Urteil des OLG Köln vom 29.12.2010

OLG Köln (einlassung, dolmetscher, stpo, sprache, beschwerde, erforderlichkeit, antrag, strafkammer, eng, vorbereitung)

Oberlandesgericht Köln, 2 Ws 850/10
Datum:
29.12.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Strafsneat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Ws 850/10
Leitsätze:
Die Entscheidung des erkennenden Gerichts über die Erforderlichkeit
von Dolmet-scherkosten für eine beabsichtigte schriftliche Einlassung
des Angeklagten ist gemäß § 305 StPO nicht anfechtbar.
Tenor:
Die Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unzulässig
verworfen.
G r ü n d e
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I.
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Die 5. große Strafkammer des Landgerichts A. hat durch Beschluss vom 29.11.2010 den
Antrag des Angeklagten auf Feststellung der Erforderlichkeit der Übernahme der
Dolmetscherkosten für die schriftliche Übersetzung der beabsichtigten schriftlichen
Einlassung des Angeklagten abgelehnt. Zur Begründung hat die Strafkammer
ausgeführt:
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"Der Antrag auf Feststellung der Erforderlichkeit der Übernahme der
Dolmetscherkosten für die schriftliche Übersetzung der beabsichtigten schriftlichen
Einlassung des Angeklagten wird abgelehnt.
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Die Übernahme der Dolmetscherkosten für die schriftliche Übersetzung der
beabsichtigten schriftlichen Einlassung des Angeklagten ist weder zur
sachgerechten Durchführung des Verfahrens noch insbesondere zur Wahrung der
prozessualen Rechte des Angeklagten erforderlich und damit nicht
erstattungsfähig. Zwar dürfen einem Angeklagten, der die Gerichtssprache nicht
versteht und der sich in ihr nicht ausdrücken kann, hierdurch keine Nachteile im
Vergleich zu einem sprachkundigen Angeklagten entstehen, so dass anerkannt ist,
dass er in jedem Verfahrensstadium einen Dolmetscher hinzuziehen darf.
Unbeschadet der bereits in anderem Zusammenhang getroffenen Feststellung,
dass der Angeklagte in einem Vorverfahren überhaupt keinen Dolmetscher
benötigt hat und jedenfalls zu diesem Zeitpunkt über ausreichende
Sprachkenntnisse zur Wahrnehmung seiner prozessualen Rechte verfügte, kann
dies aber ohnehin nicht zur Erstattung von Dolmetscher- und Übersetzungskosten
in jeder Höhe führen, sondern hat sich danach zu richten, welche Kosten
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notwendig sind, um die prozessualen Rechte des Angeklagten wahrzunehmen.
Dabei hat sich diese Frage an den Umständen des Einzelfalles zu orientieren. Hier
ist zu berücksichtigen, dass die Vernehmung des Angeklagten zur Sache gemäß §
243 Abs. 4 Satz 2 StPO mündlich erfolgt und er sich nicht durch seine
Verteidigerinnen vertreten lassen kann. Da insoweit ein Dolmetscher zur
Verfügung steht, kann der Angeklagte sich unmittelbar in seiner Muttersprache
ausdrücken. Soweit er dieses ihm prozessual zustehende Recht nicht in Anspruch
nehmen will, sondern stattdessen durch seine Verteidigerinnen eine schriftlich
vorbereitete Einlassung, der ohne das Zulassen von Nachfragen gegebenenfalls
ein erheblich geringerer Beweiswert als die mündliche Einlassung zukäme,
vorlegen will, erfolgt die Übersetzung derselben wiederum in der
Hauptverhandlung durch den Dolmetscher. Auch dann besteht für den Angeklagten
- unbeschadet der vorherigen Abstimmung der schriftlichen Einlassung mit seiner
der türkischen Sprache mächtigen Verteidigerin - die Möglichkeit, eventuelle Fehler
zu korrigieren. Letztlich hat der Angeklagte auch die Möglichkeit, seine Einlassung
selbst in türkischer Sprache abzufassen und diese zu verlesen, statt sich diejenige
seiner Verteidigerinnen zu eigen zu machen. Insgesamt ist daher unter keinem
Gesichtspunkt ersichtlich, dass die beantragte Übersetzung zur Wahrung der
prozessualen Rechte des Angeklagten erforderlich ist."
Gegen diese Entscheidung hat der Angeklagte durch Schriftsatz seiner Verteidigerin
vom 6.12.2010 Beschwerde eingelegt.
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II.
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Die Beschwerde ist nach § 305 S. 1 StPO nicht statthaft, da die angefochtene
Entscheidung des erkennenden Gerichts der Urteilsfällung vorausgeht. Unter die
Regelung des § 305 S. 1 StPO fallen alle Entscheidungen des erkennenden Gerichts,
die sachlich so eng mit der Vorbereitung und Fällung des Urteils verbunden sind, dass
ihre isolierte Abänderung durch das Beschwerdegericht einen untragbaren Eingriff in
die Entscheidungsvorbereitung des erkennenden Gerichts bedeuten würde (Engelhardt
in Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Auflage, § 305 Rdn. 1 m.w.N.). So liegt der Fall hier.
Ob die Kammer dem Angeklagten die Abgabe einer schriftlichen Einlassung in
deutscher Sprache ermöglichen will, obliegt ihrer revisionsrechtlich nachprüfbaren
Verhandlungsführung, die durch das Beschwerdegericht nicht beeinträchtigt werden
darf.
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