Urteil des OLG Köln vom 20.02.2001

OLG Köln: grundbuchamt, auflage, verweigerung, weisung, kaufvertrag, disposition, rücknahme, vollzug, bindungswirkung, verfügung

Oberlandesgericht Köln, 2 Wx 1/01
Datum:
20.02.2001
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Wx 1/01
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 4 T 493/00
Tenor:
Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 7. Dezember
2000 wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom
14. November 2000 - 4 T 493/00 - aufgehoben.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 14. August 2000 gegen die
mit Bescheid vom 9. August 2000 erklärte Weigerung des Urkundsnotars
Dr. J. , den beim Grundbuchamt des Amtsgerichts Bonn gestellten
Antrag auf Eigentumsumschreibung (UR.-Nr. ..../.... ) zurückzunehmen,
wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Erstbeschwerdeverfahrens trägt der Beteiligte zu 1).
G r ü n d e
1
I.
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Mit dem im Beschlusseingang benannten notariellen Kaufvertrag verkaufte der
Beteiligte zu 2) dem Beteiligten zu 1) eine in Bonn-Ippendorf gelegene
Eigentumswohnung, deren genaue Bezeichnung sich aus der in Bezug genommenen
Vertragsurkunde UR.-Nr. ..../.... ergibt. Die Auflassungserklärungen der Vertragsparteien
wurden im notariellen Kaufvertrag mitbeurkundet. Der als Festpreis vereinbarte
Gesamtkaufpreis von 177.688,00 DM für Wohnung (155.688,00 DM) und Kfz.-Stellplatz
(22.000,00 DM) sollte in Teilbeträgen von 96,5 % = 171.468,92 DM und von 3, 5 % =
6.219, 08 DM (bei bestätigter Bezugsfertigstellung des Kaufobjekts) gezahlt werden.
Unter III 5. des notariellen Kaufvertrags haben die Vertragsparteien den Urkundsnotar
angewiesen, die Umschreibung im Grundbuch erst zu veranlassen, wenn ihm
die Zahlung des gesamten Kaufpreises nachgewiesen bzw. der gesamte
Kaufpreis hinterlegt ist."
nur einen Teilbetrag von 161.568,92 DM. Den Restbetrag behält er bis heute wegen
angeblich ausstehender Fertigstellung der Kellergarage und der Außenanlagen sowie
wegen notwendiger Mängelbeseitigung ein; insoweit sind zwischen den Beteiligten
Rechtsstreitigkeiten über Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche anhängig.
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Auf Weisung des Beteiligten zu 2) stellte der Urkundsnotar beim Grundbuchamt den
Eigentumsumschreibungsantrag und teilte dies dem Beteiligten zu 1) durch Schreiben
vom 19. 7. 2000 mit. Der Beteiligte zu 1) verlangte vom Urkundsnotar unter Hinweis auf
die von beiden Vertragsparteien im notariellen Kaufvertrag getroffene
Umschreibungsanweisung die Zurücknahme des eingereichten Eintragungsantrags.
Dies lehnte der Notar mit Bescheid vom 9. August 2000 ab.
Gegen diese Verweigerung der Antragsrücknahme durch den Urkundsnotar hat der
Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 14. August 2000 Beschwerde zum Landgericht Bonn
eingelegt. Er ist der Auffassung, der Notar hätte nach Maßgabe der im Interesse beider
Vertragsparteien vereinbarten Umschreibungsklausel den Eintragungsantrag beim
Grundbuchamt erst nach vollständiger Kaufpreiszahlung stellen dürfen. Die auf
einseitige Weisung des Beteiligten zu 2) vorgenommene Antragstellung verstoße gegen
seine rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen, weil sie ihm einerseits das einzige
effektive Druckmittel zur Durchsetzung seiner Ansprüche auf mangelfreien Abschluss
der Restarbeiten am Kaufobjekt nehme und ihn andererseits durch Einbeziehung in die
WEG-Regelungen mit überteuerten Verwaltungskostenbeiträgen belaste.
Demgegenüber ist der Beteiligte zu 2) der Ansicht, die vertragliche
Umschreibungsklausel sichere allein sein - des Verkäufers - Interesse an der
vollständigen Kaufpreiszahlung vor Eigentumswechsel; auf die Einhaltung dieses zu
seiner Disposition stehenden Umschreibungsvorbehalts könne er selbst verzichten. Er
habe deshalb die Vollzugsreife des Kaufvertrags durch die Aufforderung an den
Urkundsnotar zur Antragstellung herbeiführen können. Insoweit sei die - dem einseitigen
Sicherungsinteresse des Verkäufers dienende - Beachtung der Umschreibungssperre
als Vollzugsauftrag von wechselseitigen Treuhandaufträgen an den Urkundsnotar zu
unterscheiden.
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Das Landgericht ist der Auffassung des Beteiligten zu 1) zur Auslegung und Wirkung
der Umschreibungsklausel gefolgt und hat - der Beschwerde stattgebend - den
Urkundsnotar mit Beschluss vom 14. November 2000 angewiesen, den beim
Grundbuchamt mit Schriftsatz vom 19. 7. 2000 gestellten Antrag auf
Eigentumsumschreibung zurückzunehmen.
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Gegen diesen Beschluss, auf dessen Inhalt verwiesen wird, richtet sich die mit
Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 7. Dezember 2000 eingelegte
weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2).
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II.
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Die weitere Beschwerde ist gemäß §§ 15 Abs. 2 Satz 2 BNotO; 27, 29 FGG als
Rechtsbeschwerde zulässig und hat auch in der Sache Erfolg, weil die angefochtene
Beschwerdeentscheidung des Landgerichts auf einer Gesetzesverletzung beruht (§§
550, 551 ZPO).
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Das Landgericht hat schon zu Unrecht die Zulässigkeit der Erstbeschwerde gemäß § 15
Abs. 2 BNotO gegen die Weigerung der Antragsrücknahme durch den Urkundsnotar
bejaht. Entgegen der Ansicht der Beschwerdezivilkammer kann mit der Beschwerde
nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BNotO nur die
Verweigerung
Tätigkeit des Notars angegriffen,
nicht
vorgenommenen Amtstätigkeit begehrt werden. Der Senat folgt der in vergleichbaren
Fällen einer Antragsrücknahme vertretenen Auffassung des OLG Schleswig (Vgl.
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Fällen einer Antragsrücknahme vertretenen Auffassung des OLG Schleswig (Vgl.
FGPrax 1999, 192, 193) und des Kammergerichts (Vgl. FGPrax 2000, 250, 251).
Danach ist zwar die Beschwerde wegen Amtsverweigerung des Notars sowohl bei
Urkundstätigkeit (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BNotO) als auch bei sonstiger Tätigkeit -
insbesondere bei Betreuungstätigkeiten gemäß den §§ 23, 24 BNotO - statthaft. Dies gilt
jedoch schon nach dem Gesetzeswortlaut nur für die Verweigerung einer noch nicht
ausgeübten Notartätigkeit. Hier hat der Notar aber bereits in Vollzug des
Veräußerungsvertrags die Vertragsurkunde beim Grundbuchamt eingereicht (§ 53
BeurkG) und den Eintragungsantrag gemäß § 15 GBO gestellt. Er hat damit seine
Urkundstätigkeit und die zugehörige Vollzugstätigkeit erfüllt. Zu einer Rücknahme
dieser vollzogenen Antragstellung ist der Urkundsnotar zwar nach § 24 Abs. 3 BNotO
grundsätzlich ermächtigt, sie ist indes mit dem Rechtsmittel der Beschwerde nach § 15
BNotO nicht erzwingbar - jedenfalls dann nicht, wenn keine übereinstimmende Weisung
aller Vertragsparteien zur Antragsrücknahme vorliegt (Vgl. KG a. a. O. S. 251; auch:
Schippel/Reithmann, BNotO, 7. Auflage, § 15 Rn. 78; Arndt/Sandkühler, BNotO, 4.
Auflage, § 15 Rn. 89). Dies gilt insbesondere mit Rücksicht auf die durch den
Antragseingang beim Grundbuchamt ausgelösten verfahrensrechtlichen und
materiellrechtlichen Wirkungen - etwa die Rangwirkung gemäß den §§ 17, 45 GBO oder
die Bindungswirkung gemäß den §§ 873 Abs. 2, 878 BGB (Vgl. OLG Schleswig a. a. O.
S. 193; Eylmann/Vaasen/Frenz, BNotO und BeurkG, § 15 BNotO Rn. 34).
Da somit die Erstbeschwerde des Beteiligten zu 1) gegen die vom Urkundsnotar
verweigerte Antragsrücknahme gemäß § 15 BNotO schon nicht zulässig war, kann die
auch von der Beschwerdekammer im Rahmen der Begründetheit des Rechtsmittels
problematisierte Frage dahinstehen, ob die notarvertragliche Umschreibungsklausel
dem rechtlichen und wirtschaftlichen Interesse beider Vertragsparteien dient und damit -
wie die Kammer in Übereinstimmung mit der Auffassung des Erstbeschwerdeführers
meint - nicht zur einseitigen Disposition des Veräußerers steht.
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Letztlich sind die zwischen den Vertragsparteien streitigen - und bereits rechtshängigen
- Erfüllungs-, Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche im ordentlichen
Prozesswege zu klären. Gegebenenfalls könnte der Beteiligte zu 1) den weiteren
Vollzug des notariellen Kaufvertrages durch ein im Wege der einstweiligen Verfügung
gemäß § 938 Abs. 2 ZPO gegen den Beteiligten zu 2) als Antragsgegner zu
erwirkendes Veräußerungs- oder Verfügungsverbot verhindern (Vgl. Zöller/Vollkommer,
ZPO, 22. Auflage, § 938 Rn. 12, 13; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 22. Auflage, § 938
Rn. 8; Zum umgekehrten Fall eines Erwerbsverbots : Vgl. Senat, OLGZ 1990, 397 ff,
401).
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Die Kostenentscheidung bezüglich des Erstbeschwerdeverfahrens folgt aus § 15 Abs. 2
Satz 2 BNotO in Verbindung mit § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.
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Hinsichtlich der Kosten und Auslagen des Verfahrens der weiteren Beschwerde war
eine Kostenentscheidung aus Billigkeitsgründen gemäß § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG nicht
veranlasst.
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Beschwerdewert: 5.000,00 DM (wie Landgericht)
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