Urteil des OLG Köln vom 08.03.2007

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Oberlandesgericht Köln, 13 U 1/06
Datum:
08.03.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
13. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
13 U 1/06
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 15 O 648/04
Tenor:
Die dem Schriftsachverständigen Herrn Dr. N S, F, zustehende
Vergütung wird auf den Antrag des Sachverständigen auf gerichtliche
Festsetzung vom 17.01.2007 auf brutto 1.985,17 € festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Antrag auf gerichtliche Festsetzung der Sachverständigenvergütung ist gemäß § 4
Abs. 1 S. 1 JVEG zulässig und in vollem Umfang begründet.
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Mit Liquidation vom 13.12.2006 (Bl.337 GA) hat der Sachverständige für die
Gutachtenerstattung einen Gesamtbetrag von 1.991,26 € geltend gemacht, mit
Schreiben vom 17.01.2007 (Bl.439 GA) hat er seine Liquidation in Bezug auf die von
ihm abgerechneten Kopien erläutert und dahingehend korrigiert, dass nur noch eine
Erstattung von 431 statt zunächst 466 Kopien verlangt wird (Differenz: 6,09 € brutto). Der
sich so ergebende Betrag von 1.985,17 € steht dem Sachverständigen für seine
Tätigkeit zu, wobei vorliegend allein die Kostenpauschale für die Anfertigung von
Kopien (§ 7 Abs.2 JVEG) sowie Aufwendungsersatz für 240 Mehrfertigungen der für das
Gutachten angefertigten 48 Bilder (§ 12 Abs.1 Nr.2 JVEG) insoweit strittig sind, als der
Sachverständige Kopien und Mehrfertigungen für seine Handakte angefertigt hat.
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Was die Kopien anbelangt, gilt folgendes: Mit Schreiben vom 17.01.2007 hat der
Sachverständige im Einzelnen dargelegt, wie sich die berechneten 431 Kopien
zusammensetzen. Danach hat er das 19-seitige Gutachten, welches entsprechend der
gerichtlichen Aufforderung in fünffacher Ausfertigung vorgelegt werden sollte, vierfach,
das dem Gutachten als Anlage beigefügte Untersuchungsmaterial (51 Seiten) sechsfach
(einmal für seine Handakten), und die ebenfalls zum Gutachten gehörige ESD-Folie
fünffach kopiert (wiederum einmal für seine Handakten). Ferner hat er im Rahmen der
Anerkennungsbefragung 4 Kopien und zur Fertigung der Schriftproben der Zeugin 40
Kopien gefertig.
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Entgegen der von der Kostenbeamtin und der Verwaltungsabteilung des
Oberlandesgerichts Köln als Vertreterin der Landeskasse in ihren Stellungnahmen vom
30.11.2006 und 03.01.2007 (Bl.430 f. GA) vertretenen Auffassung ist der Senat der
Ansicht, dass die Ablichtungspauschale nach § 7 Abs. 2 JVEG auch die für die
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Handakte des Sachverständigen bestimmten Ablichtungen des Untersuchungsmaterials
umfasst. Ob auch die Mehrfertigung des eigentlichen Gutachtentextes erfasst wird
(ablehnend insoweit LG Köln, Beschluss v. 19.10.2005, Az.: 102 – 49/05), bedarf keiner
Entscheidung, da der Sachverständige - wie er mit Schreiben vom 17.01.2007
klargestellt hat - insoweit keine Vergütung geltend macht.
Soweit teilweise unter Berufung auf den Wortlaut des § 7 Abs.2 JVEG sowie darauf,
dass diese Norm den in § 11 Abs.2 ZSEG enthaltenen Passus "oder für die Handakten
des Sachverständigen" nicht übernommen hat, vertreten wird, eine Erstattungsfähigkeit
der Kosten der Mehrfachausfertigung des Gutachtens für die eigene Handakte sei -
sofern die heranziehende Stelle nicht eine entsprechende Anordnung getroffen habe (§
7 Abs.2 Satz 3 Halbs.2 JVEG) - nicht gegeben (OLG Koblenz, Beschluss v. 06.06.2006,
Az.: 14 W 338/06, JurBüro 2006, 436; OLG Hamburg, Beschluss v. 24.02.2006, Az.: 8 W
24/06, OLGR Hamburg, 2006, 386; Meyer/Höver/Bach, Die Vergütung und
Entschädigung von Sachverständigen, Zeugen, Dritten und von ehrenamtlichen
Richtern nach dem JVEG, 23. Aufl., § 7 Rz.7.22), vermag der Senat dem nicht zu folgen
(vgl. auch OLG Köln, Beschluss v. 05.03.2007, Az.: 15 U 181/05; OLG Stuttgart,
Beschluss v. 12.09.2005, Az.: 1 Ws 211/05, JurBüro 2006, 212; OLG Düsseldorf,
Beschluss vom 03.01.2006, Az.: 3 Ws 493/05, JMBl. 2006, 130; LG Itzehoe, Beschluss
vom 24.01.2006, Az.: 3 O 554/03; LG Hannover, Beschluss v. 18.05.2005, Az.: 1 O 3/03,
JrBüro 2005, 489; Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., § 7 JVEG Rz.16; differenzierend
zwischen eigentlichem Gutachtentext und Anlagen LG Köln, Beschluss v. 19.10.2005,
Az.: 102 – 49/05).
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Bei dem Untersuchungsmaterial - hier 51 Seiten mit Schriftproben - handelt es sich um
einen Bestandteil der Gerichtsakte, dessen Ablichtung zwecks Einfügung in die
Handakte des Sachverständigen unter dem Gesichtspunkt einer sachgerechten
Bearbeitung der Angelegenheit gerechtfertigt ist (§ 7 Abs.2 S.3 Halbs.1 JVEG). Nach
Erstellung eines schriftlichen Gutachtens muss ein Sachverständiger grundsätzlich
damit rechnen, zu einer schriftlichen Ergänzung des Gutachtens veranlasst und/oder zur
mündlichen Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens geladen zu werden. Hieraus
folgt im allgemeinen für den Sachverständigen die Notwendigkeit, sich erneut auch mit
dem Untersuchungsmaterial zu befassen. Würde der Sachverständige nicht über
Ablichtungen der ihm zur Untersuchung vorgelegten bzw. der auf seine Veranlassung
im Rahmen der Gutachtenerstattung angefertigten Schriftproben verfügen, wäre er in
jedem Fall solcher nachträglichen Befassung mit dem Gutachten gezwungen, die
Gerichtsakten oder zumindest die einschlägigen Teile davon vom Gericht
zurückzufordern. Der damit verbundene Zeit- und Kostenaufwand läge weder im
Interesse der beteiligten Parteien noch im fiskalischen Interesse. Von daher ist die
Anfertigung von Kopien des Untersuchungsmaterials zum Verbleib bei dem
Sachverständigen aus Gründen der Zweckmäßigkeit geboten, wie es § 7 Abs. 2 S. 3
Halbs.1 JVEG voraussetzt.
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Dem kann auch nicht unter Berufung auf den Wortlaut des § 7 Abs.2 S.3 Halbs.1 JVEG
entgegengehalten werden, zum Zeitpunkt der Fertigung der Ablichtungen durch den
Sachverständigen sei das im Rahmen der Gutachtenerstattung angefertigte
Untersuchungsmaterial noch nicht Bestandteil der Gerichtsakte gewesen (so aber OLG
Koblenz, Beschluss v. 06.06.2006, Az.: 14 W 338/06, JurBüro 2006, 436; OLG Hamburg,
Beschluss v. 24.02.2006, Az.: 8 W 24/06, OLGR Hamburg, 2006, 386), denn eine derart
am Wortlaut der Norm orientierte Auslegung liefe - wie das Oberlandesgericht
Düsseldorf in seinem Beschluss vom 03.01.2006 (Az.: 3 Ws 493/05, JMBl. 2006, 130) zu
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Recht dargelegt hat - auf eine unnötige Förmelei hinaus: Der Sachverständige müsste,
um Erstattung seiner Ablichtungskosten für die - aus Sicht des Senats grundsätzlich
gebotene - Anlegung der Handakte verlangen zu können, zunächst das Gutachten zur
Gerichtsakte reichen und sodann - nach Verbindung des Gutachtens mit der Akte - die
entsprechenden Fotokopien aus der Gerichtsakte fertigen. Da hiermit ein unnötiger Zeit-
und Kostenaufwand verbunden wäre, ist es gerechtfertigt, das Gutachten - kostenmäßig
- bereits mit seiner Fertigstellung als Teil der Gerichtsakte anzusehen (vgl. auch OLG
Stuttgart, Beschluss v. 12.09.2005, Az.: 1 Ws 211/05, JurBüro 2006, 212).
Die vom Senat vorgenommenen Auslegung steht nicht im Widerspruch zum Willen des
Gesetzgebers. Da sich der Gesetzesbegründung nicht entnehmen lässt, warum der in §
11 Abs.2 ZSEG enthaltene Passus "oder für die Handakten des Sachverständigen"
nicht in die neue Vorschrift des § 7 JVEG übernommen worden ist, erscheint es
durchaus möglich, dass dem Gesetzgeber bei der Neufassung ein redaktionelles
Versehen unterlaufen ist und er den Erstattungsanspruch des Sachverständigen
insoweit nicht beschränken wollte (vgl. dazu näher auch LG Itzehoe, Beschluss vom
24.01.2006, Az.: 3 O 554/03, sowie LG Köln, Beschluss v. 19.10.2005, Az.: 102 – 49/05).
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Dem Sachverständigen steht damit - wie beantragt - eine Aufwendungspauschale auch
für die 52 Kopien zu, die er vom Untersuchungsmaterial und der ESD-Folie für die
eigene Handakte gefertigtet hat. Er kann damit - nachdem er seine ursprüngliche
Liquidation dahingehend erläutert hat, dass 44 Kopien auf die Schriftproben der Zeugin
und die Anerkennungsbefragung entfallen - für insgesamt 431 Kopien Erstattung
verlangen (4 x 19 Seiten Gutachtentext = 76 Kopien; 6 x 51 Seiten
Untersuchungsmaterial = 306 Kopien; 5 x ESD-Folie = 5 Kopien; 40 Kopien
Schriftproben; 4 Kopien Anerkennungsbefragung).
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Die vom Sachverständigen berechneten 240 Mehrfertigungen (davon 48 für die eigene
Handakte) der dem Gutachten beigefügten 48 Bilder sind gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
JVEG erstattungsfähig; dies gilt auch für die 48 Mehrfertigungen, die der
Sachverständige für seine Handakte angefertigt hat (vgl. OLG Köln, Beschluss v.
05.03.2007, Az.: 15 U 181/05; LG Hannover, Beschluss v. 10.3.2005, Az.: 12 O 37/02,
JurBüro 2005, 489; Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., § 12 JVEG Rz.14). Da insoweit
nach dem Gesetzeswortlaut ("die zur Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens
erforderlichen Lichtbilder oder an deren Stelle tretende Farbausdrucke") die gleichen
Zweckmäßigkeitserwägungen gelten, wie für die Ablichtungspauschale nach § 7 Abs. 2
JVEG, nimmt der Senat auf die obigen Ausführungen Bezug.
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Die - durch das Schreiben des Sachverständigen vom 17.01.2007 um 6,09 € brutto
reduzierte - Liquidation vom 13.12.2006 erweist sich damit insgesamt als berechtigt, so
dass die Vergütung antragsgemäß auf 1.985,17 € festzusetzen war.
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