Urteil des OLG Köln vom 13.07.1992
OLG Köln (kläger, zeuge, zweck, ehefrau, zpo, fahrzeug, besitz, fahrer, bezug, führer)
Oberlandesgericht Köln, 5 U 122/91
Datum:
13.07.1992
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 U 122/91
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 24 O 478/90
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 29.05.1991 verkündete Urteil
der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 O 478/90 - wird
zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung ist nicht begründet.
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Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen und der Widerklage
stattgegeben, weil die Beklagte gemäß § 2 Nr. 2 c AKB i.V.m. § 6 Abs. 1 und 2 VVG
leistungsfrei ist und demzufolge nicht verpflich-tet ist, aufgrund der für das Fahrzeug
des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen ........ bestehenden Haftpflicht- und
Vollkaskoversicherung wegen des Schadensereignisses vom 02.09.1989
Versicherungs-schutz zu gewähren.
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Der Senat folgt der im wesentlichen zutreffenden Begründung des Landgerichts,
insbesondere hin-sichtlich der Auffassung, daß der Kläger sich angesichts der ihm
bekannten Tatsache, daß dem Zeugen S. im Jahre 1988 bereits einmal die Fahr-
erlaubnis wegen einer Trunkenheitsfahrt entzogen worden war, vor Überlassung des
Fahrzeugs an den Zeugen S. am 01.09.1989 dessen Führerschein zeigen lassen
mußte. Weder eine Routinekontrolle Anfang Juli 1989 noch die vom Kläger
behauptete Ein-sichtnahme seiner Ehefrau in den Führerschein des Zeugen "im
August" 1989 vermochte ihn von dieser Verpflichtung zu befreien. Da bekanntlich
gerade nach einer Trunkenheitsfahrt der Führerschein häu-fig sofort polizeilich
beschlagnahmt wird und da-mit zugleich auch die Fahrerlaubnis entfällt (vgl. auch
Prölss/Martin, VVG, 24. Aufl., Anm. 3 B c zu § 2 AKB = Seite 1121 unten mit Bezug
auf BGH VersR 1982, 84), mußte der Kläger auch einkalkulieren, daß die
Fahrerlaubnis zwischen der behaupteten Einsichtnahme "im August" und dem
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01.09.1989 weggefallen war. Im übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen
auf die Ausführungen des Land-gerichts Bezug genommen und auch von der Darstel-
lung der Entscheidungsgründe insoweit gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
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Auch aufgrund der mit der Berufung vorgebrachten Einwände und des Ergebnisses
der Beweisaufnahme besteht kein begründeter Anlaß, das Urteil des Landgerichts
abzuändern. Selbst wenn der Zeuge S. am 01.09.1989 entgegen seiner Bekundung
doch noch im Besitz des Führerscheins gewesen sein sollte, was hier unterstellt
werden soll (so daß es einer Vernehmung der Ehefrau des Klägers dazu, ob der
Zeuge S. jedenfalls noch "im August" den Führer-schein besessen hat, nicht bedarf),
würde das die Verwirklichung des Tatbestandes der schuldhaften
Obliegenheitsverletzung nach § 2 Nr. 2 c AKB und die Rechtsfolge der
Leistungsfreiheit nicht besei-tigen. Allerdings neigt der Senat grundsätzlich zu der
Auffassung, daß es unter dem Gesichtspunkt des rechtmäßigen Alternativverhaltens
(vgl. dazu all-gemein Palandt/Heinrichs, BGB, 51. Aufl., Rdnrn. 105-107 der
Vorbemerkungen vor § 249) an einem Ur-sachenzusammenhang zwischen der
schuldhaft unter-lassenen Führerscheinkontrolle und der Verletzung der
Obliegenheit, das Fahrzeug keinem Fahrer ohne Fahrerlaubnis zu überlassen, fehlen
würde, wenn der Versicherungsnehmer auch bei einer Kontrolle des Führerscheins
das Fehlen der Fahrerlaubnis nicht hätte erkennen können (so auch Prölss/Mar-tin,
a.a.O. Anm. 3 C a zu § 2 AKB = S. 1123 Mit-te). Der Schutzzweck der Vorschrift des §
2 Nr. 2 c AKB dürfte die Berücksichtigung des rechtmäßigen Alternativverhaltens
nicht ausschließen, da die Norm nicht den Zweck verfolgt, die vorherige
Führerscheinkontrolle als solche zu gewährleisten; Sinn und Zweck liegen vielmehr
darin, den Versi-cherungsnehmer bei der Überlassung eines Fahrzeugs an einen
Dritten im Hinblick auf die Gewißheit, daß dieser über eine Fahrerlaubnis verfügt, zu
ei-nem sorgfältigen Handeln zu veranlassen.
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Auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten könnte sich der Kläger hier aber nur dann
mit Erfolg berufen, wenn der Zeuge S. den unterstelltermaßen noch in seinem Besitz
befindlichen Führerschein dem Kläger vor der Überlassung des Fahrzeugs am
01.09.1989 überhaupt gezeigt hätte, um das Vorhan-densein einer Fahrerlaubnis
vorzutäuschen. Davon ist der Senat jedoch nicht überzeugt. Der Zeuge S. hat zwar
eingeräumt, dem Kläger am 01.09.1989 versprochen zu haben, den Führerschein am
nächsten Tag vorzuzeigen; jedoch hat er das, wie er bekun-det hat, nur so gesagt,
weil er ohnehin gekündigt war und nur für ein, zwei Tage aushilfsweise beim Kläger
tätig sein sollte. Tatsächlich, so die weitere Aussage des Zeugen S., wollte er dem
Klä-ger gar keinen Führerschein zeigen, auch wenn er ihn noch besessen hätte.
Diese Angaben des Zeugen können nicht als schlechthin unglaubhaft angesehen
werden. Zwar konnte das Verheimlichen des Führer-scheins gegenüber der Polizei
(das hier unter-stellt wird) bei natürlicher Betrachtungsweise nur den Zweck haben,
von dieser Urkunde auch Gebrauch zu machen, wenn dies zwingend erforderlich war
(z.B. bei einer Polizeikontrolle oder einer Routi-nekontrolle des Arbeitgebers); eine
derartig zwin-gende Situation lag hier aber nicht vor, und zwar gerade aus den vom
Zeugen S. genannten plausiblen Gründen, daß er nämlich ohnehin gekündigt war
und es bloß um eine ganz kurzfristige Aushilfstätig-keit ging, um sich ein paar Mark
zu verdienen.
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Es leuchtet ein, daß es sich dafür nicht lohnte, durch Vorzeigen eines Führerscheins
eine Fahrer-laubnis vorzutäuschen und damit Unannehmlichkeiten in strafrechtlicher
oder auch zivilrechtlicher Hinsicht heraufzubeschwören. Eine Bereitschaft des
Zeugen S., dem Kläger den Führerschein vorzuzei-gen, kann entgegen den
Bekundungen des Zeugen auch nicht dann angenommen werden, wenn es zuträfe,
daß er der Ehefrau des Klägers den Führerschein "im August" beiläufig gezeigt hatte,
ohne daß hierfür eine Notwendigkeit bestand. Das Vorweisen des Füh-rerscheins
hätte in diesem Falle nicht dem Zweck gedient, seinen Arbeitgeber über eine
bestehende Fahrerlaubnis zu täuschen, sondern wäre lediglich eine Antwort auf die
scherzhafte Frage der Ehefrau des Klägers gewesen, ob er seinen Führerschein
noch habe, und daher für den Zeugen S. insoweit unverfänglich.
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Der Umstand, daß der Kläger sein Fahrzeug dem Zeu-gen S. überlassen hatte, ohne
sich zuvor pflicht-gemäß den Führerschein zeigen zu lassen, hat sich daher auch für
den Fall ausgewirkt, daß der Zeuge S. den Führerschein noch in Besitz hatte. Damit
ist der Ursachenzusammenhang zwischen dem schuld-haften, d.h. zumindest leicht
fahrlässigen Verhal-ten des Klägers und der Überlassung des Fahrzeugs an einen
Fahrer ohne Fahrerlaubnis nach wie vor gegeben.
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Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreck-barkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10,
713 ZPO.
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Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer für den Kläger:
11.884,67 DM.
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