Urteil des OLG Köln vom 09.03.1992

OLG Köln (kaufvertrag, vertreter, stadt, verkäufer, erwerber, beurkundung, wert, grundstück, höhe, käufer)

Oberlandesgericht Köln, 10 U 25/91
Datum:
09.03.1992
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
10. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 U 25/91
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 7 O 141/91
Schlagworte:
Makler Verkäufer
Normen:
BGB § 652
Leitsätze:
Ein Makler kann vom Verkäufer eines in Wohnungseigentumseinheiten
aufzuteilenden Altbaugrundstücks keine Provision verlangen, wenn der
Verkäufer im Kaufvertrag die Gewähr für die nach § 7 Abs. 4 WEG
erforderliche Abgeschlossenheitsbescheinigung übernommen hat und
sich herausstellt, daß es zur Erteilung der Bescheinigung
unvorhergesehener, mit beträchtlichen Kosten verbundener
Baumaßnahmen bedarf.
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn
vom 10. September 1991 - 7 O 141/91 - aufgehoben und die Klage
abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil
ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung des Beklagten hat Erfolg.
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Die Klägerin kann weder aus eigenem noch aus abge- tretenem Recht ihres Mitarbeiters
W. für die Ver- mittlung des Verkaufs des Hausgrundstückes L. 8 in S. vom Beklagten
Zahlung einer Maklerprovision ver- langen.
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1) Der Beklagte hatte die Klägerin oder den Zeugen W. - der Streit über den
Vertragspartner kann wegen der Abtretung des vermeintlichen Provisions- anspruches
dahinstehen - beauftragt, den Verkauf des Grundstückes in die Wege zu leiten. Als Kauf-
interessent meldete sich die Firma D. I. GmbH, die das Objekt ihrem Schreiben vom 14.
Dezember 1989 zufolge ggf. gemeinsam mit einem ihrer Mitarbeiter erwerben wollte.
Später teilte die Käuferseite dem Zeugen W. mit, daß das Hausgrundstück nach ihren
Vorstellungen zunächst vom Beklagten in vier Woh- nungseigentumseinheiten aufgeteilt
und diese sodann an vier Erwerber, darunter die Firma D. und ihr Ge- schäftsführer,
veräußert werden sollten. Von dieser geänderten Planung erhielten die
Vorstandsmitglie- der des Beklagten erst am 19. Dezember 1989, dem Termin zur
Beurkundung des Kaufvertrages, Kenntnis. Nach Darstellung der Klägerin erklärte der
Käufer D. in Anwesenheit des Zeugen W., die Einholung der nach § 7 Abs. 4 WEG
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erforderlichen Abgeschlos- senheitsbescheinigung werde nach Mitteilung der Stadt S.
keine Schwierigkeiten bereiten; es könnten allenfalls - so der unwidersprochene Vortrag
des Beklagten - Mehrkosten in Höhe von 10.000,-- DM entstehen. Daraufhin wurde
zunächst die Teilungser- klärung des Beklagten und sodann der Kaufvertrag (Preis:
570.000,-- DM) beurkundet, worin der Be- klagte die Gewähr übernahm, daß sämtliche
baulichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung der
Abgeschlossenheitsbescheinigung vorliegen bzw. von ihm geschaffen würden. Später
stellte sich heraus, daß das im Jahre 1907 erbaute Haus nach Auffassung der
Verwaltungsbehörde insbesondere den Vorschriften über Wärme-, Schall- und
Feuerschutz bei weitem nicht genügte. Nach einer Kostenauf- stellung des Architekten
W. vom 28. März 1990 (Anlage 27) war neben den bereits in Auftrag gegebenen
Arbeiten zum Preise von rd. 25.000,-- DM (Anlagen 24 und 25) ein weiterer
Baukostenaufwand von ca. 86.000,-- DM erforderlich, um die Mindest- voraussetzungen
für die Abgeschlossenheitsbeschei- nigung zu erfüllen. Der Beklagte kam daraufhin mit
den Erwerbern überein, den Kaufvertrag aufzuheben, wobei er sich zur Zahlung von
Abstandssummen von mehr als 200.000,-- DM verpflichtete. Er hat das Grundstück
inzwischen ungeteilt an Dritte ver- äußert.
2 a) Der Beklagte hält die Provisionsforderung der Klägerin von 19.494,-- DM für
verwirkt und rech- net hilfsweise mit einem Schadenersatzanspruch in dieser Höhe mit
der Begründung auf, der Zeuge W. habe ihn gemeinsam mit den Erstkäufern völlig
unzu- reichend über die wirtschaftlichen Folgen der über- raschend geänderten
Modalitäten des Verkaufs infor- miert.
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Das Landgericht hat diesen Einwand als nicht durch- greifend erachtet. Auch der Senat
hat Bedenken, der Klägerin eine schuldhafte Aufklärungspflichtverlet- zung anzulasten.
Zwar trifft den Makler eine Hin- weispflicht, wenn die Bedeutung, die der betreffen- de
Umstand für den Entschluß des Auftraggebers hat, erkennbar und der Auftraggeber
gerade hinsichtlich dieses Umstandes offenbar belehrungsbedürftig ist (vgl. BGH WM
1978, 1069; NJW 1981, 2685). Hier drängte es sich bei rückschauender Betrachtung ge-
radezu auf, die von der neuen Vertragskonstellation ersichtlich überraschten
Vorstandsmitglieder des Beklagten über die mit der Aufteilung in Wohnung- seigentum
verbundenen wirtschaftlichen Risiken zu informieren. Es erscheint jedoch zweifelhaft,
ob der mit den Verhältnissen in S. nicht vertraute Zeuge W. schon bei Beurkundung des
Kaufvertrages über genügend Sachkunde verfügen mußte, um die spä- ter zu Tage
getretenen erheblichen Schwierigkeiten einkalkulieren zu können. Denn die
Kommunen, insbe- sondere auch die Stadt S., sind erst in jüngster Zeit mehr und mehr
dazu übergegangen, die Umwand- lung von Altbauwohnungen in Wohnungseigentum
durch Restriktionen bei Erteilung der Abgeschlossenheits- bescheinigungen
beträchtlich zu erschweren (vgl. S.er Nachrichten vom 11. April 1990; Frankfurter
Allgemeine Zeitung vom 24. Januar 1992).
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Die Frage der Verletzung von Aufklärungspflichten der Klägerin bedarf indes keiner
weiteren Vertie- fung. Ihr steht der geltend gemachte Provisionsan- spruch nämlich
jedenfalls deshalb nicht zu, weil sie die vertragsgemäß geschuldete Leistung nicht
erbracht hat. Es fehlt, worauf der Senat in der Berufungsverhandlung hingewiesen hat,
an der wirt- schaftlichen Gleichwertigkeit des nach dem Makler- vertrag angestrebten
und des vermittelten Kaufver- trages.
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Ursprünglich hatte der Beklagte die Klägerin bzw. den Zeugen W. beauftragt, den
Verkauf des ungeteil- ten Hausgrundstückes an einen oder mehrere Erwerber zu
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vermitteln. Bei den abschließenden Verhandlungen mit den Käufern willigten die
Vertreter des Beklag- ten darin ein, das Grundstück zunächst in Wohnungs- eigentum
aufzuteilen und dieses zu veräußern. Da sie bei ihrer Entscheidung den Zeugen W. zu
Rate zogen, kann davon ausgegangen werden, daß sie auch die Vermittlung der
nunmehr vorgesehenen Transak- tion als vertragsgemäße Maklerleistung ansahen und
der Maklervertrag stillschweigend hierauf erstreckt worden ist. Die Vertreter des
Beklagten legten al- lerdings ersichtlich Wert darauf, daß sich die mit der Übernahme
der Teilungsgarantie verbundenen Auf- wendungen in Grenzen hielten. Sie gingen erst
auf die Wünsche der Käuferseite ein, nachdem der Käufer D. unstreitig erklärt hatte, die
Beschaffung der Abgeschlossenheitsbescheinigung werde keine Schwie- rigkeiten
bereiten, die Mehrkosten seien allenfalls bei 10.000,-- DM anzusetzen.
Dementsprechend stand die Abänderung des Maklervertrages auch aus ver- ständiger
Sicht des Zeugen W. unter dem Vorbehalt, daß die geänderten Modalitäten des
Hauptvertrages für den Beklagten keine größeren Risiken mit sich brachten.
Der sodann beurkundete Kaufvertrag ist zwar mit dem Inhalt zustandegekommen, der
nach dem modifi- zierten Maklervertrag vorgesehen war. Hierauf kommt es jedoch für
die Frage der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit nicht entscheidend an. Maßgebend ist
vielmehr der Vergleich zwischen dem von den Parteien des Maklervertrages
angestrebten und dem mit dem Hauptvertrag erreichten wirtschaftlichen Ergebnis, wobei
unbedeutende Abweichungen außer Betracht bleiben (vgl. BGH WM 1984, 342; NJW
1989, 1486). Die Auswirkungen des Kaufvertrages stellten sich indessen gegenüber
den in dem Beurkundungster- min zu Tage getretenen beiderseitigen Vorstellungen
grundlegend anders dar. Die mehr oder weniger als Formalität hingestellte Beibringung
der Abge- schlossenheitsbescheinigung stieß nach einer Grund- stücksbesichtigung
durch Vertreter des zuständigen Bauamtes auf erhebliche Schwierigkeiten. Die Stadt S.
erteilte Auflagen, die den an einer reibungs- losen Vertragsabwicklung interessierten
Beklagten gleichsam in die Rolle eines Bauherrn drängten. Es mußte ein
Sachverständigengutachten zum Wärme-, Feuer- und Schallschutz eingeholt und ein
Architekt beauftragt werden. Nach dessen Berechnungen war ein Baukostenaufwand
von mehr als 110.000,-- DM erforderlich, um nur die Mindestanforderungen für die
Abgeschlossenheitsbescheinigung erfüllen zu können. Allein dieser Betrag entsprach
ca. 20 % des vereinbarten Kaufpreises und wich um mehr als 100.000,-- DM von den
Vorstellungen der Parteien ab, ohne daß mit diesem finanziellen Einsatz die Aufteilung
des Grundstückes als gesichert erschei- nen konnte. Bei dieser Sachlage, die den
Beklagten schließlich zur Rückabwicklung des Kaufvertrages veranlaßte, kann ohne
Zweifel nicht davon gespro- chen werden, daß er das Vertragsziel erreicht hat, für
dessen Vermittlung er eine Maklerprovision ver- sprochen hat. Die Klage erweist sich
daher als un- begründet.
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Berufungsstreitwert und Wert der Beschwer der Klä- gerin: 19.494,-- DM.
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