Urteil des OLG Köln vom 16.06.1994

OLG Köln (zpo, termin, anordnung, vergleich, gesetz, anwesenheit, partei, beschwerde, zwang, versuch)

Oberlandesgericht Köln, 1 W 33/94
Datum:
16.06.1994
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
1. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
1 W 33/94
Schlagworte:
ORDNUNGSGELD; PERÖNLICHES ERSCHEINEN;
SACHAUFKLÄRUNG; ZWANGSVERGLEICH
Normen:
§ 141 ZPO; § 279 ZPO; § 380 ZPO
Leitsätze:
Die Verhängung eines Ordnungsmittels gegen eine nicht erschienene
Partei ist stets unzulässig, wenn die Anordnung des persönlichen
Erscheinens nicht der Sachaufklärung (§ 141 Abs. 1 ZPO), sondern
einer Vergleichsanbahnung (§ 279 ZPO) dient, denn das Gesetz will
keinen Zwang zum Prozeßvergleich ausüben (vgl. OLG Köln NJW 1974,
1003).
G r ü n d e
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Die 15. Zivilkammer des Landgerichts Köln, die das persönliche Erscheinen der
Parteien zum Termin vom 19. Mai 1994 "gemäß § 141, § 279 ZPO" angeordnet hatte,
hat den Beklagten wegen unentschuldigten Fernbleibens in diesem Termin zu einem
Ordnungsgeld von 300,00 DM verurteilt.
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Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beklagten vom 20. Mai 1994, der das
Landgericht nicht abgeholfen hat.
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Die in entsprechender Anwendung von § 380 Abs. 3 ZPO zulässige Beschwerde ist
begründet. Der Ordnungsgeldbeschluß ist aufzuheben, ohne daß es einer Entscheidung
der - vom Landgericht verneinten - Frage bedarf, ob der Beklagte sein Ausbleiben im
Termin vom 19. Mai 1994 genügend entschuldigt hat:
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Die Verhängung eines Ordnungsmittels gegen eine nichterschienene Partei ist stets
unzulässig, wenn die Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht der
Sachaufklärung (§ 141 Abs. 1 ZPO), sondern einer Vergleichsanbahnung (§ 279 ZPO)
dient. Dies ergibt sich daraus, daß die die Anordnung des persönlichen Erscheinens
regelnde Vorschrift des § 279 Abs. 2 ZPO nur auf § 141 Abs. 2 ZPO, nicht jedoch auf die
Strafbestimmung des § 141 Abs. 3 ZPO Bezug nimmt und findet seine Rechtfertigung
darin, daß das Gesetz keinen Zwang zum Prozeßvergleich ausüben will (vgl. OLG Köln
NJW 1974, 1003). Um eine solche auf einen Vergleichsabschluß abzielende
Anordnung handelt es sich hier. Der Beklagte hat zwar sein Vorbringen in der
Beschwerdebegründung, im Termin vom 19. Mai 1994 sei es lediglich darum gegangen,
ob bzw. zu welchen Bedingungen ein Vergleich zustande komme nicht durch
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eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht. Indessen hat das Landgericht in
seinem Nichtabhilfebeschluß vom 31. Mai 1994 ausgeführt, es habe den Einsatz des
Ordnungsmittels deshalb als geboten angesehen, weil angesichts "des
vorausgegangenen Verfahrens, der Bemühungen des Gerichts und der grundsätzlichen
Vergleichsbereitschaft auch des Beklagten dessen Anwesenheit im Termin bei einem
erneuten Versuch möglicherweise durchaus zu einem Vergleichsabschluß hätte führen
können". Angesichts dessen ist davon auszugehen, daß das persönliche Erscheinen
der Parteien entgegen dem im Ladungsformular enthaltenen Hinweis - auch - auf § 141
ZPO allein zum Zwecke eines Güteversuchs angeordnet wurde. Dies gilt um so mehr,
als die Sachlage bereits im Termin vom 13. Januar 1994 in Anwesenheit des Beklagten
erörtert wurde und es in der Folgezeit bis zum Termin vom 19. Mai 1994 - wie die
Schriftsätze der Parteien und die gerichtlichen Verfügungen belegen - ausschließlich
um die vergleichsweise Erledigung des Rechtsstreits ging. Für neue Tatsachen, zu
deren Aufklärung der Beklagte hätte beitragen können, ist nichts ersichtlich. Der
angefochtene Ordnungsmittelbeschluß war danach aufzuheben.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 18. Aufl., § 141
Rdnr. 11 und § 380 Rdnr. 10 m.w.N.)
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Wert des Beschwerdeverfahrens: 300,00 DM.
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