Urteil des OLG Köln vom 11.06.2001

OLG Köln: entziehung der elterlichen sorge, jugendamt, anhörung, stadt, eltern, vormundschaft, zugang, aufenthalt, rückführung, datum

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberlandesgericht Köln, 27 UF 75/01
11.06.2001
Oberlandesgericht Köln
27. Zivilsenat
Beschluss
27 UF 75/01
Amtsgericht Siegburg, 32 F 66/01
Auf die Beschwerde des Jugendamtes des R.-S.-Kreises vom 14. März
2001 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Siegburg
vom 23. Februar 2001 - 32 F 66/01 - teilweise insoweit abgeändert, als an
Stelle des Jugendamtes des R.-S.-Kreises das Jugendamt der Stadt K.
als Vormund eingesetzt wird. Die Beschwerde der Verfahrenspflegerin
vom 23. März 2001 gegen den vorbezeichneten Beschluss wird
zurückgewiesen.
G r ü n d e
1. Die für die Kinder eingelegte Beschwerde der Verfahrenspflegerin bleibt in der Sache
ohne Erfolg. Sie richtet sich - ebenso wie die Beschwerde des Kreisjugendamts des R.-S.-
Kreises - nicht gegen die Entscheidung in Bezug auf die Entziehung der elterlichen Sorge,
sondern - gegen die vom Amtsgericht vorgenommene Auswahl des Vormunds. Das ergibt
sich aus dem Antrag, die Rückführung der Kinder zu ihren Großeltern, den Eheleuten V. zu
veranlassen, zudem aus der Begründung des Antrags, der Aufenthaltswunsch der Kinder
sei zu berücksichtigen.
Das hierauf bezogene Rechtsmittel ist nicht begründet. Die Auswahl des Vormunds durch
das Amtsgericht nach den §§ 1697, 1773 BGB kann, soweit es anstelle der Großeltern das
Jugendamt eingesetzt hat, nicht beanstandet werden. Zu Recht und mit zutreffender
Begründung, der sich der Senat anschließt, hat das Amtsgericht hier in Ermangelung
anderer geeigneter Einzelpersonen das Jugendamt zum Vormund bestimmt (§ 1791 b Abs.
1 BGB). Der Senat teilt die Einschätzung des Amtsgerichts, dass die Großeltern trotz ihrer
Bindungen zu M. und K. insbesondere in Anbetracht der Schwierigkeiten mit den eigenen
Kindern nicht geeignet erscheinen, neben deren Erziehung zusätzlich die beiden
Vormundschaften zu übernehmen. Gesichtspunkte, die eine andere Entscheidung
rechtfertigen könnten, sind weder in der Beschwerdeschrift vorgebracht worden, noch sind
sie sonst ersichtlich; sie ergeben sich insbesondere auch nicht aus der vom Senat
eingeholten Stellungnahme des Jugendamtes.
Soweit die Verfahrenspflegerin die unterbliebene Anhörung der Kinder rügt, führt dies zu
keiner anderen Entscheidung. Grundsätzlich hat das Gericht allerdings in einem Verfahren,
das die Personen- und Vermögenssorge betrifft, das Kind anzuhören, wenn dessen
Neigungen, Bindungen oder Wille für die Entscheidung von Bedeutung sind oder wenn es
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zur Feststellung des Sachverhalts angezeigt ist (§ 50 b Abs. 1 FGG). Diese Vorschrift ist
auch auf die - hier allein noch in Frage stehende - Auswahl des Vormunds anzuwenden (§
50 b Abs. 4 FGG, vgl. Keidel/Kuntze/Winkler/Engelhardt, FGG, 14. Aufl., § 50 b Rn. 24
m.w.N.). Auch insoweit sind Neigungen, Bindungen und der Kindeswille für die
Entscheidung durchaus von Bedeutung. Die unterbliebene Kindesanhörung kann daher
einen Verfahrensfehler darstellen, der zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung
zwingt. Das Unterbleiben der Anhörung ist aber dann nicht verfahrensfehlerhaft, wenn, wie
im Streitfall, durch die Verfahrenspflegerin die Neigungen und der Wille der Kinder dem
Gericht übermittelt und damit in das Verfahren eingebracht worden sind, und auch die
Bindungen der Kinder außer Zweifel stehen, wenn aber gleichwohl die Bestellung der von
den Kindern bevorzugten Personen aus Gründen fehlender Eignung von vornherein
ausscheiden muss. In einem solchen Fall ist das Ergebnis der Kindesanhörung für die
Entscheidung letztlich ohne Bedeutung; die Anhörung ist dann lediglich eine im Ergebnis
unnötige, die Kinder zusätzlich belastende, weil bei ihnen ungerechtfertigte Hoffnungen
hervorrufende Formalie. Bei dieser Sachlage besteht auch für die Nachholung der
Anhörung im Beschwerdeverfahren keine Veranlassung.
Der Ablauf des Beschwerdeverfahrens gibt Anlass zu dem Hinweis, dass grundsätzlich
dem Verfahrenspfleger während eines laufenden Verfahrens der Zugang zu den Kindern,
deren Interessen er wahrzunehmen hat, zu gewähren ist, was hier offenbar - zumindest
zeitweise - nicht geschehen ist.
1. Auf die Beschwerde des Jugendamts des R.-S.-Kreises ist allerdings an seiner Stelle
das Jugendamt der Stadt K. als Vormund zu bestimmen (§ 1697 BGB). Nach § 87 c Abs. 3
SGB VIII (KJHG) ist für Vormundschaften das Jugendamt zuständig, in dessen Bereich das
Kind seinen Aufenthalt hat. Wegen der Ortsnähe und der sich hieraus ergebenden
besseren Bedingungen für die Ausübung der Vormundschaft ist daher dem Jugendamt der
Stadt K., das zu der entsprechenden Beschwerde des R.-S.-Kreises eine Stellungnahme
nicht abgegeben hat, die Vormundschaft zu übertragen.
3) Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 131 Abs. 3 KostO entbehrlich.
Beschwerdewert: 6.000 DM