Urteil des OLG Köln vom 14.02.2001

OLG Köln: operation, stationäre behandlung, eingriff, behandlungsfehler, prothese, einspruch, form, nacht, klinik, anzeichen

Oberlandesgericht Köln, 5 U 57/00
Datum:
14.02.2001
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 U 57/00
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 9 O 401/98
Tenor:
Das am 27. September 2000 verkündete Versäumnisurteil des Senats -5
U 57/00- wird aufrechterhalten. Der Kläger trägt die weiteren Kosten des
Berufungsverfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger
kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 17.000,-
DM abwenden, falls nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit
in gleicher Höhe leisten.
T a t b e s t a n d :
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Der heute 44 Jahre alte Kläger macht gegen die Beklagten Ansprüche wegen einer
behaupteten fehlerhaften ärztlichen Behandlung geltend.
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Der Kläger befand sich seit etwa 1972, zunächst in der TÜRKEI, später in Deutschland,
wegen Beschwerden im linken Hüftgelenk in ärztlicher Behandlung. Im Jahre 1981
erhielt er für dieses eine Totalendprothese (TEP). Bereits im Jahre 1976 war daneben
beim Kläger eine chronisch-aggressive Hepatitis B mit im Jahre 1980 festgestellter
beginnender Leberzirrhose diagnostiziert worden, wegen der er ebenfalls in den
folgenden Jahren in Behandlung war.
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Im Juli 1986 wurde die Pfanne der TEP ausgetauscht. Im Jahre 1991 wurde sodann ein
Schaftbruch der Prothese und eine Lockerung der Pfanne festgestellt. Im von der
Beklagten zu 1) getragenen St. P.-K. in B. wurde der Kläger am 4.4.1991 stationär
aufgenommen, um einen Wechsel der TEP (Pfanne und Schaft) vorzubereiten, der dann
am 16.4.1991 durchgeführt wurde. Die Operation, die rund sechs Stunden dauerte, war
komplikationslos. Allerdings sank die Körpertemperatur des Klägers im Verlauf des
Eingriffs auf 32,3 Grad Celsius ab, konnte jedoch wieder gesteigert werden. Während
der Operation wurde der Kläger zur Vermeidung einer Infektion mit verschiedenen
Antibiotika behandelt. Diese Antibiotika-Prophylaxe wurde bis zum 21.4.1991, dem Tag
der Entfernung der Wunddrainagen, fortgesetzt. Der Kläger wurde am 15.5.1991 aus der
stationären Behandlung entlassen. Die Heilung verlief danach problemlos.
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Im Januar 1992 begannen erneute gesundheitliche Beschwerden des Klägers. Am
9.1.1992 suchte er den Urologen Dr. W. wegen Augenlidschwellungen,
Unterleibsschmerzen und Blässe auf. Am 17.1.1992 stellte er sich bei seinem Hausarzt
Dr. P. vor; bei diesem gab er Schmerzen in der linken Hüfte an, woraufhin ihn dieser
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wieder an das St. P.-K. überwies, das der Kläger indes zunächst nicht aufsuchte. Am
31.1.1992 stellte sich beim Kläger Schüttelfrost ein, an dem er auch schon in früheren
Jahren zuweilen gelitten hatte. In der Nacht zum 2.2.1992 rief der Kläger den ärztlichen
Notdienst. Der diensthabende Gynäkologe Dr. P. stellte einen grippalen Infekt des
Klägers fest. Am folgenden Tag, dem 3.2.1992, suchte der Kläger sodann das St. P.-K.
auf, weil er unter starken Schmerzen in der linken Hüfte litt. Es wurde eine
Beckenübersichtsaufnahme angefertigt, nach der er das Krankenhaus zunächst aus
eigenem Antrieb verließ. Am 4.2.1992 wurde der Kläger erneut in der Ambulanz des St.
P.-K.es untersucht, wobei eine Entzündung der Hüfte nicht festgestellt wurde. Am 6.2.
suchte der Kläger den Orthopäden Dr. G. auf, nachdem er weiter unter Schmerzen in der
Hüfte litt, die er auch in Zusammenhang mit einem am 4.2.1992 erlittenen Verkehrsunfall
brachte. Hier wurde eine Röntgenaufnahme angefertigt. Am 8.2.1992 stellte sich der
Kläger abermals im St. P.-K. vor, da er an starken Schmerzen im linken Hüftgelenk litt.
Er wurde in stationäre Behandlung genommen. Die Hüftregion war überwärmt, es
bestand eine starke Bewegungseinschränkung. Am 10.2.1992 erfolgte eine
Abszesspunktion. Es wurde eine Infektion mit dem Erreger Staphylococcus aureus
festgestellt, die den Austausch der TEP notwendig machte. Am 13.2.1992 wurde der
Kläger in die E.-Klinik in H. verlegt, wo am Folgetag der TEP-Austausch vorgenommen
wurde. Bis zum 11.3.1992 wurde der Kläger wegen der Entzündung weiter in der E.-
Klinik behandelt. Am 7.4.1992 wurde er dort entlassen. In der Folgezeit fanden weitere
Behandlungen wegen der Hüfte, unter anderem auch ein erneuter Pfannenwechsel im
Jahre 1998, sowie wegen der Hepatitis B statt.
Der Kläger hat behauptet, die Operation am 16.4.1991 sei nicht ordnungsgemäß
ausgeführt worden. Dadurch sei es bei diesem Eingriff zu einer Infektion mit dem später
festgestellten Erreger Staphylococcus aureus gekommen. Bei Beachtung aller
notwendigen Hygiene-Regeln könne eine solche Infektion nicht eintreten; ein anderer
Infektionsweg komme nicht in Frage.
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Der Kläger hat außerdem behauptet, die Infektion sei durch die Unterkühlung, die
während der Operation eingetreten sei, gefördert worden. Auch der Umstand, dass der
Eintritt dieser Unterkühlung nicht verhindert worden sei, stelle einen Behandlungsfehler
dar.
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Schließlich sei die Infektion nach ihrem Ausbruch von den Ärzten im St. P.-K. nicht
rechtzeitig erkannt worden.
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Der Kläger hat beantragt,
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1. die Beklagten aus Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes
Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des
Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 60.000,- DM, nebst 2,5 % Zinsen über
dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, mindestens verzinslich jedoch mit 6
%, seit dem 30.9.1996,
2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm allen
vergangenen und künftigen materiellen und allen künftigen immateriellen Schaden
zu ersetzen, der ihm infolge der vermeidbar fehlerhaft ausgeführten Operation vom
16.4.1991 nebst Folgebehandlung in der Vergangenheit entstanden ist und in der
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Zukunft noch entstehen wird, soweit diese Ansprüche nicht auf den
Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder
übergehen.
Die Beklagten haben beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagten haben das Vorliegen eines Behandlungsfehlers bestritten. Die Operation
am 16.4.1991 habe unter Beachtung sämtlicher Hygienevorschriften stattgefunden. Eine
Infektion mit dem Erreger Staphylococcus aureus sei auch unter Beachtung aller
bekannten Hygienevorschriften nicht in jedem Fall auszuschließen. Die stattgehabte
Unterkühlung sei nach dem damaligen Stand der Wissenschaft als Problem noch nicht
erkannt gewesen und habe jedenfalls auch keinen Einfluss auf den späteren
Krankheitsverlauf oder die Infektion gehabt. Die Beklagten haben weiter behauptet,
auch die Infektion im Februar 1992 habe nicht früher als geschehen erkannt werden
können; im übrigen habe selbst eine um wenige Tage frühere Erkennung nichts an der
Notwendigkeit und dem Umfang der Folgebehandlung, insbesondere der Notwendigkeit
des Austausches der TEP, zu ändern vermocht, weil zu diesem früheren Zeitpunkt die
Infektion ohnehin schon zu weit fortgeschritten gewesen sei.
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Das Landgericht hat nach Einholung eines schriftlichen, später noch mündlich
ergänzten Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. R./PD Dr. G.-W. die Klage mit der
Begründung abgewiesen, der Kläger habe den ihm obliegenden Nachweis einer
fehlerhaften Behandlung durch die Beklagten nicht geführt.
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Ein Verstoß gegen Hygienevorschriften als Auslöser der Infektion sei nicht erkennbar.
Die während der Operation des Klägers eingetretene Abkühlung der Körpertemperatur
sei nach dem damaligen Stand der Wissenschaft nicht als Risikofaktor eingestuft
worden und habe ohnehin wegen damals allenfalls unzureichender zur Verfügung
stehender Mittel nicht verhindert werden können. Auch von einem verspäteten Erkennen
der Infektion im Februar 1992 könne nicht ausgegangen werden.
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Gegen dieses am 28.2.2000 verkündete und ihm am 29.2.2000 zugestellte Urteil richtet
sich die am 29.3.2000 eingelegte und -nach ausreichender entsprechender
Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist- am 29.5.2000 begründete Berufung des
Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Klagebegehren aufrechterhält.
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Der Kläger greift die sachverständigerseits getroffenen Feststellungen als fehlerhaft an.
Es sei im Jahre 1991 durchaus schon bekannt gewesen, dass eine starke mehrstündige
Abkühlung anlässlich einer Operation die Infektionsgefahr erhöhe; es sei auch nicht
richtig, dass damals keine Möglichkeit bestanden habe, die extreme Abkühlung der
Körpertemperatur eines Patienten während einer längerdauernden Operation zu
verhindern.
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Das Absetzen der Antibiotikaprophylaxe am 21.4.1991, mithin bereits 5 Tage nach dem
operativen Eingriff, sei insbesondere wegen der aufgrund der eingetretenen
Unterkühlung gesteigerten Infektionsgefahr für den Kläger viel zu früh erfolgt.
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Zwar sei es richtig, dass nicht mit Sicherheit feststehe, ob die vorgenannten
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Behandlungsfehler die erst Anfang 1992 manifest gewordene Infektion verursacht
hätten, wenngleich eine derartige Infektion fast immer auf einem entsprechenden
operativen Eingriff beruhe; dem Kläger kämen aber Beweiserleichterungen zugute, weil
es sich um grobe Behandlungsfehler gehandelt habe.
Auch liege ein Behandlungsfehler in dem zu späten Erkennen der Infektion. Bereits am
31.1.1992 habe der Kläger unter manifesten Anzeichen einer Sepsis gelitten. Eine
frühere Abklärung und Aufnahme einer Antibiotikabehandlung hätten ihm
möglicherweise die aufgrund der infektionsbedingten Lockerung der Prothese
notwendig gewordene erneute Operation ersparen können.
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Der Kläger, der zunächst beantragt hat, unter Abänderung des angefochtenen Urteils
nach den erstinstanzlichen Klageanträgen zu erkennen, hat sodann im
Verhandlungstermin am 27.9.2000 keinen Antrag gestellt, nachdem sein für die
Durchführung der Berufung gestellter Prozesskostenhilfeantrag durch Beschluss des
Senats vom 14.9.2000 zurückgewiesen worden war.
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Gegen das daraufhin auf Antrag der Beklagten gegen ihn erlassene Versäumnisurteil,
das dem Kläger am 5.10.2000 zugestellt worden ist, richtet sich sein am 19.10.2000 bei
Gericht eingegangener Einspruch.
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Der Kläger beantragt,
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unter Aufhebung des angefochtenen Urteils
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und Aufhebung des Versäumnisurteils des
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Senats vom 27.9.2000 nach dem Berufungs-
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antrag zu erkennen.
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Die Beklagten beantragen,
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das Versäumnisurteil des Senats aufrecht-
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zuerhalten.
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Sie verteidigen das angefochtene Urteil und die diesem zugrundeliegenden
sachverständigerseits getroffenen Feststellungen.
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Wegen aller weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf Tatbestand und
Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils, den die Gewährung von
Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des Senats vom 14.9.2000 sowie den Inhalt
der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug
genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
33
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers gegen das angefochtene
Urteil ist ebenso wie sein fristgerecht eingelegter Einspruch gegen das Versäumnisurteil
des Senats zulässig; in der Sache sind die Rechtsmittel des Klägers indes unbegründet.
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Die Klage ist vom Landgericht mit zutreffender und in jeder Hinsicht überzeugender
Begründung, auf die der Senat zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug
nimmt, abgewiesen worden.
35
Die Berufungsbegründung des Klägers ist nicht geeignet, von den getroffenen
Feststellungen des Landgerichts abzuweichen, ohne dass es der vom Kläger
angestrebten erneuten Beweisaufnahme durch Einholung eines weiteren
Sachverständigengutachtens bedarf.
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Soweit der Kläger mit der Berufung seinen Vorwurf aufrechterhält, während des
operativen Eingriffs am 16.4.1991 sei behandlungsfehlerhaft eine zu starke Absenkung
der Körpertemperatur erfolgt, rechtfertigt dies nicht die begehrte Einholung eines
weiteren Sachverständigengutachtens. Die erstinstanzlich hierzu befragten
Sachverständigen Prof. Dr. R./Privatdozent Dr. G.-W. haben nämlich völlig überzeugend
und in jeder Hinsicht nachvollziehbar ausgeführt, dass die Gefahren einer starken
intraoperativen Unterkühlung im Jahre 1991 noch nicht erkannt gewesen seien und
dass zudem das Halten der Körpertemperatur des Patienten im normalen Bereich
damals auch noch gar nicht möglich gewesen sei. Diese eindeutigen Feststellungen
zieht der Kläger zwar in Zweifel, aber ohne eine eigenständige Begründung dafür
abzugeben, warum sie nicht zutreffen sollten. Soweit aber ein -im übrigen auch dem
Senat als besonders kompetent und sorgfältig bekannter- Sachverständiger bereits mit
überzeugender und nachvollziehbarer Begründung zu einem bestimmten Ergebnis
gekommen ist, hätte es dem Kläger oblegen, dessen Feststellungen durch eine
eingehende kritische Auseinandersetzung etwa in Form der Vorlage gegenteiliger
Stimmen in einschlägiger medizinischer Fachliteratur oder der Vorlage anderslautender
Feststellungen eines anderen kompetenten Sachverständigen zu erschüttern. Dies ist
indes nicht geschehen; die bloße -nicht näher belegte oder auch nur begründete-
Behauptung, die Annahme des erstinstanzlich tätig gewordenen Sachverständigen sei
falsch, reicht nicht aus, um die Richtigkeit der von jenem getroffenen Feststellungen
ernsthaft in Zweifel zu ziehen.
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Soweit der Kläger den Umstand, dass sich die allgemeine Infektionsgefahr aufgrund
einer Unterkühlung erhöhe, in seinem den Einspruch gegen das Versäumnisurteil
begründenden Schriftsatz als "geradezu offensichtlich" wertet, ist diese generelle
Tatsache mit der Situation einer operativ bedingten Absenkung der Körpertemperatur
nicht vergleichbar und ebenfalls nicht geeignet, die Feststellung von Prof. R. zu
erschüttern, wonach die in Rede stehende Operation jedenfalls nach dem damals
anerkannten medizinischen Standard durchgeführt worden ist.
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Gleiches gilt für die vom Kläger in der Berufungsinstanz aufrechterhaltene Behauptung,
die Antibiotikaprophylaxe sei nach fünf Tagen zu früh abgesetzt worden. Hierzu finden
sich keine korrespondierenden Feststellungen der erstinstanzlich tätig gewesenen
Sachverständigen, die die postoperative Behandlung des Klägers und die Dauer der
sich anschließenden Infektionsprophylaxe ausdrücklich im Rahmen ihrer getroffenen
Feststellungen erwähnt und ersichtlich mit ausgewertet haben. Soweit der Kläger
insbesondere darauf abstellen will, dass angesichts der aus der Unterkühlung des
Klägers während der Operation resultierenden zusätzlichen Infektionsgefahr eine länger
andauernde Antibiotikagabe erforderlich gewesen wäre, steht dieser Behauptung der
Umstand entgegen, dass damals entsprechende aus einer Absenkung der
Körpertemperatur herrührende Gefahren gerade noch nicht bekannt waren.
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Im übrigen ist -was die Berufungsbegründung selbst nicht verkennt- ohnehin der
Kausalitätsbeweis nicht als geführt anzusehen.
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Der Kläger räumt -zu Recht- selbst ein, dass sich nicht mit Sicherheit feststellen lässt, ob
die Anfang 1992 manifest gewordene Infektion durch die Operation vom 16.4.1991
verursacht wurde. Der pauschale Hinweis darauf, dass nach anerkannter Lehrmeinung
eine sogenannte Frühinfektion (Entzündung innerhalb eines Jahres nach Durchführung
eines operativen Eingriffs) "fast immer" auf dem Eindringen von Erregern in den Körper
des Patienten bei der Operation beruhten, hilft nicht weiter, denn zum einen hat, wie das
Landgericht im angefochtenen Urteil eingehend ausgeführt hat, der erstinstanzlich mit
der Sache befasste Gutachter anschaulich dargestellt, dass im konkreten Fall die
Infektion sehr wohl durch mehrere denkbare anderweitige Ursachen ausgelöst worden
sein kann; zum anderen reicht selbst die Annahme einer gewissen Wahrscheinlichkeit
des Auslösens der Infektion durch den Eingriff im April 1991 für die erforderliche sichere
Überzeugungsbildung des Gerichts im Hinblick auf einen behandlungsfehlerhaft
verursachten Schadenseintritt beim Kläger nicht aus.
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Von einer Beweislastumkehr zugunsten des Klägers kann nicht ausgegangen werden,
denn für die Annahme eines -vom Kläger für bedenkenswert erachteten- groben
Behandlungsfehlers eines oder mehrerer der Beklagten liegen keine greifbaren
Anhaltspunkte vor.
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Schließlich ist auch die Behauptung des Klägers, die aufgetretene Infektion sei viel zu
spät erkannt worden, nicht bewiesen. Auf die klar entgegenstehenden Feststellungen
der erstinstanzlich tätig gewordenen Sachverständigen, wie sie das Landgericht in
seiner Entscheidung ausdrücklich niedergelegt hat, kann wiederum Bezug genommen
werden. Weder am 4.2. noch am 6.2.1992 wurden danach lokale Entzündungszeichen
oder röntgenologisch erkennbare krankhafte Veränderungen festgestellt. Insbesondere
bestanden am 4.2. auch keine Anzeichen für eine Sepsis an der Prothese. Soweit
seinerzeit die Gutachterkommission in einem ergänzenden Bescheid noch von einer am
4.2.1992 vorliegenden deutlich beschleunigten Blutsenkung ausgegangen war, hat sich
die Verwechslung der dieser Wertung zugrundeliegenden Angaben mit denen des
Bewegungsausmaßes des Hüftgelenks herausgestellt.
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Unabhängig davon muss nach den sachverständigerseits getroffenen Feststellungen
auch davon ausgegangen werden, dass selbst ein frühzeitigeres Erkennen des
Vorliegens der Infektion -dessen Möglichkeit bei der ersten erneuten Vorstellung des
Klägers bei den Beklagten am 3./4.2.1992 einmal unterstellt- den infektionsbedingt
notwendig gewordenen Prothesenaustausch und weitere vom Kläger geltend gemachte
Folgeerscheinungen nicht hätte verhindern können. Auch das haben die
Sachverständigen -in Übereinstimmung mit der Gutachterkommission- überzeugend
ausgeführt.
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Soweit der Kläger erstmals in einem einen Tag vor der letzten mündlichen Verhandlung
des Senats eingegangenen Schriftsatz darauf verwiesen hat, die Sepsis des Klägers sei
seit dem 10.1.1992 bekannt gewesen, so ist nicht ersichtlich, welche Bedeutung dem
Umstand der an diesem Tag von Dr. W. ermittelten erhöhten Blutwerte für die Annahme
eines Behandlungsfehlers der in ganz anderem Zusammenhang erstmals am
3./4.2.1992 wieder mit dem Kläger konfrontierten Beklagten zukommen können soll.
Gleiches gilt für den Hinweis des Klägers, die Abszesspunktion bei der Beklagten habe
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sofort in der Nacht des 8.2., nicht erst am 10.2.1992 stattgefunden.
Im übrigen muss es jedenfalls dabei bleiben, dass nicht davon ausgegangen werden
kann, dass ein frühzeitigeres Erkennen oder Reagieren der Beklagten positive
Auswirkungen auf die weitere Schadensentwicklung beim Kläger genommen haben
könnte.
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Das Rechtsmittel des Klägers ist deshalb insgesamt unbegründet.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 70.000,- DM
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Wert der Beschwer für den Kläger: über 60.000,- DM.
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