Urteil des OLG Köln vom 27.05.1991
OLG Köln (berlin, gebühr, mehrwertsteuer, umfang, höhe, zpo, forderung, kostenregelung, steuer, beschwerde)
Oberlandesgericht Köln, 17 W 431/90
Datum:
27.05.1991
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
17. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
17 W 431/90
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 12 O 65/90
Tenor:
Der angefochtene Beschluß wird teilweise abgeändert und wie folgt neu
gefaßt: Unter Zurückweisung des Kostenfestsetzungsbegehrens der
Beklagten im übrigen werden die von der Klägerin aufgrund des am 15.
August 1990 vor dem Landgericht Bonn geschlossenen Vergleichs - 12
O 65/90 - an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf 4.488,94 DM nebst
4 % Zinsen seit dem 21. August 1990 festgesetzt. Die Kosten des
Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens werden der Beklagten
auferlegt.
G r ü n d e :
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Das zulässige Rechtsmittel der Klägerin hat in vollem Umfang Erfolg.
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Zu Recht wendet sich die Klägerin dagegen, daß die Rechtspflegerin in dem
angefochtenen Beschluß eine von dem B. Anwalt der Beklag-ten verdiente 10/10-
Gebühr zum Betrage von 2.639,-- DM nebst einer Auslagenpauschale von 40,-- DM
und 14 % Mehrwertsteuer in Höhe von 375,06 DM, insgesamt 3.054,06 DM, in vollem
Umfang gegen sie - die Klägerin - festgesetzt hat.
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Nach der Kostenregelung des Vergleichs vom 15. August 1990 sollen nur diejenigen
Kosten des Verfahrens von der Klägerin allein getra-gen werden, "die durch die
fehlerhafte Anru-fung des Landgerichts Berlin entstanden sind". Alle übrigen Kosten
sind von ihr nur zu 2/3 übernommen worden. Die Kostenregelung des Ver-gleichs ist
nach Auffassung des Senats gemäß §§ 133, 157 BGB dahin auszulegen, daß die
Klä-gerin in vollem Umfang nur diejenigen Mehrko-sten tragen soll, die durch die
Befassung des Landgerichts Berlin mit dem dieser Kostensache zugrundeliegenden
Rechtsstreit entstanden sind.
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Der Formulierung des Vergleichs ist zu entneh-men, daß die Parteien bei dessen
Abschluß "die fehlerhafte Anrufung des Landgerichts Berlin" als einen Tatbestand
ansahen, durch den unnö-tige Mehrkosten verursacht worden sind, die bei richtiger
Sachbehandlung nicht entstanden wären. Eine fehlerhafte Sachbehandlung lag nicht
darin, daß die Klägerin im Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheides entsprechend der
zwingenden Regelung des (bis zum 31. Dezem-ber 1991 geltenden) § 690 Abs. 1 Nr.
5 ZPO das Landgericht Berlin als das für ein streitiges Verfahren sachlich zuständige
Gericht des all-gemeinen Gerichtsstandes der in Berlin ansäs-sigen Beklagten
bezeichnet hatte, an das die Sache nach Widerspruchseinlegung abzugeben war (§
696 Abs. 1 Satz 2 ZPO in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung). Der
Se-nat geht deshalb davon aus, daß es die anwalt-lich vertretenen Parteien als
fehlerhaft ange-sehen haben, daß die Klägerin, die das strei-tige Verfahren vor dem
Landgericht Bonn als vereinbartem Gerichtsstand führen wollte, dort nicht sofort
Klage erhoben, sondern durch Ein-leitung eines Mahnverfahrens den mit Mehrko-
sten verbundenen "Umweg" über das Landgericht Berlin eingeschlagen hat;
angesichts der von der Beklagten schon vorprozessual gegen die geltend gemachte
Forderung erhobenen Einwen-dungen konnte die Klägerin nicht erwarten, daß die
Beklagte einen Mahnbescheid bzw. dessen Vollstreckbarerklärung widerspruchslos
hinneh-men und es zu einer Titulierung ihrer - der Klägerin - Forderung bereits im
Mahnverfahren kommen werde.
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Zu den Mehrkosten, die durch die Befassung des Landgerichts Berlin mit der
Streitsache ent-standen sind, gehört nicht die im angefochte-nen Beschluß in voller
Höhe gegen die Klägerin festgesetzte 10/10-Gebühr (nebst Auslagenpau-schale und
Mehrwertsteuer) des B. Anwalts der Beklagten. Zwar ist sie ihm als Prozeßgebühr
(nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer) für seine Tätigkeit als
Prozeßbevollmächtig-ter der Beklagten vor dem Landgericht Berlin erwachsen. Er hat
sie aber in derselben Höhe auch durch seine Korrespondenzanwaltstätigkeit für die
Beklagte als Gebühr gemäß § 52 BRAGO (nebst Auslagenpauschale und
Mehrwertsteuer) verdient. Diese Gebühr ist mit der Prozeßge-bühr wesensgleich. In
derselben Angelegenheit können dem Anwalt beide Gebühren nicht neben-einander
erwachsen. Die Entstehung der Korre-spondenzanwaltsvergütung des B. Anwalts der
Beklagten ist nicht durch die Befassung des Landgerichts Berlin mit der Streitsache
be-dingt. Es darf angenommen werden, daß die in Berlin ansässige Beklagte ihren B.
Anwalt auch dann als Korrespondenzanwalt beauftragt hätte, wenn die Klägerin von
vorneherein Klage beim Landericht Bonn erhoben, er also nicht als ihr
Prozeßbevollmächtigter vor dem Landgericht Berlin tätig geworden wäre. Wäre die
Beklagte aber im Rahmen der Verkehrsanwaltsvergütung mit der 10/10-Gebühr
(nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer) auch bei Erhebung der Kla-ge vor
dem Landgericht Bonn belastet gewesen, haben sich für sie keine Mehrkosten
dadurch ergeben, daß die Gebühr auch durch die Tätig-keit ihres B. Anwalts als
Prozeßbevollmächtig-ter erwachsen ist. Damit gehört die 10/10-Ge-bühr (nebst
Auslagenpauschale und Mehrwert-steuer) zu den Kosten des Rechtsstreits, die der
Kostenquotelung unterliegen.
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Die Korrespondenzgebühr (nebst Auslagenpau-schale und Mehrwertsteuer) gehört in
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vollem Umfang zu den notwendigen Kosten des Rechts-streits im Sinne von § 91.
Dazu kann auf die zutreffenden, insoweit auch nicht von der Klä-gerin angegriffenen
Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen werden.
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Da die im angefochtenen Beschluß in vollem Umfang gegen die Klägerin
festgesetzte, dem B. Anwalt der Beklagten erwachsene 10/10-Gebühr nebst
Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer im Gesamtbetrag von 3.054,06 DM nur zu
2/3, also in Höhe von 2.036,04 DM von der Klägerin zu tragen ist, ist der im
angefochtenen Beschluß mit 5.506,96 DM bezifferte Gesamterstattungs-betrag um
1.018,02 DM auf 4.488,94 DM herabzu-setzen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
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Streitwert für das Erinneruns- und Beschwerde-verfahren: 1.018,02 DM.
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