Urteil des OLG Köln vom 25.08.1997
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Oberlandesgericht Köln, 5 U 79/97
Datum:
25.08.1997
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 U 79/97
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 9 O 144/95
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des
Landgerichts Aachen vom 15.11.1996 - 9 O 144/95 - wird
zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu
tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht
hat zu Recht Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, die der Kläger
bei der Beklagten unterhält, verneint.
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Zwar kann nach dem in I. Instanz erstatteten Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr.
R. F. davon ausgegangen werden, daß der Kläger zu der bisher verrichteten Tätigkeit
als Warenhausdetektiv, die vorwiegend im Stehen und Gehen auszuüben ist, nicht mehr
in der Lage ist, weil er diese aufgrund der Funktionsstörungen der unteren Extremitäten,
nämlich mittelgradig eingeschränkte Beweglichkeit des rechten Hüftgelenkes sowie des
linken Hüftgelenkes, mittelgradig eingeschränkte Beweglichkeit des rechten
Kniegelenkes, nicht mehr vollschichtig ausüben kann. Nach den nachvollziehbaren und
überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen ist durch diese Funktionsstörung
ein längeres Stehen und Gehen vollschichtig nicht mehr möglich.
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Ob sich daraus im Ergebnis tatsächlich eine mehr als 50 %ige Berufsunfähigkeit im
Tätigkeitsbereich des Warenhausdetektives ergibt, kann letztlich dahinstehen, weil die
Beklagte zumutbare und mögliche Verweisungstätigkeiten nachgewiesen hat, die der
Kläger durchaus ausüben kann und auf die er sich demzufolge gemäß § 2 Abs. 1 BUZ
verweisen lassen muß.
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Wie der Sachverständige eingehend dargelegt hat, finden sich beim Kläger
Funktionsstörungen im Bereich der oberen Extremitäten nicht; zwar sind beim Kläger im
Bereich der Halswirbelsäule Bewegungseinschränkungen bei ansonsten
altersentsprechenden Verhältnissen festzustellen sowie im Bereich der LWS eine
Einschränkung der Seit- und Rückneigung bei ansonsten lediglich mäßigen
degenerativen Veränderungen; der Sachverständige hat jedoch mit nachvollziehbarer
Begründung ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der Kläger eine überwiegend
sitzende Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, zumal auch die Funktionsstörung im
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Bereich der HWS als geringfügig einzuschätzen ist und einer überwiegend sitzenden
Tätigkeit nicht entgegensteht. Zusätzlich hat der Sachverständige ebenfalls
ausdrücklich darauf hingewiesen, daß dem Kläger dringend eine Reduktion des
Körpergewichtes zu empfehlen ist, weil mit einer Verschlechterung der
Funktionsstörungen im Bereich der unteren Extremitäten und der LWS aufgrund der
ausgeprägten Adipositas zu rechnen ist.
Auch bei seiner mündlichen Anhörung ist der Sachverständige mit nachvollziehbarer
und überzeugender Begründung bei seiner Feststellung geblieben, daß der Kläger -
auch bei eingehender Berücksichtigung seiner körperlichen Beeinträchtigungen - zu
einer vollschichtigen Tätigkeit vorwiegend im Sitzen durchaus in der Lage ist. Gegen die
nachvollziehbar erläuterten Ausführungen des Sachverständigen hat der Kläger im
Rahmen seiner Berufung keine neuen fundierten gegenteiligen Anhaltspunkte
vorgetragen. Der Sachverständige hat die vom Kläger geklagten
Schmerzbeeinträchtigungen durchaus berücksichtigt und - soweit nach dem
organischen Befund möglich - auch bei seiner Beurteilung der Leistungsfähigkeit des
Klägers angemessen in Rechnung gestellt. Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß und
weshalb der Kläger zu einer überwiegend sitzenden Tätigkeit nicht in der Lage sein
sollte, sind seinem Berufungsvorbringen nicht zu entnehmen.
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Die Beklagte hat vor diesem Hintergrund ausreichend konkret Verweisungstätigkeiten
dargetan, die der Kläger im Rahmen einer vorwiegend sitzenden Tätigkeit ausüben
kann. Hierzu gehören insbesondere die Tätigkeit als Mitarbeiter in einer Detektei, einem
Ermittlungsbüro, im Sicherheitsdienst oder einem Bewachungsunternehmen. Zutreffend
weist die Beklagte darauf hin, daß der Kläger im Rahmen einer derartigen Tätigkeit
seine als Warenhausdetektiv erlernten Kenntnisse verwerten könnte, wie insbesondere
Kenntnisse über Beobachtungs- und Ermittlungsmethoden sowie Personen und
Objektschutz. Der Kläger hat im Rahmen seiner Berufung selbst eingeräumt, es sei
zutreffend, daß grundsätzlich in großen Detekteien oder Sicherheitsdiensten Mitarbeiter
für Schreibtischtätigkeiten notwendig sind und eingestellt werden, um die
Auftragsannahme und deren bürotechnische Abwicklung vorzunehmen. Entgegen der
Ansicht des Klägers verlangen diese Tätigkeiten auch nicht etwa ein Leistungsprofil,
dem der Kläger nicht gerecht werden könnte. Unstreitig war der Kläger ab 1993 als
freiberuflicher gewerbetreibender Kaufhausdetektiv tätig. Es kann nicht ernstlich in
Frage gestellt werden, daß er im Rahmen dieser langjährigen Tätigkeit jedenfalls
fundierte Kenntnisse über die Materie des Personen- und
Objektschutzes/Bewachungsschutzes erlangt hat. Da der Kläger diese Tätigkeit
freiberuflich ausgeübt hat, muß er auch über jedenfalls ausreichende einschlägige
kaufmännische Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen. Es ist deshalb nicht
nachvollziehbar, weshalb er nicht in der Lage sein sollte, nach einer gewissen
Einarbeitungszeit eine entsprechende Schreibtischtätigkeit z.B. im Rahmen einer
größeren Detektei bzw. Bewachungsdienstes auszuführen.
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Der Kläger hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß auch bei einer
Tätigkeit im Rahmen einer größeren Detektei tägliches Schriftverkehr abzuwickeln sei,
ferner die Abrechnung der Aufträge sowie sonstige buchhalterische Aufgaben zu
verrichten seien. Da er als selbständig tätiger Warenhausdetektiv jedenfalls in
geringfügigem Umfang buchhalterische Tätigkeiten durchgeführt haben muß, ist zu
erwarten, daß er auf diesem Gebiet jedenfalls über geringfügige Kenntnisse und
Erfahrungen verfügt, die mittels einer Einarbeitungszeit auch im Rahmen eines
größeren Unternehmens zu aktivieren wären. Im übrigen wird gerade im Rahmen einer
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größeren Detektei/Sicherheitsdienstes pp. der buchhalterische Bereich mit Sicherheit
von Fachkräften besorgt, wohingegen der tägliche Schriftverkehr mit Kunden keine
Qualifikationsanforderungen stellt, zu deren Bewältigung der Kläger nicht in der Lage
wäre, der im Rahmen seiner Tätigkeit als Warenhausdetektiv mit Sicherheit auch
Berichte über Stellung von Warenhausdieben pp. hat anfertigen müssen. Auch der
Kontakt zu Kunden kann dem Kläger aufgrund seiner langjährigen Erfahrung als
Warenhausdetektiv nicht gänzlich unvertraut sein, da er auch und gerade im Rahmen
dieser Tätigkeit immer wieder Personenkontakte gehabt hat und diese in
angemessenen Formen hat abwickeln müssen. Dem Kläger kann schlechterdings nicht
abgenommen werden, daß er im Rahmen einer immerhin rund 11-jährigen Tätigkeit als
Warenhausdetektiv überhaupt keine Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen im
Bereich der detektivischen Tätigkeit erlangt haben will, die er ebensogut im Rahmen
einer Innendiensttätigkeit in einem größeren vergleichbaren Unternehmen einsetzen
könnte.
Die mithin von der Beklagten aufgezeigten Verweisungstätigkeiten sind dem Kläger
sowohl nach ihrer sachlichen Ausgestaltung zumutbar wie auch seiner bisher
ausgeübten Tätigkeit gleichwertig. Insoweit ist anzumerken, daß der Kläger unstreitig
nicht über eine qualifizierte berufliche Ausbildung verfügt, sondern vielmehr eine Lehre
als Baukaufmann und eine Lehre als Installateur vorzeitig abgebrochen hat und im
übrigen nur als ungelernter Maschinen-Glasmacher und sodann als Warenhausdetektiv
gearbeitet hat. Eine Innendiensttätigkeit in einem Bewachungsunternehmen pp. ist
demzufolge der Tätigkeit eines Wahrenhausdetektives durchaus gleichwertig, dies
sowohl was die Einkommensmöglichkeiten als auch was das allgemeine soziale
Ansehen anbetrifft.
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Nach allem muß der Kläger sich auf die von der Beklagten aufgezeigten
Verweisungstätigkeiten verweisen lassen, was der Annahme einer zur Leistung
verpflichtenden Berufsunfähigkeit entgegensteht, wie auch bereits das Landgericht
zutreffend ausgeführt hat, auf dessen Darlegungen im übrigen zur Vermeidung
unnötiger Wiederholungen Bezug genommen wird.
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Die Berufung des Klägers war deshalb mit der Kostenfolge des § 97 ZPO
zurückzuweisen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 10, 713
ZPO.
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Berufungsstreitwert und Wert der Beschwer des Klägers: 59.389,14 DM.
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