Urteil des OLG Köln vom 09.12.2010

OLG Köln (kausalität, ergebnis, kenntnis, beweiserhebung, beweisaufnahme, staatsanwaltschaft, verwaltung, gebäude, auftrag, schaden)

Oberlandesgericht Köln, 18 U 60/10
Datum:
09.12.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
18. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
18 U 60/10
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 5 O 300/09
Tenor:
I. Unter Berücksichtigung insbesondere auch des ergänzenden
Vorbringens der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 3. Dezember 2010
weist der Senat auf Folgendes hin:
1.
Erwägungen der Beklagten kann nicht ohne weiteres festgestellt werden, dass eine
Haftung mangels einer für den Schaden ursächlichen, schuldhaften Pflichtverletzung
ausscheidet. Denn die Beklagte hat eingeräumt, dass ihr zum einen die Ergebnisse
einer am 5. Februar 2009 vom Amt für Liegenschaften, Vermessung und Kataster (23)
im privatrechtlichen Auftrag der L. durchgeführten Höhenmessung, zum anderen die
Ergebnisse einer am 26. Januar 2009 im Auftrag der B. von einer Bauunternehmung
durchgeführten Höhenmessung am 17. Februar 2009 zwecks Plausibilitätskontrolle
und Abgleichs zur Verfügung gestellt wurden (S. 8 f. des Schriftsatzes vom
29. Oktober 2010).
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Danach kommt es zum einen darauf an, ob die bei dem Abgleich für die Zeit vom
26. Januar bis zum 5. Februar 2009 ermittelten, unterschiedlichen
Gebäudebewegungen von 0,8 mm an der Vorderseite und 5,2 mm an der Rückseite
auch wegen des zunächst nicht näher eingrenzbaren Bewegungszeitraums und der
deshalb unklaren Geschwindigkeit der Gebäudebewegungen jedenfalls aus Sicht der
mit dem Abgleich der Messergebnisse betrauten Mitarbeiter des Amtes 23 eine
unverzügliche Weiterleitung der teilweise selbst erhobenen Daten sowie der
Ergebnisse des Abgleichs insbesondere auch an die für die Verwaltung des
Gebäudes des Stadtarchivs zuständige Stelle, also etwa an die Gebäudewirtschaft
der Beklagten, nahelegten oder gar geboten. Zur Beantwortung dieser Frage bedarf
es insofern besonderer Sachkunde, als eine Weiterleitung etwa dann nahelag, wenn
die festgestellten Bewegungen erkennbar Auswirkungen auf die Standsicherheit des
Gebäudes des Stadtarchivs haben konnten. Der Senat vermag diese Frage einerseits
aus eigener Sachkunde nicht zu beantworten, hält es andererseits aber nicht für
fernliegend, Erkenntnisse über Gebäudebewegungen jedenfalls dann an die für die
Verwaltung der betroffenen Gebäude zuständigen Stellen weiterzugeben, wenn die
Erkenntnisse entweder auf Gefahren hinweisen oder auch nur unklar sind.
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Zum anderen kann von ausschlaggebender Bedeutung sein, ob die
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Gebäudewirtschaft der Beklagten in Kenntnis der aufgetretenen Gebäudeschäden
und mit Rücksicht auf die hier vorhandene Sachkunde, Anlass hatte,
Höhenmessungen zu veranlassen und deren Ergebnisse gemeinsam mit den im
Gebäude aufgetretenen Schäden einem geeigneten Gutachter zugänglich zu machen
oder aber mangels solcher Messergebnisse in Kenntnis der unvollständigen
Beurteilungsgrundlage zu vorläufigen Sicherungsmaßnahmen zu greifen. Aus eigener
Sachkunde vermag der Senat nicht zu beurteilen, ob sich die Gebäudewirtschaft der
Beklagten mit Rücksicht auf ihre Sachkunde trotz fehlender Höhenmessungen mit
dem Ergebnis des eingeholten Gutachtens zufriedengeben durfte.
2.
schadenursächlichen Einsturz des Gebäudes des Stadtarchivs nicht geklärt ist, kommt
eine Klageabweisung, wie sie das Landgericht befürwortet hat, derzeit nicht in
Betracht. Vielmehr bedarf es in verschiedener Hinsicht der Beweiserhebung, nämlich
zum einen zur Frage der Kausalität, zum anderen im Hinblick auf die
Pflichtverletzungen.
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Wie bereits anlässlich der mündlichen Verhandlung erörtert beabsichtigt der Senat
auch mit Rücksicht auf die im Zuge der Beweiserhebung entstehenden, ganz
erheblichen Kosten, zunächst das Ergebnis der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft
zur Frage der Kausalität abzuwarten und das Verfahren bis zum Abschluss derselben
auszusetzen. Selbst wenn das Beweisergebnis danach im Sinne der Kläger ausfiele,
bedürfte es indessen der Fortsetzung der Beweisaufnahme durch Einholung eines
Sachverständigengutachtens zu den vorgenannten Fragen in Zusammenhang mit
einer eventuellen Pflichtverletzung der Beklagten. Ferner wäre gegebenenfalls zu
klären, welche Maßnahmen die Beklagte bzw. die bei ihr zuständigen Stellen bei
pflichtgemäßem Verhalten hätten ergreifen müssen und ob diese den Schaden
abgewendet hätten.
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II.
Staatsanwaltschaft Köln zum Aktenzeichen 83 UJs 36/09 laufende Beweisaufnahme
und bis zur Fertigstellung des entsprechenden Sachverständigengutachtens ausgesetzt.
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