Urteil des OLG Köln vom 01.04.2003

OLG Köln (hausrat, kläger, zeuge, entfernung, umstand, gebäude, gutachten, herstellung, zpo, entschädigung)

Oberlandesgericht Köln, 9 U 175/01
Datum:
01.04.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 U 175/01
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 24 0 106/01
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 04.10.2001 verkündete Urteil
der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 O 106/01 -
wird zurückgewiesen
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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I. Der Kläger nimmt die Beklagte als Hausratversicherer wegen eines behaupteten
Wasserschadens vom 26.09.1998 an einem Teppichboden auf Entschädigung in
Anspruch. Die Beklagte hat vorgetragen, bei dem Teppichboden handele es sich um
einen Gebäudebestandteil, der nach § 1 Nr. 4 a VHB 92 nicht versichert sei.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf das angefochtene Urteil wird Bezug
genommen. Der Kläger macht mit der Berufung unter anderem geltend, es handele sich
um einen auf Parkett mit einem "Wiederaufnahmekleber" angehefteten Teppichboden,
der von der Hausratversicherung umfasst sei.
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II. Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das
Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.
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1. Ein Anspruch auf Entschädigung nach den §§ 1, 49 VVG, 1 Nr. 1, 7 Nr. 1 VHB 92 auf
Grund des Schadenereignisses vom 26.09.1998 steht dem
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Kläger gegen die Beklagte nicht zu.
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Bei dem Teppichboden im Hause des Klägers handelt es sich nicht um versicherten
Hausrat, sondern um einen Gebäudebestandteil im Sinne von § 1 Nr. 4 a VHB 92, der in
der Hausratversicherung nicht versichert ist.
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Für die Abgrenzung zwischen Hausrat und Gebäudebestandteilen können die §§ 94
Abs. 2 und 95 Abs. 2 BGB herangezogen werden. Danach ist Teppichboden dann
(wesentlicher) Gebäudebestandteil, wenn er zur Herstellung des Gebäudes eingefügt
wurde. Ein Scheinbestandteil nach § 95 Abs. 2 BGB liegt demgegenüber vor, wenn der
Teppich nach dem Willen des Verlegenden nur vorübergehend eingebracht werden soll.
Die Tatsache allein, dass ein Teppichboden generell eine geringere Lebensdauer hat
als ein Gebäude, begründet allerdings noch nicht die Eigenschaft als Scheinbestandteil.
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Allein eine sachenrechtliche Betrachtung nach den §§ 93 ff. BGB reicht in der Vielzahl
der Fälle nicht aus, sondern es ist ein "versicherungsrechtlicher" Begriff des
Gebäudebestandteils zugrunde zu legen (vgl. Senat in r + s 1999, 383). Dieser orientiert
sich an dem Regelungszweck, der Abgrenzungsfunktion zwischen den Sparten
Hausrat- und Gebäudeversicherung. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird
diesen Gesichtspunkt bei der Auslegung in den Vordergrund stellen. Mit der
Gebäudeversicherung soll typischerweise das Risiko von Substanzschäden des
Gebäudes abgedeckt werden, während eine Hausratversicherung gegen die
Beschädigung im Wesentlichen der Einrichtung oder der zum Gebrauch oder Verbrauch
dienenden Sachen abgeschlossen wird.
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Das Zuschneiden des Bodenbelages spricht eher für die Annahme eines
Gebäudebestandteils (vgl. Martin, SVR 3.Aufl. , H II 70, 71 ). In der Regel wird der
Teppichboden dadurch nicht wiederverwendbar. Dieser Umstand ist aber allein nicht
maßgeblich. Ein Teppichboden kann zudem dann Gebäudebestandteil sein, wenn das
Gebäude ohne den Teppichboden nicht bezugsfertig ist. Der Teppichboden wird dann
zur Herstellung des Gebäudes eingefügt, um es bewohnbar zu machen. Davon ist
jedenfalls dann auszugehen, wenn der Teppichboden direkt auf dem Estrich liegt (vgl.
Knappmann in Prölss/Martin, 26. Aufl., § 1 VHB 84, Rn 10). Befindet sich unter dem
Teppichboden jedoch bereits ein bewohnbarer Untergrund, zum Beispiel Parkett oder
Fliesen, wird regelmäßig nach der Art der Befestigung zu differenzieren sein: Liegt der
Teppichboden nur lose auf dem Untergrund oder ist er so fixiert, dass ein Ablösen ohne
Schäden am Untergrund jederzeit möglich und auch beabsichtigt ist, so handelt es sich
eher um einen Einrichtungsgegenstand, also Hausrat. Dies gilt insbesondere, wenn es
sich um eine bloß vorübergehende Einbringung handelt (vgl. OLG München, VersR
1997, 999 - LS -). Ist der Teppichboden hingegen derart fest mit dem Untergrund
verklebt, dass dieser bei einer Entfernung des Teppichbodens zwangsläufig - wenn
auch nur in Teilen - beschädigt würde, muss von einem Gebäudebestandteil
ausgegangen werden. So liegt der Fall hier.
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Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lag der Teppichboden zwar auf einem - mehr
oder weniger abgenutzten - Parkettfußboden, war jedoch mit diesem fest verklebt. Dies
ergibt sich aus der glaubhaften Bekundung des sachverständigen Zeugen N. Der Zeuge
war am Tage nach dem Schadensereignis und zwei bis drei Wochen danach im Hause
des Klägers. Er hat den Teppichboden im Wohnzimmer aufgenommen und die
Verklebung festgestellt. Er hat ausgesagt, dass bei einer Entfernung des
Teppichbodens durch maschinelles Abschaben Klebereste auf dem Parkett verbleiben
würden. Diese könne man wie üblich abschleifen. Nach Art des vorgefundenen Klebers
würden immer Rückstände verbleiben. Der Zeuge erwies sich als besonders
sachkundig, so dass der Senat seinen Angaben gefolgt ist. Der Zeuge T konnte aus
eigener Anschauung zum Bodenbelag nichts sagen. Er hat bekundet, man habe ihm
erklärt, der Teppichboden sei verklebt gewesen. Der Zeuge I2, der seinerzeit vor Ort
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war, hat bekundet, dass er den Teppichboden nicht aufgenommen habe und deshalb
zum Aufbau nicht sagen könne. Demgegenüber war die Aussage der Zeugin Q dadurch
gekennzeichnet, den Teppichboden nur als punktuell "angeheftet" zu beschreiben. Sie
hat aber auch bekundet, bei der Beseitigung wären sicherlich hier und da Reste auf dem
Parkett verblieben. Ihre Darstellung war insgesamt jedoch zu ungenau, so dass der
Senat den Angaben des sachverständigen Zeugen N gefolgt ist. Danach war eine feste
Verbindung des Teppichbodens zum Parkett anzunehmen, die den Belag als
Gebäudebestandteil erscheinen lässt.
Die Frage, in welchem Umfang überhaupt Leitungswasser ausgetreten ist und ob
frühere Schäden vorlagen, konnte offen bleiben.
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Auf den Umstand, ob und in welcher Weise die vom Gebäudeversicherer auf den
Teppichbodenschaden gezahlten Beträge von 5.528,18 DM (vgl. Gutachten W. (Bl. 102
GA) und 539,00 DM (Liefern und Verlegen) sowie 165,00 DM (Aufnehmen und
Entfernen, vgl. Gutachten H, Bl. 110) zu berücksichtigen sind, kam es nicht mehr an.
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Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO lagen nicht vor.
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2. Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 5.473,96 EUR (10.719,66 DM).
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