Urteil des OLG Köln vom 14.03.2008

OLG Köln: kabel, treu und glauben, geschäftsführung ohne auftrag, erfüllung, telekommunikation, bisherige nutzung, bestimmtheit, ausgleichszahlung, aufwand, anbieter

Oberlandesgericht Köln, 15 U 154/07
Datum:
14.03.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 U 154/07
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 42 O 207/05
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 25.07.2007 verkündete
Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen - 42
O 207/05 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Unter Abweisung der Klage im übrigen wird festgestellt, dass die
Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von den Ansprüchen der
Eigentümer, über deren Grundstücke eine Energieversorgungsleitung
der Klägerin mit den nachfolgend bezeichneten Lichtwellenleiter-Kabeln
verläuft, insoweit freizustellen, als die Ansprüche auf den Vorschriften
der §§ 57 Absatz 2 Satz 2 TKG (1996), 76 Absatz 2 Satz 2 TKG und auf
der Nutzung dieser Kabel durch die Beklagte zu Zwecken der
Telekommunikation beruhen:
(Grafik nur in Originaldatei vorhanden)
Die weitergehende Berufung der Beklagten sowie die Berufung der
Klägerin werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtstreits in beiden Instanzen werden der Klägerin mit
60 %, der Beklagten mit 40 % auferlegt.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
Jeder Partei wird nachgelassen, die gegen sie betriebene
Zwangsvollstreckung gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120
% der aufgrund dieses Urteils gegen sie vollstreckbaren Summe
abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor
Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e:
1
A.
2
Die Klägerin ist ein dem S.-Konzern zugehöriges Energieversorgungsunternehmen,
welches u.a. Hochspannungsfreileitungen betreibt. Sie ist Rechtsnachfolgerin der
ebenfalls konzernangehörigen S. F. AG (vormals firmierend als S. O. AG), die ihrerseits
den u.a. die Sparten "Bau und Betrieb von Netzanlagen zur Übertragung von Strom"
sowie "Bau und Betrieb der Telekommunikationsnetze" umfassenden
Unternehmensbereich "Übertragungsnetz Strom" ausgegliedert und auf die Klägerin
übertragen hat.
3
Beginnend mit den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde das
existierende S.-Hochspannungsfreileitungsnetz in zunehmendem Maß mit für Zwecke
der Telekommunikation nutzbaren Lichtwellenleiterkabeln (im folgenden: LWL-Kabel
oder LWL-Fasern) ausgestattet. Soweit sie nicht für betriebsinterne Steuerungszwecke
der Stromversorgung benötigt wurden, wurden die LWL-Fasern an Drittunternehmen -
die sogenannten "Carrier" - vermietet, welche diese als Übertragungswege für das
öffentliche Angebot von Telekommunikationsdienstleistungen nutzen konnten. Bei der
Beklagten handelt es sich um ein solches Drittunternehmen, welches unter
Inanspruchnahme u.a. der LWL-Kabel der Klägerin ein Telekommunikationsnetz
betreibt. Hierzu hat sie mit der S. O. AG als Rechtsvorgängerin der Klägerin am
30.11./19.12.2000 den aus den Anlagen K 2 und K 3 (Bl. 38 – 46 d.A.) ersichtlichen
Nutzungsvertrag geschlossen, in dem unter § 3 Abs. 3 die nachstehende Regelung
getroffen ist:
4
"b. stellt S. O. von allen Ansprüchen frei, die von Dritten gegen S. aufgrund der
Nutzung der LWL-Fasern durch die b. geltend gemacht werden."
5
Die zitierte Vertragsbestimmung versteht sich vor dem Hintergrund, dass den
Eigentümern der Grundstücke, über welche die mit LWL-Kabeln ausgerüsteten
Hochspannungsfreileitungen der S. geführt werden, für die Inanspruchnahme ihrer
Grundstücke durch die erstmals zu Telekommunikationszwecken erweitert genutzten
Leitungen Ausgleichsansprüche nach Maßgabe von § 76 Abs. 2 Satz 2 TKG in der seit
2004 geltenden Fassung bzw. von § 57 Abs. 2 Satz 2 TKG in der bis dahin geltenden
Fassung von 1996 (im folgenden: a.F.) zustehen. Derartige Ansprüche der Eigentümer
der Leitungsgrundstücke bestehen sowohl nach § 76 Abs. 2 Satz 2 TKG in der
Neufassung als auch – nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17.06.2005
(V ZR 202/04; veröffentlicht u. a. in: NJW-RR 2005, 1683 - 1687) - gemäß § 57 Abs. 2
TKG in der vorangegangenen Fassung gleichermaßen entweder gegenüber dem
Energieversorgungsunternehmen als Eigentümer des Leitungsnetzes oder aber dem
"Carrier" bzw. Betreiber der Telekommunikationslinie. Die Parteien streiten nunmehr im
wesentlichen um die Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin von derartigen
Ansprüchen freizustellen, sowie ferner darum, ob die Beklagte für die Kosten des
administrativen Aufwands aufzukommen hat, welcher der Klägerin für die systematische
Erfassung und Feststellung derartiger etwa an sie herangetragener
Ausgleichsansprüche entsteht.
6
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe die in dem nachfolgend dargestellten
Klageantrag im einzelnen aufgeführten LWL-Kabel erstmals für öffentliche
Kommunikationszwecke in Benutzung genommen. Da sie – die Klägerin – "im
Außenverhältnis" den Eigentümern der betroffenen Grundstücke gegenüber für die
infolge dieser Nutzung nach Maßgabe von §§ 57 Abs. 2 Satz 2 TKG a.F., 76 Abs. 2 Satz
2 TKG ausgelösten Ausgleichsansprüche hafte, sei sie folglich durch die Beklagte
hiervon freizustellen. Dies begründe zugleich die Verpflichtung der Beklagten, die durch
die Abwicklung der Ansprüche der Grundstückseigentümer anfallenden Kosten zu
ersetzen; ausgehend von einem voraussichtlich insgesamt rund 45.000 Eigentümer
umfassenden Kreis sämtlicher potentieller Anspruchsteller, wovon eine Anzahl von 336
Eigentümern auf die hier relevante Kabeltrasse entfalle, beliefe sich dieser
Kostenaufwand auf 220,00 € je Einzelfall.
7
Die Klägerin hat beantragt,
8
1.
9
die Beklagte zu verurteilen, sie – die Klägerin – von Ansprüchen der Eigentümer,
über deren Grundstücke eine Energieversorgungsleitung der Klägerin mit den
nachfolgend näher bezeichneten Lichtwellenleiter-Kabeln verläuft, insoweit
freizustellen, als die Ansprüche auf den Vorschriften der §§ 57 (2) Satz 2 TKG
1996, 76 (2) Satz 2 TKG und auf der Nutzung dieser Kabel durch die Beklagte zu
Zwecken der Telekommunikation beruhen:
10
es folgte nunmehr die in den Tenor dieses Urteils eingeblendete
11
tabellarische Aufstellung,
12
hilfsweise,
13
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von den in Ziffer 1.
bezeichneten Ansprüchen freizustellen;
14
2.
15
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Aufwendungen zu ersetzen,
die ihr – der Klägerin – durch die Überprüfung und Abwehr oder Erfüllung der in
Ziffer 1. bezeichneten Ansprüche entstehen.
16
Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
18
Die Beklagte hat die Klage sowohl in dem als Hauptantrag formulierten
Freistellungspetitum als auch hinsichtlich des insoweit hilfsweise geltend gemachten
Feststellungsbegehrens mangels Bestimmtheit für unzulässig gehalten. Aber auch in
der Sache stehe der Klägerin weder ein Anspruch auf Freistellung von wegerechtlichen
Ausgleichsansprüchen der Grundstückseigentümer noch ein solcher auf Befreiung von
den für die Prüfung und Feststellung derartiger Forderungen etwa aufgewandten Kosten
zu. Was die begehrte Freistellung von Ausgleichsansprüchen der
Grundstückseigentümer angehe, so könne die Klägerin diese schon deshalb nicht aus §
19
3 Abs. 3 des Nutzungsvertrages herleiten, weil die zugrunde gelegte, anhand AGB-
rechtlicher Maßstäbe zu beurteilende Vertragsklausel der danach vorzunehmenden
Inhaltskontrolle nicht standhalte, infolgedessen unwirksam sei. Jedenfalls aber habe
ihre, der Beklagten, Nutzung der LWL-Kabel keine – ohnehin bereits verjährten -
Ausgleichsansprüche der Grundstückeigentümer ausgelöst, weil die Klägerin selbst
diese Kabel schon vorher für die interne Steuerung in Benutzung genommen oder aber
die LWL-Fasern früher an andere Telekommunikatikonsunternehmen (Carrier) –
namentlich die p.u.p. Deutschland GmbH - vermietet habe, welche diese damals auch
tatsächlich genutzt hätten. Die hier betroffenen nationalen Regelungen des TKG, mit
denen den neu in den Telekommunikationsmarkt eintretenden Unternehmen eine
Zahlungspflicht auferlegt werde, seien überdies – so hat die Beklagte schließlich
eingewandt - mit europarechtlichen Normen unvereinbar, Ausgleichsforderungen der
Eigentümer der Leitungsgrundstücke daher jedenfalls auch aus diesem Grund nicht auf
sie abwälzbar.
Das Landgericht hat der Klage in dem angefochtenen Urteil, auf welches wegen der
zugrundeliegenden Tatsachen sowie der rechtlichen Wertung Bezug genommen wird,
hinsichtlich des Freistellungspetitums in der Fassung des Hauptantrags stattgegeben,
sie im übrigen jedoch abgewiesen. Die auf Freistellung gerichtete Leistungsklage, so
hat das Landgericht zur Begründung dieser Entscheidung im wesentlichen ausgeführt,
sei zulässig, da der insoweit formulierte Klageantrag dem prozessualen
Bestimmtheitserfordernis genüge. Mit Blick auf den Umstand, dass die Berechtigung
etwaiger von den Grundstückseigentümern gegenüber der Klägerin geltend gemachter
Ausgleichsforderungen im Rahmen der jeweiligen individuellen Inanspruchnahme zu
klären sei, bedürfe es weiterer Angaben zur Beschreibung der freistellungspflichtigen
Ausgleichsansprüche nicht; es genüge vielmehr die Festlegung, hinsichtlich welcher
Grundstücke eine Freistellungspflicht der Beklagten bestehe. Die Freistellungsklage sei
auch begründet, die Klägerin könne aus § 3 Nr. 3 des Nutzungsvertrages von der
Beklagten verlangen, von allen Ansprüchen freigestellt zu werden, die Dritten aufgrund
der beklagtenseits erfolgten Nutzung der LWL-Fasern entstanden seien und von ihnen
geltend gemacht würden. Dass die Klägerin selbst schon vor der Aufnahme der Nutzung
durch die Beklagte einzelne Fasern oder Faserpaare der LWL-Kabel zur eigenen
internen Telekommunikation, namentlich zur Steuerung und Überwachung der
Stromversorgung gebraucht habe, stehe dem nicht entgegen. Es sei vielmehr der in der
Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH Z 145, 16 ff = NJW 2000, 3206/3210)
dokumentierten Auffassung zu folgen, dass eine Ausgleichspflicht ungeachtet einer
vorherigen betriebsinternen Nutzung der LWL-Kabel entstehe, wenn dieser
Leitungsweg sodann erstmals für öffentliche Telekommunikationsdienstleistungen
genutzt werde. Soweit die Beklagte demgegenüber einwende, sie nutze die von dem
Antrag erfassten Leitungsstrecken überhaupt nicht (kommerziell) zu
Telekommunikationszwecken "für die Öffentlichkeit", könne sie sich damit ebenso wenig
durchsetzen wie mit der weiteren, gegenüber etwa entstandenen Ausgleichsansprüchen
der Grundstückseigentümer vorgebrachten Verjährungseinrede. Selbst wenn, was die
Beklagte in diesem Zusammenhang vorbringe, die von ihr genutzten Leitungsstrecken
als bloße "Netzwerk-Backbones" keine unmittelbaren Endkundenanschlüsse
aufwiesen, lasse das die Funktion der Leitungen für Zwecke öffentlicher
Telekommunikation nicht entfallen; sie seien notwendige Voraussetzung für die
Erbringung der Telekommunikationsdienstleistungen und selber Teil der
Telekommunikationskabelanlage sowie der Telekommunikationslinie. Das genüge, um
das Merkmal der "Öffentlichkeit" bejahen zu können. Letztlich könne das aber sogar
dahinstehen, weil die vertragliche Freistellungsverpflichtung der Beklagten nur bei
20
bestehenden Ausgleichsansprüchen der Grundstückseigentümer greife. Sollten
derartige Forderungen mangels telekommunikationsgeschäftlicher Nutzung nicht
entstanden sein, erübrige sich die Freistellung. Aus eben diesem Grund könne es daher
auch dahingestellt bleiben, ob die Ausgleichsansprüche der Grundstückseigentümer
verjährt seien. Die Beklagte habe das Risiko, insoweit in Anspruch genommen zu
werden und solche Ansprüche abzuwehren, mit der vertraglichen Freistellungsregelung
übernommen und daher in diesen Fällen auch zu tragen. Es bedürfe weiter auch keiner
Klärung, ob die Beklagte Erstnutzerin der jeweiligen Kabelanlagen sei oder aber eine
Vornutzung durch andere Telekommunikationsunternehmen vorliege. Die
streitbefangene Freistellungsverpflichtung trete zwar nur im Falle der Erstnutzung durch
die Beklagte ein. Die Klägerin habe dem aber von vornherein durch die Fassung des
Klageantrags Rechnung getragen, indem sie Freistellung nur "insoweit" verlange, als
die Ansprüche auf den hier betroffenen Vorschriften des TKG und "...auf der Nutzung
dieser Kabel durch die Beklagte zu Zwecken der Telekommunikation beruhen"; als
"Nutzung" im Sinne dieses Antragsbegehrens sei aber nur die "Erstnutzung" zu
verstehen. Die unter § 3 Nr. 3 des Nutzungsvertrages formulierte, nach alledem
inhaltlich anspruchsbegründende Vertragsbestimmung sei auch nicht unter AGB-
rechtlichen Gesichtspunkten nach Maßgabe der §§ 305 ff BGB unwirksam. Weder sei
die Klausel überraschend noch führe sie zu einer unangemessenen Benachteiligung
der Beklagten. Eine solche ergebe sich namentlich nicht wegen der vermeintlichen
Überbürdung einer unübersehbaren Kostenlast oder wegen der ungerechtfertigten
Abwälzung von Kosten für die Nutzung von Kabelfasern, obwohl neben der Beklagten
andere Unternehmen die aus einer Vielzahl von Fasern bestehende Leitung ebenso
nutzten, ohne von der Klägerin in Anspruch genommen zu werden. Die mit dem
Klageantrag zu 2) erstrebte Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin
den durch die Überprüfung und Abwehr oder Erfüllung der vorbezeichneten
Ausgleichsansprüche entstehenden Kostenaufwand zu ersetzen, scheitere indessen
mangels einer dieses Begehren tragenden rechtlichen Grundlage. Aus § 3 Nr. 3 des
Nutzungsvertrages lasse sich ein solcher Anspruch nicht herleiten. Für die Klägerin sei
bereits bei Vertragsschluss vorhersehbar gewesen, dass die Abwicklung der
Ausgleichsansprüche der Grundstückseigentümer mit einem hohen
Verwaltungsaufwand verbunden sein würde. Wenn sie diesen aus der Natur der
Ansprüche folgenden Aufwand bzw. die damit verbundenen Kosten auf die Beklagte
abwälzen wolle, so hätte sie das unmissverständlich im Zusammenhang mit § 3 Nr. 3
des Nutzungsvertrages zum Ausdruck bringen müssen. Ein anderes Ergebnis lasse sich
auch nicht mit Blick auf das zwischen den Parteien hinsichtlich der
Ausgleichsansprüche bestehende gesamtschuldnerische Verhältnis begründen; für die
Frage des Innenausgleichs sei vorrangig auf die im internen Verhältnis getroffene
Regelung abzustellen, nach der hier aber gerade eine Kostenabwälzung auf die
Beklagte ausscheide. Die Beklagte hafte auch nicht wegen einer vermeintlichen
Pflichtverletzung auf Schadensersatz – gerichtet auf Erstattung des für die Prüfung und
Erfüllung oder Abwehr der Ausgleichsansprüche entstehenden Kostenaufwands. Es
gehöre nicht zu den Pflichten der Beklagten, der Klägerin all den Verwaltungsaufwand
abzunehmen, der mit der Regulierung der von der Freistellungsverpflichtung betroffenen
Ausgleichsforderungen der Grundstückseigentümer verbunden sei. Eine – noch dazu
den Kostaufwand kausal herbeiführende – Pflichtverletzung könne der Beklagten daher
nicht vorgeworfen werden.
Die Parteien fechten dieses Urteil mit ihren jeweils selbständig eingelegten Berufungen
an. Während die Beklagte sich mit ihrem Rechtsmittel gegen ihre Verurteilung gemäß
dem unter Ziffer 1. der Klage als Hauptantrag geltend gemachten Freistellungsbegehren
21
wendet und die Klageabweisung auch insoweit zu erreichen sucht, greift die Klägerin
die erstinstanzliche Entscheidung an, soweit darin die Klage hinsichtlich des auf die
Feststellung der Kostenersatzpflicht gerichteten Petitums abgewiesen wurde, und
erstrebt die Verurteilung der Beklagten auch in diesem Umfang.
Nach Auffassung der Beklagten beruht das angefochtene Urteil sowohl auf
verfahrensrechtlichen Fehlern als auch auf einer fehlerhaften Anwendung materiell-
rechtlicher Vorschriften. Die sich mit dem Freistellungspetitum befassenden Anträge
22
genügten weder in der Fassung des Hauptantrags noch in der des Hilfsantrags den
Anforderungen des prozessualen Bestimmtheitsgebots, die Klage sei daher insoweit
unzulässig. Jedenfalls aber sei die Klage in den erwähnten Prozesszielen unbegründet.
Das Landgericht habe bei seiner Würdigung dem Umstand nicht hinreichend Rechnung
getragen, dass die erstmalige Nutzung der Telekommunikationslinien durch sie – die
Beklagte – in Abrede gestellt gewesen sei. Es könne nicht auf die erstmalige Nutzung
der beiden ihr überlassenen LWL-Fasern ankommen, maßgeblich sei vielmehr auf die
erstmalige Nutzung der überhaupt in den Kabeln vorhandenen Fasern abzustellen.
Bereits die Nutzung für betriebsinterne Kommunikationszwecke lasse danach aber die
hier in Frage stehenden Ausgleichsansprüche der Eigentümer der Leitungsgrundstücke
entstehen, so dass ihre - der Beklagten – spätere Nutzung der LWL-Kabel nicht
ausgleichspflichtig bzw. mit der allein die Klägerin für die frühere Nutzung treffende
Zahlungspflicht abgegolten sei. § 3 Nr. 3 des Nutzungsvertrages sei überdies unter
AGB-rechtlichen Maßstäben als unwirksam zu betrachten. Es handele sich dabei um
eine überraschende Klausel, weil sie – die Beklagte – danach allenfalls damit habe
rechnen müssen, nur insoweit mit Ausgleichsansprüchen belastet zu werden, als sie
einen Teil der LWL-Kabel nutze und sich nur anteilig an den Ausgleichszahlungen zu
beteiligen. Hinzu komme, dass es sich bei der Ausgleichsverpflichtung um eine
einmalige Zahlung handele, welche die Duldungspflicht der Grundstückseigentümer "für
die Ewigkeit" abgelte, wohingegen der Vertrag nur für einen Zeitraum von 15 Jahren
bestehe; sie – die Beklagte – habe nicht damit rechnen müssen, auch für eventuelle
Nachmieter bzw. ihr nachfolgende Nutzer der LWL-Fasern mitzubezahlen. Die Klausel
sei aber ebenfalls intransparent, weil nach ihr nicht sicher bestimmt werden könne, wer
"Dritter" sein solle. Es sei nach ihr nur eine Freistellungsverpflichtung von
Schadensersatzansprüchen Dritter im Fall vertragswidrigen Gebrauchs erkennbar.
Werde sie – die Beklagte – nach § 3 Nr. 3 des Nutzungsvertrages mit
Ausgleichszahlungen der Grundstückseigentümer nach Maßgabe der §§ 56 Abs. 2 Satz
2 TKG a. F./§ 76 Abs. 2 Satz 2 TKG belastet, so verstoße das schließlich auch gegen
höherrangiges Gemeinschaftsrecht. Die erwähnten nationalen Bestimmungen des TKG
widersprächen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, mit denen ein wirksamer
Wettbewerb bzw. der Zutritt der Telekommunikationsunternehmer in die durch frühere
monopolistische Strukturen der traditionellen Diensteanbieter und Netzbetreiber noch
geprägten Marktverhältnisse habe ermöglicht werden sollen. Eine
Ausgleichsverpflichtung der neu hinzukommenden Telekommunikationsdiensteanbieter
und Netzbetreiber sei damit nicht zu vereinbaren.
23
Die Beklagte beantragt,
24
das angefochtene landgerichtliche Urteil teilweise abzuändern und die Klage
insgesamt abzuweisen.
25
Die Klägerin beantragt,
26
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
27
Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit darin der Klage stattgegeben
und das Freistellungsbegehren für zulässig und begründet erachtet worden ist.
28
Keinen Bestand könne die angefochtene Entscheidung allerdings haben, soweit sie das
mit der Klage verfolgte Feststellungsbegehren scheitern lasse, dass die Beklagte die für
die Prüfung und Erfüllung oder Abwehr der Ausgleichsansprüche der
Grundstückseigentümer entstehenden Kosten zu erstatten habe. Der von diesem
Feststellungsbegehren betroffene Anspruch bestehe als auf einer Pflichtverletzung der
Beklagten beruhender Schadensersatzanspruch. Wer kraft Vertrages oder Gesetzes der
Verpflichtung unterliege, den Gegner von Drittforderungen freizustellen, habe alle
Vorkehrungen zu treffen um zu verhindern, dass der Befreiungsgläubiger der
Inanspruchnahme durch den Dritten ausgesetzt sei. Dazu gehöre es, die Drittforderung
von dem Befreiungsgläubiger abzuwehren und dafür Sorge zu tragen, dass letzterem
die Auseinandersetzung mit dem Dritten und dessen Forderung – sei es im Hinblick auf
deren Grund oder sei es im Hinblick auf deren Höhe – abgenommen wird. Müsse die
Beklagte die Klägerin aber nach diesen Maßstäben von den Risiken der
Inanspruchnahme durch die Drittgläubiger bzw. Grundstückseigentümer abschirmen,
umfasse das ihre Verpflichtung, den durch die Prüfung und Erfüllung oder Abwehr
dieser Forderungen entstehenden Aufwand zu übernehmen. Die sich aus dem
Charakter bzw. der Natur der Freistellungsverpflichtung ergebende Pflicht, der Klägerin
diesen Aufwand abzunehmen, habe die Beklagte verletzt, was das Landgericht bei
seiner Würdigung verkannt habe. Mit ihrer Weigerung, einen Beitrag zur Abwehr an die
Klägerin herangetragener freistellungspflichtiger Drittforderungen zu leisten, habe die
Beklagte die Ursache gesetzt, dass die Klägerin selbst den administrativen Aufwand zur
Prüfung und Erfüllung oder Ablehnung dieser Drittforderungen betreiben müsse.
29
Die Klägerin beantragt,
30
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen landgerichtlichen Urteils
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Aufwendungen zu ersetzen,
die ihr – der Klägerin - durch die Überprüfung und Abwehr oder Erfüllung der im
Klageantrag zu 1) bezeichneten Ansprüche entstehen.
31
Die Beklagte beantragt,
32
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
33
Sie verteidigt das angefochtene Urteil, in dem das Landgericht die Klage im hier
betroffenen Feststellungspetitum zutreffend und mit überzeugenden, der Berufung der
Klägerin standhaltenden Erwägungen für unbegründet erachtet habe.
34
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird auf ihre in beiden
Instanzen gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.
35
B.
36
Die von den Parteien selbständig eingelegten Berufungen sind zwar gleichermaßen
zulässig. In der Sache ist den Rechtsmitteln der Parteien allerdings in
37
unterschiedlichem Maß Erfolg beschieden. Während die Beklagte mit ihrer Berufung
insoweit teilweise durchzudringen vermag, als sie die Unzulässigkeit des unter Ziffer 1.
des Klageantrags als Leistungsanspruch verfolgten Freistellungsbegehrens geltend
macht, scheitert die Klägerin mit ihrem Rechtsmittel insgesamt.
I. Berufung der Beklagten:
38
1.
39
Soweit die Beklagte die Unzulässigkeit der Klage mangels Bestimmtheit (§ 253 Abs. 2
Nr. 2 ZPO) des unter Ziffer 1. verfolgten Freistellungspetitums geltend macht, setzt sie
sich damit durch. Die Klage ist hinsichtlich des Freistellungsbegehrens nur in der
Fassung des hilfsweise verfolgten Feststellungsantrags zulässig.
40
a)
41
Was den von der Klägerin in teilweiser Abänderung ihres ursprünglichen, gegen die
Berufung der Beklagten verteidigten Freistellungsbegehrens mit Schriftsatz vom
29.01.2008 erstmals im zweiten Rechtszug in der Fassung eines bezifferten
Zahlungsantrags geltend gemachten Freistellungsanspruch angeht, hinsichtlich dessen
dem Einwand der mangelnden Bestimmtheit des Klageantrags ganz offenkundig der
Boden entzogen ist, so hat sie diesen Zahlungsantrag – mit Blick auf von dem Senat in
der mündlichen Verhandlung insoweit geäußerten umfassenden sachlichen
Aufklärungsbedarf – nicht gestellt.
42
b)
43
Hinsichtlich des von der Klägerin danach weiterverfolgten Freistellungsantrags greift der
beklagtenseits vorgebrachte Einwand der mangelnden Bestimmtheit (§ 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO).
44
Der dem auf Freistellung von einer Zahlungsverpflichtung gerichteten Titel
zugrundeliegende Klageantrag genügt nur dann dem Bestimmtheitserfordernis, wenn
Grund und Höhe der Schuld, von der freigestellt zu werden die Klagepartei begehrt,
angegeben sind (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 253 Rdn. 13 c und Zöller/Stöber,
a.a.O., § 887 Rdn. 3 – jeweils m. w. Nachw.). Diesen Anforderungen genügt der von der
Klägerin formulierte, dem angefochtenen Urteil zugrundeliegende Freistellungsantrag
nicht, in dem die Forderung(en), von welcher/n die Klägerin freigestellt werden will,
lediglich unter grundstücksbezogener Angabe der Anfangs- und Zielpunkte der
Kabelanlage und deren betriebsinterner Kennzeichnung, im übrigen dem gesetzlichen
Entstehungstatbestand der §§ 57 Abs. 2 Satz 2 a. F./76 Abs. 2 Satz 2 TKG nach
umrissen sind. Selbst unter Beachtung des Grundsatzes, dass zur Ermittlung des Inhalts
und Umfangs einer durch Urteil tenorierten Verpflichtung auch Tatbestand und
Entscheidungsgründe herangezogen werden können, lässt sich eine dem formulierten
Klageantrag entsprechende Freistellungsverpflichtung dem Grunde und der Höhe nach
anhand dieser Daten nicht eindeutig ermitteln. Es ist danach nicht erkennbar, welche
konkrete Forderung von der Freistellungsverpflichtung betroffen ist. Der bloße Verweis
auf die "Kopf"- und "Endgrundstücke" der Kabelanlage sowie den gesetzlichen
Entstehungstatbestand der Forderung(en), von denen die Klägerin freigestellt werden
will und nach dem landgerichtlichen Freistellungstenor freizustellen ist, reicht nicht für
die eindeutige Konkretisierung des freistellungspflichtigen Zahlungsanspruchs dem
45
Grund und der Höhe nach aus. Schon mangels Angaben betreffend den tatsächlichen
Verlauf der Kabelanlage zwischen den bezeichneten Anfangs- und Endpunkten lässt
sich nicht zuverlässig festlegen, welche/r Gläubiger im einzelnen betroffen ist/sind, noch
die Höhe des jeweiligen Ausgleichsanspruchs ermitteln. Das Erfordernis der
Bestimmtheit des Klageantrags ist dabei kein Selbstzweck, sondern dient maßgeblich
der Festlegung des Streitgegenstandes und der Vollstreckungsmöglichkeiten des Titels.
Gerade der letztgenannte Gesichtspunkt dokumentiert hier aber die unzureichende
Bestimmtheit des auf die Freistellung gerichteten Leistungsantrags. Hierfür kann
unterstellt werden, dass sich die in Frage stehenden Forderungen – wie die Klägerin
dies vorbringt - letztlich individualisieren lassen und dass bei einer etwa gestellten
Forderung eines Grundstückseigentümers ermittelt werden könnte, ob sie unter die etwa
tenorierte Freistellungsverpflichtung fällt. Das setzt indessen eine eigene materiell-
rechtliche Prüfung u.a. der Berechtigung des jeweiligen anspruchstellenden
Grundstückseigentümers sowie der Höhe der von ihm geltend gemachten Forderung
voraus, wie sie dem Erkenntnisverfahren vorbehalten ist. Eine solche Prüfung
überfordert die nach Maßgabe von § 887 ZPO vorzunehmende Vollstreckung der
Freistellungsverpflichtung, in deren Rahmen die dem Gläubiger im Wege der
Ersatzvornahme einzuräumende Ermächtigung die vorzunehmende Handlung per se
genau zu bezeichnen hat (vgl. Zöller/Stöber, a.a.O.,; OLG Saarbrücken, FamRZ 1999,
110 f; KG, NJW-RR 1999, 793). Hinzu kommt, dass der Ermächtigungsbeschluss, der
den durch Urteil tenorierten Anspruch des Gläubigers verwirklichen soll, dem Schuldner
nicht die Möglichkeit nimmt, die Verbindlichkeit bis zur Erfüllung (selbst) zu tilgen (vgl.
BGH, NJW 1995, 3189 f). Um aber feststellen zu können, ob eine von dem Schuldner
vorgenommene Handlung die Verbindlichkeit bereits erfüllt, daher eine dem Gläubiger
ermöglichte Ersatzvornahme und damit die Zwangsvollstreckung ins Leere geht, ist die
Verbindlichkeit von vornherein genau zu bestimmen. Dazu gehört es im Streitfall
namentlich, dass der Gläubiger und die Höhe des ihm zustehenden
Ausgleichsanspruchs, von dem die Klägerin zu befreien ist, von vornherein eindeutig
feststehen und nicht erst im Rahmen einer materiellen Prüfung eigens noch ermittelt
werden müssen.
c)
46
Begegnet daher die Bestimmtheit des im Wege der Leistungsklage als Hauptantrag
verfolgten Freistellungspetitums und damit die Zulässigkeit der Klage insoweit
durchgreifenden Bedenken, gilt das indessen nicht hinsichtlich des auf die Feststellung
der Freistellungsverpflichtung gerichteten Hilfsantrags. Für diesen ist hinreichend genau
bestimmt, welche Forderungen von der Freistellungsverpflichtung der Beklagten
umfasst sein sollen. Das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO) ergibt sich
dabei ohne weiteres bereits aus dem Umstand, dass die Beklagte generell ihre
Freistellungsverpflichtung vorprozessual abgelehnt hat und weiterhin ablehnt. Die
Klägerin vermag dabei auch keine umfassende Klärung der Freistellungsverpflichtung
der Beklagten im Rahmen einer auf die Freistellung von einer einzelnen konkreten
Ausgleichsforderung eines individuellen Grundstückseigentümers erhobenen
Leistungsklage herbeizuführen, weil der Streitgegenstand eines solchen Prozesses und
die Rechtskraft eines in ihm etwa ergehenden Urteils auf jene einzelne Forderung
beschränkt wäre und keine prozessuale Bindungswirkung für die
Freistellungsverpflichtung von Ausgleichsforderungen der anderen zahlreichen
Grundstückeigentümer entfaltete.
47
2.
48
Der Feststellungsantrag ist auch begründet.
49
Die Beklagte ist nach der unter § 3 Abs. 3 des Nutzungsvertrages getroffenen
Vereinbarung verpflichtet, die Klägerin von auf den Vorschriften der §§ 57 Abs. 2 Satz 2
TKG a.F./76 Abs. 2 Satz 2 TKG beruhenden, in dem Klageantrag gemäß Ziffer 1 lit. b)
näher bezeichneten Ausgleichsansprüchen der Grundstückseigentümer
50
freizustellen, die letztere aufgrund der Nutzung der LWL-Fasern durch die Beklagte
geltend machen könnten.
51
a)
52
Soweit die Beklagte einwendet, dass solche freistellungspflichtigen
Ausgleichsansprüche der Grundstückseigentümer den materiellen Voraussetzungen
nach nicht entstanden sein könnten, überzeugt das nicht.
53
Gemäß §§ 57 Abs. 2 Satz 2 TKG a. F./76 Abs. 2 Satz 2 TKG konnte/kann der
Eigentümer eines Grundstückes, über das eine nach den Absätzen 1 der erwähnten
Bestimmungen jeweils zu duldende Telekommunikationslinie führt, für die erweiterte
Nutzung zu Zwecken der Telekommunikation einen einmaligen Ausgleich in Geld
verlangen, sofern bisher keine Leitungswege vorhanden waren, die zu
Telekommunikationszwecken genutzt werden konnten. Letzteres ist – neben der
erstmaligen Errichtung einer bis dahin auf dem Grundstück nicht vorhandenen
Telekommunikationslinie - auch dann der Fall, wenn eine bereits vorhandene Anlage
oder Leitung nunmehr zu Telekommunikationszwecken erweitert genutzt wird (vgl.
Schütz in Beckscher TKG-Kommentar, 3. Aufl. (2006), § 76 Rdn. 50 sowie a.a.O., 2.
Auflage (2000), § 57 Rdn. 44; Säcker/Dörr, Berliner Kommentar zum TKG (2006), § 76
Rdn. 35; Bosch in Trute/Spoerr/Bosch, TKG, 1. Aufl. (2001), § 57 Rdn. 15 und 17 –
jeweils m. w. Nachw.). Dass den Eigentümern der in dem Klageantrag bezeichneten
Leitungsgrundstücke infolge der als solche unstreitigen tatsächlichen Nutzung der LWL-
Fasern durch die Beklagte nach Maßgabe dieser Bestimmungen
Ausgleichsforderungen entstanden sind, lässt sich nicht verneinen.
54
aa)
55
Soweit die Beklagte sich mit dem Argument gegen das Entstehen eines durch ihre
Nutzungsaufnahme ausgelösten Ausgleichsanspruchs der Grundstückseigentümer
wendet, dass bereits die frühere betriebsinterne Nutzung der LWL-Fasern durch die
Klägerin selbst den ausgleichspflichtigen Tatbestand geschaffen habe, scheitert das.
Nach der zu § 57 Abs. 2 Satz 2 TKG a. F. ergangenen Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs (BGH Z 145, 16/29 ff) hinderte die vorherige Nutzung von LWL-
Kabeln zu betriebsinternen Zwecken nicht den im Falle der "Nutzungserweiterung"
entstehenden Ausgleichsanspruch, sondern musste die genannte Bestimmung
verfassungskonform dahin verstanden werden, dass auch in Fällen der Ausweitung
bisher gestatteter betriebsinterner Telekommunikation auf Dienstleistungen für die
Öffentlichkeit eine einmalige Ausgleichszahlung geschuldet wird (a.a.O., 32). Der
erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus
den in der genannten Entscheidung im einzelnen dargestellten überzeugenden
Gründen an, die in der Beurteilung durch das Bundesverfassungsgericht (NJW 2001,
2960 ff) keinerlei Beanstandung erfahren haben, sondern maßgeblich dafür
56
herangezogen wurden, um die in § 57 Abs. 1 TKG bestimmte Duldungspflicht der
Grundstückseigentümer als verfassungskonform einzuordnen. Für die unter § 76 Abs. 2
Satz 2 in der Neufassung des TKG sachlich unverändert getroffene Regelung kann
nichts anderes gelten.
bb)
57
Die von der Beklagten weiter angeführte, als solche ebenfalls unstreitige frühere
Vermietung der in dem Kabelrohr gezogenen LWL-Fasern an o.tel.o hindert die
Entstehung eines Ausgleichsanspruchs bereits deshalb nicht, weil es auf die
tatsächliche Nutzungsaufnahme der Fasern zu Telekommunikationszwecken ankommt.
Die bloße Vermietung der von dem Energieversorgungsunternehmen umgerüsteten
oder zusätzlich installierten Kabel zu Zwecken der Telekommunikation reicht daher
nicht als Auslöser für den Ausgleichsanspruch nach §§ 57 Abs. 2 Satz 2 TKG a.F./76
Abs. 2 Satz 2 TKG; hinzukommen muss vielmehr die entsprechende tatsächliche
Nutzung durch den Mieter (BGH, WM 2005, 1801 ff). Soweit die Beklagte hier eine von
der des Bundesgerichtshofs abweichende Auffassung vertritt und den Standpunkt
verficht, bereits die bloße Nutzungsmöglichkeit löse den – (nur) bei erstmaliger
Nutzungserweiterung einmalig zu entrichtenden - Ausgleichsanspruch der
Grundstückseigentümer aus, überzeugt das nicht. Der Senat schließt sich vielmehr der
vor dem Hintergrund der beklagtenseits eingewandten Erkenntnisgrundlage
ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (a.a.O.) an, die keiner
weitergehenden wiederholenden Darstellung bedarf.
58
cc)
59
Das Bestreiten der Beklagten, dass es sich bei der nach ihrem Schreiben vom
25.11.2005 (Anlage K 8) erstmals ab 14.06.2002 und 11.02.2004 von ihr
aufgenommenen Nutzung um die erstmalige – mithin ausgleichspflichtige – tatsächliche
Nutzung der LWL- Fasern zu Telekommunikationszwecken gehandelt habe, führt aus
den in dem angefochtenen Urteil (dort S. 12/13, 1. und 2. Absatz) aufgezeigten
Erwägungen, auf welche der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt
und die er sich zu eigen macht, ebenfalls nicht dazu, die auf dem Vertrag beruhende
Freistellungsverpflichtung zu verneinen. Die auf die Freistellungsverpflichtung
bezogene Feststellung erstreckt sich nach der von der Klägerin gewählten
Antragsfassung und infolgedessen der darauf beruhenden Tenorierung von vornherein
nur auf nach den §§ 57 Abs. 2 Satz 2 TKG a.F./76 Abs. 2 Satz 2 TKG entstandene
Ausgleichsverpflichtungen und auf solche, bei denen die erstmalige Nutzung der LWL-
Fasern durch die Beklagte vorgenommen wurde. Das geht aus der auf den (Haupt-
)Freistellungsantrag Bezug nehmenden Fassung des (Hilfs-) Feststellungsantrags
zwanglos hervor, welche die Anforderungen an die freistellungspflichtige
Ausgleichsverpflichtung kumulativ formuliert und klarstellt, dass die Ansprüche gemäß
den §§ 57 Abs. 2 Satz 2 TKG a.F./76 Abs. 2 Satz 2 TKG auf der (tatsächlichen) Nutzung
durch die Beklagte beruhen müssen. Dass es generell und in keinem Fall bei der
streitbefangenen Kabelanlage zu einer solchen ausgleichspflichtigen erstmaligen
tatsächlichen Nutzungsaufnahme durch die Beklagte gekommen ist und daher das
Entstehen von nach Maßgabe des Nutzungsvertrages freistellungspflichtiger
Ausgleichsansprüche der Grundstückseigentümer überhaupt ausgeschlossen ist, ist
nicht ersichtlich.
60
b)
61
Die Rechtsverteidigung der Beklagten bleibt ebenfalls ohne Erfolg, soweit sie sich
gegen ihre Freistellungsverpflichtung selbst bzw. dagegen wendet, dass sie die
entstandenen Ausgleichsansprüche gemäß § 3 Abs. 3 des Nutzungsvertrages in vollem
Umfang zu übernehmen bzw. zu tragen hat.
62
Die von der Beklagten unter AGB-rechtlichen Gesichtspunkten gegen die
Vertragsgültigkeit und Wirksamkeit der unter § 3 Abs. 3 des Nutzungsvertrages
formulierten Bestimmung vorgebrachten Bedenken wiederholen im wesentlichen die
bereits in erster Instanz eingewandten Argumente. Mit diesen hat sich das Landgericht
bereits in erster Instanz befasst und sie mit überzeugenden Gründen, auf die der Senat
zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, als unbegründet erachtet. Die in
Frage stehende Vertragbestimmung ist danach weder überraschend i. S. des § 305 c
Abs. 1 BGB und daher Vertragsbestandteil des Nutzungsvertrages geworden noch führt
sie zu einer unangemessenen Benachteiligung der Beklagten i. S. von § 307 BGB.
63
Ergänzend ist lediglich ausführen, dass der beklagtenseits eingewandte Aspekt, die
Ausgleichsverpflichtung müsse mit Blick auf die zeitlich und gegenständlich
beschränkte Nutzung der LWL-Fasern anteilig reduziert werden, eine i. S. von § 307
BGB unangemessene Benachteiligung durch die eine solche Begrenzung des
freistellungspflichtigen Anspruchs nicht erkennen lassende Vertragsbestimmung nicht
zu begründen vermag. Da nur die erstmalige Nutzung der LWL-Kabel zu öffentlichen
Telekommunikationszwecken einen Ausgleichsanspruch der Grundstückseigentümer
begründet, trifft es zwar zu, dass ein der Beklagten in der Nutzung der LWL-Fasern
nachfolgendes Telekommunikationsunternehmen die nämliche Nutzung unentgeltlich
erhält. Von dieser Situation kann aber umgekehrt auch die Beklagte profitieren, wenn
sie ihrerseits als nachfolgende Nutzerin von anderen Telekommunikationsunternehmen
die von diesen vorher gegen Zahlung eines Ausgleichs genutzten Kabelstrecken
übernimmt. Dies sowie ferner würdigend, dass die vereinbarte Dauer der mit der
"einmaligen" Ausgleichszahlung durch die Beklagte abgegoltenen vertraglichen
Nutzung immerhin 15 Jahre beträgt, spricht alles dagegen, dass die zu beurteilende
Vertragsbestimmung, nach welcher die Beklagte vollumfänglich mit den durch ihre
erstmalige Nutzung der LWL-Fasern ausgelösten Ausgleichsansprüchen der
Grundstückeigentümer belastet wird, eine mit den Geboten von Treu und Glauben
unvereinbare unangemessene Benachteiligung bewirkt.
64
c)
65
Auch soweit die Beklagte in der Berufung schließlich einwendet, dass § 57 Abs. 2 Satz
2 TKG a.F./76 Abs. 2 Satz 2 TKG insoweit gegen höherrangiges Gemeinschaftsrecht
verstoße, als die Telekommunikationsunternehmen danach zur Zahlung eines
Ausgleichsbetrages verpflichtet würden, sie mithin aus diesem Grund auch nicht über
die vertragliche Regelung des § 3 Abs. 3 des Nutzungsvertrages wirtschaftlich mit
derartigen Forderungen belastet werden dürfe, lässt das keine abweichende
Beurteilung zu und rechtfertigt das nicht die von der Beklagten angeregten Vorlage der
Sache an den Europäischen Gerichtshof (Art. 234 EG-Vertrag).
66
Der nationale Gesetzgeber war nicht nur durch Art. 87 f GG, sondern auch durch EG-
rechtliche Vorschriften, namentlich die Richtlinie 96/19 der Kommission vom
13.03.1996, Abl. Nr. L 74/13) in die Pflicht genommen, eine flächendeckend
angemessene und ausreichende Telekommunikationsversorgung der Bevölkerung
67
durch die Sicherstellung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs
privater Anbieter zu gewährleisten (vgl. BGH Z, 145, 16/25 f; BGH, NJW 2002, 678/679;
BVerfG, NJW 2003, 96/198 = MMR 2002, 736 – jeweils m. w. Nachw.) Die – mit den in
den §§ 57 Abs. 1 TKG a.F./76 Abs. 1 TKG getroffenen Regelungen ermöglichte -
Inanspruchnahme privater Grundstücke zu einer raschen Herstellung eines
flächendeckenden Netzes terrestrischer Telekommunikationslinien war dabei sowohl
aus volkswirtschaftlichen Gründen als auch zur Gewährleistung eines ausgewogenen
Wettbewerbs gefordert worden (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drs. 13/3609, S. 50). Ist
die in den §§ 57 Abs. 1 TKG a.F./76 Abs. 1 TKG gefundene gesetzliche Regelung vor
diesem Hintergrund in EG-rechtlichen Vorschriften namentlich zur Förderung des
Wettbewerbs fundiert, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die unter den §§ 57
Abs. 2 Satz 2 TKG a.F./76 Abs. 2 Satz 2 TKG geregelte Verpflichtung zu
Ausgleichszahlungen der privaten Telekommunikationsunternehmen eine mit dieser
gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe unvereinbare Erschwerung der dem Markt neu
hinzutretenden oder für diese zumindest effektiv zu eröffnenden privaten
Telekommunikationsunternehmen bewirkt. Eine Verpflichtung der Mitgliedsstaaten,
durch die nationale Gesetzgebung sicherzustellen, dass privates Eigentum unentgeltlich
für den Aufbau und/oder das Betreiben eines chancengleichen Wettbewerbs im
Marktsegement der gewerblichen Telekommunikationsnetze genutzt werden kann, lässt
sich dem Gemeinschaftsrecht nicht entnehmen. Dieses begründet zwar die
Verpflichtung, bei der Liberalisierung der nationalen Telekommunikationsmärkte für
diskriminierungsfreie Regelungen Sorge zu tragen und die Entstehung
(gemeinschaftsweiten) privatwirtschaftlichen Wettbewerbs zu ermöglichen.
Weitergehende Vorgaben hinsichtlich der Art und Weise, wie der nationale Gesetzgeber
diese Ziele im einzelnen unter Einbeziehung und Berücksichtigung
verfassungsrechtlich geschützter Interessen zu realisieren hat, folgen daraus nicht. Die
in Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Richtlinien gefundenen nationalen Regelungen
und Maßnahmen haben sich zweifelsohne zwar an den gemeinschaftsrechtlichen
Zielen zu orientieren bzw. sind "richtlinienkonform" zu gestalten. Dass die hier zu
beurteilende, für die Inanspruchnahme der Grundstücke der Leitungseigentümer u.a.
durch die Betreiber der Telekommunikationslinien zu leistende Ausgleichszahlung nicht
in diesem Sinne als richtlinienkonform einzuordnen ist und eine den Wettbewerb
behindernde Erschwerung des Marktzutritts der privaten Netzbetreiber und Anbieter von
Telekommunikationsdiensten bewirkt, ist indessen nicht ersichtlich. Vor dem
Hintergrund der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG ließ sich die zu gestattende und
gemäß den nationalen Bestimmungen der § § 57 Abs. 1 TKG a.F./76 Abs. 1 TKG
gestattete Inanspruchnahme privater Grundstücke zum Ausbau von
Telekommunikationsnetzen jedenfalls dann nur bei entsprechender Ausgleichszahlung
an die Eigentümer als verfassungskonform gestalten, wenn die hinzunehmende
Inanspruchnahme zu einer über das zumutbare Maß hinausgehenden oder zu einer die
bisherige Nutzung erweiternden Nutzung führt (vgl. BVerG, NJW 2001, 2960; BGHZ
145, 16/32). Ein Widerspruch zu der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe, einen
chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerb der privaten Anbieter zu
gewährleisten, lässt sich dem nicht entnehmen. Ein generelles Verbot von
Ausgleichszahlungen folgt daraus mit Blick darauf nicht, dass auch den Eigentümern
der den privaten Anbietern für Telekommunikationszwecke zur Verfügung zu stellenden
Leitungsnetze eine ebensolche Zahlungsverpflichtung auferlegt ist, so dass sich (auch)
deren Leistung entsprechend verteuern wird. Auch was die Höhe der zu leistenden
Ausgleichszahlungen angeht, so ist nach den nationalen Bestimmungen der §§ 57 Abs.
2 Satz 2 TKG a.F./76 Abs. 2 Satz 2 TKG in der ihnen durch die Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs gegebenen Ausprägung zu berücksichtigen und damit ebenfalls
gewährleistet, dass sich daraus keine mit dem gemeinschaftsrechtlichen Zielen
unvereinbare Belastung der privaten Anbieter ergibt. Bei der Bemessung der
Ausgleichszahlung ist vielmehr zu berücksichtigen, dass die zum Regelungsziel des
TKG (§ 1 TKG) erhobene Verwirklichung einer flächendeckenden Versorgung der
Bevölkerung mit Telekommunikationsleistungen unter gleichzeitiger Förderung des
Wettbewerbs notwendigerweise voraussetzt, dass die privaten Anbieter zur
Verminderung des Wettbewerbsvorsprungs der Deutschen Telekom AG ohne
unzumutbaren Kostenaufwand auf das Leitungsnetz der Energieindustrie zurückgreifen
können (BGH Z 145, 16/34). Dies alles würdigend bestehen aus der Sicht des Senats
keine Bedenken, die gesetzliche Regelung, wie sie in den §§ 57 Abs. 2 Satz 2 TKG
a.F./76 Abs. 2 Satz 2 TKG getroffen ist, als mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar
einzuordnen, und ist daher eine Vorlage an den EuGH
nach Maßgabe von § 234 EG-Vertrages zur Klärung dieser Frage nicht veranlasst.
68
II. Berufung der Klägerin:
69
Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg; das Landgericht hat das auf Feststellung der
Ersatzpflicht des Kostenaufwandes für die Prüfung sowie die Abwehr oder Erfüllung der
Ausgleichsansprüche der Grundeigentümer gerichtete Klagebegehren zu Recht als
unbegründet erachtet.
70
Weder die von der Klägerin geltend gemachte Pflichtverletzung noch sonstige rechtliche
Gesichtspunkte vermögen einen solchen Anspruch zu begründen. Die in dem
angefochtenen Urteil vorgenommene Wertung, auf welche der Senat sich auch hier in
vollem Umfang bezieht und die er sich zu eigen macht, hält den mit der Berufung
vorgebrachten Angriffen der Klägerin stand.
71
1.
72
Die unter § 3 Abs. 3 des Nutzungsvertrages getroffenen Regelung enthält keine
unmittelbare Regelung, nach welcher sich die Beklagte zum Ersatz des hier zu
beurteilenden Kostenaufwands verpflichtet hat. Die erwähnte vertragliche Regelung
bezieht sich vielmehr nur auf von dritter Seite an die Klägerin herangetragene
Forderungen. Die der Klägerin im Rahmen der Prüfung und Erfüllung oder Abwehr
dieser Forderungen entstandenen Kosten zählen aber nicht zu solchen
Drittforderungen.
73
Ein Anspruch auf Ersatz dieser von der Klägerin selbst aufgewandten Kosten ergibt sich
aber auch nicht aus der Natur der vertraglich übernommenen Freistellungsverpflichtung.
Allerdings trifft es zu, dass ein Freistellungsanspruch nicht nur typischerweise einen
Haftungsanspruch im Innenverhältnis zwischen Freistellungsgläubiger und
Freistellungsschuldner, sondern regelmäßig auch die Verpflichtung des
Freistellungsschuldners zur Abwehr des gegen den Freistellungsgläubiger erhobenen
Drittanspruchs begründet (vgl. BGH, NJW 2002, 2382; BGH, NJW 1983, 1729 ff; BGH,
NJW 1970, 1594 ff – jeweils m. w. Nachw.). Nach der im Streitfall zu beurteilenden
Situation besteht jedoch Anlass, von dem dargestellten Regelfall abzuweichen. Die
Klägerin verlangt nicht Ersatz des ihr zur Prüfung und Feststellung konkreter, ihr
gegenüber geltend gemachter Drittforderungen entstandenen Kostenaufwands. Sie
fordert vielmehr Ersatz eines generell – unabhängig von dem Erfordernis einer
konkreten Einzelfallprüfung – von ihr entfalteten pauschalen Aufwands zur Ermittlung
74
der Anspruchsberechtigten und deren Ansprüchen. Vor dem Hintergrund, dass eben
dieser Aufwand bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Nutzungsvertrages für die
Klägerin absehbar und der Größenordnung nach einzuordnen war, hätte es aber – wie
dies das Landgericht in dem angefochtenen Urteil (dort S. 22 f) überzeugend ausgeführt
hat – nahegelegen, dass die Klägerin auf eine die Beklagte zur Übernahme auch dieses
Aufwands verpflichtende unmissverständliche Regelung hinwirkt. Der Umstand, dass
dies unterlassen wurde, spricht dagegen, dass die Freistellungsverpflichtung im
Streitfall auch die Verpflichtung zur Tragung auch des hier geltend gemachten
Kostenaufwands umfassen sollte und umfasst mit der Folge, dass sich ein solcher
Anspruch nicht per se aus der "Natur" des Freistellungsanspruchs herleiten lässt.
2.
75
Danach scheitert aber auch ein Anspruch aus § 426 Abs. 1 BGB, weil nach der
vorbeschriebenen Situation von einer im Innenverhältnis zwischen den für die
gegenüber den Ausgleichsforderungen der Grundstückseigentümer als
Gesamtschuldner haftenden Parteien von einer "anderen", einen Kostenausgleich
ausschließenden Regelung auszugehen ist.
76
3.
77
Der von der Klägerin zur Feststellung begehrte Anspruch auf Ersatz des zur Prüfung
und Erfüllung oder Abwehr der Ausgleichsforderungen entstehenden Aufwands ergibt
sich schließlich auch nicht als Schadensersatzanspruch wegen einer der Beklagten
anzulastenden Pflichtwidrigkeit oder als Aufwendungsersatzanspruch unter dem
Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag. Dies scheitert im Ergebnis sämtlich
daran, dass die Klägerin, die selbst Schuldnerin des Ausgleichsanspruchs ist, pauschal
einen Kostenaufwand geltend macht, der unabhängig von dem Erfordernis einer
konkreten Einzelfallprüfung anfallen soll. Dann aber besteht weder ein
Kausalzusammenhang mit einer etwaigen Pflichtverletzung der Beklagten noch lässt es
sich bejahen, dass die Klägerin insoweit für die Beklagte tätig wurde bzw. für diese ein
Geschäft besorgt hat.
78
III.
79
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Bei der Ermittlung
der auf die Parteien jeweils entfallenden Kostenquote wurde das
Feststellungsbegehren, mit welchem die Klägerin sich – nachdem die Klage mangels
Zulässigkeit des Freistellungsantrags im Hauptpetitum scheiterte - im Ergebnis
durchzusetzen vermochte, ebenso wie das Freistellungsbegehren bewertet, nämlich
unter Abzug eines 20-prozentigen Abschlags des mit 48.362,00 € veranschlagten
Ausgleichszahlungsbetrages (Seite 32 der Klageschrift = Bl. 32 d.A.).
80
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den
§§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
81
Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) zugelassen. Die entscheidungserheblichen Fragen, ob die
Beklagte zur Freistellung und zum Ersatz des für die Ermittlung und Prüfung der
Forderungen der Drittgläubiger entfalteten Kostenaufwands verpflichtet ist, beschränkt
sich nicht auf eine Vertragsauslegung, sondern hängt von dem Verständnis der die
82
freistellungspflichtige Forderung begründenden gesetzlichen Bestimmungen ab. Mit
Blick auf die von der Beklagten u. a. gegen die Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs zu §§ 57 Abs. 2 Satz 2 TKG a.F./76 Abs. 2 Satz 2 TKG
vorgebrachten, teilweise auch in den einschlägigen Kommentierungen vertretenen
Einwände sieht der Senat Klärungsbedarf zu Fragen, die in einer unbestimmten
Vielzahl von Fällen zu erwarten sind und deshalb das abstrakte Interesse der
Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung berühren.
Wert: 97.826,00 € (Berufung der Beklagten: 38.690,00 €;
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Berufung der Klägerin: 59.136,00 €).
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