Urteil des OLG Köln vom 10.05.1994
OLG Köln (ergebnis, bezug, verhältnis zu, software, leser, veröffentlichung, bild, verfügung, bericht, test)
Oberlandesgericht Köln, 15 U 86/92
Datum:
10.05.1994
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 U 86/92
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 17 O 19/90
Schlagworte:
Veröffentlichungen von Warentests als Meinungsäußerung
Normen:
BGB §§ 824, 1004
Leitsätze:
Veröffentlichungen der Ergebnisse von Warentests bewegen sich in der
Regel im Bereich der wertenden Meinungsäußerung. Dies gilt jedoch
nicht, wenn den tatsächlichen Feststellungen im Rahmen des Tests
eigenständige Bedeutung zukommt, sie dem Werturteil also nicht
lediglich als unselbständige Wertungselemente untergeordnet sind und
deshalb vom Leser als Aussage über nachweisbare Fakten und
Grundlagen für sein eigenes Qualitätsurteil über das getestete Produkt
aufgefaßt werden.
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 13. Januar 1992 verkündete
Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 17 O 19/90 - wird auf
ihre Kosten zurück- gewiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die
Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von
42.000,-- DM abwenden, wenn nicht die Klägerin ihrerseits vor der
Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet. Beiden Parteien wird
nachgelassen, die Si-cherheitsleistung auch durch selbstschuldnerische
Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu
erbringen.
T a t b e s t a n d
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Die Klägerin nimmt die Beklagte, Verlegerin des Mikrocomputer-Magazins "C." auf
Unterlassung, Richtigstellung und Schadensersatz in Anspruch.
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Die Klägerin vertreibt Computer-Technologie. Im Jahre 1989 handelte sie u.a. mit
"Cameron Handy- scannern" der Typen 4.1 und 5.1. Hierbei handelt es sich um Geräte,
mit deren Hilfe auf manuelle Weise Texte oder Abbildungen etc. zur weiteren
Verarbeitung in einen Personalcomputer eingegeben werden können.
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Die Beklagte veröffentlichte in der Ausgabe 11/89 der Zeitschrift "C." unter dem Titel
"Blickpunk- te" einen "Report" über Hand-Scanner der Fabrikate Logi Scanman Plus,
DFI-Handy-Scanner HS-3000, NCE Hyper-Scanner, Cameron Handy-Scanner 4.1 und
Came- ron Handy-Scanner 5.1. Auf den Inhalt dieses Be- richts (Bl. 78 ff. des Heftes),
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der von dem Zeugen G. verfaßt worden ist, wird Bezug genommen. Der Zeuge hat die
Ergebnisse des "Abscannens" eines Farbfotos und eines Textes für jedes der
genannten Fabrikate in Bild und Text wiedergegeben sowie die einzelnen Fabrikate
und ihre Funktionsweise kommentierend beschrieben. Die Abbildungen der Ar-
beitsergebnisse der Cameron Handy-Scanner 4.1 und 5.1 weisen gegenüber den
Ergebnissen der übrigen Fabrikate eine deutlich schlechtere Bild- und Textqualität auf.
Bei dem neben dem "Logi Scanman Plus" abgebildeten Bild handelt es sich nicht um
das Ergebnis eines Scanvorgangs, sondern um den Abdruck einer foto- grafischen
Verkleinerung des Originals.
Die Klägerin hat behauptet, daß die veröffent- lichten Testergebnisse bezüglich der
Cameron Handy-Scanner keineswegs den mit diesen Scannern zu erzielenden
Ergebnissen entsprächen. Vielmehr seien bei ordnungsgemäßer Bedienung
Ergebnisse zu erzielen, die zumindest den in dem Bericht für die Geräte "DFI-Handy-
Scanner HS-3000" und "NCE Hyper-Scanner" dargestellten gleichkämen. Selbst der
technisch versierte Leser müsse den Eindruck gewinnen, daß die dargestellten
Abbildungen ord- nungsgemäß durchgeführte Scanergebnisse repräsen- tierten, was
indes nicht den Tatsachen entspreche. Sie habe Umsatzeinbußen in bezug auf die
genann- ten Cameron Handy-Scanner zu verzeichnen. Der hierdurch erwachsene
Schaden könne noch nicht ab- schließend beziffert werden.
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Die Klägerin hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen,
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1. es bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft
bis zu 2 Jahren, oder Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu unterlassen, den in dem Mikro-
Computer-Ma- gazin "C.", Ausgabe Nr. 11/1989 auf den Seiten 78 bis 84 unter dem Titel
"Blickpunk- te, Report-Scanner", veröffentlichten Testbe- richt weiter zu veröffentlichen,
anderweitig zu verbreiten oder sonst auf andere Weise dritten Personen zugänglich zu
machen, soweit das dort veröffentlichte Test-Scan-Ergebnis (in Wort und Bild) des
Produkts Logi Scanman-Plus und die Testergebnisse und Beschreibung der Produkte
Cameron Handy-Scanner 4.1 und Cameron Handy- Scanner 5.1 betroffen sind,
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2. zum frühest möglichen Zeitpunkt in dem Mikro- computer-Magazin "C." an
hervorgehobener Stelle zu erklären, daß sie die Testergebnisse der Hand-Scanner der
Fabrikate Logi Scanman Plus, Cameron Handy-Scanner 4.1 und Cameron Handy-
Scanner 5.1 nicht aufrechterhalte,
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3. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin denjenigen Schaden zu
erset- zen, der ihr aus der Verbreitung und Veröf- fentlichung des im Klageantrag zu 1.
genannten Testberichts entstanden ist und künftig entste- hen wird.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat behauptet, die Abbildungen zu den Cameron Handy-Scannern gäben die besten
mit den Geräten erzielbaren Resultate wieder. Die Beklagte hat die Auffassung
vertreten, bei dem Bericht handele es sich nicht um einen Warentest, sondern um eine
detaillierte Produktbeschreibung, die Bewertungen enthalte, jedoch jeweils isoliert und
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ohne Beziehung zum Konkurrenzprodukt. Im übri- gen erfülle der Bericht die an
Warentests zu stel- lenden Anforderungen.
Das Landgericht hat nach Vernehmung des Zeugen G. und Einholung eines
Sachverständigengutach- tens durch das angefochtene Urteil, auf das wegen aller
weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, der Klage stattgegeben und zur
Begründung im wesentlichen ausgeführt, bei der Darstellung der Leistungsergebnisse
für die Cameron-Handy-Scanner sowie für den "Logi Scanman Plus" handele es sich
um unwahre Tatsachenbehauptungen, durch welche die Klägerin rechtswidrig in ihrem
wirtschaftlichen Interesse beeinträchtigt werde. Die Ergebnisse seien nicht durch eine
ordnungsgemäße Bedienung fehlerfreier Geräte entstanden. Sowohl die Beklag- te
selbst als auch den Zeugen G., für den die Beklagte gem. § 831 BGB hafte, treffe ein
Ver- schulden.
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Gegen das ihr am 17.1.1992 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 17.2.1992 bei
Gericht einge- gangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist bis 18.5.1992 mit einem an diesem Tag eingegange- nen
Schriftsatz begründet hat.
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Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstin- stanzlichen Vortrag. Sie greift die
Beweiswürdi- gung im angefochtenen Urteil an. Ferner trägt sie vor, der Zeuge G. habe
davon ausgehen können, daß die Firma Cameron - wie auch die übrigen Her-
stellerfirmen - ihm für die "Testläufe" in jeder Hinsicht das Optimum dessen zur
Verfügung gestellt habe, was sie derzeit auf dem Markt gehabt habe. Die Unterschiede
zwischen den vom Zeugen G. und den von dem Sachverständigen erzielten Scan-
Ergeb- nisse seien dadurch begründet, daß der Sachver- ständige eine neuere
Software-Version (3.11 aus dem Jahre 1989) verwendet habe, während dem Zeugen
eine Software-Version 3.0 aus dem Jahre 1988 zur Verfügung gestellt worden sei, und
im übrigen dadurch, daß die dem Zeugen G. überlassene Schnittstellenkarte defekt
gewesen sei. Da die veröffentlichten Scan-Ergebnisse für die Cameron Handy-Scanner
im Hinblick auf die dem Zeu- gen G. gegebenen Möglichkeiten die besten zu er-
zielenden Ergebnisse gewesen seien, komme es nicht darauf an, ob das Scan-Ergebnis
für den "Logi Scanman Plus" die Wiedergabe eines Fotos sei, denn der Abstand
zwischen diesem Gerät, das das beste Ergebnis geliefert habe, und den Cameron
Handy- Scannern sei richtig. Im übrigen träfen weder den Zeugen G. noch die Beklagte
ein Verschulden. Die Beklagte könne in bezug auf den Zeugen G. den
Entlastungsbeweis führen.
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Die Beklagte beantragt,
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unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen;
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hilfsweise, ihr zu gestatten, im Falle des Unterliegens die Zwangsvollstreckung der
Kläge- rin durch Sicherheitsleistung auch in Form der Bürgschaft einer deutschen
Großbank oder öf- fentlichen Sparkasse abzuwenden.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen und bei Anordnung der Sicherheitsleistung ihr zu
gestatten, die Sicherheit auch durch selbst- schuldnerische Bürgschaft einer deutschen
Groß- bank oder öffentlichen Sparkasse zu leisten.
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Sie tritt den Ausführungen in dem angefochtenen Urteil bei.
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Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen
in der Beru- fungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug ge- nommen.
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Der Senat hat erneut Beweis erhoben durch Verneh- mung der Zeugen G. und St sowie
durch Einho- lung eines weiteren schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dr. S.,
das dieser in der mündlichen Verhandlung vom 22.3.1994 unter Vorfüh- rung der
Funktionsweise der Cameron Handy-Scanner 4.1 und 5.1 erläutert hat. Auf den Inhalt
des Gut- achtens vom 6.7.1993 (Bl. 414 ff. d.A.), der er- gänzenden Stellungnahme vom
4.3.1994 (Bl. 463 ff.) sowie des Protokolls vom 22.3.1994 (Bl. 495 ff.) wird Bezug
genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht
hat der Klage zu Recht stattge- geben. Die geltend gemachten Ansprüche auf Unter-
lassung, Widerruf und Feststellung der Schadenser- satzpflicht sind gem. §§ 824, 1004
BGB, 256 ZPO begründet.
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I. Unterlassungsanspruch
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Die Beklagte stellt mit der Berufung nicht mehr in Frage, daß die durch § 824 BGB
geschützte wirt- schaftliche Wertschätzung der Klägerin als Unter- nehmen, das die
Cameron Handy-Scanner 4.1 und 5.1 vertreibt, durch die angegriffene Berichterstat-
tung in Heft 11/89 des Magazins "C." unmittelbar beeinträchtigt ist und daß damit die
Klägerin unmittelbar in ihrem wirtschaftlichen Interesse betroffen wird, weil der Absatz
ihrer Ware beein- trächtigt wird.
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Das Landgericht geht zu Recht davon aus, daß die angegriffene Veröffentlichung über
die Scanner unter § 824 BGB fallende Tatsachenbehauptungen und nicht nur
Wertungen enthält, auf die die Vorschrift nicht zugeschnitten ist (vgl. BGH NJW 1989,
1923).
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Bei dem angegriffenen "Report" handelt es sich um einen Testbericht, wie auch die
Beklagte nunmehr in der Berufungsbegründung einräumt. Dieser Test- bericht stellt
seinem Kern und wesentlichen Inhalt nach eine Tatsachenbehauptung dar. Zwar
bewegen sich die Veröffentlichungen der Ergebnisse von Warentests in der Regel im
Bereich der wertenden Meinungsäußerung (vgl. BGH NJW 1976, 620; BGH NJW 1987,
2222, 2223; BGH NJW 1989, 1923). Das kann es rechtfertigen, auch für die
Testaussagen, die zu den Testergebnissen hinfüh- ren, den Wertungsbezug besonders
zu beachten und sie im Zusammenhang mit dem Testergebnis, das sie stützen sollen,
als Wertungen anzusehen (vgl. BGH, a.a.O.). Dies gilt jedoch nicht, wenn den
tatsächlichen Feststellungen im Rahmen des Tests eigenständige Bedeutung zukommt,
sie dem Werturteil also nicht lediglich als unselbständige Wertungselemente un-
tergeordnet sind, und deshalb von dem Durch- schnittsleser, dessen Verständnis hierfür
maßgeb- lich ist, als Aussage über nachweisbare Fakten und Grundlagen für sein
eigenes Qualitätsurteil über das getestete Produkt aufgefaßt werden (BGH NJW 1989,
a.a.O.).
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So liegt der Fall hier. Der Kern der aus Abbildun- gen und Berichten bestehenden
Aussagen des Reports geht dahin, daß das abgebildete Scan-Ergebnis das mit dem
jeweiligen Scanner bei ordnungsgemäßer Durchführung des Tests optimal zu
erzielende Ergebnis darstellt. Dies ist eine objektivierte Tatsachenbehauptung. Der
Leser wird durch die Abbildungen der Testergebnisse aufgefordert, sich selbst ein Bild
von der Leistungsfähigkeit der im Vergleich getesteten Scanner zu machen. Soweit sich
der Text auf das Testergebnis bezieht, stellt er letztlich nur eine Beschreibung des
bildlich dargestellten Testergebnisses dar. Die angeführten Vermutungen über die
Gründe der Testergebnisse sind Meinungsäußerungen. Die Bewertung der
Testergebnisse steht gegenüber den Tatsachenbehauptungen im Hintergrund. Letzt-
lich soll dem Leser durch die Art und Weise der Darstellung der Testergebnisse eine
eigene Wertung ermöglicht werden.
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Entgegen der Aufassung der Beklagten ist die in dem Report enthaltene
Tatsachenbehauptung, daß das abgebildete Scan-Ergebnis das mit dem jeweiligen
Scanner bei ordnungsgemäßer Durchführung des Tests optimal zu erzielende Ergebnis
darstellt, insoweit falsch, als sie in diesem Rechtsstreit angegriffen wird.
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Für den Bericht über den "Logi Scanman Plus" ergibt sich die Unwahrheit bereits
daraus, daß es sich bei der Abbildung nicht um das Ergebnis eines Scan-Vorgangs
handelt, sondern um eine verkleiner- te fotografische Abbildung der Originalvorlage. Die
Aussagen im Text mögen für sich genommen zu- treffend sein, sie können jedoch nur im
Zusammen- hang mit dem abgebildeten angeblichen Scan-Ergeb- nis gesehen werden.
Die aus Bild und Text folgende Aussage vermittelt dem Leser aber auch dann eine
falsche Vorstellung, wenn der "Logi Scanman Plus" bei dem Test im Vergleich zu den
übrigen geteste- ten Scannern tatsächlich die besten Ergebnisse erzielt hat. Daß dieses
Scan-Ergebnis exakt demje- nigen der fotografischen Abbildung des Originals
entsprach, wird auch von der Beklagten nicht sub- stantiiert behauptet.
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Ebenfalls objektiv falsch ist die Tatsachenbehaup- tung, die mit den Cameron Scannern
4.1 und 5.1 bei ordnungsgemäßer Durchführung der Tests optimal zu erzielenden
Ergebnisse entsprächen den auf Bl. 84 des Magazins "C." abgebildeten
Testergebnissen.
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Der Sachverständige Dr. S. hat in der mündlichen Verhandlung vom 22.3.1994 die
Funk- tionsweise der Cameron Handy-Scanner 4.1 und 5.1 demonstriert. Die mit dem in
der angegriffenen Veröffentlichung verwandten Originalfoto erzielten Scan-Ergebnisse
entsprachen in ihrer Qualität zu- mindest den im schriftlichen Gutachten des Sach-
verständigen Dr. S. vom 10.9.1991 auf Bl. 173 und 175 d.A. abgebildeten Ergebnissen
und waren teilweise sogar wesentlich besser. Die Scanner 4.1 und 5.1 unterschieden
sich in den gelieferten Er- gebnissen nur in sehr geringfügiger Weise. Keines der vom
Sachverständigen erzielten Ergebnisse war von annähernd gleich schlechter Qualität
wie die in der Veröffentlichung abgebildeten Testergeb- nisse.
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Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachver- ständigen können diese
abgebildeten Testergebnisse nicht auf Unzulänglichkeiten des von der Firma Cameron
der Beklagten zur Verfügung gestellten Materials zurückzuführen sein. Dies gilt sowohl
für die Schnittstellenkarte als auch für die Software. Eine - teilweise -
Funktionsunfähigkeit der Schnittstellenkarte kann im Zeitpunkt der Testdurchführung
durch den Zeugen G. nicht be- standen haben; die Schnittstellenkarten arbeiten mit den
zugehörigen Softwareversionen entweder ordnungsgemäß oder überhaupt nicht.
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Ebensowenig sind die Testergebnisse auf eine Unverträglichkeit der Schnittstellenkarte
mit der Software zurückzu- führen. Insbesondere sind die in der Veröffentlichung
abgebildeten Ergebnisse nicht durch eine "Veral- terung" der Software Scan-Pack 3.0
im Verhältnis zu der vom Sachverständigen Dr. S. bei sei- ner in erster Instanz
durchgeführten Begutachtung verwandten Software Scan-Pack 3.11 begründet. Denn
die Demonstration vor dem Senat erfolgte u.a. mit der dem Sachverständigen von der
Beklagten vorge- legten Software Scan-Pack 3.0.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist unklar geblieben, ob der Zeuge G.
überhaupt die Softwa- re "Scan-Pack" für seine Untersuchungen verwendet hat. Der
Leser der angegriffenen Testberichte muß durch die Beschreibung dieses Programms
("komfor- tabler ist Scan-Pack...") hiervon ausgehen. Diese Software ist aber mit der von
der Beklagten allein zur Verfügung gestellten Schnittstellenkarte der Version 2.1 nicht
ablauffähig, diese konnte viel- mehr nur für das Programm "G.ik" eingesetzt wer- den.
Ob dem Zeugen G. eine für die Benutzung des Programms "Scan-Pack" erforderliche
Schnittstel- lenkarte der Version 3.1 zur Verfügung gestanden hat, konnte durch die
Aussagen der Zeugen G. und St nicht geklärt werden.
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Ob die Veröffentlichung auch insoweit unzutreffend ist, also ein Test mit dem Programm
"Scan-Pack" gar nicht stattgefunden hat, kann jedoch dahinste- hen, da die Aussagen
des Testberichts bereits aus den vorgenannten Gründen falsch sind. Auf die Ur- sache
für die dargestellten schlechten Testergeb- nisse kommt es in diesem Zusammenhang
nicht an.
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Da die Unwahrheit der angegriffenen Aussagen nun- mehr feststeht und für die Zukunft
kein berechtig- tes Interesse an einer Aufrechterhaltung der un- richtigen
Tatsachenbehauptungen bestehen kann, ist der Unterlassungsanspruch begründet.
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Dies gilt auch in bezug auf die Veröffentlichung des Testergebnisses für den "Logi
Scanman Plus". Denn auch insoweit ist die oben dargestellte fal- sche Aussage
geeignet, unmittelbare wirtschaftli- che Nachteile für die Klägerin herbeizuführen. Zwar
liegt in einer etwaigen zu guten Bewertung von Konkurrenzprodukten keine unzulässige
Beein- trächtigung unter dem Gesichtspunkt eines Ein- griffs in den Gewerbebetrieb der
Klägerin nach § 823 BGB (vgl. BGH NJW 1976, 620, 624). Eine im Rahmen des § 824
BGB zu prüfende unmittelbare Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Interessen durch
falsche Tatsachenbehauptungen besteht aber - wie das Landgericht zutreffend
ausgeführt hat - darin, daß die als Scan-Ergebnis ausgewiesene Abbildung in bezug auf
den "Logi Scanman Plus" zum Maßstab für ein optimales Scan-Ergebnis wird; al- lein
dadurch werden die im unmittelbaren Vergleich hierzu dargestellten Scan-Ergebnisse
der Cameron Handy-Scanner 4.1 und 5.1 in unzulässiger Weise abgewertet.
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II. Widerrufsanspruch
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Der Anspruch der Klägerin auf einen beschränkten Widerruf des Inhalts, daß die
Beklagte die unwah- ren Tatsachenbehauptungen nicht aufrechterhalte, ist ebenfalls
begründet, wie das Landgericht zu- treffend ausgeführt hat.
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III. Anspruch auf Feststellung der Schadensersatz- pflicht
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Auch der Schadensersatzfeststellungsantrag ist be- gründet. Das Landgericht ist zu
Recht und mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederho- lungen
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Bezug genommen wird, von einem eigenen Or- ganisationsverschulden der Beklagten
ausgegangen.
Angesichts der extrem schlechten Testergebnisse in bezug auf die Cameron Handy-
Scanner durfte die Beklagte auch im Hinblick auf die Kompetenz des Zeugen G. als
Computer-Journalist und die jour- nalistische Sorgfalt, mit der er in der Vergangen- heit
für sie gearbeitet hatte, nicht ohne weiteres davon ausgehen, daß das Scan-Ergebnis
dem Standard der Geräte entsprach. Die Beklagte mußte zumindest durch
entsprechende Anweisungen für eine Dokumen- tation und Überprüfung des
Testhergangs sorgen - was nicht geschehen ist - und ggf. den Herstel- ler zur
Stellungnahme auffordern. Die vom Zeugen G. bekundete Anfrage beim Kundendienst
des Her- stellers, über deren Ergebnis der Zeuge keine kon- kreten Angaben machen
konnte, reichte nicht aus.
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IV. Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet
zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreck- barkeit ergeht nach
§§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Berufungsstreitwert und Beschwer der Beklag- ten: 70.000,-- DM
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