Urteil des OLG Köln vom 12.12.2003

OLG Köln: verwechslungsgefahr, kennzeichnungskraft, bestandteil, unlautere anlehnung, begriff, eugh, dienstleistung, markenrecht, wortmarke, versicherung

Oberlandesgericht Köln, 6 U 87/03
Datum:
12.12.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 87/03
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 81 O 212/02
Tenor:
1.) Die Berufung der Klägerin gegen das am 6.6.2003 verkündete Urteil
der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O 212/02 -
wird zurückgewiesen.
2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung
oder Hinterlegung in Höhe von 120 % der zu vollstreckenden Summe
abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
derselben Höhe leistet.
Die Parteien können die Sicherheiten durch eine schriftliche,
unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland
zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstitutes leisten.
4.) Die Revision wird nicht zugelassen.
B e g r ü n d u n g:
1
I
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Die Mitglieder der Klägerin, einer Genossenschaft, sind Versicherungsvermittler, die
nicht an einzelne Versicherungsgesellschaften gebunden sind und für sich in Anspruch
nehmen, ihre Kunden fair zu beraten. Sie sind zum Teil Inhaber von Wort- oder
Wort/Bildmarken, die sie zur Kennzeichnung ihrer Dienstleistungen verwenden, und die
- wie beispielsweise "FairRat"; "Fairkonsens" und "FairSicherungsladen" - überwiegend
mit der Silbe "Fair" beginnen. Die Klägerin selbst ist Inhaberin zum einen einer Anzahl
von Wortmarken der beschriebenen Art (z.B. "Fairsicherung"; "Fair sorgung";
FAIRGLEICH") und zum anderen der nachfolgend bildlich wiedergegebenen
Wort/Bildmarken:
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a. Nr. xxxxxxxx:
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b. Nr. xxxxxxxx:
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Der Beklagte bietet - ohne Mitglied der Klägerin zu sein - unter der Bezeichnung "Fair
Solutions e.K." Versicherungs- und Finanzdienstleistungen an. Er verfügt über die
Internetdomain "www.fairsolutions.org" und ist Inhaber der für Versicherungs- und
Finanzdienstleistungen eingetragenen nachstehend wiedergegebenen Marke Nr.
30161352 "Fair solutions":
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(Die bildlichen Darstellungen sind aus technischen Gründen nicht möglich)
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Die Klägerin verlangt - gestützt auf ihre eigenen sowie in Prozessstandschaft auf
Marken ihrer Mitglieder - die Unterlassung der firmen- oder markenmäßigen Benutzung
von Fair solutions sowie die Einwilligung in die Löschung der erwähnten Marke. Wegen
der Identität des Bestandteiles "fair", der nicht beschreibend sei, bestehe
Verwechslungsgefahr im Sinne des § 14 Abs.2 Ziff.2 MarkenG. Ergänzend beruft sie
sich für ihr Unterlassungsbegehren auf § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der
wettbewerblich unlauteren Annäherung an ein wertvolles Kennzeichen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird hinsichtlich der von der
Klägerin angeführten Marken auf die Anlagen K 3 bis K 5 sowie im übrigen auf die
tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen.
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Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der übereinstimmende
Zeichenbestandteil "fair" werde nicht kennzeichenmäßig, sondern als adjektivische
Beschreibung von "Solutions" gebraucht, zudem stelle die Verwendung des Plurals in
der angegriffenen Kennzeichnung einen erheblichen Unterschied dar. Aus diesen
Gründen bestehe eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr nicht und liege auch
eine unlautere Anlehnung an die klägerische Bezeichnung nicht vor.
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Zur Begründung ihrer Berufung, mit der sie ihre erstinstanzlich gestellten Anträge
weiterverfolgt, trägt die Klägerin vor, im Berufungsverfahren müsse u.a. zugrundegelegt
werden, dass der Bestandteil "fair" ihrer Marken für sich genommen
kennzeichnungskräftig sei, nachdem das Landgericht dies unterstellt habe.
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Demgegenüber sei der Bestandteil "solutions" in dem angegriffenen Zeichen wegen der
bekannten Bedeutung "Lösungen" nicht schutzfähig. Deswegen und weil bei ihren
Marken das Bildelement zurücktrete, stünden sich "fair" und "fair" gegenüber. Die
angegriffene Bezeichnung werde auch namensmäßig und nicht beschreibend
verwendet und so vom Verkehr verstanden. Ihr stehe markenrechtlicher Schutz nicht nur
wegen unmittelbarer Verwechslungsgefahr, sondern auch unter dem Gesichtspunkt des
Serienzeichens und wegen bestehender Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne zu.
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Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
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II
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Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das
Landgericht die Klage abgewiesen. Die geltendgemachten Ansprüche bestehen weder
unter marken- noch unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten.
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Die Voraussetzungen des § 14 Abs.2 Ziff.2 MarkenG liegen nicht vor, eine
markenrechtliche Verwechslungsgefahr besteht nicht.
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Die Prüfung der Frage, ob bei einander gegenüberstehenden Marken die Gefahr einer
Verwechslung besteht, ist auf der Grundlage des jeweiligen Gesamteindrucks der in
Frage stehenden Marken vorzunehmen. Ob danach eine Verwechslungsgefahr
begründet ist, ist unter Berücksichtigung der Nähe der in Betracht zu ziehenden Waren
und/oder Dienstleistungen, für welche die zu vergleichenden Zeichen geschützt oder
verwendet sind, sowie der Kennzeichnungskraft der Klagemarke und nach der
Ähnlichkeit der zu beurteilenden Zeichen zu entscheiden, wobei die genannten, die
Verwechslungsgefahr bestimmenden Faktoren in einer Wechselbeziehung dergestalt
miteinander stehen, dass der Ähnlichkeitsgrad umso geringer sein kann, je größer die
Kennzeichnungskraft und/oder die Warennähe ist, während umgekehrt ein höherer
Ähnlichkeitsgrad erforderlich ist, wenn die Kennzeichnungskraft der Marke nur schwach
und/oder der Warenabstand größer ist (vgl. BGH GRUR 2003, 963,964 -
"AntiVir/AntiVirus" - GRUR 2000, 875/876 -"Davidoff"-; ders. WRP 1998, 755/757 -
"nitrangin"-; EuGH GRUR 1998, 387 -"Springende Raubkatze"-). Bei alledem ist nicht
auf den Standpunkt eines "flüchtigen", dem angesprochenen Verkehr zugehörigen
Adressaten der Zeichen abzustellen, sondern auf denjenigen eines durchschnittlich
informierten, aufmerksamen und verständigen Adressaten der betroffenen Art von
Waren oder Dienstleistungen. Der Grundsatz, dass Ausgangspunkt der auf der
Grundlage der dargestellten Determinanten zu beurteilenden Verwechslungsgefahr der
durch die jeweiligen Marken vermittelte Gesamteindruck ist, schließt es dabei allerdings
nicht aus, dass einem einzelnen Zeichenbestandteil unter Umständen eine besondere,
den Gesamteindruck des Zeichens prägende Kraft beizumessen ist und dass deshalb
bei Übereinstimmung der Zeichen in dem jeweils prägenden Bestandteil die Gefahr von
Verwechslungen zu bejahen sein kann (BGH WRP 1999, 189/191 -"Tour de culture"-;
ders. GRUR 1996, 200/201 -"Innovadiclophlont"-). Dabei dürfen jedoch die übrigen
Zeichenbestandteile nicht völlig außer Acht gelassen bzw. "abgespalten" und die
Prüfung allein auf das prägende Element reduziert werden; denn es besteht kein
Erfahrungssatz, der die Annahme rechtfertigte, einzelne Bestandteile eines Zeichens
würden vom Verkehr nicht zur Kenntnis genommen (BGH GRUR 1996, 774/775 -"falke-
run/LE RUN"-).
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Ausgehend von diesen Kriterien besteht eine Verwechslungsgefahr trotz des in den
Klagemarken und der angegriffenen Bezeichnung übereinstimmenden
Zeichenelementes "Fair" nicht. Die beiden vorstehend bildlich wiedergegebenen
Wort/Bildmarken der Klägerin weisen nur geringe Kennzeichnungskraft auf. Der in
beiden Marken enthaltene Bestandteil "fair" ist für eine Vermittlung von Versicherungen
ausschließlich beschreibender und nicht kennzeichnender Art. Die angesprochenen
potenziellen Versicherungskunden der Klägerin bzw. ihrer Mitglieder werden das
Zeichenelement "Fair" als englischsprachigen Begriff und dementsprechend im Sinne
von "anständig", "aufrichtig", "auf den anderen Rücksicht nehmend" und "die Regeln
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beachtend" auffassen. Das folgt ohne weiteres aus dem Umstand, dass der so
verstandene englischsprachige Begriff, für den es eine erschöpfende Übersetzung in ein
einziges deutsches Wort nicht gibt, seit langem ein allgemein bekannter Bestandteil der
deutschen Sprache und damit im deutschen Sprachraum ebenso geläufig wie die
gebräuchlichen deutschen Worte ist. Zudem macht es auch Sinn, die angebotene
Dienstleistung so verstanden als "fair" zu bezeichnen, weil damit eine besondere
Qualität der Vermittlung und insbesondere der damit verbundenen Beratung bei der
Auswahl der Versicherung zum Ausdruck gebracht wird. Ohne Erfolg beruft sich die
Klägerin hierzu auf den Umstand, dass das englischsprachige Wort auch noch andere
adjektivische Bedeutungen wie "schön", "hübsch" und "nett" habe und als Substantiv
auch "Messe", "Jahrmarkt" oder "Kirmes" bedeute. Diese Bedeutungen sind zunächst -
trotz ihrer von der Klägerin nachgewiesenen lexikalischen Existenz - im deutschen
Sprachraum weitgehend unbekannt. Das können die Mitglieder des Senats als
Zugehörige der angesprochenen Verkehrskreise selbst beurteilen. Überdies wird jeder
der wenigen an der Vermittlung einer Versicherung Interessierten, denen eine der
erwähnten entlegenen Bedeutungen von "fair" geläufig ist, jedenfalls auch die gängige
Bedeutung im oben näher beschriebenen Sinne kennen, in der das Wort Bestandteil der
deutschen Sprache geworden ist. Auch diese wenigen Interessenten werden die
Angabe im Sinne von "anständig" auffassen. Denn der Verbraucher wird unter mehreren
ihm bekannten Bedeutungen des Fremdwortes diejenige wählen, durch die der Begriff
einen Sinn ergibt. Auch der mehrere Bedeutungen von "fair" kennende Kunde wird
daher annehmen, das unter der Bezeichnung "fair" auftretende Unternehmen wolle sich
angesichts des teilweise schlechten Rufs von Versicherungsunternehmen von solchen
Versicherungen und Versicherungsvermittlern positiv absetzen, die ihre Kunden nicht
interessengerecht über die Vor- und Nachteile und insbesondere etwaige Risiken der
einzelnen Angebote informierten, sich also ihnen gegenüber unfair verhielten. Die
Annahme, dass ein Versicherungskunde angesichts der klägerischen Marken trotz
dieser sich anbietenden Bedeutung den Begriff "fair" für sich mit "Jahrmarkt" oder einem
der anderen in Betracht kommenden Sinngehalte übersetzen könnte, scheidet
ersichtlich aus.
Die vorstehende Wertung steht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht im
Widerspruch zu der Entscheidung "EASYBANK" des EUGH (GRUR Int 2001,756,758).
Der EUGH hat die Bezeichnung EASYBANK nicht als rein beschreibend angesehen,
weil sie sich nur auf das Bankinstitut als solches beziehe und einen konkreten Hinweis
auf die Modalitäten einer konkreten Dienstleistung oder auf andere Einzelheiten der
Abwicklung von Bankgeschäften nicht enthalte (a.a.O. Erwägungsgründe 29 f).
Demgegenüber bringt "fair" als Bezeichnung für eine Versicherungsvermittlung aus den
dargelegten Gründen konkret zum Ausdruck, dass der einzelne Vermittler bei seiner
Tätigkeit für den Kunden dessen Belange im oben beschriebenen Sinne fair
berücksichtigen werde.
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Schließlich sieht sich der Senat an seiner Wertung auch durch die Entscheidung des
Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt (HABM) vom 8.11.2002, die von der
Klägerin als Gemeinschaftsmarke angemeldete Wortmarke FAIR gem. Art 40 Abs.1
GMV zur Veröffentlichung zuzulassen, nicht gehindert. Zum einen steht einer
Berücksichtigung dieses Umstandes bereits die Bestimmung des § 531 Abs.2 ZPO
entgegen. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass sie im Sinne des § 531 Abs.2 Ziff.3
ZPO - die anderen Alternativen der Bestimmung sind ersichtlich auch nicht erfüllt -
unverschuldet daran gehindert gewesen sei, diese von ihr selbst herbeigeführte
Entscheidung bereits in erster Instanz vorzulegen. Zum anderen ist das auf die
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Gemeinschaftsmarke anwendbare, in der GMV kodifizierte Recht (auch) zum
Anmeldeverfahren autonom und damit von den nationalen Bestimmungen unabhängig
(vgl. von Kapff in HK-Markenrecht, GMV Art.1 Rn. 36). So haben umgekehrt auch
nationale Voreintragungen für die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke keine
Bindungswirkung (vgl. Bender in HK-Markenrecht, GMV Art.7 Rn.165). Es kommt hinzu,
dass das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist und der Eintragungsantrag auf
Bemerkungen Dritter im Sinne des Art. 41 GMV auch wegen des absoluten
Eintragungshindernisses der beschreibenden Angabe gem. Art.7 Abs.1 lit c GMV noch
abgelehnt werden kann.
Die grafischen Elemente beider Marken, begründen nur eine geringe
Kennzeichnungskraft. Es handelt sich in beiden Fällen im wesentlichen lediglich um
ungewöhnliche Schreibweisen bzw. grafische Darstellungen des Wortes "fair", die damit
eher den Sinngehalt des beschreibenden Begriffes betonen als durch bildliche
Besonderheiten die Aufmerksamkeit des Betrachters von dem Begriff "fair" abzulenken
und sich dem Betrachter so herkunftshinweisend einzuprägen. Die bildlichen Elemente
mögen dazu ausgereicht haben, bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Marken das
Eintragungshindernis des § 8 Abs.2 Ziff.2 MarkenG zu überwinden, eine
durchschnittliche Kennzeichnungskraft bewirken sie indes nicht.
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Die aus diesen Gründen von Hause aus geringe Kennzeichnungskraft beider Marken ist
auch nicht durch intensiven Gebrauch gesteigert. Die Klägerin trägt selbst nicht vor,
dass sie eine dieser Marken in einem Umfang genutzt habe, der zu einer
nennenswerten Steigerung ihrer Kennzeichnungskraft geführt hätte. Die angeblich
bundesweit verbreitete Nutzung anderer Marken durch ihre Mitglieder vermag der
Klägerin insoweit nicht zugute zu kommen, weil jene Marken lediglich in dem rein
beschreibenden Bestandteil "fair" mit den Wort/Bildmarken der Klägerin
übereinstimmen.
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Neben der Kennzeichnungskraft ist auch die Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden
Zeichen sehr gering. Beide Wort/Bildzeichen der Klägerin weisen nur geringe
Übereinstimmungen mit der angegriffenen Bezeichnung "fair solutions" auf. Entgegen
der Auffassung der Klägerin sind die Zeichen bei der Ähnlichkeitsprüfung in ihrer
Gesamtheit, und nicht jeweils reduziert auf den Bestandteil "fair" in Betracht zu ziehen.
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Insbesondere werden sie nicht nach den eingangs dargelegten Grundsätzen durch das -
auch in der Verwendung durch die Beklagte - rein beschreibende Wortelement "Fair"
geprägt. Ein zusammengesetztes Zeichen kann nicht von einem Bestandteil geprägt
werden, der ausschließlich beschreibender Natur ist, solange er sich nicht im Sinne des
§ 8 Abs.3 MarkenG im Verkehr durchgesetzt hat (BGH WRP 03,1431, 1434 - "Kinder";
Senat MMR 02,170 - "Viag Interkom"; GRUR -RR 02,130,132 - "Im Focus Onkologie").
Anderenfalls würde entgegen der gesetzlichen Wertung des § 8 Abs.2 Ziff.2 MarkenG
auf diesem Wege Markenschutz für eine rein beschreibende, nicht
verkehrsdurchgesetzte Angabe begründet. Das beschreibende Wortzeichen "fair" hat
sich für Versicherungen bzw. die Vermittlung von Versicherungsverträgen nicht im
Verkehr als Hinweis auf die Klägerin oder ihre Mitglieder durchgesetzt. Das nimmt die
Klägerin selbst nicht für sich in Anspruch. Im übrigen ergibt sich aus ihrem Vortrag auch
nicht, dass das isolierte Zeichen "Fair" den für die Verkehrsdurchsetzung erforderlichen
Bekanntheitsgrad erreicht hätte. Der Umstand, dass die Mitglieder der Klägerin nach
ihrer Behauptung bundesweit flächendeckend tätig sind, belegt dies nicht, zumal sie
dabei ihre oben beschriebenen zusammengesetzten Marken und daher "fair" gerade
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nicht in Alleinstellung benutzen.
Die Zeichen stimmen ausschließlich in dem beschreibende Element "fair" überein,
während irgendwelche Ähnlichkeiten im übrigen, also zwischen den grafischen
Darstellungen und der Angabe "solutions", ersichtlich nicht bestehen. Es kommt hinzu,
dass der Verkehr sich bei der angegriffenen Bezeichnung "fair solutions" als
herkunftshinweisend eher an "solutions" orientieren wird, weil nicht jeder Interessent
weiß, dass dieser in Deutschland nicht häufig gebrauchte englischsprachige Begriff für
"Lösungen" steht.
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Sind damit sowohl die Kennzeichnungskraft der klägerischen Wort/Bildmarken als auch
die Ähnlichkeit zwischen diesen und der angegriffenen Bezeichnung nur sehr gering, so
kann eine Verwechslungsgefahr auch angesichts der bestehenden Branchenidentität,
die das Landgericht im übrigen entgegen der Auffassung der Klägerin nicht
unberücksichtigt gelassen hat, nach den eingangs wiedergegebenen Grundsätzen nicht
festgestellt werden.
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Dasselbe gilt hinsichtlich sämtlicher übrigen Marken, aus denen die Klägerin einzeln
oder - zur Begründung eines Serienzeichens - in ihrer Gesamtheit vorgeht.
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Dabei scheidet eine Verwechslungsgefahr hinsichtlich all derjenigen Marken von
vorneherein aus, in denen auf die schon von der Kammer beschriebene Weise durch
die Verwendung der Silbe "Fair" anstelle des deutschen "Ver" (wie z.B. in
"Fairsicherung") ein gewisser Wortwitz erzielt wird, weil ein solches Wortspiel in der
Bezeichnung "fair solutions" gerade nicht liegt. Aber auch hinsichtlich sämtlicher
übrigen Marken der Klägerin oder ihrer Mitglieder, aus denen sie in Prozessstandschaft
vorgeht, besteht eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr nicht. Das ergibt sich aus
den vorstehenden Gründen. All diese Marken enthalten zwar das Element "fair", dieses
wird jedoch durchweg beschreibend verwendet. Es ergibt sich auch für keine der
Marken, soweit diese überhaupt für dieselbe oder ähnliche Dienstleistungen
eingetragen sind, eine von Hause aus oder durch Benutzung gesteigerte
Kennzeichnungskraft. Schließlich wird keine dieser Marken aus den dargelegten
Gründen durch "fair" geprägt und besteht daher nur eine ganz geringe Ähnlichkeit,
weswegen eine Verwechslungsgefahr nicht besteht.
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Das gilt schließlich auch, soweit die Klägerin sich auf ein Serienzeichen "fair" beruft.
Denn ein solches besteht schon aus Rechtsgründen nicht, so dass offen bleiben kann,
ob die Voraussetzungen eines Serienzeichens im übrigen erfüllt wären. Das
Serienzeichen könnte nur durch den Bestandteil "fair" begründet sein, der jedoch in den
einzelnen Zeichen, soweit diese für die Vermittlung von Versicherungsverträgen
verwendet werden, rein beschreibender Natur ist. Indes können Zeichenbestandteile,
die nicht eigenständig kennzeichnen, sondern nur die Art der Ware oder Dienstleistung
beschreiben, für sich genommen nicht den Stammbestandteil einer Zeichenserie
darstellen, solange sie sich nicht im Verkehr durchgesetzt haben (vgl. BGH a.a.O.
"Kinder", S.1435). Der Begriff "fair" hat sich aber - wie bereits dargelegt - nicht für die
Vermittlung von Versicherungsleistungen im Verkehr durchgesetzt.
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Aus diesen Gründen scheidet auch die von der Klägerin noch angeführte
Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne aus: die übereinstimmende Verwendung der
beschreibenden Angabe "fair" lässt den Verkehr nicht erwarten, dass zwischen den
Beteiligten irgendwelche wirtschaftlichen Verbindungen bestünden, die den Beklagten
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zur Benutzung der Angabe berechtigten.
Scheiden damit markenrechtliche Ansprüche aus § 14 Abs.2 Ziff.2 MarkenG aus, so
kann die Klage auch nicht mit Erfolg auf § 1 UWG gestützt werden. Es ist nicht
ersichtlich, dass in der Benutzung des angegriffenen Zeichens durch den Beklagten ein
überschießender Unrechtsgehalt liegen könnte, der - die Voraussetzungen unterstellt -
durch die in Betracht kommenden markenrechtlichen Ansprüche nicht erfasst würde.
Der gute Ruf der Kennzeichnungen der Klägerin und ihrer Mitglieder wird durch § 14
Abs.2 Ziff.2 und 3 MarkenG geschützt, dessen Voraussetzungen indes nicht vorliegen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
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Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die der
Entscheidung zugrundeliegenden Rechtsfragen sind höchstrichterlich geklärt. Die
Anwendung dieser Rechtsfragen auf den vorliegenden Einzelfall hat nicht im Sinne des
§ 543 Abs.2 Ziff.1 ZPO grundsätzliche Bedeutung. Ebenso ist aus diesem Grunde eine
Entscheidung des Bundesgerichtshofes weder zur Fortbildung des Rechts noch zur
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs.2 Ziff.2 ZPO).
Das gilt auch bezüglich der Frage, ob eine reine Wortmarke "fair" für
Versicherungsleistungen eintragungsfähig wäre.
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 50.000 EUR.
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