Urteil des OLG Köln vom 04.08.2008

OLG Köln: gericht erster instanz, hauptsache, kartellgesetz, patentgesetz, verfügung, wettbewerbsrecht, bundesamt, einzelrichter, scheidung, datum

Oberlandesgericht Köln, 2 Wx 27/08
Datum:
04.08.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Wx 27/08
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 11 T 33/07
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 20. Juni 2008
wird der Beschluß der Rechtspflegerin des Landgerichts Bonn vom 10.
Juni 2008 - 11 T 33/07 - aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten
Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens vor
dem Oberlandesgericht, an die Rechtspflegerin des Landgerichts
zurückverwiesen. Diese wird angewiesen, über das
Kostenfestsetzungsgesuch des Beteiligten zu 1) vom 21. Mai 2008 in der
Sache zu entscheiden.
G r ü n d e
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1. Der Beschwerdeführer hat sich gegen die Festsetzung eines Ordnungs-
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geldes durch das C. im Verfahren nach § 335 HGB gewandt. Auf die sofortige
Beschwerde des Beschwerdeführers vom 2. November 2007 hat der
Vorsitzende der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn durch
Beschluß vom 15. Mai 2008 die Ordnungsgeldentscheidung des Bundesamtes
vom 17. Oktober 2007 aufgehoben und die außergerichtlichen Kosten des
Beschwerdeführers, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig
waren, der Staatskasse auferlegt.
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Mit einem an das Landgericht Bonn gerichteten und dort am 28. Mai 2008
eingegangenen Antrag vom 21. Mai 2008 hat der Beschwerdeführer beantragt,
Kosten in Höhe von insgesamt EUR 272,87 gegen die Staatskasse
festzusetzen. Mit Beschluß vom 10. Juni 2008, der dem Beschwerdeführer am
18. Juni 2008 zugestellt worden ist, hat die Rechtspflegerin dieses Gesuch als
unzulässig verworfen und ausgeführt, nach § 335 Abs. 5 Satz 6 HGB seien hier
die §§ 103 ff. ZPO entsprechend anzuwenden. Daher sei nach § 104 Abs. 1
Satz 1 ZPO für die Kostenfestsetzung des erstinstanzliche Gericht zuständig.
Das Landgericht Bonn sei jedoch nicht das Gericht erster Instanz, sondern das
Beschwerdegericht und daher für die Bearbeitung des Gesuchs nicht zuständig.
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Gegen diesen Beschluß wendet sich der Beschwerdeführer mit der am 26. Juni
2008 bei dem Landgericht eingegangen sofortigen Beschwerde vom 20. Juni
2008. Er führt aus, entgegen der Auffassung des angefochtenen Beschlusses
sei das Landgericht "aufgrund Sonderzuständigkeit das Gericht 1. Instanz". Die
Rechtspflegerin des Landgerichts hat der Beschwerde durch Beschluß vom 26.
Juni 2008 nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht zur Entscheidung
vorgelegt. Der Einzelrichter des Oberlandesgerichts hat die Entscheidung über
die sofortige Beschwerde durch Beschluß vom 2. Juli 2008 gemäß § 568 Satz 2
ZPO dem Senat in der Besetzung nach § 122 GVG übertragen.
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2. Die sofortige Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Ent-
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scheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Rechtspflegerin des
Landgerichts.
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Das Rechtsmittel ist gemäß den §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, 11
Abs. 1 RPflG in Verbindung mit § 335 Abs. 5 Satz 6 HGB statthaft. Daß nach
§ 335 Abs. 5 Satz 4 HGB im Verfahren nach § 335 HGB gegen die
Beschwerdeentscheidung des Landgerichts in der Hauptsache keine weitere
Beschwerde stattfindet, steht der Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde
nicht entgegen: Bei dem Rechtsmittel gegen die Ablehnung der
Kostenfestsetzung durch den Rechtspfleger des Landgerichts handelt es sich
nicht um eine weitere, sondern um eine Erstbeschwerde. Von der Verweisung
des § 335 Abs. 5 Satz 6 HGB auf die §§ 103 bis 107 ZPO wird auch § 104 Abs.
3 Satz 1 ZPO erfaßt, so daß auch der Rechtsmittelzug des
Kostenfestsetzungsverfahrens der Zivilprozeßordnung in Bezug genommen
wird. Dieser Rechtsmittelzug wird nicht durch den der Hauptsache begrenzt. §
567 Abs. 2 ZPO steht der Zulässigkeit der Beschwerde hier bereits deshalb
nicht entgegen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes im Streitfall EUR
272,87 beträgt und damit die Grenze von EUR 200,-- übersteigt. Die Frage, ob
die Wertgrenze des § 567 Abs. 2 ZPO überhaupt anwendbar ist, wenn eine
Kostenfestsetzung abgelehnt wird, stellt sich vorliegend deshalb nicht.
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Die Beschwerde ist auch begründet. Die Rechtspflegerin des Landgerichts hat
ihre Zuständigkeit für die beantragte Kostenfestsetzung zu Unrecht verneint.
Nach der durch § 335 Abs. 5 Satz 6 HGB in Bezug genommenen Bestimmung
des § 104 Abs. 1 Satz 1 ZPO entscheidet über den Festsetzungsantrag das
Gericht des ersten Rechtszuges. Dies ist hier das Landgericht. Die in § 335 Abs.
4 und 5 HGB geregelte Ausgestaltung des gerichtlichen Verfahrens in der
Hauptsache als Verfahren der sofortigen Beschwerde mit der Folge, daß das C.
in diesem Verfahren der Vorinstanz entspricht, steht dem nicht entgegen. Denn
das Bundesamt ist kein Gericht im Sinne von § 104 Abs. 1 ZPO. Die
Verweisung des § 335 Abs. 5 Satz 6 HGB auf § 104 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist
deshalb so zu lesen, daß die Kostenfestsetzung im Verfahren nach § 335 Abs. 4
und 5 HGB der ersten mit der Sache befaßten gerichtlichen Instanz, und damit
dem Landgericht obliegt.
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Dieses Ergebnis stimmt mit der Beurteilung der Frage der Zuständigkeit für die
Kostenfestsetzung in anderen Fällen überein, in denen das Landgericht als
Beschwerdegericht die erste mit der jeweiligen Sache befaßte gerichtliche
Instanz, die jeweilige Vorinstanz dagegen kein Gericht ist. So ist im Verfahren
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der Notarkostenbeschwerde nach § 156 Abs. 1 KostO, die an das Landgericht
als Beschwerdegericht zu richten ist, nach einer in diesem Verfahren
ergangenen Kostengrundentscheidung aufgrund der Verweisung des § 13 a
Abs. 3 FGG (auch) auf § 104 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kostenfestsetzung nach
ganz einhelliger Auffassung durch den Rechtspfleger des Landgerichts als der
ersten mit der Sache befaßten gerichtlichen Instanz vorzunehmen (vgl.
BayObLG, Beschluß vom 28.06.1994 - 3Z BR 165/94, hier zitiert nach juris;
BayObLG FGPrax 1999, 77; KG KG-Report 2005, 686; OLG Stuttgart, DNotZ
1077,
59 f.).
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Entsprechend ist auch im Fall der Beschwerde nach § 63 Abs. 1 GWB gegen
eine Verfügung der Kartellbehörde, das auf eine Kostengrundentscheidung
nach § 78 Satz 1 GWB gestützte Kostenfestsetzungsgesuch aufgrund der
Verweisung des § 78 Satz 3 GWB (auch) auf § 104 Abs. 1 Satz 1 ZPO bei dem
Rechtspfleger des Landgerichts, also des Beschwerdegerichts als der ersten
gerichtlichen Instanz anzubringen und von ihm zu bearbeiten (vgl. Bechthold in
Bechthold/Otting, Kartellgesetz, 4. Aufl. 2006, § 78, Rdn. 11; Stockmann in
Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Bd. 2, 4. Aufl. 2007, § 78 GWB, Rdn.
16). Nichts anderes gilt in Patentsachen, bei denen die Verweisung des § 80
Abs. 5 PatG auf das Verfahren der Kostenfestsetzung nach der
Zivilprozeßordnung dahin zu verstehen ist, daß die Festsetzung der Kosten für
das patentgerichtliche Beschwerdeverfahren dem Rechtspfleger des
Beschwerdegerichts, also des Bundespatentgerichts obliegt (vgl. Schäfers in
Benkard, Patentgesetz, 10. Aufl. 2006, § 80, Rdn. 57; vgl. auch BGH GRUR
1968, 447 ff. "Flaschenkasten" - damals: Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
des Bundespatentgerichts). Nur für den Fall einer Kostenentscheidung durch
die Patentabteilung des Amtes selbst nach § 62 Abs. 1 PatG bestimmt § 62 Abs.
2 Satz 3 PatG, daß der Betrag der zu erstattenden Kosten durch das Patentamt
festgesetzt wird (vgl. auch § 80 Abs. 3 VwVfG).
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Die angefochtene Entscheidung kann deshalb keinen Bestand haben. Da die
Rechtspflegerin des Landgerichts - von ihrem Standpunkt aus folgerichtig - die
Kostenrechnung vom 21. Mai 2008 noch nicht geprüft hat, erscheint es
angebracht, die Sache hierzu gemäß § 572 Abs. 3 ZPO an das Landgericht
zurückzuverweisen. Daher ist dem Landgericht auch die Entscheidung über die
Kosten des Beschwerdeverfahrens zu übertragen.
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