragen, die Zeugin Dr. H. habe sich
41
keinesfalls auf einer Probefahrt befunden, sondern sei mit dem Fahrzeug
42
morgens von F. nach K. zur Arbeit gefahren.
43
Der Wagen sei auf Grund eines Totalschadens stillgelegt gewesen. Dies habe die
Klägerin nicht angegeben. Insoweit hätte es auch einer Vollabnahme bedurft.
Hinsichtlich Fall 4 hat die Beklagte behauptet, das Unfallereignis habe sich nicht so
zugetragen wie von der Klägerin angegeben. Der Wagen habe sich gar nicht wegen
einer TÜV-Abnahme in der Werkstatt befunden.
44
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen.
45
Auf die Sitzungsniederschriften vom 16.8.2001, Bl. 334 f GA, wird verwiesen.
46
Durch Schlussurteil vom 27.9.2001 hat das Landgericht die Beklagte verurteilt,
47
an die Klägerin 1.314,66 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 27.4.2000 aus 456,5o DM
sowie 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach dem Diskontsatzüberleitungsgesetz
aus 858,16 DM seit dem 20.7.2000 zu zahlen, sowie weitere 591,84 DM nebst 5 %
Zinsen über dem Basiszinssatz nach dem Diskontsatzüberleitungsgesetz seit dem
20.7.2000 an Herrn I. G., N., J. zu zahlen. Im übrigen ist die Klage abgewiesen worden.
48
Auf die Widerklage hat das Landgericht die Klägerin verurteilt, an die Beklagte
13.833,51 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach dem
Diskontsatzüberleitungsgesetz seit dem 14.7.2000 zu zahlen. Im übrigen ist die
Widerklage abgewiesen worden.
49
Das Landgericht hat im Fall 6 einen Anspruch in Höhe von 1.450,00 DM als begründet
angesehen, wovon 591,84 an Herrn G. zu zahlen seien. Der Unfall sei anlässlich der
Instandsetzungsarbeiten an dem R. E. beim Zurücksetzten entstanden, so dass aus der
Betriebshaftpflichtversicherung in Höhe der eingeklagten Reparaturkosten von 1.450,00
DM für den R. und 1.000,00 DM für den Wagen des Herrn G. zu entschädigen sei unter
anteiliger Berücksichtigung des Selbstbehalts. Ebenso sei die Beklagte für den bei den
Einbrüchen vom 14.11.1999 und 19.11.1999 (Fälle 2 und3) entstandenen Schaden
ersatzpflichtig. Von dem Betrag der Rechnung der Firma Y. vom 11.3.2000 in Höhe von
2.456,50 DM sei der Selbstbehalt von 1.000,00 DM je Schadenfall abzuziehen.
Hinsichtlich der Feuerschutztür sei die Klägerin beweisfällig geblieben. Im Fall 5 liege
der Schaden unterhalb der Selbstbeteiligung, so dass ein Anspruch nicht bestehe.
Hinsichtlich des Falles 1 bestehe weder ein Anspruch auf die Mehrwertsteuer der
Reparaturkosten noch Ersatz der Kosten der Klagerücknahme, da nicht bewiesen sei,
dass der Unfall anlässlich einer Probefahrt entstanden sei.
50
Der Schaden vom 14.8.1999 (Fall 4) an dem S. sei nicht zu erstatten, weil nach dem
Ergebnis der Beweisaufnahme der PKW nicht zum Zwecke der Reparatur oder der TÜV
- Vorführung in der Werkstatt gewesen sei.
51
Die Widerklage hat das Landgericht in Höhe von 13.833,51 DM als begründet
angesehen. Im Fall 4 bestehe ein Rückforderungsanspruch der Beklagten in Höhe des
gezahlten Betrages von 13.833,51 DM aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten
Bereicherung. Im Fall 1 sei der Beklagten nicht gelungen, die Voraussetzungen für eine
Rückforderung zu beweisen.
52
53
Gegen das ihr am 27.12.2000 zugestellte Teil-Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz am
29.1.2001 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach
Fristverlängerung bis 28.5.2001 mit an diesem Tage eingegangenem Schriftsatz
begründet.
54
Gegen das ihr am 1.10.2001 zugestellte Schluss-Urteil hat die Klägerin am 2.11.2001
55
Berufung eingelegt und dies nach Fristverlängerung bis 3.2.2002 mit am 4.2.2002
(Montag) eingegangenem Schriftsatz begründet.
Die Klägerin macht hinsichtlich des Teil-Urteils im Wesentlichen geltend, sie habe am
22.11.1999 mit dem Regulierungsbeauftragten der Beklagten ein Protokoll erstellt. Es
habe keiner besonderen Stehlgutliste für die Polizei mehr bedurft. Außerdem habe sie in
ihrer polizeilichen Anzeige vom 15.11.1999 eine ausreichende Beschreibung für das
Notebook geliefert.
56
Im Hinblick auf das Schluss-Urteil trägt die Klägerin vor, der Schaden betreffend die
beim Einbruch vom 19.11.1999 (Fall 3) beschädigten Feuerschutztür belaufe sich laut
Kostenvoranschlag vom 10.12.1999 auf 923,50 DM. Aus dem Unfall des R. E. vom
3.11.1999 (Fall 1) stehe ihr noch ein Mehrwertsteuerbetrag von 2.433,28 DM zu. Das
Landgericht habe die Aussage der Zeugin Dr. H. zur Probefahrt unzutreffend gewürdigt.
Für die Begutachtung des Schadens an dem S. (Fall 4) seien 1.031,40 DM zu
entschädigen. Ansprüche hinsichtlich des Falles 5 sind nicht Gegenstand der Berufung.
Dies gilt auch für den überschießenden Betrag von 461,91 DM aus der Rechnung vom
22.2.2001 im Fall 6.
57
Im Hinblick auf den Rückforderungsanspruch der Beklagten (Fall 4) macht die Klägerin
geltend, der Zeuge G. habe den Wagen der Werkstatt der Klägerin zur Überprüfung
übergeben. Die Beklagte habe die Voraussetzungen für eine Rückerstattung nicht
nachgewiesen.
58
Der Klägerin beantragt,
59
unter teilweise Abänderung des angefochtenen Urteils
60
1. die Beklagte zu verurteilen, 2.433,28 DM nebst 4 % Zinsen seit dem
61
26.12.1999 an Herrn Q. X., C., D. zu
62
zahlen,
63
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die der Klägerin durch
64
Teilrücknahme in Höhe von 14.208,01 DM entstehenden Kosten zu
65
erstatten,
66
3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.954,90 DM nebst 4 %
67
Zinsen seit dem 27.4.2000 zu zahlen,
68
4. hinsichtlich des Teil-Urteils nach dem Schlussantrag erster
69
Instanz (Zahlung von 6.780,83 DM nebst 10 % Zinsen seit dem
70
27.4.2000 )
71
zu erkennen sowie die Widerklage abzuweisen.
72
Die Beklagte beantragt,
73
die Berufung zurückzuweisen.
74
Mit der Anschlussberufung beantragt sie,
75
die Klägerin unter teilweiser Aufhebung des erstinstanzlichen Schluss-
76
Urteils zu verurteilen, an die Beklagte 14.334,84 € nebst 5 % Zinsen
77
über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem
78
14.7.2000 zu zahlen sowie die Klage insgesamt abzuweisen.
79
Die Klägerin beantragt,
80
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
81
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, soweit die Fälle 1 bis 4 hinsichtlich der
Klage betroffen sind. Zur Rechtfertigung des Rückforderungsanspruchs im Fall 1 trägt
die Beklagte vor, dass der ihr obliegende Nachweis erbracht sei. Das Schadenereignis
sei insoweit fingiert, als die Klägerin versucht habe, dem Ereignis den Anschein eines
versicherten Schadens zu geben.
82
Im Hinblick auf die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
83
Die beiden Berufungsverfahren 9 U 21/01 und 9 U 172/01 sind zur gemeinsamen
Entscheidung und Verhandlung verbunden.
84
Die Akten 18 UJs01621/00 StA Bonn sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gewesen.
85
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin Dr. H.
86
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom
11.3.2003, Bl. 467 ff GA, verwiesen.
87
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
88
I. Zur Berufung der Klägerin
89
Die zulässige Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg.
90
1. Der Feststellungsantrag zu Fall 1 ist zulässig und begründet.
91
a) Erbringt der Schuldner während er sich in Verzug befindet die Leistung nach
Anhängigkeit der Klage, aber vor Rechtshängigkeit, so ist es dem Gläubiger nicht
möglich Feststellung der Erledigung zu beantragen. Es fehlt nämlich an einem durch
Klagezustellung begründeten Prozessrechtsverhältnis (vgl. BGHZ 1983, 129 ). In
92
diesem Fall kann der Gläubiger zulässigerweise die Klage umstellen und den
Ersatzanspruch im Wege der Feststellungsklage verfolgen (vgl. KG, MDR 1991, 62;
Thomas /Putzo, ZPO, 24. Aufl. , § 91 a, Rn. 36; zum neuen Recht siehe § 269 Abs. 2 S.
3, Abs. 4 ZPO n.F.). § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO neuer Fassung findet keine Anwendung
(vgl. § 26 Nr. 2 EGZPO).
Es bestehen auch im übrigen keine Bedenken an der Zulässigkeit des
Feststellungsantrages. Die Erforderlichkeit der späteren betragsmäßigen
Konkretisierung des Kostenanspruchs führt nicht zu einer Erschwerung, vielmehr ist ein
feststellender Titel in einfacher Weise durchsetzbar (vgl. KG, a.a.O.) .
93
b) Das Feststellungsbegehren ist auch aus dem Gesichtspunkt des Verzuges
begründet.
94
Die Beklagte befand sich mit der Leistung der Entschädigung in Verzug, § 284 Abs. 1
BGB a.F.
95
Der Klägerin hat ein Entschädigungsanspruch gemäß § 1 Nr. 1 der Sonderbedingungen
zur Haftpflicht für Kfz-Handel und Handwerk (vgl. Bl. 41 GA) gegen die Beklagte
zugestanden. Versicherungsschutz besteht entsprechend dem Versicherungsschein für
Schadenfälle "aus der betrieblichen Tätigkeit als Kraftfahrzeughandels– und –
handwerksbetrieb" nach Maßgabe der weiteren Bedingungen und Vereinbarungen.
Dass der Gegenstand des Unternehmens der Klägerin diese Voraussetzungen erfüllt,
wie sich auch aus dem Handelsregister ergibt, unterliegt keinem Zweifel.
96
Versichert sind gemäß den Besonderen Vereinbarungen im Rahmen der
Sonderbedingungen zur Haftpflicht- und Fahrzeugversicherung für Kraftfahrzeug-handel
und – handwerk Fahrzeuge mit rotem Kennzeichen sowie fremde Fahrzeuge in
Werkstatt- und Händlerobhut im Zusammenhang mit der Werkstatt- und Händlertätigkeit.
Demnach war der mit dem roten Kennzeichen versehene R. E. auf der Probefahrt der
Zeugin Dr. H. versichert.
97
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann nicht von einem Verstoß gegen die
Verwendungsklausel des § 2 b II (1) a GKA AKB (Bl. 65 GA) ausgegangen werden. Bei
der Fahrt handelte es sich um eine Probefahrt im Sinne von § 28 Abs. 1 S. 1 StVZO.
Eine solche liegt vor, wenn die Fahrt zur Feststellung Gebrauchsfähigkeit und Leistung
des Fahrzeugs einem Interessenten überlassen wird (vgl. Senat, r+s 2000, 189;
Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 31. Aufl., § 28 StvZO, Rn 9-11). So liegt es
hier.
98
Die Zeugin Dr. H. hat nachvollziehbar bekundet, dass sie als Kaufinteressentin den R.
habe ausprobieren wollen. Sie habe den alten W., bei dem eine größere Reparatur fällig
gewesen sei, eintauschen wollen. Wegen ihres Dienstplans in der Klinik habe sie den
Wagen morgens abgeholt. Herr L. habe den R. schon vorbereitet gehabt. Das rote
Kennzeichen sei montiert gewesen. Sie habe die Strecke von Z. zum N2. nach K. für die
Probefahrt ausgesucht. Es habe die Absicht bestanden, über L1., M1. nach K. zu fahren.
Für die ganze Aktion, also Abfahrt von Zuhause bis Ankunft im Krankenhaus mit
Abholen in Z., sei eine Stunde einkalkuliert worden. In M1. sei dann der Auffahrunfall
passiert. Nach dem Unfall habe die Polizei erklärt, sie könne mit dem verunfallten
Wagen noch ein kurzes Stück fahren. Daraufhin sei sie zum Krankenhaus gefahren und
habe von dort ihren Bruder benachrichtigt. Diese Darstellung ist glaubhaft. Die Zeugin
99
hat die Fahrtstrecke anhand einer Landkarte näher erläutert. Sie hat die Situation beim
Abholen und die näheren Umstände des Unfallgeschehens nachvollziehbar erklärt.
Auf die Frage, ob eine Betriebserlaubnis vorgelegen hat, kommt es nicht an. Nach § 28
Abs. 1 S. 1 StVZO dürfen Probefahrten mit roten Kennzeichen auch ohne
Betriebserlaubnis durchgeführt werden.
100
Dass eine zur Leistungsfreiheit führende Obliegenheitsverletzung im Sinne von den §§
7 I Nr. 4, IV Nr. 2 GKA AKB, 6 Abs. 3 VVG durch die Klägerin im Hinblick auf das
Verschweigen eines Vorschadens vorgelegen hat, ist nicht ersichtlich. Der Vortrag der
Beklagten hierzu ist nicht hinreichend konkret. Dass die Klägerin - in der nach der
Rechtsprechung erforderlichen Form belehrt (vgl. BGH, VersR 1998, 447) - gegenüber
der Beklagten unrichtige Angaben zu einem Vorschaden gemacht haben soll, wird nicht
behauptet. Die von der Beklagten vorgetragenen Erklärungen der Klägerin gegenüber
dem Sachverständigen zu einem früheren Schaden sind insoweit nicht erheblich.
101
Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 17.12.1999 (vgl. Bl. 84 GA) die Zahlung des
Entschädigungsbetrages unter Berücksichtigung der Selbstbeteiligung angekündigt und
daraufhin die Klägerin mit Schreiben vom 18.12.1999 (Bl. 85 GA) eine Frist bis zum
24.12.1999 gesetzt hatte, ist die Zahlung erst nach Eingang des Antrages auf Erlass
eines Mahnbescheides am 12.1.2000 am 14.1.2000 erfolgt. Die Beklagte hat sich mithin
in Verzug befunden, § 284 Abs.1 BGB a. F.
102
2. Aufgrund der vorstehenden Ausführungen ergibt sich ein Anspruch der Klägerin auf
Zahlung der Mehrwertsteuer in Höhe von unstreitig 2.433,28 DM.
103
Maßgebend sind die steuerlichen Verhältnisse des Versicherten. Das Fahrzeug stand
im Eigentum des Herrn Q. X., der nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist.
104
Dass die Klägerin Zahlung an den Versicherten verlangt, begegnet keinen Bedenken.
105
Der Zinsanspruch ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges, § 284 Abs. 1, 288
BGB a. F.
106
3. Soweit das Landgericht im Teilurteil hinsichtlich des Einbruchs vom 14.11.1999 (Fall
2) die Klage abgewiesen hat, hat die Berufung keinen Erfolg.
107
Ein Anspruch auf Entschädigung besteht hinsichtlich der entwendeten
108
Gegenstände nicht. Insoweit ist bereits ein Anspruch zu verneinen, weil die Klägerin
nicht dargelegt hat, dass die gestohlenen Sachen zu den versicherten Sachen im Sinne
der Besonderen Vereinbarungen gehört haben. Danach ist nur die Betriebseinrichtung
der Klägerin einschließlich der Gebrauchsgegenstände der Betriebsanghörigen und
fremdes Eigentum versichert.
109
Ausweislich der beigezogenen Ermittlungsakte (dort Bl. 10) sind Laptop und
Fotoausrüstung aus dem Büroraum des Herrn X. der G. und X. B. GmbH entwendet
worden. Damit fehlt ein Zusammenhang zu dem Betrieb der Klägerin.
110
Im übrigen hat das Landgericht zu Recht Leistungsfreiheit nach den §§ 21.1 b), 21.2, 3
Nr. 2 b) der Bedingungen GKA VFB 96.1) (Bl. 51), 6 Abs. 3 VVG angenommen, weil der
111
Polizeidienststelle nicht unverzüglich eine Stehlgutliste eingereicht worden ist. Die
Stehlgutliste dient dazu, der Polizei eine gezielte Sachfahndung zu ermöglichen und bei
Fahndungserfolg den Sachschaden gering zu halten sowie dem Schutz des
Versicherers vor unberechtigter Inanspruchnahme (vgl Senat, r +s 2000, 248; 2000 339;
NVersZ 2001, 29; Kolhosser in Prölss/Martin, a.a.O., § 13 AERB, Rn 3 ff).
Diesen Anforderungen genügte die Anzeige bei der Polizei nicht. Die Angaben bei der
Polizei (Bl. 10) sind nicht konkret genug. Dass die Klägerin auf ihre Pflicht hingewiesen
worden ist und sich deren bewusst war, ergibt sich aus dem Vermerk der Polizei (Bl. 11
BA). Danach "werden die geschädigten Firmen" versuchen "über Garantie- und
Kaufbelege sachfahndungsfähige Daten, insbesondere zu den entwendeten Laptops zu
beschaffen und mit einer Schadensaufstellung schnellstmöglich nachzuliefern". Dies ist
nicht geschehen. Eine Schadenaufnahme durch einen Sachverständigen ersetzt die bei
der Polizei einzureichende Stehlgutliste nicht.
112
4. Soweit das Landgericht einen Anspruch auf Entschädigung für die Feuerschutztür
verneint hat, ist die Berufung begründet.
113
Der Anspruch in Höhe von 923,50 DM ergibt sich aus den Besonderen Vereinbarungen,
wonach Entschädigung für Gebäudeschäden durch Einbruchdiebstahl ( vgl. Bl 30 GA)
zu leisten ist. Nachdem die Klägerin den Kostenvoranschlag der Firma Y. vom
10.12.1999 (Bl. 419 GA) vorgelegt hat, ist der Schaden hinreichend belegt. Die Beklagte
hat die Berechnung nicht substantiiert bestritten. Der Zinsanspruch beruht auf Verzug.
114
5. Soweit die Klägerin einen Anspruch auf Entschädigung für die Gutachterkosten in
Höhe von 1.031,40 DM im Hinblick auf den Schaden vom 14.8.1999
115
(Fall 4) geltend macht (Kostenaufstellung V. GBR vom 25.8.1999, Bl. 262 GA), ist die
Berufung unbegründet, weil die Gutachterkosten vorliegend nicht erstattungsfähig sind.
116
Bei Schäden an Fahrzeugen in Werkstatt und Händlerobhut werden Gutachterkosten
nach § 13 Abs. 6 GKA AKB nicht ersetzt, wenn das Sachverständigengutachten ohne
Zustimmung des Versicherers eingeholt worden ist.
117
So liegt es hier. Die Beklagte trägt vor, dass sie nur mit der Einholung des Gutachtens
des TÜV Z1. einverstanden gewesen sei. Bei dem Gutachten der V. handelt es sich
nicht um ein TÜV-Gutachten. Eine anderweitige Vereinbarung ist nicht belegt.
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6. Im Hinblick auf die Verurteilung der Klägerin auf die Widerklage der Beklagten wegen
des Schadenfalles vom 14.8.1999 (Fall 4) hat die Berufung keinen Erfolg.
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Der Beklagten steht gegen die Klägerin ein Anspruch auf Rückzahlung von 13.833,51
DM aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 812 Abs.1
Satz 1 1. Alt BGB zu.
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Zu Recht hat das Landgericht insoweit das Vorliegen eines Versicherungsfalles
verneint.
121
Wie die Beweisaufnahme vor dem Landgericht ergeben hat, ist der Unfall des S. der G.
& X. B. GmbH nicht in Werkstatt – und Händlerobhut im Zusammenhang mit der
Werkstatt – oder Händlertätigkeit geschehen. Der Senat ist mit dem Landgericht der
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Überzeugung, dass der Wagen sich nicht zum maßgebenden Zeitpunkt zur Inspektion
oder Probefahrt in der Werkstatt befunden hat. Der Zeuge N1., der in der Werkstatt
regelmäßig tätig war, hat bekundet, dass das Fahrzeug vor dem Unfall nicht in der
Werkstatt untersucht worden sei. Er hat auch eine TÜV – Vorführung in dem
maßgebenden Zeitraum nicht bestätigen können. Dieser Bekundung ist zu folgen. Die
Angaben des Zeugen G. zu den näheren Umständen und zur Veräußerung des Wagens
waren widersprüchlich und gekennzeichnet von Unsicherheiten. Auch bestanden
Diskrepanzen in den Angaben der Geschäftsführer X. und L. sowie des Zeugen G. zur
Frage der TÜV – Vorführung und der Veranlassung für den Werkstattaufenthalt.
Angesichts dieser Ungereimtheiten konnte von einem versicherten Schadenfall nicht
ausgegangen werden.
II. Zur Anschlussberufung der Beklagten
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Die Anschlussberufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
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1. Ein Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin aus dem Gesichtspunkt der
ungerechtfertigten Bereicherung im Schadenfall vom 3.11.1999 (Fall 1) besteht nicht.
Wie bereits ausgeführt, hat der Klägerin insoweit ein Anspruch auf Entschädigung
zugestanden, da der Unfall der Zeugin Dr. H. anlässlich einer versicherten Probefahrt
geschehen ist. Die Entschädigungsleistung ist danach zu Recht gezahlt worden.
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2. Soweit die Beklagte sich gegen die Verurteilung in Höhe von 1.906,50 DM (858,16
DM sowie 591,84 DM Schadenereignis vom 5.6.2000 im Falle 6 und 456,50 DM
hinsichtlich der Schadenereignisse vom 14.11. und 19.11.1999 wendet (Fälle 2 und 3(),
ist die Anschlussberufung als unzulässig anzusehen.
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Die Begründung der Anschlussberufung setzt sich insoweit nicht mit den Urteilsgründen
des Landgerichts auseinander (§ 522a ZPO a. F.)
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III. Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
128
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 ZPO n. F.
liegen nicht vor, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Auch
erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.
129
Streitwert für das Berufungsverfahren: 22.042,83 €, hiervon entfallen 3.466,98 € auf die
Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil, 10.339,19 € auf die Berufung der Klägerin
gegen das Schlußurteil (s. Beschluß des Senats vom 14.2.2002) und 8.236, 66 € auf die
Anschlußberufung der Beklagten.
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