Urteil des OLG Köln vom 13.04.2007

OLG Köln: rücknahme der klage, hörfunk, betreiber, versorgung, wiedergabe, beschränkung, vergütung, hotel, eugh, verbreitung

Oberlandesgericht Köln, 6 U 171/06
Datum:
13.04.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 171/06
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 28 O 3/06
Normen:
UrhG § 31 Abs. 5; Richtlinien 2001/29/EG Art. 3 l; sog. "Regio-Vertrag"
zwischen Kabelnetzbetreibern und der VG Media
Tenor:
I.) Die Berufung der Beklagten gegen das am 2.8.2006 verkündete Urteil
der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 28 O 3/06 – wird mit der
Maßgabe zurückgewiesen, dass der Hauptausspruch wie folgt neu
gefasst wird:
1.) Es wird festgestellt, dass der "Vertrag über die Vergütung der
Nutzung der terrestrisch und satellitär herangeführten Programme der
Hörfunk- und Fernsehsendeunternehmen in den Breitbandkabelnetzen
der Kabelnetzbetreiber" vom 11.4./9.5./14.5./16.5./26.6.2003 zwischen
der Beklagten und der E. U. AG, der J. GmbH & Co. KG sowie
verschiedenen anderen Kabelnetzbetreibern (sog. „Regiovertrag“) in der
Zeit vom 23.12.2005 bis zum 31.12.2006 die zeitgleiche und
unveränderte (= "rechtefreie") Weiterleitung von Programmen der
Sendeunternehmen, deren Urheber- und Leistungsschutzrechte die
Beklagte wahrnimmt, vom Übergabepunkt bis zu den Fernsehgeräten in
den Hotelzimmern der Klägerin erlaubt hat.
2.) Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.) Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Klägerin zu
¾ und die Beklagte zu ¼ zu tragen.
III.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Vollstreckung der Kostenerstattungsansprüche kann der jeweilige
Kostenschuldner durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die
vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110
% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV.) Die Revision wird nicht zugelassen.
B e g r ü n d u n g
1
I
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Die Beklagte ist eine Wahrnehmungsgesellschaft, die die Urheber- und
Leistungsschutzrechte von Medienunternehmen, insbesondere Fernseh- und
Rundfunkanstalten, für diese wahrnimmt.
3
Die Klägerin betreibt das S.-Hotel C./R.-Hotel D. in B.-C. H.. Die Hotelzimmer sind mit
Fernsehempfängern ausgestattet, die von einer hausinternen Verteileranlage unter
anderem mit den von den Fernseh- und Rundfunkanstalten ausgestrahlten Programmen
versorgt werden. Die Programmsignale werden von der Kabelnetzbetreiberin J. GmbH &
Co. KG (im Folgenden: "J.") an das Hotel der Klägerin herangeführt. Mit J. und anderen
Kabelnetzbetreibern hat die Beklagte im Frühjahr 2003, nachdem zwischen den
Beteiligten vorher unterschiedliche Auffassungen über die Vergütungspflicht bei der
Nutzung der Rundfunk- und Fernsehprogramme aufgetreten waren, einen "Vertrag über
die Vergütung der Nutzung der terrestrisch und satellitär herangeführten Programme der
Hörfunk- und Fernsehsendeunternehmen in den Breitbandkabelnetzen der
Kabelnetzbetreiber" geschlossen. Mit diesem – auch als "Vergleichsvertrag"
bezeichneten - sogenannten "Regio-Vertrag" ist ausweislich seiner Präambel die Höhe
etwaiger Ansprüche der Sendeunternehmen wegen der Nutzung ihrer sämtlichen
Urheber- und Leistungsschutzrechte in der Vergangenheit und während der zunächst
bis zum Jahre 2005 vorgesehenen Vertragslaufzeit abschließend geregelt worden. Die
Laufzeit ist später bis zum 31.12.2006 verlängert worden. Nach der in der Spruchfrist
erfolgten Darstellung der Klägerin ist sie inzwischen nochmals, und zwar bis zum
31.12.2008, verlängert worden. In dem Vertrag heißt es unter § 2 ("Rechteeinräumung")
in Ziffer 3 Satz 5:
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"Eine Übertragung zur Nutzung der Rechte nach diesem Vergleichsvertrag an
Dritte ist im Falle der EUAG/KDG, solange diese noch Vertragspartei der
Einspeisungsverträge sind, und der Kabelnetzbetreiber nur dann zulässig, wenn
die Kabelnetzbetreiber das Programm der Sendeunternehmen anderen
Kabelnetzbetreibern der Netzebene 4 (nachfolgend "andere Betreiber") zuliefern
und über die Signalzulieferung ein Vertrag zwischen den Kabelnetzbetreibern und
den betreffenden anderen Betreibern besteht oder geschlossen wird."
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Die Klägerin hat unter Berufung auf ein als Anlage K 1 zur Klageschrift vorgelegtes
Schreiben der J. vom 23.12.2005 behauptet, sie habe mit dieser einen
Kabelanschlussvertrag geschlossen, und die Auffassung vertreten, der beschriebene
Weitertransport von Programmen der Sendeanstalten von ihrer Empfangsstelle (= dem
"Übergabepunkt") über eine Verteileranlage zu den Fernsehgeräten in den einzelnen
Hotelzimmern greife nicht in die von der Beklagten wahrgenommenen Rechte der
Medienunternehmen ein. Mit ihrem Hauptantrag hat sie eine dahingehende Feststellung
begehrt. Hilfsweise hat sie die Feststellung erstrebt, dass der Regio-Vertrag die
"rechtefreie Weiterleitung an die Klägerin erlaubt".
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Das Landgericht hat die Klage mit dem Hauptantrag abgewiesen und dem Hilfsantrag
mit einem von dem Antrag abweichenden Wortlaut, dessentwegen auf den Tenor der
Entscheidung Bezug genommen wird, stattgegeben. Gegen dieses Urteil haben beide
Parteien Berufung eingelegt. Die Klägerin hat im Laufe des Berufungsverfahrens ihre
gegen die Abweisung des Hauptantrages gerichtete Berufung zurückgenommen und
den Hilfsantrag entsprechend der obigen Tenorierung zeitlich beschränkt.
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Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung, mit der sie unter Vertiefung ihres
erstinstanzlichen Vortrages die Abweisung auch des Hilfsantrages in der jetzt noch
aufrechterhaltenen Fassung erstrebt und deren Zurückweisung die Klägerin beantragt,
vor, die Klägerin habe aus Gründen, auf die sogleich einzugehen ist, auch in Ansehung
des Regio-Vertrages in dem noch streitgegenständlichen Zeitraum in die von ihr
wahrgenommenen Rechte eingegriffen.
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Wegen des Sachverhaltes im Übrigen wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 ZPO auf den
Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
9
II
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Nach der Rücknahme der Berufung der Klägerin hat der Senat lediglich noch über die
Berufung der Beklagten gegen deren Verurteilung auf den Hilfsantrag zu befinden,
soweit dieser nach seiner zeitlichen Beschränkung aufrechterhalten wird. Die Berufung
der Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Auch unter
Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Beklagten hat das Landgericht für den
im Berufungsverfahren noch zur Entscheidung stehenden Zeitraum zwischen dem
23.12.2005 und dem 31.12.2006 zu Recht festgestellt, dass der Klägerin aufgrund des
"Regio-Vertrages" die Weiterleitung der ihr von ish zugeführten Programmsignale vom
Übergabepunkt bis zu den Fernsehgeräten in ihren Hotelzimmern erlaubt war.
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1.) Ohne Erfolg beanstandet die Beklagte zunächst, die Kammer sei mit der
Formulierung des Urteilstenors über den Antrag hinausgegangen und habe auf diese
Weise § 308 ZPO verletzt. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und macht
sich so den Wortlaut des zu ihren Gunsten ergangenen Urteilstenors zu eigen. Die Rüge
könnte daher auch dann im Berufungsverfahren keinen Erfolg haben, wenn das
Landgericht tatsächlich der Klägerin mehr zugesprochen hätte, als diese mit ihrem
Hilfsantrag beantragt hatte. Das ist jedoch auch nicht der Fall: Die Klägerin wollte
ausweislich der Begründung ihres Hilfsantrages schon erstinstanzlich festgestellt
wissen, dass ihr dasjenige, was sie tatsächlich tut, nämlich die über das Breitbandkabel
von ish empfangenen Programme in ihre einzelnen Hotelzimmer zu den dortigen
Fernsehgeräten weiterzuleiten, urheberrechtlich aufgrund des Regio-Vertrages erlaubt
ist. Dieses – eindeutige – Begehren war durch die Formulierung: "Es wird
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festgestellt, dass der ... (= Regio-Vertrag) ... der ish die rechtefreie Weiterleitung an die
Klägerin erlaubt", im Klageantrag nicht exakt getroffen. Es ging der Klägerin nämlich
nicht darum, die Programmsignale "rechtefrei" zu erhalten, sondern sie wollte
festgestellt wissen, dass sie die von J. erhaltenen Signale an die einzelnen
Fernsehgeräte weiterleiten dürfe. Das Landgericht hat deswegen mit der Formulierung
des Tenors: "..., dass der ... (= Regio-Vertrag) der ish ... die zeitgleiche und unveränderte
(= "rechtefreie") Weiterleitung von Programmen der Sendeunternehmen, ..., vom
Übergabepunkt bis zu den Fernsehgeräten in den Hotelzimmern der Klägerin erlaubt"
den Kern des Begehrens der Klägerin erfasst und durch die redaktionelle Neufassung §
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308 ZPO ersichtlich nicht verletzt.
Soweit der Wortlaut des Tenors der vorliegenden Entscheidung über die zeitliche
Beschränkung hinaus von demjenigen der angegriffenen Entscheidung abweicht, stellt
dies (z.B. "Vermietung" statt "Vergütung" in Zeile 1) ebenfalls eine lediglich
redaktionelle Berichtigung dar.
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2.) Der angesichts der Beanstandung der beschriebenen Versorgung der hoteleigenen
Fernsehgeräte durch die Beklagte gem. § 256 ZPO zulässige Feststellungsantrag ist im
noch begehrten Umfange begründet. Die Klägerin war aufgrund des Regio-Vertrages
berechtigt, die ihr von ish zugeleiteten Signale über ihre hoteleigene Verteilanlage an
die Fernsehgeräte in den einzelnen Hotelzimmern weiterzuleiten. Das ergibt sich aus §
2 Ziff. 3 Satz 5 des Regio-Vertrages. Nach dessen auf S. 3 dieses Urteils
wiedergegebenem Wortlaut war der Kabelnetzbetreiber ish als Partner des Regio-
Vertrages berechtigt, anderen Kabelnetzbetreibern der Netzebene 4 (= "andere
Betreiber") das Programm der Sendeunternehmen zuzuliefern, sofern hierüber zwischen
ish und dem anderen Betreiber ein Vertrag bestand oder geschlossen wurde. Diese
Voraussetzungen haben im noch streitgegenständlichen Zeitraum vorgelegen.
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a) Die Klägerin stellt – wie die Kammer zutreffend entschieden hat – eine
Kabelnetzbetreiberin der Netzebene 4 dar.
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Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten existieren im Bereich der Weiterleitung von
Hörfunk- und Fernsehsignalen insgesamt fünf Netzebenen in der Anordnung, wie sie in
der Anlage B 2 zur Klageerwiderung dargestellt ist. Danach gehören zur Netzebe-
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ne 3 Breitbandverteilnetze mit Übergabepunkten, zur Netzebene 4 Hausverteilanlagen
(hausinterne Kabelnetze) und zur Netzebene 5 die Strecke ab der Antennensteckdose
bis zum Endgerät. Nach dieser Einteilung stellt der hier streitige Bereich, nämlich die
Weiterleitung der Programmsignale vom Übergabepunkt über die hoteleigene
Verteileranlage zu den einzelnen Fernsehgeräten, den Bereich der Netzebene 4 dar.
Das ergibt sich schon daraus, dass es sich um die Weiterleitungsstrecke zwischen dem
Übergabepunkt, der das Ende der Netzebene 3 darstellt, einerseits und dem Endgerät,
das schließlich das Programmsignal sichtbar macht, andererseits handelt. Zudem wird
auf dieser Strecke durch eine Verteileranlage – dem Wortsinne nach also eine
"Hausverteilanlage" – das Programm auf die verschiedenen Geräte in den einzelnen
Hotelzimmern aufgeteilt. Die streitige Weiterleitung erfolgt damit im Bereich der
Netzebene 4. Dagegen spricht nicht, dass es sich bei der Hotelanlage der Klägerin nicht
um eine Wohnanlage handelt, die einen typischen Anwendungsfall der Netzebene 4
darstellen mag, und – wie der Beklagten einzuräumen ist – die Programme auf die
beanstandete Weise einem größeren Kreis der Öffentlichkeit als bei Wohnanlagen
zugänglich gemacht werden. Wegen der – auch wirtschaftlich verwertbaren -
Zugänglichmachung der Programme auf den hoteleigenen Geräten für die letztlich
unübersehbar große Zahl der Hotelgäste stellt sich das Verhalten der Klägerin -
vergleichbar der Verwendung einer Verteileranlage in Justizvollzugsanstalten und
Krankenhäusern (BGH GRUR 94, 45, 46 f – "Verteileranlagen"; GRUR 94, 797 f –
"Verteileranlage im Krankenhaus") - überhaupt als öffentliche Wiedergabe der
Programme dar (EuGH GRUR 07, 225 – SGAE/Rafael). Die Aufteilung der Netzebenen,
auf die sich die Beklagte selbst stützt, betrifft demgegenüber ausschließlich die
unterschiedlichen technischen Ebenen bei der Verbreitung der Programme vom
Fernseh- bzw. Hörfunkstudio bis zu dem einzelnen Endgerät. In technischer Hinsicht
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kann jedoch kein Zweifel daran bestehen, dass die – aus den vorstehenden Gründen
eine öffentliche Wiedergabe darstellende - Verteilung der eingehenden
Programmsignale durch ein Hotel auf seine verschiedenen Zimmer eine Weiterleitung
auf der Netzebene 4, wie sie durch das von der Beklagten angeführte Schaubild
definiert ist, darstellt. Der Senat sieht sich - wie schon die Kammer – in dieser
Auffassung auch dadurch bestätigt, dass nicht ersichtlich ist, auf welcher anderen
Ebene des Systems, in dem die Verbreitung der Programmsignale von der Sendeanstalt
zu dem einzelnen Konsumenten in insgesamt fünf Schritten dargestellt wird, die
beanstandete Weiterleitung durch die Klägerin anzusiedeln sein könnte. Auch die
Beklagte trägt zu diesem in dem angefochtenen Urteil ausdrücklich angesprochenen
Punkt nichts vor.
Es kann auch nicht angenommen werden, dass die Vertragsparteien in § 2 Ziff. 3 Satz 5
des Regio-Vertrages nicht alle Kabelnetzbetreiber der Netzebene 4, und insbesondere
nicht Hotelbetreiber erfassen wollten. Bereits der eindeutige Wortlaut enthält eine
Beschränkung auf nur bestimmte Kabelnetzbetreiber der Netzebene 4 nicht. Entgegen
der Auffassung der Beklagten und des Landgerichts Bochum in dem von ihr zitierten
Urteil lässt sich eine derartige Beschränkung auch nicht aus der Präambel des Regio-
Vertrages herleiten. Aus dieser Präambel ergibt sich, dass Anlass für den
Vertragsschluss aufgetretene Meinungsverschiedenheiten zwischen der Beklagten und
den Kabelnetzbetreibern waren, die bereits zu einem Verfahren vor dem
Bundeskartellamt geführt hatten. Weiter ergibt sich aus der Präambel als ausdrücklicher
Vertragszweck die Absicht der vertragsschließenden Parteien, die analoge
Weitersendung von terrestrisch eingespeisten und weiterverbreiteten Hörfunk- und
Fernsehprogrammen und insbesondere die hieraus folgenden Vergütungspflichten mit
Blick auf diese Meinungsverschiedenheiten für die Vergangenheit und die
bevorstehende Vertragslaufzeit bis – zunächst – zum Jahre 2005 umfassend zu regeln.
Eine Einschränkung darauf, dass von dieser Vereinbarung eine Weitersendung der
Programmsignale an Hotels, die diese an ihre einzelnen Hotelzimmer weiterleiten, nicht
erfasst sein sollte, lässt sich der Präambel nicht entnehmen. Soweit dort an einer Stelle
der Begriff "Haushalte" verwendet wird, dient dies nicht der Begrenzung im
vorstehenden Sinne. Es heißt dort zwar, die Nutzung der Rechte der
Sendeunternehmen durch die Kabelnetzbetreiber erfolge ausschließlich durch die
analoge Weitersendung von terrestrisch oder satellitär eingespeisten Hörfunk- und
Fernsehprogrammen "in Haushalte" in den Kabelnetzen und
Gemeinschaftsantennenanlagen der Kabelnetzbetreiber (Kabelweitersendung). Aus der
Verwendung des Begriffes "Haushalte" kann aber nicht geschlossen werden, dass der
Vertrag ausschließlich eine Versorgung gerade von privaten Haushalten erfassen
wollte. Dagegen spricht schon der Umstand, dass die Vertragsparteien erklärtermaßen
die Vergütung der Nutzungen umfassend regeln wollten und andererseits bekannt war,
dass schon damals die Kabelnetzbetreiber als Endkunden nicht nur private Haushalte,
sondern auch Gastronomie- und Hotelbetriebe versorgten. Durch den angesprochenen
Satz der Präambel soll die Art der Nutzung, nämlich ausschließlich die analoge
Weitersendung von terrestrisch oder satellitär eingespeisten Hörfunk- und
Fernsehprogrammen, beschrieben, nicht aber abschließend festgelegt werden, dass nur
die Versorgung von privaten Haushalten erfasst werden sollte. Die Formulierung "in
Haushalten" ist dahin zu verstehen, dass auf diese Weise zur Vermeidung
umständlicherer Formulierungen der typische Endkunde beschrieben worden ist und
nicht andere Vertragspartner der Kabelnetzbetreiber, wie etwa gewerblich tätige
Hotelbetriebe, ausgegrenzt werden sollten. Gegen eine derartige Ausgrenzung spricht
im Übrigen nicht nur der Umstand, dass sich in dem Vertrag keine Anhaltspunkte dafür
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finden, nach welchen Kriterien "Haushalte" von anderen Empfängern abgegrenzt
werden sollten, sondern auch, dass trotz der Bemühungen der vertragsschließenden
Parteien, mit dem Regio-Vertrag eine umfassende Regelung zu treffen, der Bereich der
Versorgung von Hotels und vergleichbaren Gewerbebetrieben mit Programmsignalen
über Breitbandkabel gänzlich ungeregelt geblieben wäre. Aus den vorstehenden
Gründen kommt der Verwendung des Begriffes "Haushalte" auch in § 2 Ziff. 3 Satz 3
und 4 des Regio-Vertrages nicht die von der Beklagten in Anspruch genommene
Bedeutung zu.
Die Position der Beklagten wird auch nicht durch die Entscheidung des EuGH vom
07.12.2006 in der Rechtssache C – 306/05 SGAE/Rafael (GRUR 07, 225) gestützt.
Nach Auffassung auch des EuGH stellt die Verbreitung eines Signals mittels
Fernsehrgeräten, die in Hotelzimmern aufgestellt sind, eine öffentliche Wiedergabe des
Programms im Sinne von Art. 3 I der Richtlinie 2001/29/EG dar. Hiervon geht auch der
Senat aus. Indes ist diese öffentliche Wiedergabe durch die Klägerin von der
Vertragsvereinbarung erfasst.
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Beabsichtigten die Parteien des umfassenden Regio-Vertrages und des
Verlängerungsvertrages mithin die Erfassung jeglicher Beteiligter auf der
Nutzungsebene 4, so kann sich die Beklagte mit Erfolg weder darauf berufen, dass der
Kabelnetzbetreiber ish nicht weitergehende Rechte an die Klägerin habe übertragen
dürfen, als ihm selber zustünden, noch dass die Zweckübertragungsregel des § 31 Abs.
5 UrhG verletzt sei. Nach dem Inhalt des Vertrages durfte die Kabelnetzbetreiberin ish
die streitigen Rechte vielmehr der Klägerin einräumen.
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b) Schließlich ist auch der für eine Rechteübertragung erforderliche Vertrag über die
Signalzulieferung zwischen ish und der Klägerin geschlossen worden.
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Es trifft zunächst nicht zu, dass – wie die Beklagte im Anschluss an die Erörterung in der
mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 12.02.07 noch vorgetragen hat – ein
"Signalzulieferungsvertrag" schon deswegen gar nicht geschlossen sein kann, weil
unter einer "Signal- (zu) lieferung" die technische Verbindung zwischen Betreibern der
Netzebene 3 mit Betreibern der Netzebene 4 verstanden werde, während die technische
Verbindung zwischen Betreibern der Netzebene 3 und Hotels als
"Kabelanschlussvertrag" bezeichnet werde. Die streitgegenständliche Regelung in § 2
Ziff. 3 Satz 5 des Regio-Vertrages sieht eine Übertragung von Nutzungsrechten durch
die Kabelnetzbetreiber auf andere Kabelnetzbetreiber der Netzebene 4 vor und
bezeichnet die Versorgung jener "anderen Betreiber" als "Signalzulieferung".
Ungeachtet der Frage, ob der Begriff "Signalzulieferung" gemeinhin die Verbindung
zwischen Beteiligten der Netzebene 3 und der Netzebene 4 anspricht, steht damit fest,
dass die Vertragsparteien für die Wirksamkeit der hier in Rede stehenden
Rechteübertragung eine vertragliche Vereinbarung gerade zwischen dem betreffenden
Kabelnetzbetreiber und dem "anderen Betreiber" über die Signalzulieferung vorgesehen
haben.
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Einen solchen Vertrag hat die Klägerin auch mit ish geschlossen. Das ergibt sich aus
dem als Anlage K 1 zur Klageschrift vorgelegten Bestätigungsschreiben der ish an die
Klägerin vom 23.12.2005, in dem unzweideutig ein vertraglicher Bindungswille zum
Ausdruck gebracht wird und die essentialia des Vertrages benannt werden. Das
Schreiben enthielt daher jedenfalls auch das Angebot zum Abschluss eines neuen
Vertrages, wie aus der abschließenden Bitte hervorgeht, "eine Kopie dieses Schreibens
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zum Zeichen Ihres Einverständnisses zurückzusenden". Dieses Angebot hat die
Klägerin zumindest konkludent durch die nachfolgenden Tarifzahlungen angenommen.
Das Schreiben verhält sich - nämlich unter der Kundennummer xxxxxxx-01 – über einen
Kabelanschlussvertrag zum Pauschaltarif und besagt zweitens, dass aufgrund dieses
Vertrages die damals 72 Hotelzimmer der Klägerin versorgt wurden. Weiter hat ish in
jenem Schreiben bestätigt, dass sie der Klägerin im Rahmen des
Kabelanschlussverhältnisses auch das Recht einräume, die von ihr gelieferten
Programme ihren Kunden zugänglich zu machen. Die vertragliche Vereinbarung betrifft
somit – wie es der Regio-Vertrag in § 2 Ziff. 3 Satz 5 verlangt – die Signalzulieferung
von ish an die Klägerin und bestätigt, dass ish der Klägerin die hierfür erforderlichen
Rechte übertragen hat. Dass ish in jenem Bestätigungsschreiben die Wirksamkeit
dieser Rechteübertragung von dem künftigen Fortbestand ihrer Befugnis zur
Unterlizensierung abhängig gemacht hat, stellte lediglich einen zutreffenden Hinweis
auf
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eine mögliche künftige Rechtsänderung dar, der die Wirksamkeit der
Rechteübertragung nicht beeinträchtigt hat.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs.1, 97 Abs.1, 269 Abs.3 S.2, 516 Abs.3 S.1
ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
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Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gem. § 543 ZPO liegen nicht vor.
Der Senat hat im wesentlichen den Regio-Vertrag auszulegen. Die dabei
anzuwendenden Rechtsgrundlagen sind höchstrichterlich geklärt.
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Der Streitwert für das Berufungsverfahren von ursprünglich insgesamt 10.000 €
(Senatsbeschluss vom 12.10.2006) hat sich durch die teilweise Rücknahme der Klage
in der Berufungsverhandlung auf zunächst 7.500,-- € und die spätere Rücknahme der
Berufung der Klägerin auf alsdann 2.500 € reduziert.
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