Urteil des OLG Köln vom 02.04.2004

OLG Köln (Einstellung des Verfahrens, König, Zustellung, Behandlung, Bekanntgabe, Vollmacht, Ermittlungsverfahren, Verwaltungsbehörde, Streichung, Wahlverteidiger)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Oberlandesgericht Köln, Ss 126/04 Z - 68 Z -
02.04.2004
Oberlandesgericht Köln
1. Strafsenat
Beschluss
Ss 126/04 Z - 68 Z -
Der Zulassungsantrag wird als unbegründet verworfen.
Die Rechtsbeschwerde gilt damit als zurückgenommen.
Die Kosten des Verfahrens vor dem Beschwerdegericht trägt der
Betroffene.
G r ü n d e
Der - in förmlicher Hinsicht zulässige - Antrag vom 24.06.2003, begründet unter dem
01.09.2003, auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts
Aachen vom 23.06.2003, durch welches der Betroffene wegen fahrlässiger
Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße von 80,- EUR verurteilt worden ist, hat
keinen Erfolg.
1.)
Die Verfahrensrüge wegen der Ablehnung eines Beweisantrags betrifft nur die Frage
einfachen Verfahrensrechts zu § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG für den
Einzelfall. Zur Fortbildung des Rechts - wie von dem Beschwerdeführer angestrebt - wegen
der Anwendung von Verfahrensvorschriften kann die Rechtsbeschwerde nach § 80 Abs. 2
OWiG nicht zugelassen werden.
Dasselbe gilt für die Verfahrensrüge zu § 261 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG. Insoweit geht
es auch nicht etwa um die Verletzung rechtlichen Gehörs (die auch von dem
Beschwerdeführer selbst gar nicht geltend gemacht wird). Die Urteilsgründe geben mit den
Worten "Der Betroffene hat sich lediglich dahingehend eingelassen, dass die Messung ...
beanstandet wird..." im Zusammenhang und im Umkehrschluss
sehr wohl wieder, worauf sich die Feststellung zur Fahrereigenschaft stützt. Jedenfalls lässt
das Antragsvorbringen nicht erkennen, dass eine gegebene Einlassung nicht gewürdigt
worden wäre oder dass sich das Urteil zu einer solchen Einlassung in einem erkennbaren
Widerspruch befinde, das also Vorbringen mit Erheblichkeit im Sinne des Art. 103 Abs. 1
GG übergangen worden wäre (vgl. BVerfGE 27, 248, 252).
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2.)
Schliesslich ergeben auch die Ausführungen aus dem (im Zusammenhang mit der Rüge zu
§ 261 StPO wiedergegebenen) Schriftsatz vom 16.04.2003 und die entsprechende Prüfung
anhand der Akten von Amts wegen keinen Anlass zu einer Einstellung des Verfahrens.
Verfolgungsverjährung nach §§ 31 OWiG, 26 Abs. 3 StVG ist nicht eingetreten. Dabei
kommt es nicht darauf an, das der ursprüngliche Anhörungsbogen zunächst dem
Beschwerdeführer als Halter und nicht als Betroffenen übersandt worden ist und damit in
Frage steht, ob er eine Verjährungsunterbrechung nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG nicht hätte
bewirken können, solange die Personalien des Fahrers unbekannt waren; vgl. hierzu
BGHSt 24, 321, 323; BGHSt 42, 283, 287; Göhler-König, OWiG, 13. Aufl., § 33 Rdnr. 14
und 55). Verjährungsunterbrechung im Anschluss an die Tat vom 14.11.2002 ist jedenfalls
durch den Erlass des Bußgeldbescheids vom 29.01.2003, Bl. 21 d.A., eingetreten. Dabei
kann offen bleiben, ob insoweit § 33 Nr. 9 OWiG unmittelbar eingreift (weil die Akte nämlich
die Merkwürdigkeit aufweist, dass die Verwaltungsbehörde noch nach der Zustellung des
Bußgeldbescheids eine Fahrerermittlung am 05.02.2003, Bl. 29 d.A., mit der Begründung in
Auftrag gegeben hat, dass der verantwortliche Fahrer nicht habe ermittelt werden können,
und dass das Ergebnis dieser Ermittlungen erst unter dem 13.02.2003, Bl. 35 R d.A.,
mitgeteilt worden ist). Der Bußgeldbescheid entfaltete jedenfalls (anstelle des
ursprünglichen Anhörungsbogens) verjährungsunterbrechende Wirkung nach § 33 Abs. 1
Nr. 1 OWiG. In ihm ist der Betroffene nunmehr namentlich und mit den vollen Personalien
bezeichnet; er enthält den Tatvorwurf und damit (spätestens erneut) die Bekanntgabe, dass
gegen den Betroffenen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet ist.
3.)
Mit der Verwerfung des Zulassungsantrages gilt die Rechtsbeschwerde als
zurückgenommen (§ 80 Abs. 4 Satz 4 OWiG). Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 473
Abs. 1 StPO, 46 Abs. 1 OWiG.
4.)
Die Sachbehandlung der Akten, die wegen vermeintlich unwirksamer Urteilszustellung am
31.07.2003 zu einer fast halbjährigen Verzögerung bis hin zur erneuten Zu-
stellung am 22.12.2003 geführt hat, gibt Anlass zu folgender Bemerkung für die künftige
Behandlung gleichartiger Fälle, die nach einem Vermerk der Staatsanwaltschaft bei dem
betreffenden Verteidiger wiederholt zu verzeichnen sein sollen:
Die ursprüngliche Zustellung an den gewählten Verteidiger ist sehr wohl nach § 51 Abs. 3
OWiG (diese Vorschrift entspricht dem § 145 a Abs. 1 StPO) wirksam gewesen. Die
Vollmacht des Verteidigers hat sich bei den Akten befunden (Bl. 17 d.A.); dass deren
Vorlage in Fotokopie erfolgt war, ist ausreichend (vgl. Göhler - König § 51 Rdnr. 44 a;
Meyer - Goßner, StPO, 46. Aufl., § 145 a Rdnr. 8). Keine rechtserhebliche Bedeutung
kommt dem Umstand zu, dass in dem Vollmachtsformular von Anfang an bei der
Formulierung "Zustellungen zu bewirken und entgegenzunehmen" das Wort
"entgegenzunehmen" durchgestrichen worden ist. Durch § 51 Abs. 2 OWiG bzw. § 145 a
Abs. 1 StPO wird nämlich eine gesetzliche Zustellungsvollmacht begründet, die sich allein
aus der Stellung des Verteidigers - hier: als Wahlverteidiger - ergibt und nicht etwa
konstitutiv durch die Vollmachtsurkunde bewirkt wird und daher nicht einschränkbar (OLG
Jena, NJW 01, 3204; Meyer - Goßner § 145 a Rdnr. 1) und vom Willen des Beschuldigten
unabhängig ist (BayObLGSt 69,10; Lüderssen in Löwe - Rosenberg StPO, 25. Aufl., § 145
a Rdnr. 2). Die betreffende Streichung mag also im Innenverhältnis zwischen Anwalt und
Mandant für sonstige Zustellungen Bedeutung haben; für gerichtliche Zustellungen ist sie
jedoch unbeachtlich.