Urteil des OLG Köln vom 25.11.2005
OLG Köln: verschluss, kennzeichnungskraft, anhänger, verkehr, verwechslungsgefahr, werbung, form, bildmarke, gesamteindruck, unternehmen
Oberlandesgericht Köln, 6 U 75/05
Datum:
25.11.2005
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 75/05
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 31 O 793/04
Normen:
MarkenG §§ 3, 14 Abs. 2 und 3, 19; BGB § 242
Tenor:
Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Beklagten wird
das am 14.04.2005 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des
Landgerichts Köln - 31 O 793/04 - teilweise abgeändert und insgesamt
wie folgt neu gefasst:
1.
Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, es unter Androhung eines vom Gericht
für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes
von 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft
bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr
Bekleidungsstücke mit einem "B" gemäß der nachstehend
wiedergegebenen Abbildung aus dem Katalog "G. B. living outdoor
Early Fall/Fall 2004" anzubieten und/oder das Zeichen in der Werbung
zu benutzen, wenn das "B" als Anhänger an einem Reißverschluss des
Bekleidungsstücks ausgestaltet ist:
pp.
2.
Die Beklagten zu 2. und 3. werden verurteilt, es unter Androhung eines
vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden
Ordnungsgeldes von 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungs-haft, oder
von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen
Verkehr Bekleidungsstücke mit einem "B" gemäß der vorstehend unter
Ziffer 1 dieses Tenors wiedergegebenen Abbildung aus dem Katalog "G.
B. living outdoor Early Fall/Fall 2004" anzubieten, in den Verkehr zu
bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, derartig
gekennzeichnete Bekleidungsstücke einzuführen oder auszuführen
und/oder das Zeichen in der Werbung zu benutzen, wenn das "B" als
Anhänger an einem Reißverschluss des Bekleidungsstücks ausgestaltet
ist.
3.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin
jeden Schaden zu ersetzen, der dieser durch Handlungen gemäß
vorstehend Ziffern 1 bzw. 2 seit dem 15.07.2004 entstanden ist, wobei
sich die Ersatzpflicht der Beklagten zu 1) auf die unter Ziff. 1 genannten
Handlungen beschränkt und die Ersatzpflicht der Beklagten zu 2) und
den Beklagten zu 3) die Handlungen zu Ziff. 2 betrifft.
4.
Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über
den Umfang der Handlungen seit dem 15.07.2004 gemäß vorstehend
Ziffern 1 und 2, und zwar
a)
die Beklagte zu 1. über die betriebene Werbung (Werbeträger,
Auflagenhöhe, Erscheinungszeiten, Verbreitungsgebiete),
b)
die Beklagten zu 2. und 3.
aa)
unter Vorlage geeigneter Belege (Ein- und Verkaufsbelege,
Rechnungen, Lieferscheine, Auftragsbestäti-gungen) über Namen und
Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
bb)
über die Menge der vertriebenen Waren, über die betriebene Werbung
(Werbeträger, Auflagenhöhe, Erscheinungszeiten, Verbreitungsgebiete),
über die er-zielten Umsätze und über den durch den Vertrieb der
fraglichen Waren erzielten Gewinn unter Aufgliederung der
Kostenfaktoren im Einzelnen.
Die Klage im Übrigen wird abgewiesen.
5.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 24 %,
die Beklagte zu 1. zu 25 % und die Beklagten zu 2. und 3. zu 51 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 26 %, die
Beklagte zu 1. zu 25 % und die Beklagten zu 2. und 3. zu 49 %.
6.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die jeweils
gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung aus diesem Ur-teil durch
Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung
beträgt hinsichtlich der Unterlassungsverpflichtung der Beklagten zu 1.
50.000 EUR und bezüglich der Unterlassungspflichten der Beklagten zu
2. und 3. 100.000 EUR, hinsichtlich der Auskunftsverpflichtung der
Beklagten zu 1. 5.000 EUR und der Beklagten zu 2. und 3. 10.000 EUR
sowie hinsichtlich der Kosten 120% des jeweils zu vollstreckenden
Betrages
7.
Die Revision wird nicht zugelassen.
B e g r ü n d u n g
1
I.
2
Die im Jahr 1932 gegründete, ursprünglich nur mit Wintersportkleidung befasste
Klägerin stellt im oberen Preissegment angesiedelte Bekleidung her und vertreibt
daneben zahlreiche sonstige Waren wie Parfums, Brillen, Schuhe und Lederwaren
unter ihrem Namen "B.". Sie ist Inhaberin einer Vielzahl von deutschen Wort-
/Bildmarken, welche als Bestandteil den Buchstaben "B" in einer bestimmten grafischen
Gestaltung enthalten; u.a. ist zu ihren Gunsten die nachstehend wiedergegebene Marke
- Reg.-Nr. xxxxxxxx.x des DPMA - eingetragen:
3
pp.
4
Die Klägerin verwendet das vorstehend abgebildete "B" auch zur Kennzeichnung ihrer
Produkte, wobei sie das Zeichen u.a. bei mit einem Reißverschluss versehenen
Kleidungstücken in der Form eines kleinen metallenen Anhängers benutzt.
5
Die Beklagten zu 1. und 2. gehören zur Firmengruppe "B. B.", welche unter den Marken
"B. B.", "G. B." und "V. M.." Damenoberbekleidung herstellt und vertreibt. Der Beklagte
zu 3. ist Geschäftsführer der Beklagten zu 1. sowie der Komplementärin der Beklagten
zu 2.
6
Die Klägerin sieht in der Verwendung eines Reißverschlussanhängers - wie in der aus
der Einblendung ersichtlichen Art an einer aus der Kollektion der Beklagten zu 2.
stammenden Damenjacke angebracht - eine Verletzung ihrer Markenrechte und hat die
Beklagten auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der
Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen. Sie hat im wesentlichen geltend
gemacht, dass die angegriffene Kennzeichnung von den maßgeblichen
Verkehrskreisen im Sinne eines Herkunftshinweises auf sie verstanden werde, und
7
dass im Hinblick auf die Kennzeichnungskraft ihrer Marken angesichts der
Warenidentität Verwechslungsgefahr bestehe.
Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 14.04.2005, auf dessen tatsächliche
Feststellungen, auch soweit die Sachanträge der Parteien wiedergegeben sind, gemäß
§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ergänzend Bezug genommen wird, unter Bejahung einer
Verwechslungsgefahr im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG stattgegeben. Gegen
diese Beurteilung wenden sich die Beklagten mit der Berufung, mit der sie unter
Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichens Vorbringens ihr Ziel der
Klageabweisung weiterverfolgen. Die Klägerin verteidigt die angefochtene
Entscheidung als richtig.
8
II.
9
Die zulässige Berufung hat in der Sache nur teilweise Erfolg, nämlich lediglich insoweit,
als das Rechtsmittel sich gegen die Verurteilung der Beklagten zu 1. in bestimmten
Alternativen des Unterlassungspetitums sowie gegen den Umfang der titulierten
Auskunftsverpflichtung aller Beklagten richtet. Im Übrigen vermögen die Beklagten mit
ihren Einwendungen nicht durchzudringen, weil das Landgericht zu Recht von der
Passivlegitimation der Beklagten zu 1. und einer Verwechslungsgefahr der sich
gegenüberstehenden Zeichen im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ausgegangen
ist.
10
1.
11
Die Beklagten zu 2. und 3. sind gemäß § 14 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG zur
Unterlassung der (nur) in der konkreten Verletzungsform angegriffenen Benutzung des
fraglichen Buchstabenzeichens im erstinstanzlich titulierten Umfang verpflichtet.
Nachdem allerdings die dem Unterlassungsantrag folgende Fassung des
landgerichtlichen Tenors zu Ziffer I die Alternative des "Werbens" doppelt erfasst hat ("...
oder in der Werbung zu benutzen... und/oder für derart gekennzeichnete
Bekleidungstücke zu werben") und eine Benutzung des angegriffenen Zeichens "in
Geschäftspapieren" aufgrund der Besonderheiten der auf die Verwendung an einem
Bekleidungsstück abstellenden konkreten Verletzungsform nur als Unterfall einer
Werbemaßnahme denkbar ist, hat der Senat das vorliegende Urteil entsprechend den
Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung zum Anlass genommen, den
Unterlassungsantrag klarstellend neu zu fassen, ohne dass hiermit eine inhaltliche
Änderung verbunden wäre.
12
a)
13
In Übereinstimmung mit den im Berufungsverfahren nicht angegriffenen Feststellungen
der Kammer hat der Senat zunächst davon auszugehen, dass die Beklagten zu 2. und 3.
die angegriffene Kennzeichnung eines an einem sogenannten Zwei-Wege-
Reißverschlusses angebrachten metallenen "B"-Anhängers markenmäßig i.S. des § 14
Abs. 2 MarkenG verwenden.
14
Ausweislich der in den Tenor dieses Urteils eingeblendeten Abbildung einer
Damenwinterjacke hat das beanstandete Zeichen zwar auch dekorativen Charakter.
Dies ändert aber nichts an der Eignung, gleichzeitig auf die Herkunft der Waren
hinzuweisen. Der an die im Modebereich verbreitete Übung, Waren mit einem auf den
15
Hersteller deutenden Buchstaben zu versehen - exemplarisch zu nennen sind etwa "D"
für Dior oder "G" für Gucci - gewöhnte Verkehr wird das "B" am Reißverschluss nicht als
reinen Zierrat ansehen, sondern als im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes
auch der Unterscheidung der Waren von denen anderer Unternehmen dienend und also
herkunftskennzeichnend wirkend (vgl. zu diesen Voraussetzungen etwa BGH WRP
2003, 521, 523 - "Abschlußstück").
b)
16
Jedenfalls zwischen der vorstehend eingeblendeten deutschen Wort-/Bildmarke Nr.
xxxxxxxx.x der Klägerin und der angegriffenen Kennzeichnung besteht
Verwechslungsgefahr i.S. des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, ohne dass es eines
Eingehens auf die weiteren klägerischen Marken bedürfte.
17
Die Beurteilung der von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorausgesetzten markenrechtlichen
Verwechslungsgefahr ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf
der Grundlage des jeweiligen Gesamteindrucks der sich gegenüberstehenden Zeichen
und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Sie ist vom
Standpunkt eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen
Adressaten der betreffenden Art von Waren namentlich unter Beachtung der
Kennzeichnungskraft der Klagemarke, der Nähe der in Betracht zu ziehenden Waren,
für welche die Zeichen in Gebrauch sind, sowie des Grades der Ähnlichkeit der zu
vergleichenden Kennzeichnungen zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung
zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der
Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der
Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der
Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte
Kennzeichnungskraft der Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (ständige
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, vgl. etwa GRUR 2004, 865, 866 - "Mustang";
GRUR 2004, 594 - "Ferrari-Pferd"). Auf der Grundlage dieser Kriterien ist eine
Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Kennzeichnungen zu bejahen.
18
aa)
19
Die Parteien versehen jeweils Bekleidungsstücke mit den sich gegenüberstehenden
Zeichen, mithin identische Waren i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
20
bb)
21
Die Kennzeichnungskraft der klägerischen Wort-/Bildmarke "B" liegt mindestens
22
an der oberen Grenze des durchschnittlichen Bereichs.
23
Anders als noch unter Geltung des Warenzeichengesetzes (§ 4 Abs. 2 WZG) können
nunmehr gemäß § 3 Abs. 1 MarkenG Zeichen, welche aus einem einzelnen Buchstaben
bestehen, als Marke eingetragen werden. Derartigen Registermarken kommt
grundsätzlich durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu (vgl. BGH GRUR 2004, 600 -
"d-c-fix/CD-FIX" zu einer Buchstabenfolge, welche aber - vgl. BGH WRP 2002, 1152 -
"DKV/OKV" und den dortigen Bezug auf die Entscheidung in WRP 2001, 33 -
"Buchstabe ‚K'" - nicht anders zu beurteilen sind als Marken aus einem
Einzelbuchstaben; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 14 Rn. 362). Das "B" der
24
fraglichen Registermarke ist weder beschreibend für die hiermit zu kennzeichnenden
Waren, noch bestehen Anhaltspunkte für eine Schwächung durch Drittbenutzung;
überdies handelt es sich um keine reine Wortmarke, sondern um eine Wort-/Bildmarke,
bei welcher der Buchstabe in einer von üblichen Schrifttypen abweichenden Weise
grafisch gestaltet ist.
Die von Hause aus durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Klagemarke ist, wie das
Landgericht zutreffend festgestellt hat, durch Benutzung im Verkehr gesteigert.
25
Bei der Klägerin handelt es sich, wie der Senat ebenso wie die Kammer aus eigener
Erfahrung und Anschauung zu beurteilen weiß, um ein bei den angesprochenen
Verkehrskreisen der Käufer hochwertiger, sportlicher Bekleidungsstücke bekanntes und
prestigeträchtiges Unternehmen. Ohne dass es näherer Erörterung bedürfte, ob der von
ihr zur Kennzeichnung ihrer (Winter-)Sport- und sonstigen Bekleidungskollektionen
benutzte metallene "B"-Anhänger an Reißverschlüssen "das" Erkennungszeichen ihres
Unternehmens, die dieses Zeichen wiedergebende Marke mithin von großer
Bekanntheit ist, wie die Klägerin dies für sich in Anspruch nimmt, lässt sich zumindest
eine kraft Benutzung im Verkehr gesteigerte und bis zum oberen Bereich der
durchschnittlichen Kennzeichnungskraft führende Bekanntheit feststellen. Der Senat
nimmt insoweit die zutreffenden Ausführungen auf Seite 10 des angefochtenen Urteils
zur Eignung bestimmter imagefördernder Werbemaßnahmen wie z.B. der Ausstattung
der deutschen Skinationalmannschaft mit Kleidungsstücken, welche mit dem fraglichen
Buchstabenzeichen gekennzeichnet sind, als richtig in Bezug.
26
cc)
27
Bei der weiteren Beurteilung der Markenähnlichkeit ist entgegen der Ansicht der
Beklagten nicht davon auszugehen, dass der Schutzumfang der klägerischen Marke auf
die registrierte Form beschränkt wäre. Anders als nach der früheren Rechtslage unter
dem Warenzeichengesetz werden nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 MarkenG
eintragungsfähige Buchstabenmarken nicht mehr nur durch grafische Besonderheiten
geprägt mit der Folge, dass sie auch nur in dieser Form Schutz genießen würden. Es
verbleibt deshalb bei dem markenrechtlichen Grundsatz, dass zur Beurteilung der
Ähnlichkeit auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen
abzustellen ist (BGH in stRspr., vgl. etwa in GRUR 2004, 23, 237 - "Davidoff II"). Im
Streitfall ist überdies zu berücksichtigen, dass bei der Bestimmung des
Gesamteindrucks des klägerischen Zeichens der Bildbestandteil, also die besondere
grafische Gestaltung des Buchstabens "B", zu Gunsten des reinen "Wort"-Bestandteils
zu vernachlässigen ist. Es entspricht nämlich der allgemeinen Lebenserfahrung, dass
bei kombinierten Marken in der Regel die Wortbestandteile für den Verkehr die
einfachste Möglichkeit der Benennung der Marke bieten und grafische Gestaltungen
mehr dekorativer Art in kombinierten Wort-/Bildzeichen deshalb gegenüber
Wortbestandteilen zurücktreten (BGH GRUR 2002, 167, 169 - "Bit/Bud" m.w.N.).
28
Das angegriffene Zeichen "B", wie aus der in den Tenor eingeblendeten
Verletzungsform ersichtlich, weist demgegenüber keine besonderen grafischen
Elemente auf. Vielmehr handelt es sich um eine Wiedergabe des Großbuchstabens "B"
in einer allgemein gebräuchlichen Schrifttype. Es besteht deshalb, soweit sich die
Zeichen "B" und "B" gegenüberstehen, klangliche und sinnbildliche Identität und
höchste Ähnlichkeit in optischer Hinsicht selbst dann, wenn die - den Gesamteindruck
allerdings nicht maßgeblich prägenden - grafischen Elemente der Klagemarke in die
29
Beurteilung einbezogen werden.
Der Senat hält an der Auffassung fest, dass sich eine abweichende Beurteilung nicht
aus den zu zusammengesetzten Zeichen entwickelten Grundsätzen rechtfertigt.
30
Die Beklagten zu 2. und 3. verweisen zwar zutreffend darauf, dass sie das angegriffene
Buchstabenzeichen "B" nicht isoliert benutzen. Wie aus der eingangs eingeblendeten
konkreten Verletzungsform ersichtlich, besteht die Besonderheit der Verwendung
nämlich darin, dass sie bei der fraglichen Damenwinterjacke an den zwei Zugenden
eines sogenannten 2-Wege-Reißverschlusses die die Anfangsbuchstaben des nach
einem Eigennamen benannten Unternehmens der Beklagten zu 2. bildenden
Buchstaben "G" und "B" als Anhänger angebracht haben. Diese besondere Art der
Kennzeichnung führt die Beklagten zu 2. und 3. indes nicht aus dem Verbotsbereich
heraus, weil sich die beiden Buchstabenzeichen "G" und "B" nicht als
zusammengesetztes Zeichen präsentieren:
31
In geschlossenem Zustand befinden sich die an den zwei Zippern des 2-Wege-
Reißverschlusses angebrachten Anhänger in denkbar weiter Entfernung voneinander,
nämlich am Reißverschluss ganz oben und ganz unten. Diese Tragesituation zeigt die
zur konkreten Verletzungsform erhobene Damenjacke. Die Besonderheit eines 2-Wege-
Reißverschlusses besteht allerdings darin, dass dieser von beiden Enden aus
aufgezogen und die Zipper an beliebiger Stelle bis zu einem vollständigen
Aufeinandertreffen zusammengeführt werden können mit der Folge, dass das
Kleidungsstück gleichzeitig oben und unten geöffnet getragen und im Extremfall nur an
der beliebigen Stelle, wo sich die Zipper treffen, zusammengehalten wird.
Ausschließlich in zwei Konstellationen kann es also dazu kommen, dass die an den
beiden Zippern angebrachten Anhänger unmittelbar nebeneinander erscheinen,
nämlich bei völlig geöffnetem Reißverschluss zum einen oder zum anderen dann, wenn
der Reißverschluss von oben und unten geöffnet und nur an der einen Stelle, wo sich
die Zipper treffen, zusammengehalten wird. Diese einzig denkbaren Alternativen, in
welchen der Verkehr die beiden Anhänger als zusammengesetztes Zeichen "GB"
überhaupt erkennen könnte - mit der Folge gänzlicher Zeichenunähnlichkeit und
deshalb auch fehlender markenrechtlicher Verwechslungsgefahr - entsprechen aber
nicht normalen Tragesituationen und deshalb auch nicht den verkehrsüblichen
Wahrnehmungsgewohnheiten bezüglich solcherart ausgestatteter Kleidungsstücke.
Weder pflegt zum Schließen mit einem (2-Wege-)Reißverschluss vorgesehene
Bekleidung oben und unten offen und nur an einer einzigen Stelle knapp
zusammengehalten getragen zu werden, noch ist es - gerade bei für die kalte Jahreszeit
gedachten gesteppten Jacken wie der fraglichen aus der Kollektion der Beklagten zu 2.
- zweckmäßig und üblich, diese überwiegend mit gänzlich geöffnetem Reißverschluss
zu präsentieren.
32
Anhaltspunkte dafür, dass die beiden Zeichen "G" und "B" insbesondere in der
Verwendung als Reißverschlussanhänger etwa schon derart verkehrsdurchgesetzt
wären, dass der angesprochene Verbraucher diese auch dann als zusammengehörig
i.S. eines zusammengesetzten Zeichens erkennt, wenn sie räumlich auseinandergeführt
sind, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
33
Es verbleibt mithin bei der Einschätzung, dass in den konkret angegriffenen Fällen -
Verwendung eines "B"-Anhängers bei Bekleidungsstücken mit einem 2-Wege-
Reißverschluss - auch dann höchste Zeichenähnlichkeit besteht, wenn an demselben
34
Kleidungsstück gleichzeitig auch noch ein "G"-Anhänger am anderen
Reißverschlussende angebracht ist.
Liegen aber in Form von Waren- und Zeichenidentität zwei der maßgeblichen
Beurteilungsfaktoren in stärkster Ausprägung vor, genügt eine Kennzeichnungskraft im
oberen durchschnittlichen Bereich ohne weiteres, um eine Verwechslungsgefahr im
markenrechtlichen Sinne zu bejahen.
35
2.
36
Unterlassungsansprüche gegen die Beklagte zu 1. sind demgegenüber nur begründet,
soweit dieser das Angebot von mit dem angegriffenen Zeichen versehenen Waren und
die werbende Benutzung des angegriffenen Zeichens untersagt werden sollen.
Hinsichtlich der weiteren Alternativen des Inverkehrbringens, Besitzens sowie Ein- und
Ausführens ist das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
37
a)
38
Der Umstand, dass die Beklagte zu 1. ausweislich des als Anlage 23 (GA 159)
vorgelegten Schreibens unter ihrem eigenen Briefkopf Werbematerial der Beklagten zu
2. versandt hat, in welchem sich die Abbildung eines mit dem angegriffenen Zeichens
versehenen Kleidungsstücks befunden hat, stellt sich als Verletzung der klägerischen
Markenrechte dar und begründet mithin Wiederholungsgefahr der solcherart gleichzeitig
verwirklichten Alternativen des "Anbietens" i.S. des § 14 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG und des
Werbens i.S. des § 14 Abs. 3 Nr. 5 MarkenG.
39
Darauf, ob die Beklagte zu 1. die Alternativen des Anbietens bzw. Werbens zusätzlich
auch dadurch verwirklicht hat, dass ihr Internetauftritt mit dem der Beklagten zu 2.
verlinkt war, als sich auf den Seiten der Beklagten zu 2. das angegriffene
Buchstabenzeichen noch befunden hat und damit auf die Frage, inwieweit die
Verlinkung der eigenen Webseite mit (markenverletzenden) Webseiten
konzernzugehöriger Gesellschaften oder sonstiger Dritter geeignet ist, eine eigene
markenrechtliche Haftung zu begründen, kommt es sodann nicht mehr an.
40
b)
41
Bezüglich der weiteren von dem Unterlassungspetitum umfassten Alternativen fehlt es
indes an einer Erstbegehungsgefahr.
42
Die Beklagte zu 1. wendet zunächst richtig ein, dass unmittelbar von ihr begangene und
deshalb Wiederholungsgefahr begründende Verletzungshandlungen in Form des
Inverkehrbringens, Besitzens sowie Ein- und Ausführens der mit dem beanstandeten
Zeichen versehenen Waren nicht festzustellen sind. Die - unstreitige - Verwirklichung
sonstiger Begehungsformen begründet aufgrund der Besonderheiten des Streitfalls
auch nicht die Besorgnis der künftigen Verwirklichung weiterer Handlungsalternativen,
weil die Haftung der Beklagten zu 1. wegen des Anbietens und Werbens ohnehin nur
auf ein Tätigwerden in ihrer Eigenschaft als Schwesterunternehmen zurückgeht und
deshalb nicht geeignet ist, eine Einbindung auch in den Vertrieb der Beklagten zu 2.
vermuten zu lassen.
43
Die von der Klägerin herangezogenen Grundsätze, welche der Bundesgerichtshof in der
44
Entscheidung "Meißner Dekor II" (GRUR 2005, 864 f) zu § 14 Abs. 7 MarkenG
entwickelt hat, sind im Übrigen nicht behelflich, eine Haftung der Beklagten zu 1. auch
für (nur) von der Beklagten zu 2. verwirklichte Verletzungsalternativen zu begründen.
Die rechtlich selbständigen Beklagten zu 1. und 2. gehören zwar beide zur sogenannten
"B. B.-Firmengruppe", stehen aber nicht wie in der dem BGH vorliegenden Konstellation
im Verhältnis von Mutter- und Tochtergesellschaft zueinander.
45
3.
46
Die Berufung führt weiter teilweise zum Erfolg, soweit die Beklagten sich gegen die
Vorlage von Belegen im Rahmen der zuerkannten Auskunftsverpflichtung wenden. Ein
Anspruch auf Belegvorlage besteht nämlich nur, soweit die Klägerin von den Beklagten
zu 2. und 3. Drittauskunft verlangen kann, nicht hingegen im Umfang der weiteren
Auskunftspflichten der Beklagten zu 1. - 3.
47
a)
48
Soweit die Klägerin Auskunft begehrt über die Menge der vertriebenen Waren, die
betriebene Werbung und die Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
rechtfertigt sich ihr Verlangen aus § 19 Abs. 1 und 2 MarkenG. Im Rahmen dieser
Auskünfte hat sie allerdings nur Anspruch auf Vorlage von Belegen, welche Daten über
die Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer enthalten.
49
Ein Anspruch auf Vorlage von Belegen ist dem auf reine Wissenserklärungen
abhebenden Wortlaut des § 19 Abs. 2 MarkenG nicht zu entnehmen. In der
höchstrichterlichen Rechtsprechung ist indes anerkannt, dass eine Verpflichtung zur
Vorlage von Belegen in der Fallgruppe des Anspruchs auf Drittauskunft im Allgemeinen
als gegeben zu erachten ist, weil das sonst einer Vorlage von Belegen
entgegenstehende Geheimhaltungsinteresse hinter einer wirksamen Bekämpfung von
Schutzrechtsverletzungen zurückstehen muss und der Gläubiger erst durch die Vorlage
der Belege die Möglichkeit erhält, die Verlässlichkeit der Auskunft zu überprüfen und
sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob ein Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen
Versicherung besteht (vgl. BGH GRUR 2003, 433, 434 - Cartier-Ring; BGH GRUR
2002, 709, 712 - Entfernung der Herstellungsnummer III). Besonderheiten, die im
Streitfall einem Anspruch der Klägerin auf Belegvorlage im Rahmen der Drittauskunft
entgegenstehen, sind nicht ersichtlich.
50
b)
51
Rechtsgrundlage des weiteren, auf die erzielten Umsätze und den durch den Vertrieb
der fraglichen Waren erzielten Gewinn gerichteten Auskunftsverlangens ist indes
mangels Erfassung dieser Umstände nicht der selbständige Auskunftsanspruch des §
19 MarkenG, sondern der der Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs dienende
und folglich unselbständige Auskunftsanspruch des § 242 BGB. Auch in dessen
Rahmen ist aber die Vorlage von Belegen nur ausnahmsweise geboten, wobei im
Streitfall Besonderheiten, welche eine Abweichung von der Regel rechtfertigen würden,
von der Klägerin nicht dargetan sind.
52
Der Inhalt eines unselbständigen Auskunftsanspruchs richtet sich in allen Verfahren des
53
gewerblichen Rechtsschutzes grundsätzlich nur auf das, was zur Vorbereitung des
Hauptanspruchs wirklich erforderlich ist, weshalb Inhalt und Zielsetzung dieses
Hauptanspruchs maßgebliche Bedeutung zukommt (Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche
Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., 38. Kap., Rn. 10). Die Vorlage von Belegen ist nicht
der Regelfall und nur ausnahmsweise und unter besonderen Umständen anzunehmen,
wenn diese zur Schadensberechnung unerlässlich sind (Ingerl/Rohnke Markengesetz,
2. Aufl., Vor §§ 14-19, Rn. 134 m.w.N.). Nachdem die Klägerin allerdings nicht
vorgetragen hat und auch nicht ersichtlich ist, dass die fraglichen Belege unabdingbar
wären zur Schadensberechnung, ist der Auskunftsanspruch entsprechend zu
begrenzen.
Bei der Fassung des Anspruchs zu Ziffer 4 des Tenors ist deshalb zum einen dem
Umstand Rechnung getragen worden, dass Belegvorlage nur im Zuge der Drittauskunft
geschuldet wird, und dass zum anderen die Beklagte zu 1. nur hinsichtlich der
Alternativen eines Anbietens und Werbens aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG haftet, nicht
aber u.a. unter dem Gesichtspunkt des Vertriebs, weshalb ihre Auskunftspflicht
entsprechend zu beschränken ist.
54
4.
55
Die Kostenentscheidung beruht, soweit erstinstanzlich Kosten entstanden sind, auf §§
91 a, 92 Abs. 1, 100 Abs. 1 und 2, 269 Abs. 3 ZPO, im Übrigen auf §§ 92 Abs. 1, 100
Abs. 2 ZPO.
56
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10,
711 ZPO.
57
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2
ZPO liegen nicht vor. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu,
noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof. Die im Streitfall, bei
welchem es sich um einen insbesondere auch tatrichterlich zu beurteilenden
Lebenssachverhalt handelt, relevanten Rechtsgrundsätze haben durch die zitierte
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Auslegung erfahren, die der Senat seiner
Entscheidung zugrunde gelegt hat.
58
In der von der Beklagten vorsorglich beantragten Wiedereröffnung der mündlichen
Verhandlung bestand kein Anlass, da das Senatsurteil keinen Tatsachenvortrag
berücksichtigt, der erst nach der Berufungsverhandlung vorgebracht worden wäre.
59