Urteil des OLG Köln vom 06.09.2006
OLG Köln: aufwendungen für die herstellung, grundbuch, herausgabe, darlehensvertrag, abtretung, sparkasse, aufrechnung, sicherheit, kaufpreis, stadt
Oberlandesgericht Köln, 13 U 207/04
Datum:
06.09.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
13. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 U 207/04
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 16 O 855/03
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des
Landgerichts Köln vom 22. Oktober 2004 – 16 O 855/03 – wird
zurückgewiesen.
Der Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die
Vollstreckung gegen Si-cherheitsleistung in Höhe von 120% des
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor
Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
1
I.
2
Die inzwischen zur Klägerin fusionierte Q. Raiffeisenbank eG (nachfolgend nur noch:
Klägerin) nimmt den Beklagten auf Rückzahlung eines Darlehens in unstreitiger Höhe
von 62.719,15 € nebst Zinsen in Anspruch. Der Beklagte rechnet mit angeblichen
Schadensersatzansprüchen auf. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
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Mit Darlehensvertrag vom 01.04.1995 gewährte die Klägerin dem Beklagten zur
Neuordnung des Kreditengagements ein Darlehen in Höhe von 122.668,00 DM (=
62.719,15 €). Das Darlehen war in voller Höhe bis zum 30.06.1996 rückzahlbar; bis
dahin sollten lediglich vierteljährlich die Zinsen gezahlt werden. Als Sicherheit bestellte
der Beklagte, der Eigentümer mehrerer im Grundbuch des Amtsgerichts Werl von I. Blatt
0030 eingetragener Grundstücke war, dort zugunsten der Klägerin eine Grundschuld in
Höhe von 50.000,00 DM (eingetragen in Abt. III lfd. Nr. 10). Ferner trat er der Klägerin als
Sicherheit für das Darlehen seine Rückgewähransprüche wegen der zugunsten der C.-
Bank AG in Abt. III lfd. Nr. 9, 11 und 12a eingetragenen drei Grundschulden in Höhe von
insgesamt 315.000,00 DM und eine Forderung auf Auszahlung eines gerichtlich
hinterlegten Betrages in Höhe von 22.675,07 DM nebst Zinsen ab. Es war vereinbart,
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dass die Grundschuld über 50.000,00 DM und die Rechte aus der Abtretung der
Rückgewähransprüche wegen der zugunsten der C.-Bank AG eingetragenen
Grundschulden auch für die Kreditverpflichtung der Ehefrau des Beklagten aus einem
weiteren Darlehensvertrag vom 01.04.1995 bei der Klägerin in Höhe von 264.940,00
DM neben der von dem Beklagten hierfür übernommenen selbstschuldnerischen
Bürgschaft haften sollten. Da der Beklagte den in seinem Darlehensvertrag vereinbarten
Zinszahlungen nicht nachkam, kündigte die Klägerin das Darlehen mit Schreiben vom
15.03.1996 fristlos.
Die ursprünglich im Grundbuch des Amtsgerichts Werl von I. Blatt 0030 eingetragenen
belasteten Grundstücke des Beklagten wurden später teilweise nach Blatt 0368, Blatt
0441 und Bl. 0455 übertragen. Eigentümer der restlichen auf Blatt 0030 eingetragenen
und der auf Blatt 0368 übertragenen Grundstücke blieb der Beklagte. Drei weitere
Grundstücke übertrug der Beklagte aufgrund notariellen Schenkungsvertrags vom
28.09.1995 an seine Ehefrau zu Eigentum, die am 22.02.1996 im Grundbuch von I. auf
Blatt 0441 als Eigentümerin eingetragen wurde. Die in Abt. II und III des Grundbuchs
eingetragenen Belastungen wurden von der Ehefrau des Beklagten übernommen; eine
Übernahme der Darlehensschuld des Beklagten bei der C.-Bank AG erfolgte nicht.
Einen weiteren Teil der belasteten Grundstücke des Beklagten erwarb die Firma N. S.A.
(M./Schweiz) als Treuhänderin des Beklagten ebenfalls unter Übernahme der
Belastungen, nicht jedoch der Darlehensschuld des Beklagten, zu Eigentum; hier
erfolgte die Eintragung am 24.07.1997 auf Blatt 0455. Aufgrund einer Entlassung der im
Grundbuch des Amtsgerichts Werl von I. Blatt 0368 eingetragenen Grundstücke lasteten
die Grundschulden in der Folgezeit als Gesamtgrundschulden nur noch auf den im
Grundbuch des Amtsgerichts Werl von I. Blatt 0300, Blatt 0441 und Blatt 0455
eingetragenen Grundstücken.
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Die Klägerin nahm in der Folgezeit die Ehefrau des Beklagten (als Hauptschuldnerin)
und diesen selbst (als Bürgen) auf Rückzahlung des der Ehefrau des Beklagten
gewährten Darlehens über ursprünglich 264.940,00 DM in Anspruch. Durch Urteil der
16. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 29.08.1997 – 16 O 513/96 - wurden die
Eheleute gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 294.616,68 DM nebst Zinsen
zu zahlen.
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Zur Abwendung der von der C.-Bank AG wegen Darlehensschulden des Beklagten in
ihren Grundbesitz betriebenen Zwangsversteigerung verkaufte die Ehefrau des
Beklagten ihre im Grundbuch des Amtsgerichts Werl von I. Blatt 0441 eingetragenen
Grundstücke mit notariellem Vertrag vom 19.08.1997 lastenfrei an die Sparkasse X. zum
Kaufpreis von 1.001.340,00 DM. Aus dem Verkaufserlös zahlte die Ehefrau des
Beklagten am 27.10.1997 an die Klägerin 190.958,39 DM. Diesen Betrag verrechnete
die Klägerin zunächst in erster Linie auf die gegen den Beklagten bestehende
Darlehensforderung, die nicht tituliert war, und lediglich einen Restbetrag in Höhe von
36.267,63 DM auf die gegen die Eheleute titulierte Darlehensforderung. Nach Ablösung
der von der C.-Bank AG auf 653.376,53 DM berechneten Darlehensforderung durch die
Ehefrau des Beklagten wurden die Grundschulden im Grundbuch des Amtsgerichts
Werl von I. Blatt 0441 am 30.10.1997 gelöscht.
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Am 28.07.1998 erwirkte die Klägerin aufgrund der vollstreckbaren Ausfertigung des
Urteils des Landgerichts Köln vom 29.08.1997 - 16 O 513/96 - wegen der
Hauptforderung in Höhe von 294.616,68 DM nebst Zinsen gegen die Ehefrau des
Beklagten einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Pfändungsgegenstand war
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unter anderem der angebliche Anspruch der Ehefrau des Beklagten gegen die C.-Bank
AG auf Herausgabe der drei Grundschuldbriefe über insgesamt 315.000,00 DM. Die von
der Ehefrau des Beklagten gegen diesen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss
eingelegten Rechtsmittel blieben erfolglos. Die C.-Bank AG verweigerte unter Hinweis
auf die erfolgte Pfändung der Grundschulden und der Rückgewähransprüche die
Herausgabe der Grundschuldbriefe an die Ehefrau des Beklagten. Durch Urteil des
Landgerichts Arnsberg vom 12.05.2000 - 1 O 342/98 - wurde die Klage der Ehefrau des
Beklagten gegen die C.-Bank AG - die Klägerin war dem Rechtsstreit als Streithelferin
der C.-Bank AG beigetreten - auf Herausgabe der Grundschuldbriefe abgewiesen. Die
hiergegen gerichtete Berufung der Ehefrau des Beklagten wurde durch Urteil des
Oberlandesgerichts Hamm vom 18.12.2000 - 5 U 160/00 - rechtskräftig zurückgewiesen.
Im Mai 2001 gab die T. AG als Rechtsnachfolgerin der C.-Bank AG die
Grundschuldbriefe auf Verlangen des Beklagten an diesen heraus; am 21.05.2001
wurden die drei Gesamtgrundschulden in den Grundbuchblättern des Beklagten (0030)
und der Firma N. (0455) gelöscht.
Auf die von der Ehefrau des Beklagten am 29.12.1999 gegen die Klägerin erhobene
Vollstreckungsgegenklage wurde durch Urteil des Landgerichts Köln vom 25.01.2002 -
16 0 699/99 - ausgesprochen, dass der Klägerin gegen die Ehefrau des Beklagten nur
noch eine Forderung in Höhe von 118.061,42 DM nebst Zinsen zustehe, da die von der
Ehefrau des Beklagten am 27.10.1997 gezahlten 190.958,39 DM in voller Höhe auf die
Forderung der Klägerin aus dem Urteil des Landgerichts Köln vom 29.08.1997 - 16 O
513/96 - zu verrechnen seien. Aufgrund der diesem Urteil entsprechenden Umbuchung
besteht die Darlehensforderung der Klägerin gegen den Beklagten aus dem
Darlehensvertrag vom 01.04.1995 weiterhin in voller Höhe von 122.668,00 DM (=
62.719,15 €). Der Beklagte verteidigt sich gegen diese Hauptforderung lediglich mit der
Aufrechnung einer vermeintlichen Schadensersatzforderung in weit übersteigender
Höhe.
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Der Beklagte hat hierzu vorgetragen, die Klägerin habe ihn mehr als 3 Jahre lang
entgegen der Rechtslage an der Verfügung über seinen Grundbesitz in X. gehindert. Sie
habe nämlich die C.-Bank AG mit nicht zutreffender Begründung veranlasst, für diese
Zeit die Löschung der Grundschulden auf den Grundstücken zu verweigern. Dadurch
habe er die Grundstücke nicht früher verkaufen können. Infolgedessen habe die Stadt X.
ihre bis zum 31.12.1998 befristete Zusage zur Übernahme von Erschließungskosten um
159.146,75 € reduziert, was sich entsprechend auf den Kaufpreis ausgewirkt habe.
Durch die Blockierung des Verkaufs habe er auch Kredite bei der Sparkasse X. nicht
rechtzeitig ablösen können. Dadurch sei ihm ein Zinsschaden von 110.317,60 €
entstanden.
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Das Landgericht hat mit Urteil vom 22.10.2004, auf das wegen der weiteren
Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes Bezug benommen wird, der
Klage bis auf eine Kürzung im Zinsausspruch stattgegeben. Es hat ausgeführt, dass die
Aufrechnung des Beklagten mit Schadensersatzansprüchen nicht durchgreife, weil kein
schuldhaftes, zum Schadensersatz verpflichtendes Handeln der Klägerin vorliege.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Er macht insbesondere geltend, der
von der Klägerin erwirkte Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 28.07.1998 und
dessen Einführung in den Rechtsstreit vor dem Landgericht Arnsberg seien
rechtswidrig. Denn die Klägerin hätte den Zahlungseingang von 190.958,39 DM von
vornherein auf die persönliche Schuld seiner Ehefrau verrechnen müssen. Der Beklagte
meint, die Klägerin habe die Herausgabe der Grundschuldbriefe durch die C.-Bank AG
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(T. AG) in vorsätzlicher Schädigungsabsicht bis Mai 2001 verhindert.
Der Beklagte beantragt,
12
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
13
Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Berufungsangriffen unter
Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen.
16
Wegen weiterer Einzelheiten des beiderseitigen Parteivortrags in der Berufungsinstanz
wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
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II.
18
Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.
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Das Landgericht hat zu Recht entschieden, dass die von dem Beklagten gegenüber
dem Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 62.719,15 € erklärte
Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen nicht durchgreift.
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Ein Gegenanspruch des Beklagten wegen der von ihm geltend gemachten angeblichen
3½-jährigen "Blockade" der Herausgabe der Grundschuldbriefe durch die Klägerin mit
der Folge, dass er die mit den drei Gesamtgrundschulden belasteten Grundstücke nicht
zeitnah und damit weitaus günstiger habe verkaufen können, um aus dem Erlös die
Verbindlichkeiten bei der Sparkasse Werl zurückzuführen, besteht weder aus dem
Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung des Darlehensvertrages vom
01.04.1995 wegen Verletzung nachvertraglicher Sorgfalts- und Schutzpflichten noch
aus § 826 BGB unter dem Gesichtspunkt vorsätzlich sittenwidriger Schädigung.
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1. Ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung des zwischen der
Klägerin und dem Beklagten abgeschlossenen Darlehensvertrages vom 01.04.1995
über 122.668,00 DM, den die Klägerin mit Schreiben vom 15.03.1996 fristlos gekündigt
hatte, besteht nicht. Der Umstand, dass die Klägerin den von der Ehefrau des Beklagten
am 27.10.1997 gezahlten Betrag von 190.958,39 DM nicht auf die durch Urteil des
Landgerichts Köln vom 29.08.1997 (16 0 513/96) titulierte Forderung gegen die Ehefrau
des Beklagten (als Hauptschuldnerin), sondern in erster Linie auf die nicht titulierte
Darlehensforderung gegen den Beklagten verrechnet hat, begründet keine
nachvertragliche Pflichtverletzung der Klägerin gegenüber dem Beklagten. Durch die
von der Klägerin vorgenommene Verrechnung ist der Beklagte weder rechtlich noch
wirtschaftlich beeinträchtigt worden. Lediglich die Ehefrau des Beklagten war als
Vertragspartnerin des Darlehensvertrages vom 01.04.1995 über 264.940,00 DM
legitimiert, Rechte aus dem Verrechnungsverhalten der Klägerin herzuleiten, wie sie
dies dann auch mit der am 29.12.1999 vor dem Landgericht Köln erhobenen
Vollstreckungsgegenklage (16 O 699/99) getan hat. Der Beklagte hatte sich lediglich für
die Forderung der Klägerin gegen seine Ehefrau aus dem Darlehensvertrag vom
01.04.1995 über 264.940,00 DM verbürgt. Anerkanntermaßen sind aus dem
Bürgschaftsvertrag als einseitig den Bürgen verpflichtenden Vertrag für den Gläubiger
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Sorgfaltspflichten gegenüber dem Bürgen auch als Nebenpflichten nicht herzuleiten.
Den Gläubiger treffen auch bei der Durchführung des (Darlehens-)Vertragsverhältnisses
keine besonderen Schutzpflichten gegenüber dem Bürgen (vgl. Palandt-Sprau, BGB,
65. Aufl., § 765 Rn. 33). Der Bürge kann lediglich dann, wenn er selbst vom Gläubiger
aus der Bürgschaft in Anspruch genommen wird, gemäß § 768 Abs.1 Satz 1 BGB die
dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen.
2. Selbst wenn man ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten der Klägerin darin
sähe, dass sie den von der Ehefrau des Beklagten am 27.10.1997 gezahlten Betrag von
190.958,39 DM zunächst nicht in voller Höhe auf den durch das Landgericht Köln mit
Urteil vom 29.08.1997 (16 O 513/96) ausgeurteilten Betrag in Höhe von 294.616,68 DM
nebst Zinsen verrechnet und demzufolge den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss
vom 28.07.1998 wegen einer überhöhten Forderung erwirkt hat, kann der Beklagte den
geltend gemachten Schaden dennoch nicht ersetzt verlangen, da dieser auch bei einem
rechtmäßigen Verhalten der Klägerin entstanden wäre. Es ist anerkannt, dass im
Schadensersatzrecht das rechtmäßige Alternativverhalten grundsätzlich beachtlich ist.
Schäden, die auch bei rechtmäßigem Verhalten des Schädigers entstanden wären,
werden vom Schutzzweck der Haftungsnormen regelmäßig nicht erfasst (vgl. BGH NJW
2000, 661, 663; BGHZ 120, 281, 286; BAG NJW 1984, 2846; Palandt-Heinrichs, BGB,
65. Aufl., Vorb. v. § 249 Rn. 105 mit weit. Nachw.). Hierbei trägt der Schädiger die
Darlegungs- und Beweislast, dass der Schaden auch bei einem rechtmäßigen
Verhalten eingetreten wäre (vgl. BGH NJW 1991, 166, 167; Palandt-Heinrichs, a.a.O.,
Rn. 107 mit weit. Nachw.). Dass der vom Beklagten geltend gemachte Schaden auch
entstanden wäre, wenn die Klägerin den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom
28.07.1998 nur wegen der um 190.958,39 DM ermäßigten Forderung aus dem Urteil
des LG Köln vom 29.08.1997 (16 O 513/06) erwirkt hätte, ergibt sich bereits aus dem
eigenen Vorbringen des Beklagten. Wenn die Klägerin die Zahlung der Ehefrau des
Beklagten vom 27.10.1997 sogleich in voller Höhe von 190.958,39 DM auf die titulierte
Forderung verrechnet hätte, hätte der Klägerin gegen die Ehefrau des Beklagten immer
noch eine Forderung in Höhe von 118.061,42 DM nebst Zinsen zugestanden, wie dies
das Landgericht Köln im Urteil vom 25.01.2002 (16 O 699/99) ausgesprochen hat. Die
Klägerin hätte demzufolge berechtigterweise einen Pfändungs- und
Überweisungsbeschluss wegen einer Hauptforderung in Höhe von 118.061,42 DM
nebst Zinsen gegen die Ehefrau des Beklagten erwirken dürfen. Es kann dahinstehen,
ob die Klägerin dann nicht den etwaigen Anspruch der Ehefrau des Beklagten auf
Herausgabe aller drei Grundschuldbriefe mit dem Pfändungsbeschlag hätte belegen
dürfen. Die Klägerin hätte jedenfalls - wie der Beklagte selbst einräumt (Seite 4 seines
Schriftsatzes vom 11.08.2005, Bl. 410 GA) – auf die bestrangige Grundschuld über
125.000,00 DM Zugriff nehmen können. Auch dann wären die von dem Beklagten
geltend gemachten Schäden in gleicher Weise entstanden. Der Beklagte begehrt
nämlich als Schadensersatz den Schaden, der ihm durch die Vereitelung des Verkaufs
der belasteten Grundstücke entstanden sei. Insoweit berechnet er als Schaden einen
um 159.146,75 € niedrigeren Verkaufserlös, weil die Stadt X. den Investoren seit April
2001 nicht mehr in dem Umfang wie zuvor die Aufwendungen für die Herstellung der
notwendigen Schmutz- und Regenwasserwasserkanäle in Erschließungsgebieten
erstatte (Seite 25 bis 28 des Schriftsatzes vom 11.06.2004, Bl, 51 bis 54 GA). Ferner
berechnet er einen Zinsschaden in Höhe von 110.317,60 € (Seite 29 bis 31 des
Schriftsatzes vom 11.06.2004, Bl. 55 bis 57 GA) für die fortgesetzte Inanspruchnahme
von Krediten wegen des noch nicht erfolgten Abverkaufs der Grundstücke. Diese
Schäden wären dem Beklagten in gleicher Weise und Höhe entstanden, wenn die
Klägerin ihren Pfändungszugriff auf die bestrangige der drei Gesamtgrundschulden (im
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Kapitalbetrag von 125.000,00 DM) beschränkt hätte. Da der Beklagte erklärtermaßen
das Baugelände nur lastenfrei veräußern konnte, hätte es keinen Einfluss auf die Höhe
des erwachsenen Schadens gehabt, ob die Klägerin aufgrund eines Pfändungs- und
Überweisungsbeschlusses wegen einer Vollstreckungsforderung in Höhe von
264.616,68 DM oder nur wegen einer solchen in Höhe von rd. 118.000,00 DM vorging
und den Zugriff auf das bestrangige Recht beschränkte. Denn auch im letztgenannten
Fall wären sämtliche der zahlreichen Einzelgrundstücke, eingetragen im Grundbuch des
Amtsgerichts Werl von I. Blatt 0030 und 0455, im Bereich des Baugeländes weiterhin
zum vollen Betrag mit der Gesamtgrundschuld in Höhe von 125.000,00 DM nebst
Zinsen belastet blieben, was den Verkauf in gleicher Weise unmöglich gemacht hätte,
wie der Beklagte selbst einräumt. Der Beklagte stellt demgemäß auch zutreffend fest,
"dass es hinsichtlich der Kausalität und der Höhe des dem Beklagten erwachsenden
Schadens keinen Unterschied machen kann, ob die Klägerin sogleich nach
Empfangnahme der Zahlung der Ehefrau vom 27.10.1997 auf die ihr gegen jene
titulierte Forderung pflichtgemäß die Zahlung auf jene verrechnet hätte oder – wie
tatsächlich vorgenommen – auf die nicht titulierte Darlehensforderung gegen den
Beklagten. Der von dem Beklagten geltend gemachte Schaden ist deshalb auch bei
allein zulässiger Verrechnung dieser Zahlung auf die Forderung der Klägerin gegen die
Ehefrau in der selben Höhe anzunehmen, wie sie im Schriftsatz vom 11.6.2004 (GA 27
ff) in erster Instanz unter Beweisantritt errechnet ist" (Seite 6/7 seines Schriftsatzes vom
11.08.2005, Bl. 412 f. GA). Nach alledem scheidet ein zurechenbarer
Kausalzusammenhang zwischen dem – unterstellt: rechtswidrigen und vorwerfbaren -
(Verrechnungs-)Verhalten der Klägerin und der vom Beklagten geltend gemachten
Schadensfolge aus.
3. Der Umstand, dass die Klägerin mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss
gegen die Ehefrau des Beklagten vom 28.07.1998 unter anderem auch angebliche
Ersatzansprüche der Ehefrau des Beklagten gegen ihn gemäß § 1173 Abs. 2 BGB und
ihre Herausgabeansprüche bezüglich der Grundschuldbriefe gegen die C.-Bank AG
pfändete, ist ebenfalls nicht geeignet, eine Pflichtverletzung der Klägerin gegenüber
dem Beklagten zu begründen. Das gilt unabhängig davon, wie die Klägerin die
Rechtslage hinsichtlich der von der Ehefrau des Beklagten gegen die C.-Bank AG
verfolgten Ansprüche auf Herausgabe der Grundschuldbriefe und auf Zustimmung zur
Berichtigung des Grundbuchs beurteilte oder bei sorgfältiger Prüfung hätte beurteilen
müssen. Da die Ehefrau des Beklagten mit ihrer Klage gegen die C.-Bank AG in erster
Linie den Rechtsstandpunkt verfolgt hat, mit der vollständigen Ablösung der
Darlehensforderungen der C.-Bank AG gegen den Beklagten aus dem
Veräußerungserlös seien die Gesamtgrundschulden gemäß § 1173 BGB auf sie
übergegangen (vgl. nur Seite 5 des Urteils des Landgerichts Arnsberg vom 12.05.2000 -
1 O 342/98 -, Bl. 288 GA, sowie Seite 8 und 9 des Urteils des Oberlandesgerichts Hamm
vom 18.12.2000- 5 U 160/00- , Bl. 304 f. GA), war die Klägerin fraglos berechtigt,
vorsorglich im Wege der Pfändung auf diese von der Ehefrau des Beklagten verfolgten
Rechte Zugriff zu nehmen. Dabei ist es unerheblich, ob die Klägerin als Streithelferin
der C.-Bank AG im Berufungsverfahren vor dem OLG Hamm geltend gemacht hat, die
Klage sei selbst dann abweisungsreif, wenn die Grundschulden - wie von der Ehefrau
des Beklagten in beiden Instanzen hilfsweise vertreten (Seite 5 des Urteils des
Landgerichts Arnsberg, Seite 8 des Urteils des Oberlandesgerichts Hamm) – gemäß §
1173 Abs.1 Satz 1 2. Halbsatz BGB erloschen seien. Auch dann – so hat die Klägerin
als Streithelferin der C.-Bank AG ausweislich des Tatbestandes des Berufungsurteils
(Seite 12) geltend gemacht – müsse ihr "eine Möglichkeit verbleiben, eine Eintragung
der [dortigen] Klägerin als Inhaberin der Grundschulden zu verhindern, um die Gefahr
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der Löschung oder Abtretung zu bannen".
Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Klägerin bei Prüfung mit banküblicher
Sorgfalt erkennen musste, dass sie aus der Abtretung der Rückgewähransprüche des
Beklagten gegen die C.-Bank AG keine Rechte mehr herleiten konnte, wenn die
Gesamtgrundschulden erloschen waren. Da die Ehefrau des Beklagten nach ihrer
Ablösezahlung an die C.-Bank AG in erster Linie die Grundschulden für sich und nur
hilfsweise (im Wege unzulässiger Eventualklage und ohne Darlegung der
Voraussetzungen einer gewillkürte Prozessstandschaft) für den Beklagten
beanspruchte, durfte die Klägerin jedenfalls in Wahrnehmung ihrer Rechte aus dem
Vollstreckungstitel vom 29.08.1997 im Vollstreckungswege auf die etwa auf die Ehefrau
des Beklagten übergegangenen Grundschulden und auf deren gegen die C.-Bank AG
verfolgten Anspruch auf Herausgabe der Grundschuldbriefe Zugriff nehmen (wenn auch
möglicherweise nur in reduziertem Umfang, was indessen – wie aufgezeigt – für die
Schadensverursachung ohne Belang ist).
25
III.
26
Aus den vorstehenden Ausführungen folgt zugleich, dass der Schriftsatz des Beklagten
vom 29.08.2006 weder Veranlassung zu einer anderen Beurteilung noch zur
Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gibt und dass kein Grund i.S.d. § 543
Abs.2 ZPO besteht, die Revision zuzulassen. Die prozessualen Nebenentscheidungen
im Übrigen beruhen auf den §§ 97 Abs.1, 708 Nr.10, 711 ZPO.
27
Streitwert der Berufung: 62.719,15 €.
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