Urteil des OLG Köln vom 01.02.2002

OLG Köln: wohlerworbene rechte, zustand, verwaltung, einstimmigkeit, umgestaltung, erwerb, beschädigung, eigentumswohnung, spielplatz, aufteilungsplan

Oberlandesgericht Köln, 16 Wx 10/02
Datum:
01.02.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 Wx 10/02
Vorinstanz:
Landgericht Köln
Tenor:
Die weitere sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Be-
schluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 23.10.2001 wird
zurückgewiesen. Die Verfahrenskosten des Verfahrens der
Rechtsbeschwerde werden dem Antragsteller und
Rechtsbeschwerdeführer auferlegt. Außergerichtliche Kosten werden
nicht erstattet.
G r ü n d e :
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Die weitere sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig. Sie hat jedoch in der
Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung
festgestellt, dass der Beschluss zu TOP 7 der Eigentümerversammlung vom 29.05.2000
ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht und damit wirksam ist. In diesem Beschluss
hatte die Eigentümerversammlung mehrheitlich (bei einer Gegenstimme und einer
Enthaltung) festgelegt, dass ein früherer Beschluss einer Eigentümerversammlung vom
23.05.1996, zur Absicherung des Spielplatzes zum Garagenhof hin einen Zaun zu
ziehen, der bis dahin noch nicht ausgeführt worden war, nicht mehr ausgeführt werde.
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Der Antragsteller sieht in diesem Beschluss, eine einmal beschlossene bauliche
Maßnahme nun doch nicht durchzuführen, eine bauliche Veränderung, die seiner
Ansicht nach nach § 22 Abs. 1 WEG der Einstimmigkeit bedürfe.
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Während das Amtsgericht der Ansicht des Antragstellers gefolgt war und den Beschluss
für ungültig erklärt hatte, hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung den
Antrag des Antragstellers auf Ungültigkeitserklärung des genannten Beschlusses
zurückgewiesen, weil der Beschluss keine bauliche Veränderung zum Gegenstand
habe und sich in den Grenzen halte, die ein abändernder Zweitbeschluss beachten
müsse.
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Die dargelegte Ansicht des Landgerichts ist rechtlich zutreffend. Der Beschluss vom
29.05.2000 zielt nicht auf eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG,
bedurfte also nicht der Einstimmigkeit. Bauliche Veränderung
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im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG ist jede tatsächliche Umgestaltung des
Gemeinschaftseigentums, die vom Aufteilungsplan in der Teilungserklärung oder vom
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früheren Zustand des Gebäudes nach Fertigstellung abweicht und über die
ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung hinaus geht. Unerheblich ist
dabei, ob die durchgeführte Maßnahme tatsächlich bauliche Tätigkeiten erfordert. Es
kommt allein darauf an, ob durch die bauliche Umgestaltung der tatsächliche bauliche
Zustand des Gemeinschaftseigentums geändert wird., (vgl. Bärmann/Pick/Merle, § 22
WEG Rdn. 6, 7; Schuschke, OLGR 2000, K 10; OLG Köln, OLGR 1997, 98; 1999, 325).
Vorliegend ist der tatsächliche bauliche Zustand des Gemeinschaftseigentums nicht
geändert worden. Es wurde auch nicht beschlossen, das Gemeinschaftseigentum etwa
abweichend von der Teilungserklärung zu errichten. Der Beschluss vom 29.05.2000
beinhaltet vielmehr nur, die im Jahre 1996 beschlossene bauliche Veränderung nun
doch nicht durchzuführen. Damit handelt es sich bei diesem Beschluss um einen
sogenannten "Zweitbeschluss", durch den zu einer von der
Wohnungseigentümergemeinschaft schon einmal beschlossenen Regelung ein zweites
Mal, im vorliegenden Fall abweichend vom ersten Mal, Stellung genommen wird. Dieser
Zweitbeschluss hat, da sein Inhalt darauf abzielt, alles so, wie in der Teilungserklärung
festgelegt, zu belassen, und auch den derzeitigen tatsächlichen Zustand nicht zu
verändern, keine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG zum
Gegenstand.
Der ursprüngliche Beschluss aus dem Jahre 1996, durch den die Errichtung des Zaunes
beschlossen worden war, war wirksam, obwohl er eine bauliche Veränderung zum
Gegenstand hatte und § 22 Abs. 1 WEG für derartige Beschlüsse an sich Einstimmigkeit
erfordert. Denn der ursprüngliche Beschluss aus dem Jahre 1996 war nicht angefochten
worden.
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Auch nach der Änderung der Rechtsprechung des BGH zur Wirksamkeit bzw.
Unwirksamkeit der eine Vereinbarung ersetzenden Beschlüsse durch die Entscheidung
des 5. Zivilsenats vom 20.09.2000 (NZM 2000, 1184) blieb dieser Beschluss wirksam,
da Entscheidungen der Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 22 Abs. 1 WEG trotz
der erforderlichen Einstimmigkeit Beschlüsse sind, nicht Vereinbarungen (zum
Unterschied dieser Regelungsinstrumente der Wohnungseigentümergemeinschaft im
Einzelnen siehe Schuschke, NZM 2001, 497 ff). Der BGH hatte in der genannten
Entscheidung ausdrücklich erklärt, dass die Änderung seiner Rechtsprechung nur
vereinbarungsersetzende Beschlüsse betreffe, nicht aber Beschlüsse nach § 22 Abs. 1
WEG. Die Gemeinschaft ist im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung grundsätzlich
frei, einmal gefasste Beschlüsse wieder abzuändern (BGHZ 113, 197).
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Jeder Wohnungseigentümer kann aber nach § 21 Abs. 3 und Abs. 4 verlangen, dass der
neue Beschluss seine schutzwürdigen Belange aus dem Inhalt und den Wirkungen des
ersten Beschlusses berücksichtigt (Niedenführ/Schulze, 5. Auflage, § 21 WEG Rdn. 29).
Auch der neue Beschluss muss dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung
entsprechen, darf nicht in wohlerworbene Rechte von Wohnungseigentümern, die auf
den Bestand des Erstbeschlusses vertraut haben, eingreifen, so weit nicht
überwiegende sachliche Gründe für die neue Regelung sprechen. Vorliegend ist
irgendein Vertrauenstatbestand zu Gunsten des Antragstellers nicht erkennbar. Er hat
keine Umstände vorgetragen, die erkennen ließen, dass er aufgrund des
Erstbeschlusses irgendwelche Vorkehrungen getroffen habe, die sich nun als sinnlos
erweisen und dass deshalb sein Vertrauen in irgendeiner Weise enttäuscht wurde. Der
Antragsteller hatte sich bei Erwerb seiner Eigentumswohnung auf den in der
Teilungserklärung ausgewiesenen Zustand eingelassen. Dieser Zustand besteht heute
noch. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Errichtung des Zaunes mehr
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ordnungsgemäßer Verwaltung entspräche, als der Zustand, wie er in der
Teilungserklärung vorgesehen ist. Ein Maschendrahtzaun, wie in 1996 beschlossen,
mag bestimmte Gefahren von den Kindern abwenden, die sich auf dem Spielplatz
aufhalten.
Dafür bergen Maschendrahtzäune im Falle ihrer Beschädigung oder auch für Kinder, die
sie spielend überwinden wollen, andere Gefahren. Für beide Entscheidungen, also
sowohl für die von 1996 als auch für die von 2000, sprechen vernünftige Gründe. Die
Eigentümergemeinschaft hielt sich deshalb, als sie den Zweitbeschluss 2000 fasste, im
Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung.
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Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren folgt aus § 47 WEG.
Gründe, von dem im Wohnungseigentumsverfahren geltenden Grundsatz, dass eine
Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht stattfindet, abzuweichen, sind nicht
ersichtlich.
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Der Beschwerdewert wird auf 8.000,00 DM festgesetzt.
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