Urteil des OLG Köln vom 26.10.2001

OLG Köln: begriff, durchgesetzte marke, registrierung, bestandteil, klagebegehren, wortmarke, veranstaltung, unternehmen, organisation, firma

Oberlandesgericht Köln, 6 U 76/01
Datum:
26.10.2001
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 76/01
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 31 O 303/00
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 15.02.2001 verkündete
Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 303/00 -
abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst: Unter Aufhebung des
Versäumnisurteils des Landgerichts Köln vom 27. Juli 2000 - 31 O
303/00 - wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits in
beiden Instanzen hat die Klägerin zu tragen. Hiervon ausgenommen
sind die durch die Säumnis des Beklagten im Termin am 27. Juli 2000
bei dem Landgericht Köln entstandenen Kosten, welche der Beklagte zu
tragen hat. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die
Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00
DM abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in der selben
Höhe leistet. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung gegen Leistung
einer Sicherheit in Höhe von 5.000,00 DM abwenden, falls nicht die
Klägerin vorher in dieser Höhe Sicherheit leistet. Den Parteien wird
nachgelassen, die von ihnen zu stellenden Sicherheiten jeweils in Form
der unbedingten, unbefristeten, unwiderruflichen und
selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder
öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen. Die mit diesem Urteil für
die Klägerin verbundene Beschwer wird auf 200.000,00 DM festgesetzt.
T a t b e s t a n d :
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Die Klägerin ist eine der 16 Gesellschafterinnen des Deutschen Toto- und Lottoblocks.
Sie befasst sich mit der Organisation und Durchführung einer Vielfalt von
Gewinnspielen, darunter das sogenannte Mittwochs- und Samstagslotto. Die Klägerin
ist neben ihren im Deutschen Lotto- und Totoblock zusammengeschlossenen
Mitgesellschafterinnen Inhaberin der am 02.09.1996 angemeldeten und am 27.08.1997
als durchgesetztes Zeichen u.a. für die "Organisation, Veranstaltung und Durchführung
von Lotterien und anderen Geld- und Gewinnspielen" sowie die "Veranstaltung und
Durchführung von Glücksspielen im Wege der Telekommunikation, insbesondere über
Internet" eingetragenen Wortmarke "LOTTO" 39638296. Hinsichtlich der näheren
Einzelheiten der erwähnten Wortmarke wird auf die als Anlage K 1 zur Klageschrift
eingereichte Fotokopie der Markenurkunde (Bl. 8-10 d.A.) verwiesen. Beim DPMA ist
derzeit ein diese Marke betreffendes Löschungsverfahren (AZ: 396 38296.7/28 S-121
Lösch) anhängig; eine abschließende Entscheidung ist in jenem Verfahren noch nicht
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ergangen.
Der Beklagte betreibt eine Praxis für Physiotherapie. Zu seinen Gunsten ließ er bei der
DENIC die Domain "lotto-privat.de" registrieren. Etwaige Inhalte hat der Beklagte
indessen nicht unter der vorbezeichneten Domain veröffentlicht. Dem Plan des
Beklagten zufolge soll unter der Domain der Auftritt einer privaten Tippgemeinschaft
gestaltet werden. Der Beklagte hat zwischenzeitlich einen sogenannten "Closed-
Antrag" bei seinem Service-Provider gestellt. Die Domain ist mit einem "wait" - bzw.
"dispute" - Hinweis versehen, der zur Folge hat, dass bei einer etwaigen Freigabe der
Domain durch den Beklagten automatisch die Klägerin Inhaberin würde (Bl. 123 d.A.).
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Die Klägerin sieht in der zu Gunsten des Beklagten registrierten Internet-Domain eine
Verletzung der ihr in bezug auf die Wortmarke LOTTO zustehenden markenrechtlichen
Rechtspositionen. Die Registrierung der streitbefangenen Domain stelle sich überdies
aber auch aus firmen- und namensrechtlichen sowie aus wettbewerbsrechtlichen
Gesichtspunkten als unzulässig dar.
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Zur Begründung der vorbezeichneten Rechtsstandpunkte hat die Klägerin ausgeführt,
dass die Verwendung der Bezeichnung "lotto" mit dem Zusatz "privat.de." geeignet sei,
den Verkehr in relevanter Weise in die Irre zu führen. Nicht unbeachtliche Teile des
Verkehrs würden aufgrund der Bezeichnung unrichtig darauf schließen, es handele sich
vorliegend um eine Domain der Gesellschaften des Deutschen Lotto- und Totoblocks.
Aus der Verbindung des second-level-Domain-Namens "lotto-privat" mit dem Internet
folge für die Benutzer, dass sie über diese Internetseite aus dem Internet zu einer
direkten, individuellen Verbindung mit den Gesellschaften des Deutschen Lotto- und
Totoblocks kämen. Im Geschäftsverkehr sei es üblich und den Verkehrskreisen auch
bekannt, dass Unternehmen mit dem Begriff "privat" eine individuelle Leistung anbieten
und bewerben würden. Ein mehr als nur unbeachtlicher Teil des angesprochenen
Verkehrs werde in der Internet-Domain des Beklagten daher lediglich den Hinweis auf
eine persönliche, individuelle Betreuung sehen und davon ausgehen, dass es sich um
das Angebot der Dienstleistungen einer oder mehrerer Gesellschaften des Deutschen
Lotto- und Totoblocks handele. Auf diese Weise werde die Gefahr von Verwechslungen
mit der Klagemarke LOTTO, die extreme Bekanntheit für sich in Anspruch nehmen
könne, hervorgerufen. Könne die Klägerin, gestützt auf die Klagemarke LOTTO, nach
Maßgabe von § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 Markengesetz vom Beklagten Unterlassung
und darüberhinaus auch Löschung der Internet-Domain verlangen, gelte dies weiter
aber auch mit Blick auf den in ihrer Firma enthaltenen Bestandteil "Lotto". Das gelte
auch, soweit sie im Verkehr unter der Kurzfirma "WestLotto" auftrete. Denn der
Bestandteil "West" diene lediglich innerhalb der Gesellschaften des Deutschen Lotto-
und Totoblocks zur Abgrenzung. Gegenüber Außenstehenden fungiere allein der Begriff
"Lotto" als Abgrenzungsmerkmal und Individualisierungskriterium der Gesellschaften
des Deutschen Lotto- und Totoblocks. Bei alledem habe der Beklagte mit der
Registrierung zumindest auch die Erstbegehungsgefahr im Hinblick auf eine
geschäftliche Nutzung der Internet-Domain geschaffen, die bis heute fortbestehe.
5
Die Klägerin hat beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen,
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1. im Datennetz "Internet" die Bezeichnung "lotto-privat" - in jeder Schreibweise - als
second-level-Domain-Namen zu benutzen;
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1. in die Löschung der für ihn registrierten Internet-Domain "lotto-privat.de"
gegenüber der Registrierungsstelle DENIC e.G. einzuwilligen.
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Nachdem der Beklagte in dem für die mündliche Verhandlung anberaumten Termin bei
dem Landgericht am 27.07.2000 nicht erschienen ist, hat das Landgericht unter dem
genannten Datum gegen ihn entsprechend den vorstehenden Klagebegehren
antragsgemäß ein Versäumnisurteil verkündet, gegen das der der Beklagte sodann
form- und fristgerecht Einspruch eingelegt hat.
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Die Klägerin hat daraufhin beantragt,
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13
das vorstehende Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 27.07.2000 abzuweisen.
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Der Beklagte hat eingewandt, dass, soweit die Klägerin die Klagebegehren auf marken-,
firmen- und wettbewerbsrechtliche Grundlagen stütze, dies mangels eines seinerseits
bestehenden Handelns im geschäftlichen Verkehrs scheitere. Es sei ohne weiteres
zulässig, dass private Kunden der Klägerin und anderer Lotto-Gesellschaften sich zu
privaten Gemeinschaften zusammenschlössen und diesen Gemeinschaften auch
Namen gäben, bei denen mit einem entsprechenden Zusatz das Wort "Lotto"
Namensbestandteil sei. Im übrigen werde durch die Beifügung des Zusatzes "-privat"
ein ausreichender Abstand zum Klagezeichen "Lotto" gewahrt, so dass auch die
klägerseits befürchtete Gefahr von Verwechslungen nicht bestehe. Überdies handele es
sich bei Lotto/LOTTO aber auch schon nicht um eine schutzfähige Bezeichnung. Der
Begriff "Lotto" sei rein beschreibend und als Gattungsbezeichnung in die Alltagssprache
integriert. Soweit die Klage auf firmenrechtliche Aspekte gestützt sei, scheitere dies
daran, dass in der Firma der Klägerin nicht der Begriff "Lotto" für sich allein, sondern nur
in dem Firmenschlagwort "WestLotto" enthalten sei. Angesichts des Umstandes, dass
er, der Beklagte, die Domain bisher nur reserviert habe, scheide schließlich aber auch
aus diesem Grund eine Rechtsverletzung aus. Er habe keine Schritte unternommen, um
die Internet-Seite mit Leben und Inhalten zu füllen. Konkrete Zwecke, die mit der
Domain verfolgt werden sollten, würden nicht erkennbar.
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Mit Urteil vom 15.02.2001, auf welches zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen
wird, hat das Landgericht das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Der Klägerin, so hat
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das Landgericht seine Entscheidung im wesentlichen begründet, stehe aus § 14 Abs. 2
Nr. 2, Abs. 5 MarkenG der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu, weil die
beanstandete Domain mit der für die Klägerin geschützten Wortmarke
verwechslungsfähig sei. Das gelte ungeachtet des Umstandes, dass unter dieser
Domain noch keine Inhalte eingestellt seien. Insoweit bestehe Erstbegehungsgefahr.
Der Beklagte beabsichtige, sich an eine Vielzahl von Interessenten zu wenden, die ihm
persönlich gar nicht bekannt sein müssten. Hierdurch erhalte sein Handeln einen
öffentlichen, über sein privates Umfeld hinausgehenden Charakter. Dies diene letztlich
der Erzielung von Lottogewinnen, was sich - auch wenn die wirtschaftlichen
Erfolgsaussichten vielleicht minimal seien - als eine wirtschaftliche Betätigung darstelle.
Gegen dieses ihm am 07.03.2001 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 04.04.2001
Berufung eingelegt, die er - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum
04.06.2001(Pfingstmontag) - mit einem am 05.06.2001 eingegangenen Schriftsatz
begründet hat.
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Das Landgericht, so führt der sein erstinstanzliches Vorbringen im übrigen
wiederholende und vertiefende Beklagte zur Begründung seines Rechtsmittels aus,
habe schon den Unterlassungsanspruch zu weit gefasst, weil ihm danach jedwede
Nutzung der Internet-Domain schlechthin - gleich ob im geschäftlichen Verkehr oder
privat - und dies zudem für alle Waren- und/oder Dienstleistungsbereiche untersagt sei.
Selbst bei einer Nutzung der Domain im geschäftlichen Verkehr, so bringt der Beklagte
unter Hinweis darauf vor, dass dieser Standpunkt ausschließlich der prozessualen
Rechtsverteidigung diene - scheiterten die von der Klägerin geltend gemachten
Ansprüche im übrigen aber auch aus materiell-rechtlichen Gründen. Soweit die Klägerin
aus der Marke LOTTO vorgehe, gelte das schon wegen der fehlenden Schutzfähigkeit
dieses Zeichens, das - wie der Beklagte im einzelnen begründet - zu Unrecht als
durchgesetzte Marke eingetragen worden sei. Im übrigen lägen aber auch die
Voraussetzungen einer Verwechslungsgefahr aus vom Beklagten insoweit unter
Festhalten an seinem erstinstanzlichen Rechtsstandpunkt näher dargestellten Gründen
nicht vor. Jedenfalls aber sei der Rechtsstreit dann bis zur rechtskräftigen Entscheidung
in dem die Klagemarke betreffenden Löschungsverfahren auszusetzen. Soweit die
Klägerin aus Firmenrecht vorgehe, sei weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich, dass
sie "Lotto" als Name ihres Unternehmens oder ihres Gesellschaftsbetriebs nutze. Sie
verwende den Begriff vielmehr neben den anderen 15 Gesellschaften des Lotto- und
Totoblocks zur Kennzeichnung der von ihr durchgeführten Lotteriespiele.
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Der Beklagte beantragt,
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23
das angefochtene Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage unter
Aufhebung des Versäumnisurteils des Landgerichts Köln vom 27.07.2000 - 31 O
303/00 - abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Klägerin, welche die Berufung wegen angeblichen Verstreichenlassens der
Berufungsbegründungsfrist bereits für unzulässig hält, sieht diese jedenfalls auch in der
Sache als unbegründet an. Zu Recht, so bringt die Klägerin in Verteidigung das
angefochtenen Urteils vor, habe das Landgericht die Voraussetzungen des
markenrechtlichen Verletzungstatbestandes des §§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bejaht. Die
angegriffene Internet-Domain sei mit der in Kraft stehenden Klagemarke
verwechslungsfähig. "Lotto" komme dabei eine gesteigerte Kennzeichnungskraft und
ein außerordentlich hoher Bekanntheitsgrad zu. Der Beklagte beabsichtige, die
angegriffene Domain, die der Klagemarke hochgradig ähnlich sei, für teils identische,
teils im hohen Maße ähnliche Dienstleistungen zu verwenden. Es bestehe auch die
Gefahr, dass der Beklagte die angegriffene Internet-Domain im geschäftlichen Verkehr
nutze. Markeneintragungen würden naturgemäß zur Nutzung im geschäftlichen Verkehr
veranlasst. Die nach den Ausführungen des Beklagten beabsichtigte Nutzung der
Domain für eine Tippgemeinschaft stelle sich als eine eindeutige
Vorbereitungshandlung zur Nutzung der Domain im geschäftlichen Verkehr dar. Aber
auch aus den §§ 15 MarkenG, 12 BGB könne sie - gestützt auf ihr Firmenschlagwort
WestLotto - die Klagebegehren herleiten. Unabhängig von dieser marken- und
firmenrechtlichen Situation seien die Klagepetita aber auch aus § 3 UWG berechtigt.
Denn die angegriffene second-level-Domain führe beachtliche Teile aus von der
Klägerin im einzelnen näher dargelegten Erwägungen in zweifacher Hinsicht in die Irre.
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Hinsichtlich der näheren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird auf ihre in beiden
Instanzen gewechselten Schriftsätze samt Anlagen verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
30
Die Berufung ist zulässig. Soweit die Klägerin im Hinblick auf den Eingang der
Berufungsbegründung am 05.06.2001 die Berufung wegen angeblichen Überschreitens
der nur bis zum 04.06.2001 verlängerten Berufungsbegründungsfrist für unzulässig hält,
geht das fehl. Denn der 04.06.2001 war Pfingstmontag, mithin ein gesetzlicher Feiertag,
so dass die Berufungsbegründungsfrist gewahrt ist (§ 222 Abs. 2 ZPO).
31
Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zu der aus der Urteilsformel
ersichtlichen Abänderung des angefochtenen landgerichtlichen Urteils, weil der
Klägerin die in dem darin aufrechterhaltenen Versäumnisurteil titulierten Unterlassungs-
und Löschungsansprüche unter keinem der geltend gemachten rechtlichen
Gesichtspunkte zustehen.
32
I.
33
Markenrechtliche Ansprüche aus den §§ 14 Abs. 2 Nr. 2 u. Nr. 3, 15 Abs. 2 MarkenG
stehen der Klägerin nicht zu, da auf seiten des Beklagten weder gegenwärtig ein
Handeln im geschäftlichen Verkehr vorliegt noch konkrete Anhaltspunkte dafür
vorliegen, dass ein solches Handeln künftig bevorsteht. Das MarkenG gewährt jedoch
Kennzeichenschutz nur gegenüber Handlungen im geschäftlichen Verkehr; die
Verwendung einer markenrechtlich geschützten Bezeichnung außerhalb des
geschäftlichen Verkehrs bzw. zum "Privatgebrauch" ist demgegenüber grundsätzlich
zeichenrechtlich frei.
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1.
35
Der Beklagte betreibt eine physiotherapeutische Praxis. Er hat die Internet-Domain
registrieren lassen, weil er sie für eine erst noch aufzubauende Website nutzen will, mit
der Interessenten angesprochen werden, die gemeinsam mit ihm
Spielergemeinschaften zur Teilnahme am Lotto des Deutschen Lotto- und Totoblocks
bilden und die in einen Informationsaustausch treten wollen. Sollte der Beklagte dieses
Projekt in die Tat umsetzen, so stellte dies ebenso wenig ein Handeln im geschäftlichen
Verkehr dar wie die bloße Registrierung der - noch nicht für konkrete Inhalte
verwendeten - Internet-Domain als solche.
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Zum Bereich des geschäftlichen Verkehrs zählt jede Tätigkeit, die irgendwie der
Förderung eines beliebigen - auch fremden - Geschäftszwecks dient. Auf eine
Gewinnabsicht oder die Entgeltlichkeit oder ein Wettbewerbsverhältnis kommt es dabei
nicht an (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14 Rdnr. 35; Baumbach/Hefermehl,
Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Einleitung UWG Rdnr. 208; Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl.,
Einführung Rdnr. 194 - jeweils m.w.N.). Beim Handeln im geschäftlichen Verkehr muss
es sich um eine selbständige, wirtschaftliche Zwecke verfolgende Tätigkeit handeln, in
der eine Teilnahme am Erwerbsleben zum Ausdruck kommt (BGH GRUR 1993,
761/762 - "Makler-Privatangebot" - m.w.N.). Nicht dem geschäftlichen Verkehr
zuzuordnen sind danach Handlungen, die allein privaten Zwecken dienen. Eine solche
rein privaten Zwecken dienende Betätigung liegt hier jedoch vor. Auch wenn im
Interesse eines wirksamen Zeichenschutzes das Erfordernis einer Zeichenverwendung
im geschäftlichen Verkehr nicht zu eng verstanden werden darf, ist bei der Registrierung
der Internet-Domain ein irgendwie gearteter Bezug zu einer Erwerbstätigkeit des
Beklagten nicht ersichtlich. Der Beklagte handelte bei der Registrierung der Internet-
Domain vielmehr als Privatperson. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte den Aufbau
der Spielergemeinschaften und die Information hierüber gewerblich betreiben will,
liegen nicht vor. Dass der Beklagte Anstalten unternommen hat oder unternehmen
könnte, um aus der Bildung und/oder Teilnahme von Tippgemeinschaften eine
Einnahmequelle zu eröffnen, lassen sich weder dem Vortrag der Klägerin noch dem
Sachverhalt im übrigen entnehmen. Angesichts des Umstandes, dass sich im Internet
verschiedene Kommunikationsmöglichkeiten unterschiedlichster, auch eindeutig nicht
kommerzieller Art installieren und verbreiten, lässt sich allein aufgrund des Umstandes,
dass der Beklagte einen Internetauftritt vorbereitet hat bzw. sein Angebot zur Bildung
privater Spielergemeinschaften im Internet platzieren will, nicht ohne weiteres auf das
Vorhandensein einer derartigen Absicht schließen. Der vom Landgericht für die
Anerkennung eines Verhaltens im geschäftlichen Verkehr herangezogene Umstand,
dass sich der Beklagte sowohl für seine eigene Person als auch für die anderen
Teilnehmer der zu bildenden Spieler- und Tippgemeinschaften bessere
Gewinnaussichten verspricht, reicht hierfür nicht aus. Maßgeblich ist allein, ob sich das
Handeln innerhalb oder außerhalb der Teilnahme am Erwerbs- oder Berufsleben
abspielt. Liegt es außerhalb dessen, was sich im Bereich von Erwerb und der
Berufsausübung abspielt, ist es privat (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O.). Die vom
Beklagten gegebenenfalls erzielten Lottegewinne weisen aber selbst dann keinerlei
Bezug zu seinem Berufs- oder Erwerbsleben auf, wenn er sie zum Auf- und Ausbau
seiner geschäftlichen Existenz als Physiotherapeut verwenden sollte. Denn eine solche
nur mittelbare Förderung reicht nicht aus (vgl. BGH GRUR 1993, 760/761 - "Makler-
Privatangebot" -). Eine abweichende Würdigung lässt sich auch nicht aus dem Umstand
herleiten, dass der Beklagte sein Anliegen bzw. Angebot, Spielergemeinschaften zu
gründen und in einen Informationsaustausch einzutreten, öffentlich verbreiten will. Dies
allein stellt den erforderlichen Bezug zum Erwerbs- oder Berufsleben nicht her,
anderenfalls auch öffentliche Spendenaufrufe oder die reine öffentliche
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Mitgliederwerbung ideeller Vereine immer als Handeln im geschäftlichen Verkehr zu
qualifizieren wären, was indessen mit der herrschenden Meinung zu verneinen ist (vgl.
Baumbach/Hefermehl, a.a.O., UWG Einleitung Rdnr. 210 m.w.N.). Etwas anderes ergibt
sich auch nicht aus der von der Klägerin in diesem Zusammenhang angeführten
Entscheidung des Bundesgerichtshofs "Handtuchsspender" (BGH GRUR 1987, 438 ff.).
Allerdings trifft es zu, dass der Bundesgerichtshof in jener Entscheidung ausgeführt hat,
der geschäftliche Verkehr erfasse grundsätzlich alle Bereiche, in denen außerhalb des
Privatbereichs einer unbestimmten Vielzahl von Personen Ware (dort:
Papierhandtücher) unter dem fraglichen Warenzeichen - nicht notwendig gegen Entgelt
- angeboten werde. Bei dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt ging
es darum, dass der Hersteller und Vertreiber von Papierhandtüchern diese Ware
vornehmlich an Behörden und Betriebe lieferte und sie dort in die von einem fremden
Unternehmen fest installierten, mit dessen Marke ausgestatteten nachfüllbaren
Handtuchspender einlegte. Die ihre Handtücher in den mit der fremden Marke
versehenen fremden Handtuchspender einlegende Herstellerin und Vertreiberin der
Papierhandtücher hatte dabei das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals eines Handelns
"im geschäftlichen Verkehr" mit der Argumentation als nicht erfüllt angesehen, dass -
zumindest in den Fällen, in denen Handtücher nur von Betriebs- oder
Behördenangehörigen und nicht auch von Besuchern benutzt würden - ein rein
betriebsinternes Verhalten vorliege. Vor diesem Hintergrund verstehen sich die
Ausführungen des Bundesgerichtshofs, wonach ein Handeln im geschäftlichen Verkehr
dann zu bejahen ist, wenn das Angebot einer unbestimmten Anzahl von Personen
zugänglich gemacht wird, als Abgrenzung zu einem "öffentlichen" von einem rein
betriebsinternen Vorgang. Denn dass es sich bei der Lieferung und Bestückung der mit
der Fremdmarke ausgestatteten Handtuchspender um eine Teilnahme am Erwerbs- und
Geschäftsleben des sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Papierhandtüchern
befassenden Unternehmens handelte, stand außer Streit und kann im übrigen auch
keinem Zweifel unterliegen. Eine Aussage dergestalt, dass bereits das öffentliche
Angebot bzw. die Eröffnung des Zugangs zu einem Angebot für eine unbestimmte
Anzahl von Personen als Handeln im geschäftlichen Verkehr zu qualifizieren ist, lässt
sich der "Handtuchspender" - Entscheidung des Bundesgerichtshofs daher nicht
entnehmen. Bei der hier zu beurteilenden Fallkonstellation geht es aber gerade darum,
ob ein unstreitig als "öffentlich" zu qualifizierendes Angebot in jenen Bereich fällt, der
sich als Teilnahme am Erwerbs- und/oder Wirtschaftsleben darstellt. Diese Frage ist aus
den oben dargestellten Gründen zu verneinen.
2.
38
Ist die Verwendung der Internet-Domain für den oben dargestellten konkreten Zweck
aber nicht als ein Handeln im geschäftlichen Verkehr einzuordnen, lassen sich weder
dem Vortrag der Klägerin noch dem Sachverhalt im übrigen Anhaltspunkte entnehmen,
dass der Beklagte sie für andere, sich als eine Teilnahme am Erwerbs- oder
Berufsleben darstellende Zwecke nutzen wird bzw. insoweit eine (Erst-)
Begehungsgefahr besteht. Entgegen der Ansicht der Klägerin reicht hierfür allein die
Registrierung der Internet-Domain nicht aus. Dem widerspricht auch nicht die
klägerseits zitierte Kommentierung in Ingerl/Rohnke, (a.a.O., vor §§ 14-19 Rdnr. 28),
wonach bereits die bis 1997 mögliche Reservierung eines Internet-Domain-Namens
ohne weiteres die Erstbegehungsgefahr seiner tatsächlichen Benutzung begründe.
Denn allein die aufgrund der Reservierung, und dann erst recht aufgrund der
Registrierung konkret drohende Ingebrauchnahme der Internet-Domain besagt nichts
darüber, ob diese Nutzung sich sodann als ein Handeln im geschäftlichen Verkehr
39
darstellt.
II.
40
Scheiden nach alledem Ansprüche aufgrund des Markengesetzes aus, gilt gleiches für
einen etwaigen wettbewerbsrechtlichen Anspruch aus § 3 UWG, da auch die
Anwendbarkeit dieser Bestimmung ein Handeln im geschäftlichen Verkehr voraussetzt.
41
III.
42
Soweit die Klägerin ihre Klagebegehren schließlich auch aus der ihrem
Anwendungsbereich nach nicht auf Handlungen im geschäftlichen Verkehr
beschränkten Vorschrift des § 12 BGB herleiten will, vermag sie damit ebenfalls nicht
durchzudringen. Denn die sachlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift, nämlich eine
unbefugte Namensanmaßung, die das Interesse des Berechtigten verletzt, liegen nicht
vor.
43
Ein Fall der zur Unterlassung verpflichtenden Namensanmaßung i.S.d. § 12 Abs. 1 BGB
ist zu bejahen, wenn durch den Gebrauch eines fremden Namens die Gefahr einer
Zuordnungsverwirrung entsteht und hierdurch der Berechtigte in seinen Interessen
verletzt wird. Das ist hier nicht der Fall.
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Zwar liegt in der Verwendung einer Internet-Domain in aller Regel ein namensmäßiger
Gebrauch (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 12 Rdnr. 20). Denn wer einen
fremden Namen als Internet-Domain-Namen registrieren lässt oder gebraucht, nimmt ihn
(auch) zur Bezeichnung der eigenen Person in Anspruch (Palandt/Heinrichs, a.a.O., §
12 Rdnr. 10 u. 21). Zu verneinen ist allerdings, dass hierdurch im Streitfall die Gefahr
einer Zuordnungsverwirrung begründet wird. Eine solche liegt vor, wenn der Name dazu
benutzt wird, eine andere Person, deren Einrichtungen oder Produkte namensmäßig zu
bezeichnen. Es genügt, dass der Berechtigte mit Einrichtungen, Gütern oder
Erzeugnissen in Verbindung gebracht wird, mit denen er nichts zu tun hat. Die
Zuordnungsverwirrung ergibt sich daraus, dass der unrichtige Eindruck hervorgerufen
wird, der Namensträger habe dem Gebrauch seines Namens zugestimmt (Palandt-
Heinrichs, a.a.O., § 12 Rdnr. 20). Der im Streitfall Schutz von Namensanmaßung
beanspruchende Name der Klägerin, die den Begriff "Lotto" für sich allein nicht in ihrer
Firma führt, ist das im Verkehr gebrauchte Firmenschlagwort "WestLotto". Ausweislich
der als Anlagenkonvolut K 2 vorgelegten Publikationen (Bl. 82 ff. d.A.) tritt die Klägerin
im Verkehr unter der Bezeichnung "West-Lotto" auf. Den Begriff "Lotto" in Alleinstellung
hat sie als namensmäßige Bezeichnung ihres Unternehmens demgegenüber nicht
gebraucht. Dies indiziert aber wiederum, dass der Namensbestandteil "Lotto" für sich
allein nicht geeignet ist, als schlagwortartiger Namenshinweis auf ihr Unternehmen
Verwendung zu finden. Soweit die Klägerin meint, die als Firmenabkürzung bzw. -
schlagwort dienende Bezeichnung "WestLotto" werde ihrerseits durch den Bestandteil
"Lotto" geprägt, so dass allein dieser bei der Prüfung der Frage zugrundezulegen sei, ob
eine Zuordnungsverwirrung durch die Nutzung des streitbefangenen Domain-Namens
"lotto-privat.de" hervorgerufen wird, überzeugt das nicht. Denn der maßgebliche
Gesamteindruck der Bezeichnung "WestLotto" wird nicht allein von "Lotto", sondern
gleichermaßen durch das Element "West" mitbestimmt. Entgegen der Ansicht der
Klägerin handelt es sich bei "West", nicht um einen rein beschreibenden Bestandteil,
der für den Gesamteindruck dieses Firmenschlagwortes zu vernachlässigen wäre. Denn
der letztgenannte Begriff weist nicht lediglich auf den Sitz des Unternehmens hin,
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sondern hat gerade die Funktion der Unterscheidung des Unternehmens von den
anderen Gesellschafterinnen des Deutschen Lottoblocks, die sich ebenfalls mit der
Organisation, Veranstaltung und Durchführung des Lotto befassen und die den Begriff
ebenfalls in ihrer Firma führen. Dabei handelt es sich auch nicht um ein rein internes,
nur im Innenverhältnis der Gesellschafterinnen des Deutschen Lotto- und Totoblockes
wirkendes namensmäßiges Abgrenzungsmerkmal. Denn dem angesprochenen Verkehr
der gegenwärtigen und/oder potentiellen Lottospieler ist bekannt, dass auf Länderebene
jeweils selbständige Lottogesellschaften agieren, die sich zur gemeinsamen
Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Lotterien und sonstigen
Glücksspielen zusammengeschlossen haben. Dann wirkt der Firmenbestandteil "West"
aber nicht lediglich intern als ein die Klägerin individualisierendes, sie von ihren
ebenfalls den Begriff "Lotto" im Namen führenden Mitgesellschafterinnen abgrenzendes
Merkmal, sondern auch im Verhältnis gegenüber "Außenstehenden". Der Bestandteil
"West" prägt daher den Gesamteindruck des Firmenschlagwortes "WestLotto" mit und
ist folglich in die Beurteilung miteinzubeziehen, ob die streitbefangene Internet-Domain
die Gefahr einer Zuordnungsverwirrung begründet. Dass ein mehr als nur
unbeachtlicher Teil des Verkehrs, wenn er dem Domain-Namen "lotto-privat" begegnet,
in dieser Situation zur Annahme gelangt, der Träger des Namens "WestLotto" habe dem
Gebrauch des Domain-Namens "lotto-privat" zugestimmt, ist danach aber nicht
ersichtlich. Denn beide Bezeichnungen sind deutlich verschieden. Weder den
Darlegungen der Klägerin noch dem sonstigen Sachverhalt lässt sich entnehmen, dass
die Klägerin gerade unter dem Firmenschlagwort "WestLotto" derart im Verkehr bekannt
ist, dass der Verkehr aufgrund von "lotto-privat" auch bei den vorhandenen deutlichen
Abweichungen zu ihr eine Verbindung als Namensträgerin herstellen könnte,. Danach
ist es aber zu verneinen, dass durch den Gebrauch des Domain-Namens "lotto-privat"
der Eindruck hervorgerufen wird, die Klägerin bzw. der Träger des Firmenschlagwortes
"WestLotto" habe dem Namensgebrauch zugestimmt.
IV.
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Die Kostenfolge ergibt sich aus den §§ 91, 344 ZPO. Soweit der Beklagte geltend
macht, das erstinstanzliche Versäumnisurteil sei zu Unrecht ergangen, weil ihm
Klageschrift und Ladung nicht ordnungsgemäß zugestellt worden seien, vermag das
eine der Kostenfolge des § 344 ZPO entgegenstehende Entscheidung nicht zu
rechtfertigen. Gemäß dem als Anlage K 2 zur Klageschrift vorgelegten Auszug der
DENIC war die Anschrift des Beklagten noch mit S.str. 39, ... K., also der Anschrift, an
der die Zustellung der Klageschrift nebst Ladung durch Niederlegung am 06.05.2000
vorgenommen wurde, registriert wobei als Stand der Datenbank der 4. April 2000
angegeben ist. Dass der Beklagte daher im Zeitpunkt der kurz darauf, nämlich am
06.05.2000 erfolgten Niederlegung schon nicht mehr seine Wohnanschrift unter der
angegebenen Adresse S.str. 39 in ... K. führte, ist danach nicht ersichtlich.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den
§§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Die gem. § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer orientiert sich am Wert der
Klagebegehren, mit denen die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit unterliegt.
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Streitwert der Berufung: 200.000,00 DM.
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