Urteil des OLG Köln vom 30.11.2001
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Oberlandesgericht Köln, 6 U 131/01
Datum:
30.11.2001
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 U 131/01
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 31 O 211/01
Tenor:
Die Kosten des in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt
erklärten Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beider
Instanzen hat die Antragstellerin zu tragen.
Gründe
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Nachdem die Parteien das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in der
mündlichen Verhandlung von 16.11.2001 übereinstimmend in der Hauptsache für
erledigt erklärt haben, hat der Senat lediglich noch gem. § 91 a ZPO über die Kosten zu
entscheiden. Die Kosten sind der Antragstellerin aufzuerlegen, weil ihrem Antrag auf
Zurückweisung der Berufung und damit Bestätigung der am 23.3.2001 im
Beschlusswege ergangenen einstweiligen Verfügung - 31 O 211/01 - bei streitigem
Fortgang des Verfahrens kein Erfolg beschieden wäre und es billigem Ermessen im
Sinne des § 91 a ZPO entspricht, die Kosten der voraussichtlich unterlegenen Partei
aufzuerlegen.
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Der Antrag war von Anfang des Verfahrens an unbegründet und hat daher nicht in
einem etwaigen zwischenzeitlichen Wandel der Verkehrsauffassung seine Erledigung
gefunden. Die angegriffene Werbung ist nicht irreführend und war dies auch im
Zeitpunkt der Antragstellung nicht. Entgegen der Behauptung der Antragstellerin
erwartet der Verkehr neben dem monatlichen Grundpreis nicht lediglich noch solche
Kosten, die ausschließlich nutzungsabhängig sind.
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Mit dem Landgericht und der Antragstellerin ist allerdings davon auszugehen, dass die
Angaben in dem stilisierten Preisetikett - was auch die Antragsgegnerin nicht in Abrede
stellt - einen Blickfang darstellen. Das ergibt sich zum einen aus der übermäßigen
Größe der Zahl 9,95 und zum anderen aus der farblichen Hervorhebung und der - nur
dieses "Etikett" betreffenden - schrägverlaufenden Anordnung der Angabe. Die
Angaben in diesem Blickfang müssen dementsprechend zutreffend sein (vgl. BGH WRP
00,1248,1251 f - "Computerwerbung"). Das ist indes auch der Fall.
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Der Verkehr versteht unter einem "Grundpreis" das Gegenteil von dem Preis, der vom
Verbrauch abhängig ist. Der Grundpreis ist der Preis, der allein dafür gezahlt werden
muss, dass der Anschluss überhaupt benutzungsbereit zur Verfügung steht. Diese
Vorstellung hat sich im Verkehr insbesondere aufgrund des Umstandes entwickelt und
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gefestigt, dass über Jahrzehnte, nämlich zu Zeiten, als es in Deutschland weder Handys
noch private Anbieter gab, der damals alleinige Anbieter Deutsche Bundespost eben
zwischen einem derartigen Grundpreis und den verbrauchsabhängigen eigentlichen
Gesprächsgebühren unterschieden hat. Ausgehend von diesem Verkehrsverständnis
wäre die blickfangmäßig hervorgehobene Werbeangabe nur dann unzutreffend, wenn
der so verstandene Grundpreis tatsächlich um eben die verfahrensgegenständlichen
10,00 DM höher wäre. Das soll nach Auffassung der Antragstellerin deswegen so sein,
weil der Betrag von 10,00 DM auch dann bezahlt werden muss, wenn entsprechende
Gespräche nicht geführt werden. Das allein macht den Kostenanteil von 10,00 DM aber
noch nicht zu einem Bestandteil des Grundpreises. Denn er wird in vollem Umfange mit
anfallenden Gesprächskosten verrechnet. Sofern der Verbraucher für mindestens 10,00
DM telefoniert, spielt der Mindestumsatz wirtschaftlich keine Rolle mehr. Es verbleibt
dann als Fixkosten bei den als Grundpreis verlangten 9,95 DM. Der weitere Betrag von
10,00 DM muss zwar - wie der Grundpreis von 9,95 DM auch - in jedem Falle gezahlt
werden. Er ist aber - im Gegensatz zu dem Grundpreis - nicht vom
Gesprächsaufkommen unabhängig. Vor diesem Hintergrund stellt sich der verlangte
Mindestumsatz in der Vorstellung des Verkehrs nicht als Grundpreis dar. Diese sowie
die nachfolgenden tatsächlichen Feststellungen vermag der Senat aus eigener
Sachkunde zu treffen, weil seine Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen
gehören.
Der Verbraucher hatte auch zu Beginn des Verfahrens nicht die Vorstellung, der
verlangte Grundpreis erfasse auch Kosten für Mindestumsätze. Das gilt unabhängig von
der Frage, in welchem Umfange ein Mindestumsatz zu jener - ohnehin erst einige
Monate zurückliegenden - Zeit in der Branche verlangt worden ist. Denn schon der
Begriff "Mindestumsatz" macht dem durchschnittlich aufmerksamen und verständigen
Verbraucher deutlich, dass es sich um einen vom Gesprächsaufkommen abhängigen
Preisteil handelt, für den - anders als bei dem Grundpreis - auch Gespräche geführt
werden können.
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Das Vorstehende gilt auch angesichts des Umstandes, dass - wie es der zweite
Sternchenhinweis besagt - nicht sämtliche Gespräche auf den Mindestumsatz
angerechnet werden. Denn die Antragstellerin hat nicht beanstandet, dass die
Anrechnung irreführend ausgelobt worden sei, sondern ausschließlich dass die
Grundpreiswerbung angesichts der geforderten Mindestumsätze den Verbraucher
täusche. Für diesen alleinigen Verfahrensgegenstand ist es aber ohne Bedeutung, ob
der Mindestumsatz durch alle geführten Gespräche erfüllt werden kann. Im übrigen wird
der Mindestumsatz ausweislich des zweiten Sternchenhinweises in weitem Umfang,
nämlich auf Inlandsgespräche ins deutsche Festnetz sowie in alle deutsche
Mobilfunknetze und auf die Abfrage der eigenen Mobilbox und schließlich auf
Rufumleitungen, angerechnet.
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Ohne Erfolg hat sich die Antragstellerin auf die Senatsentscheidung vom 26.5.2000
"Internet zum Festpreis" (6 U 191/99) berufen. Der dort verfahrensgegenständliche
Festpreis unterscheidet sich von einem Grundpreis dadurch, dass er sämtliche Kosten
erfasst, die im Rahmen der angebotenen Dienstleistung überhaupt anfallen.
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Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird wie folgt festgesetzt:
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1. bis zum 16.11.2001 auf
10
500.000
DM
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1. ab der übereinstimmenden Erledigungserklärung im Termin vom
16.11.2001 auf einen Betrag
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zwischen
60.001
und
70.000
DM
Seit der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien bildet die Summe der
Kosten den Gegenstandswert. Diese macht einen Betrag innerhalb der vorstehenden
Spanne aus, die eine Gebührenstufe darstellt.
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