Urteil des OLG Köln vom 26.07.2004
OLG Köln (treu und glauben, ehemann, umstände, kabelnetz, entfernung, beschwerde, begehren, garten, betrieb, objektiv)
Oberlandesgericht Köln, 16 Wx 134/04
Datum:
26.07.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 Wx 134/04
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 29 T 202/03
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin vom 17.06.2004
gegen den Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom
11.05.2004 - 29 T 202/03 - wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat die
Antragsgegnerin zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten
findet nicht statt.
Geschäftswert der Rechtsbeschwerde: 1.500,- - EUR
G r ü n d e
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I.
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Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin sind Wohnungseigentümer der aus fünf
Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheiten bestehenden, eingangs bezeichneten
Wohnungseigentumsanlage.
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In § 2 Ziffer 3 der Teilungserklärung vom 03.12.1991 ist bestimmt:
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"Die Anbringung von Außenantennen ist - abgesehen von vorgesehenen
Gemeinschaftsantennen - nicht gestattet."
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In der Eigentümerversammlung vom 31.03.1999 wurde darüber beraten, ob die
Wohnungseigentumsanlage an das Kabelnetz angeschlossen oder mit einer
Satellitenanlage ausgestattet werden solle. Dabei sprach sich der Ehemann der
Antragsgegnerin, der in dem im Sondereigentum seiner Ehefrau stehenden Ladenlokal
im Erdgeschoss seit über 30 Jahren ein Radio- und Fernsehfachgeschäft betreibt, für
einen Anschluss an das Kabelnetz aus, der in der Folgezeit auch eingerichtet wurde.
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Die Antragsgegnerin hat zwischenzeitlich an der rückwärtigen Hausfassade eine
Satellitenantenne angebracht, mittels derer in ihrer Gewerbeeinheit ein Satellitensignal
empfangen werden kann. Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin auf Entfernung
dieser Satellitenantenne in Anspruch.
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Die Antragsgegnerin ist dem Beseitigungsverlangen der Antragstellerin entgegen
getreten. Sie vertritt die Auffassung, das Begehren der Antragstellerin sei
rechtsmissbräuchlich. Diese werde durch die angebrachte Satellitenschüssel nicht
beeinträchtigt, da die Anlage weder von dem Balkon der von der Antragstellerin
bewohnten Wohnung noch von der Strasse aus sichtbar sei. Vielmehr sei sie allein von
dem zu der Wohnungseigentumsanlage gehörenden, sehr kleinen und deshalb zur
Nutzung kaum geeigneten Garten aus wahrnehmbar. Für den Betrieb des von ihrem
Ehemann geführten Geschäfts sei es unabdingbar, dass in der Werkstatt ein
Satellitensignal verfügbar sei, da nur bei Vorhandensein eines solchen festgestellt
werden könne, ob Störungen an Kundengeräten auf einem Defekt des Fernsehgeräts,
des Satellitenreceivers oder der Satellitenschüssel beruhten.
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Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin antragsgemäß zur Entfernung der
Satellitenantenne verpflichtet. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der
Antragsgegnerin hat das Landgericht zurückgewiesen.
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Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihr Zurückweisungsbegehren
weiter. Sie macht geltend, das Beseitigungsverlangen der Antragstellerin sei schikanös.
Diese habe in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht bestätigt, dass die
Satellitenantenne sie nicht störe und erklärt, dass die Antragsgegnerin und ihr Ehemann
sich ihr gegenüber in der Vergangenheit nicht hinreichend devot verhalten hätten,
sondern beleidigend geworden seien. Sie habe nicht bestritten, dass ihr die Antenne als
"willkommenes Vehikel" diene, die Antragsgegnerin und ihren Ehemann zu
disziplinieren.
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II.
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Die zulässige sofortige weitere Beschwerde ist nicht begründet.
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Die Vorinstanzen haben zu Recht angenommen, dass die Antragsgegnerin zur
Entfernung der von ihr an der rückwärtigen Hausfassade angebrachten
Satellitenantenne verpflichtet ist. Der Beseitigungsanspruch der Antragstellerin folgt aus
§§ 1004 Abs. 1 BGB, 15 Abs. 3 WEG. Danach kann jeder Wohnungseigentümer von
dem anderen verlangen, dass dieser die Grenzen des erlaubten Gebrauchs einhält.
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Der Installation einer Satellitenantenne steht vorliegend § 2 Ziffer 3 der
Teilungserklärung entgegen, wonach das Anbringen von Außenantennen - abgesehen
von vorgesehenen Gemeinschaftsantennen - nicht gestattet ist. Durch diese Regelung
haben sich die Wohnungseigentümer zulässigerweise (vgl. BGH, Beschluss vom
22.01.2004, V ZB 51/03 -, abgedruckt u.a. in NZM 2004, 227 ff. und ZMR 2004, 438 ff.)
verpflichtet, die Anbringung von Außenantennen zu unterlassen. Zwar unterliegen auch
solche Regelungen in der Teilungserklärung nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs der Inhaltskontrolle nach den Maßstäben des § 242 BGB. Danach
kann etwa das Festhalten an einem generellen Verbot von Parabolantennen treuwidrig
sein, wenn Satellitenempfangsanlagen aufgrund ihrer Größe und geeigneter
Installationsorte das optische Erscheinungsbild der Wohnanlage und auch sonstige
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berechtigte Interessen der Wohnungseigentümer nicht berührt. Auch ist es möglich,
dass einem Wohnungseigentümer insbesondere auf Grund nachträglich eintretender
Umstände ein Anspruch auf Änderung der Gemeinschaftsordnung zustehen kann, wenn
das Verbot von Parabolantennen bei Anlegung eines strengen Maßstabs nicht
sachgerecht erscheint und zu grob unbilligen, mit Treu und Glauben nicht zu
vereinbarenden Ergebnissen führt (vgl. BGH, a.a.O.). Derartige Umstände, die ein
Festhalten an der in § 2 Ziffer 3 der Teilungserklärung getroffenen Regelung als
treuwidrig erscheinen lassen, sind im vorliegenden Verfahren jedoch nicht gegeben.
Das Amtsgericht ist anhand der von den Beteiligten zu den Akten gereichten
Lichtbildern verfahrensfehlerfrei (vgl. zur Zulässigkeit der Beurteilung einer optischen
Beeinträchtigung anhand eines zu den Akten gereichten Lichtbildes OLG Celle ZMR
2004, 363) und für den Senat als Rechtsbeschwerdegericht bindend zu dem Ergebnis
gelangt, dass der optische Gesamteindruck des Hauses durch die an der rückwärtigen
Fassade angebrachte Satellitenantenne beeinträchtigt wird. Hiervon abweichende
Feststellungen hat auch das Landgericht nicht getroffen. Dabei hat das Amtsgericht es
rechtsfehlerfrei für ausreichend erachtet, dass die Satellitenantenne von dem zu der
Wohnungseigentumsanlage gehörenden Garten aus wahrnehmbar ist. Entgegen der
Auffassung der Antragsgegnerin kommt es nicht darauf an, ob die Satellitenantenne aus
den zu dem Sondereigentum einzelner Wohnungseigentümer gehörender Räume oder
von zu den Wohneinheiten gehörenden Balkonen aus sichtbar ist. Allein maßgeblich ist
vielmehr, ob die Satellitenantenne generell von außen, etwa von der Straße oder wie
hier vom Garten aus wahrnehmbar ist und dabei das optische Erscheinungsbild der
Wohnanlage, wie vom Amtsgericht festgestellt, beeinträchtigt (vgl. hierzu auch OLG
Celle, a.a.O.).
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Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, liegen auch keine nachträglich
eingetretenen Umstände vor, die ein Festhalten an der Teilungserklärung bei Anlegung
eines strengen Maßstabs als nicht sachgerecht, grob unbillig und mit Treu und Glauben
nicht zu vereinbaren erscheinen lassen. Das Landgericht hat zu Recht darauf abgestellt,
dass sich die Umstände vorliegend gegenüber der bei der Beurkundung der
Teilungserklärung gegebenen Situation nicht entscheidend verändert haben. Bereits
zum damaligen Zeitpunkt betrieb der Ehemann der Antragsgegnerin, der selbst
Vertragspartei des notariellen Vertrages vom 03.12.1991 war, seit mehreren Jahren in
der von der Antragsgegnerin erworbenen Gewerbeeinheit ein Radio- und
Fernsehfachgeschäft. Nach dem eigenen Sachvortrag der Antragsgegnerin waren
Satellitenanlagen zum damaligen Zeitpunkt bereits im Handel, mithin auch absehbar,
dass diese neue Technologie für den Gewerbebetrieb ihres Ehemannes Relevanz
erlangen könne. Hinzu kommt, wie das Landgericht zu Recht hervorgehoben hat, dass
in der Eigentümerversammlung vom 31.03.1999 darüber beraten worden ist, ob die
Wohnungseigentumsanlage an das Kabelnetz angeschlossen oder mit einer
Satellitenantenne ausgestattet werden solle und sich der Ehemann der Antragsgegnerin
in diesem Zusammenhang für einen Anschluss an das Kabelnetz ausgesprochen hat.
Auch vor diesem Hintergrund erscheint das auf Entfernung der von der Antragsgegnerin
eigenmächtig angebrachten Satellitenantenne gerichtete Begehren der Antragstellerin
nicht treuwidrig. Schließlich ist auch die Befürchtung der Antragstellerin, die zwei der in
ihrem Sondereigentum stehenden Einheiten vermietet hat, auch ihre Mieter könnten bei
Duldung der von der Antragsgegnerin angebrachten Satellitenantenne das Recht
beanspruchen, derartige Antennen zu installieren, nicht von der Hand zu weisen.
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Die Geltendmachung des Beseitigungsverlangens stellt sich vorliegend auch nicht als
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schikanös im Sinne von § 226 BGB dar, ohne dass es entscheidend darauf ankommt,
ob die Antragstellerin im Erstbeschwerdeverfahren zum Ausdruck gebracht hat, die
Satellitenantenne störe sie nicht, sondern biete ihr einen willkommenen Anlass, die
Antragsgegnerin und ihren Ehemann zu disziplinieren. Eine Rechtsausübung ist nur
dann schikanös, wenn nach Lage der gesamten Umstände ein anderer Zweck als die
Schadenszufügung objektiv ausgeschlossen ist. Allein der Umstand, dass jemand
subjektiv aus verwerflichen Gründen von seinem Recht Gebrauch macht, genügt nicht
(vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 226 Rdnr. 3). Vorliegend ist, wie bereits
dargelegt, jedoch nicht auszuschließen, dass aufgrund des Verhaltens der
Antragsgegnerin auch Mieter der Antragstellerin das Recht beanspruchen könnten,
Satellitenantennen anzubringen, so dass das Begehren der Antragstellerin objektiv
auch dazu geeignet ist, weiteren Auseinandersetzungen über die Anbringung von
privaten Außenantennen vorzubeugen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, der
unterlegenen Antragsgegnerin die Gerichtskosten des Verfahrens dritter Instanz
aufzuerlegen. Für eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten bestand
keine Veranlassung.
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Die Festsetzung des Gegenstandswertes folgt aus § 48 Abs. 3 WEG und entspricht der
unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzung des Landgerichts.
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