Urteil des OLG Köln vom 17.02.2003
OLG Köln: unterrichtung, reisekosten, versäumnis, postulationsfähigkeit, datum
Oberlandesgericht Köln, 17 W 53/03
Datum:
17.02.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
17. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
17 W 53/03
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 9 O 474/01
Tenor:
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.
Gegenstandswert für die Beschwerde: 975,40 EUR.
G r ü n d e
1
Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne
Erfolg. Der Rechtspfleger hat es im Ergebnis mit Recht abgelehnt, solche Mehrkosten
bei der Kostenfestsetzung zu berücksichtigen, die im Berufungsverfahren durch die
Beauftragung eines Verkehrsanwalts entstanden sind.
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Dem Rechtspfleger ist zunächst beizutreten, soweit er Verkehrsanwaltskosten im
Berufungsrechtszug grundsätzlich für nicht erstattungsfähig gehalten hat. Nach der
Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschluss vom 03.11.1999 - 17 W 201/99 - OLGR
2000, 33), die insoweit auch nicht von der neueren Rechtsprechung des Senats zur
Erstattungsfähigkeit von Reisekosten nach dem Inkrafttreten der gesetzlichen
Neuregelung zur erweiterten Postulationsfähigkeit der Rechtsanwälte vor den Amts- und
Landgerichten (vgl. § 78 Abs. 1 ZPO n.F.) tangiert wird (vgl. Beschluss des Senats vom
26.11.2001 - 17 W 107/01 - im Leitsatz veröffentlicht in OLGR 2002, 159), können
Verkehrsanwaltskosten nicht als notwendig im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO angesehen
werden, wenn der in erster Instanz tätig gewesene Prozessbevollmächtigte oder
Verkehrsanwalt auch in der Berufungsinstanz als Verkehrsanwalt fungiert. Ein - mit dem
erstinstanzlichen Anwalt nicht identischer - Berufungsanwalt ist vielmehr gehalten, mit
dem Mandanten unmittelbar persönliche Gespräche zu führen, wenn der Sachverhalt im
ersten Rechtszug erkennbar nicht ausreichend aufgeklärt worden ist und/oder die
Einlassung des Prozessgegners im Berufungsverfahren eine eingehende persönliche
Besprechung veranlasst. Es ist durchaus üblich und geboten, dass ein OLG-Anwalt sich
vor der mündlichen Verhandlung unmittelbar mit dem Mandanten in Verbindung setzt
(vgl. Beschlüsse des Senats vom 22.04.2002 - 17 W 27/02 -; vom 05.11.2001 - 17 W
304/01 - vom 19.12.2001 - 17 W 370/01).
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Nicht zu folgen ist dem Rechtspfleger jedoch insoweit, als er fiktive
Informationsreisekosten generell als nicht anderweitig erspart und erstattungsfähig
behandelt hat. Wenn die Partei ihren Prozessbevollmächtigten im Berufungsrechtszug
unmittelbar unterrichtet hat, ist nach allgemeinen Grundsätzen ohne weiteres davon
auszugehen, dass bei der Kostenfestsetzung anderweitig ersparte Kosten zu
berücksichtigen sind. Angemeldete Verkehrsanwaltskosten sind dann bis zur Höhe der
Kosten einer oder mehrerer notwendig gewordener - fiktiver - Informationsreisen der
Partei und gegebenenfalls sonstiger ersparter Auslagen erstattungsfähig. Dies ist in
dem vom Rechtspfleger ausdrücklich angeführten Beschluss des Senats vom
03.11.1999 ausdrücklich so behandelt worden und entspricht auch im übrigen der
ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. nur Beschluss vom 22.04.2002 - 17 W
27/02 - m.w.N.).
4
Die Veranschlagung fiktiver Informationsreisekosten muss dagegen dann ausscheiden,
wenn eine unmittelbare Unterrichtung des Verkehrs- oder Berufungsanwalts im
Berufungsverfahren überhaupt nicht stattgefunden hat, sondern eine
Informationserteilung auf telefonischem oder schriftlichem Wege erfolgte. Wenn eine
solche Unterrichtung ausreichte, hat es mit den - hier vom Rechtspfleger bereits
berücksichtigten - Auslagen sein Bewenden. In solchen Fällen besteht keine
Veranlassung, zusätzlich Reisekosten als anderweitig erspart in Ansatz zu bringen, da
die Partei überhaupt keinen unmittelbar persönlichen Informationsaufwand entfaltet und
auch den Verkehrsanwalt nicht aufgesucht hat. Im gegebenen Fall ist weder dargetan
noch glaubhaft gemacht worden, dass die Beklagte im Berufungsverfahren
unmittelbaren Kontakt zu einem ihrer Prozessbevollmächtigten - sei es dem
Prozessanwalt, sei es dem Berufungsanwalt - gehabt hat. Da bereits mit dem
angefochtenen Beschluss ausdrücklich darauf abgestellt worden ist, dass lediglich die
Kosten einer schriftlichen oder fernmündlichen Informationserteilung
berücksichtigungsfähig seien, und auch mit der Nichtabhilfeentscheidung vom
06.02.2003 darauf abgestellt worden ist, dass eine unmittelbare Information unterblieben
sei, hätte auf Seiten der Beklagten jedenfalls Veranlassung bestanden, einen
gleichwohl entfalteten Informationsaufwand darzulegen und glaubhaft zu machen.
Dieses Versäumnis geht zu Lasten der Beklagten, ohne dass es im
Beschwerdeverfahren nochmaliger Hinweise seitens des Senats bedurfte.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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