Urteil des OLG Köln vom 15.10.2001

OLG Köln: zwangsversteigerung, mietvertrag, vernehmung von zeugen, ersteher, kaufpreis, positive vertragsverletzung, vermieter, zahnarztpraxis, vergleich, kaufvertrag

Oberlandesgericht Köln, 13 U 94/99
Datum:
15.10.2001
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
13. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 U 94/99
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 12 O 388/95
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts A. vom
20. April 1999 - 12 O 388/95 - im Zinsausspruch auf 4% Zinsen seit dem
25.09.1995 abgeändert. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten
zurückgewiesen. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten
der Berufung zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die
Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
von 450.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit
in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheiten dürfen auch durch
selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürge
zugelassenen Kreditinstituts gestellt werden.
T a t b e s t a n d
1
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines
Mietvertrages in Anspruch, den ihr am 30.11.1993 verstorbener Ehemann, Herr S.,
dessen Alleinerbin die Klägerin ist, im Jahre 1985 zum Betrieb seiner Zahnarztpraxis im
Erdgeschoss des Hauses V. in A. mit den Beklagten und deren Mitgesellschaftern, den
Herren E. und O., als Vermietergemeinschaft abgeschlossen hatte (Bl. 10 ff./95 ff. GA).
Da die Vermietergemeinschaft ihren Verbindlichkeiten aus der Finanzierung des
Objekts V. nicht nachkam, kündigte die C.. mit Schreiben vom 06.10.1992 das Darlehen.
Auf Antrag dieser Darlehens- und Grundschuldgläubigerin ordnete das Amtsgericht
Aachen mit Beschluss vom 28.12.1992 - 18 K 212/92 - die Zwangsversteigerung der an
Herrn S. vermieteten Teileigentumseinheit an. Im Versteigerungstermin vom 27.08.1993
erhielt der durch den Beklagten zu 1. vertretene Bieter, Herr A., mit einem Höchstgebot
von 510.000,00 DM den Zuschlag und kündigte mit Schreiben vom 08.09.1993 den mit
Herrn S. bestehenden Mietvertrag unter Bezugnahme auf das Sonderkündigungsrecht
nach § 57a ZVG i.V.m. § 565 BGB zum 31.12.1993. Im Rahmen seiner Bemühungen um
einen Verkauf der Zahnarztpraxis, die er aufgrund eines Krebsleidens bereits seit April
1992 nicht mehr kontinuierlich selbst betreute, trat Herr S. auch mit dem Ersteher wegen
eines Kaufs der Teileigentumseinheit oder einer langfristigen Anmietung durch einen
interessierten Praxisnachfolger, Herrn S., in Verbindung. Mit Schreiben vom 27.09.1993
erhielt er von dem Beklagten zu 1. - handelnd für die von Herrn A. mit der Abwicklung
beauftragte C. GmbH, deren Gesellschafter die Beklagten waren - die Antwort, dass dies
nur zu einem Kaufpreis von 750.000,00 DM oder zu einer Miete von 35,00 DM/qm in
Betracht komme. In eigenen Verhandlungen mit dem Beklagten zu 1. als Vertreter von
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Herrn A. gelang es Herrn S. schließlich, einen im Vergleich zu dem gekündigten
Mietvertrag des Herrn S. wesentlich ungünstigeren Mietvertrag auszuhandeln, der am
14.12.1993 unterzeichnet wurde (Bl. 407 ff. GA). Am 15.12.1993 unterzeichnete Herr S.
einen von Rechtsanwalt S. als Vertreter von Herrn S. bereits am 22.11.1993
unterschriftsreif ausgehandelten und entworfenen Kaufvertrag über die Praxis (Bl. 538 ff.
GA) zu einem wie folgt aufgeschlüsselten Kaufpreis:
für die Praxiseinrichtungsgegenstände 180.000,00 DM
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für die Laboreinrichtung 10.000,00 DM
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für Instrumente und Material 30.000,00 DM
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für den ideellen Wert der Praxis 10.000,00 DM
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230.000,00 DM
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Mit Kaufvertrag vom 23.12.1993 erwarben sodann die Beklagten - der Beklagte zu 1.
zugleich handelnd als Bevollmächtigter für Herrn A. als Verkäufer - die
Teileigentumseinheit; sie wurden am 31.05.1994 als neue Eigentümer eingetragen.
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Die Klägerin hat behauptet, die Beklagten hätten bewusst die Zwangsversteigerung der
Teileigentumseinheit herbeigeführt, um über einen Strohmann als Ersteher von dem
Sonderkündigungsrecht gemäß § 57a ZVG Gebrauch zu machen und sich so von dem
mit Herrn S. bestehenden Mietvertrag zu lösen. Die Ausübung des Kündigungsrechts
habe dazu geführt, dass die Praxis anstelle der sonst erzielbaren 635.000,00 DM nur zu
einem um 405.000,00 DM niedrigeren Kaufpreis habe veräußert werden können.
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Die Klägerin hat beantragt,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 405.000,00 DM nebst 7,5%
Zinsen seit dem 21.05.1995 an sie zu verurteilen.
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Die Beklagten haben beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie haben behauptet, zur Zwangsversteigerung sei es gekommen, weil die Fa. M., die
bereits im Jahre 1990 das Objekt V. - darunter auch die Teileigentumseinheit, in der die
Zahnarztpraxis betrieben wurde - gekauft habe, ihren Zahlungspflichten nicht
nachgekommen sei und sie, die Beklagten, aufgrund von Auseinandersetzungen mit
ihren Mitgesellschaftern auch nicht länger bereit gewesen seien, das Darlehen der C..
allein zu bedienen. Die Kündigung des Mietvertrages habe auf den Kaufpreis für die
Zahnarztpraxis keinen Einfluss gehabt; da die Praxis aufgrund des krankheitsbedingten
Ausfalls von Herrn S. bereits zuvor über ein Jahr stillgelegen habe, sei kein ideeller
Wert mehr vorhanden gewesen. Auch der materielle Wert der Praxis sei geringer
gewesen als von dem gerichtlich beauftragten Sachverständigen ermittelt. Im Übrigen
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habe Herr S. einen etwaigen Schaden im Wesentlichen selbst zu vertreten, weil er
durch ein höheres Gebot im Versteigerungstermin - erklärtermaßen hat er durch einen
Dritten bis zum Betrage von 500.000,00 DM mitbieten lassen - oder durch einen
nachträglichen Ankauf der Teileigentumseinheit einen besorgten Mindererlös bei der
Veräußerung der Praxis hätte vermeiden können.
Nach Vernehmung von Zeugen und Einholung eines nach Ergänzung noch mündlich
erläuterten schriftlichen Sachverständigengutachtens hat das Landgericht mit Urteil vom
20.04.1999 der Klage unter Abweisung im Übrigen in Höhe von 319.000,00 DM nebst
7,5% Zinsen seit dem 25.09.1995 stattgegeben. Zur Begründung hat es im
Wesentlichen ausgeführt: Die Schadensersatzpflicht der Beklagten folge aus § 325
Abs.1 BGB, weil ihre Vermieterpflicht, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache für den
gesamten vertraglich vereinbarten Zeitraum zu gewähren, durch eine
Zwangsversteigerung und die Ausübung des Sonderkündigungsrechts des Erstehers
nicht berührt werde. Diese Unmöglichkeit der weiteren Gebrauchsüberlassung hätten
die Beklagten schon auf der Grundlage ihres eigenen Vorbringens zu vertreten. Den
Mieter treffe auch keine Verpflichtung, den kündigungsbedingten Schaden durch eigene
Bemühungen um den Erwerb des Mietobjekts abzuwenden. Bei einem ohne die
drohende Zwangsversteigerung bereits Ende 1992/Anfang 1993 anzunehmenden
Verkauf der Praxis habe nach Maßgabe der bedenkenfreien Bewertungen des
Sachverständigen Dr. H. wahrscheinlich ein Kaufpreis von 549.000,00 DM (281.000,00
DM für den reellen und 268.000,00 DM für den ideellen Wert) erzielt werden können.
Diese Bewertung werde letztlich auch durch die Zeugenaussage des Herrn E. bestätigt,
der hiernach im Frühjahr 1993 bereit gewesen wäre, 500.000,00 bis 600.000,00 DM für
die Praxis zu zahlen, wenn nicht die Unsicherheiten hinsichtlich des Fortbestandes des
Mietvertrages bestanden hätten. Den als Verzugsschaden geltend gemachten Zinssatz
habe die Klägerin durch Vorlage einer Bankbescheinigung ausreichend bewiesen.
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Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung. Sie halten an ihrer
Rechtsauffassung fest, nicht vertreten zu müssen, dass es zur Zwangsversteigerung der
Praxiseinheit gekommen sei, während Herr S. es selbst zu vertreten habe, dass er im
Versteigerungstermin nicht weiter geboten oder auf das Kaufangebot des Erstehers
nicht eingegangen sei. Ferner greifen die Beklagten die Ausführungen des Landgerichts
zur Kausalität und zur Schadenshöhe an. Da als "schädigendes Ereignis" nur die
Zwangsversteigerung mit nachfolgender Kündigung in Betracht komme, sei beim
Vergleich der Vermögenslagen nicht auf einen Verkaufszeitpunkt Dezember 1992,
sondern September 1993 abzustellen. Bis zur Zwangsversteigerung habe Herr S. auch
gar keine ernsthaften Verkaufsabsichten gehabt, weil er geglaubt habe, seine Krankheit
überwinden und die Praxis selbst fortführen zu können. Herr E. sei kein ernsthafter
Kaufinteressent gewesen, weil er sich bereits mit eigener Praxis selbständig gemacht
und als Vertreter von Herrn S. dessen lukrative Privatpatienten schon in seine Praxis
herübergezogen habe. Dass Herr S. als Käufer der Praxis auch nach Unterzeichnung
des Mietvertrages nur 230.000,00 DM zu zahlen bereit gewesen sei, bestätige, dass die
Praxis zur damaligen Zeit unabhängig von der Mietvertragssituation keinen höheren
Wert mehr gehabt habe.
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Hinsichtlich des Zinsausspruchs beanstanden die Beklagten, dass ein den gesetzlichen
Verzugszins übersteigender Zinsschaden der Klägerin schon nicht schlüssig dargelegt,
geschweige denn bewiesen sei.
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Die Beklagten beantragen,
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1. unter teilweiser Abänderung der angegriffenen Entscheidung die Klage insgesamt
abzuweisen,
2. ihnen zu gestatten, eine erforderliche oder zusätzliche Sicherheitsleistung auch
durch Bankbürgschaft zu erbringen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Berufungsvorbringen entgegen.
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Wegen aller Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens in der Berufungsinstanz
wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Der Senat hat nach
Maßgabe des Beschlusses vom 08.11.2000 ergänzend Zeugenbeweis erhoben; wegen
des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschriften vom 30.05.2001 und 29.08.2001
Bezug genommen.
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Die Akten des Zwangsversteigerungsverfahrens 18 K 212/92 AG Aachen waren
Verhandlungsgegenstand.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Berufung der Beklagten bleibt bis auf eine Korrektur im Zinsausspruch nach dem
Beweisergebnis beider Instanzen ohne Erfolg. Soweit das angefochtene Urteil teilweise
auf Verfahrensfehlern beruht, sind diese vom Senat durch ergänzende Beweisaufnahme
behoben worden (§ 540 ZPO).
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1. Die Beklagten sind der Klägerin als Erbin (§ 1922 Abs.1 BGB) des Herrn S. zum
Schadensersatz wegen Nichterfüllung des von ihnen - gemeinsam mit ihren
Mitgesellschaftern - mit dem Erblasser abgeschlossenen Mietvertrages verpflichtet
(§ 325 Abs.1 S.1 BGB), weil sie sich ihre Verpflichtung zur Gebrauchsüberlassung
dadurch unmöglich gemacht haben, dass sie es zur Zwangsversteigerung der
vermieteten Teileigentumseinheit und vorzeitigen Kündigung des Mietvertrages
durch den Ersteher haben kommen lassen; ihr Unvermögen zur weiteren
Gebrauchsüberlassung haben die Beklagten unabhängig von der Frage eines
bewussten Zusammenwirkens mit dem Ersteher zur Ausübung des
Sonderkündigungsrechts nach § 57a ZVG (zur Sittenwidrigkeit eines solchen
Vorgehens vgl. RG, JW 1927, 1407; BGH, ZMR 1979, 349) zu vertreten. Der Senat
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folgt hierzu den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts (§ 543 Abs.1 ZPO)
nach Maßgabe folgender ergänzender Ausführungen:
1. Das Mietverhältnis mit Herrn S. konnte mit einer Kündigungsfrist von 12 Monaten
frühestens zum 01.10.1995 gekündigt werden, jedoch stand dem Mieter ein
fünfmaliges Optionsrecht auf eine Mietvertragsverlängerung um jeweils bis zu fünf
Jahren zu (§ 4). Mit dem Erwerb der Teileigentumseinheit trat der Ersteher zwar in
das Mietverhältnis ein (§ 571 Abs.1 BGB), jedoch mit der Möglichkeit zur
Ausübung des Ausnahmekündigungsrechts nach § 57a ZVG. Da hiernach die
Verpflichtung, das Mietobjekt dem Mieter die ganze vertraglich vereinbarte Zeit zu
gewähren, nicht auf den Erwerber übergeht, bleibt diese Vermieterpflicht von den
§§ 57a ZVG und 571 BGB unberührt, so dass bei Kündigung des
Mietverhältnisses durch den Ersteher und der dadurch für den Vermieter
eintretenden Unmöglichkeit der Erfüllung (nur) der letztere gemäß § 325 BGB
Entschädigung zu leisten hat (RGZ 63, 66, 68; KG, JW 1936, 330; BGH WM 1959,
120 und WM 1960, 1125, 1128).
2. Die Beklagten haben schon dadurch gegen ihre Pflichten aus dem Mietvertrag
verstoßen, dass sie den gemeinsam mit ihren Mitgesellschaftern O. und E.
eingegangenen Darlehensverpflichtungen gegenüber der C.. nicht
nachgekommen sind, mit der Folge der Kündigung dieses Darlehens durch die
grundpfandrechtlich gesicherte Gläubigerin und der Einleitung des
Zwangsversteigerungsverfahrens. Dadurch, dass die Beklagten es zur
Darlehenskündigung und zur Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens
kommen ließen, haben sie bereits eine als positive Vertragsverletzung zu
wertende Gefährdung des Vertragszwecks verursacht. Mit der
Zwangsversteigerung (am 27.08.1993) und der dadurch dem Ersteher eröffneten -
und von ihm mit Schreiben vom 08.09.1993 wahrgenommenen - Möglichkeit zur
Kündigung des langfristigen Mietverhältnisses gemäß § 57a ZVG (i.V.m. § 565
BGB) hat sich diese Gefährdung des Vertragszwecks verwirklicht. Da der
Vermieter mit dem Mietvertrag die Einstandspflicht für die Fortdauer seiner
Leistungsfähigkeit zur Gewährleistung der Gebrauchsüberlassung dem Mieter
gegenüber übernimmt, sind alle Umstände, mit denen die Beklagten ihre
Schuldlosigkeit an der Zwangsversteigerung und der damit zusammenhängenden
Kündigung des Mietverhältnisses darzulegen versuchen, unerheblich (vgl. RG
WarnR 1916, Nr. 101). Im übrigen hat ein Schuldner seine finanzielle
Leistungsunfähigkeit, erst recht seine - sei es auch durch das Verhalten Dritter
motivierte - Leistungsunwilligkeit dem Gläubiger gegenüber stets zu vertreten. Das
gilt im Verhältnis zum Mieter auch für die Nichtzahlung einer Darlehensschuld
durch den Vermieter als Grund für die Zwangsversteigerung des Mietobjekts; der
Mieter kann deshalb nach § 325 BGB Schadensersatz wegen Nichterfüllung vom
bisherigen Vermieter verlangen (RG HRR 1933, 1312; KG JW 1936, 330).
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1. Da die Beklagten bereits mit der von ihnen zu vertretenden Nichtzahlung der
Darlehensschuld den Gang der Dinge ausgelöst haben, der schließlich zur
Kündigung des Mietverhältnisses geführt hat, können sie auch nicht mit Erfolg
geltend machen, dass das "schädigende" Ereignis erst in der
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Zwangsversteigerung der Teileigentumseinheit oder erst in der Kündigung des
Mietvertrages liege. Die Aussichten bei den Bemühungen um den Verkauf der
Zahnarztpraxis sind bereits durch die Einleitung des
Zwangsversteigerungsverfahrens und die damit begründete Ungewissheit über
die Fortdauer des Mietverhältnisses derart verschlechtert worden, dass für den
Vermögensvergleich nicht erst auf den Zeitpunkt der Versteigerung oder der
Kündigung abgestellt werden kann. Mit diesem Zeitpunkt war wenigstens Klarheit
geschaffen, dass und mit wem man wegen eines neuen Mietvertrages zu
verhandeln hatte. Derartige Bemühungen hat Herr S. denn auch alsbald
unternommen (siehe Schreiben des Rechtsanwalts S. vom 21.09.1993, Bl. 133
GA). Der Beklagte zu 1. - handelnd für die von A. mit der Abwicklung beauftragte
C+R Treuhand GmbH - hat diese Bemühungen indessen durch die mit Schreiben
vom 27.09.1993 (Bl. 29 GA) gestellten unrealistischen Forderungen zunächst
vereitelt. Erklärtermaßen hatte der Beklagte zu 1. als Vermögensverwalter von
Herrn A. diesem empfohlen, "allenfalls bis zu einem Betrag von 550.000,-- DM
mitzusteigern" (Bl. 64 GA). Vor diesem Hintergrund erscheint der Einwand der
Beklagten, Herr S. habe zur Schadensminderung über die von ihm gebotenen
500.000,00 DM (genau: 502.000,00 DM) mitsteigern müssen, gekünstelt. Ohnehin
ist ein Mieter nicht gehalten, sein vertraglich begründetes Gebrauchsrecht notfalls
durch Erwerb der Mietsache gegen drohenden, vom Vermieter zu vertretenden
Verlust zu schützen. Herr S. hat dadurch, dass er immerhin bis zu einem Betrag
von 502.000,00 DM mitbieten ließ und anschließend dem Erwerber (sowie dem
Beklagten zu 1.) die Bereitschaft - sei es die eigene oder diejenige des
Praxiskaufinteressenten - signalisierte, für diese Teileigentumseinheit mehr als die
510.000,00 DM zu zahlen, zu denen Herrn A. der Zuschlag erteilt worden war,
bereits mehr getan als ihm unter dem Gesichtspunkt des § 254 BGB zur
Schadensminderung zugemutet werden konnte.
2. Mit dem Hinweis der Berufung auf die Tatsache, dass Herr S. beim Abschluss des
Praxiskaufvertrages (am 15.12.1993) bereits den Anschlussmietvertrag (vom
14.12.1993) "in der Tasche" hatte, lässt sich nicht ausräumen, dass Herr S. ohne
das Zwangsversteigerungsverfahren und die damit verbundene unsichere
Mietsituation die Praxis bereits wesentlich früher und zu einem wesentlich
günstigeren Kaufpreis verkauft hätte. Nach erfolgter Zwangsversteigerung und
Kündigung des Mietvertrages blieb ihm gar keine andere Wahl, als an denjenigen
zu verkaufen, der mit dem Ersteher einen Anschlussmietvertrag erzielen und damit
praktisch auch den Kaufpreis diktieren konnte; denn anderenfalls hätte Herr S.
zum 31.12.1993 räumen und für die Praxis allenfalls noch einen
Zerschlagungswert realisieren können.
3. Die vom Landgericht in erster Linie auf die sachverständigen Wertermittlungen
gestützte Schadensschätzung hält zwar nicht in allen Punkten der Begründung,
jedoch im Ergebnis der Überprüfung stand:
1. Die Zivilkammer hat für ihre Schätzung eines durchschnittlichen Kaufpreises für
die Praxis in Höhe von 549.000,00 DM (281.000,00 DM für den materiellen und
268.000,00 DM für den ideellen Wert) auf einen Erlös abgestellt, den Herr S. bei
einem Ende 1992/Anfang 1993 vorgenommenem Verkauf unter ungefährdet
fortgeltenden Bedingungen des Mietvertrages vom 15.03.1985 erzielt hätte (Seite
11 der Urteilsausfertigung, Bl. 359 GA). Dieser zeitliche Ansatz ist - wie die
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Berufung mit Recht beanstandet - verfrüht. Die Kammer hat sich bei der
Festlegung dieses Zeitpunkts - wie die Ausführungen auf Seite 17 des Urteils
zeigen - auf die Zeugenaussage des Herrn E. gestützt, der bereits im Dezember
1992 mit Herrn S. über einen Kauf der Praxis gesprochen habe und im Frühjahr
1993 bereit gewesen sei, 500.000,00 DM bis 600.000,00 DM für die Praxis zu
bezahlen. Konkrete Verkaufsgespräche mit Herrn E., bei denen die
Größenordnung des Kaufpreises genannt worden ist, sind jedoch erst im Sommer
1993 geführt worden, nachdem sich Herr E. mit Frau H. zu einer
Praxisgemeinschaft zusammengeschlossen hatte. Ob das von Herrn E. erinnerte
Gespräch mit Herrn S. (in dessen Wohnung und im Beisein der Klägerin), bei dem
erstmals davon die Rede war, dass der Mietvertrag über die Praxisräume wegen
einer Zwangsversteigerung des Objekts gefährdet sein könnte, tatsächlich bereits
Ende 1992 stattgefunden hat, erscheint ungewiss, ist aber auch unerheblich, weil
sich jedenfalls weder feststellen lässt, dass Herr S. damals bereits entschlossen
war, seine Praxis zu veräußern, noch, dass Herr E. vorhatte, diese Praxis
zusätzlich zu seiner erst Mitte 1992 eröffneten eigenen Praxis zu übernehmen. Als
zwischen Herrn S. und Herrn E. erstmals das Gespräch auf eine drohende
Zwangsversteigerung des Objekts und den nachteiligen Einfluss einer mit der
Zwangsversteigerung eröffneten Kündigungsmöglichkeit des Mietvertrages und
auf einen etwaigen Praxisverkauf kam, war weder davon die Rede, dass Herr S.
seine Praxis bereits zum Verkauf angeboten habe, noch hatte Herr E. sich bereits
als Interessent ins Gespräch gebracht.
2. Das änderte sich, als Herr E. Frau H., die seit Mai 1993 bei ihm arbeitete, als
Juniorpartnerin in seine Praxis aufnahm (etwa im Juni/Juli 1993). Aufgrund dieser
Partnerschaft ergab sich zum einen Erweiterungsbedarf, weil die Räumlichkeiten
für die Arbeit beider Partner zu beengt waren und es trotz "Timesharing" zu
Engpässen kam. Zum anderen eröffnete sich mit dem Einstieg von Frau H. auch
unschwer die Finanzierung eines solchen Zukaufs, weil Frau H. erklärtermaßen
bereit und in der Lage gewesen wäre, den Übernahmepreis für die Praxis von
Herrn S. in einer Größenordnung von 500.000,00 DM bis 600.000,00 DM
einzubringen. Herr E. hat bereits bei seiner erstinstanzlichen Zeugenvernehmung
versichert, dass die Partnerschaft E./H. die Praxis von Herrn S. gekauft hätte, wenn
der Mietvertrag Bestand gehabt hätte. Auch Frau H. hat bei ihrer erstinstanzlichen
Zeugenvernehmung bestätigt, dass sie gemeinsam mit Herrn E. bereit gewesen
wäre, einen Preis in dieser Größenordnung für die Praxis S. zu zahlen, wenn der
Fortbestand des Mietvertrages gesichert gewesen wäre, und dass allein diese
Unsicherheit sie und Herrn E. gehindert habe, den Vertragsabschluss weiter zu
verfolgen. Die Berufungserwiderung der Klägerin stellt für die
Schadensberechnung ebenfalls maßgeblich auf das Scheitern eines Verkaufs der
Praxis an die Partnerschaft E./H. und damit auf einen Zeitpunkt ab, der bereits
nahe bei der Kündigung des Mietvertrages als - im Sinne der Berufung -
"schädigendem Ereignis" liegt. Tatsache ist, dass bei Herrn E. nach Gründung der
Partnerschaft mit Frau H. besondere Umstände vorlagen, die dazu führten, dass
der ideelle Wert der Praxis S. bei Übernahme durch die Partnerschaft E./H. nicht in
den Wertbereich abgesunken war, den der Sachverständige Dr. H. wegen des
langen Brachliegens der Praxis von mehr als einem Jahr zwischen 107.000,00
DM und 174.000,00 DM (gemittelt 140.500,00 DM) veranschlagt hat. Herr E.
kannte Herrn S. seit längerem, schätzte dessen berufliches Engagement sehr
hoch und strebte ihm nach. Darüber hatte sich die zunächst nur berufliche
Beziehung im Laufe der Jahre auch ins Private hinein verfestigt. Als Herr S. ab
April/Mai 1992 aufgrund seiner schweren Erkrankung nicht in der Lage war, seine
Praxis selbst zu betreuen, hat er die Akutpatienten von Herrn E. behandeln und,
nachdem Herr E. im Juli 1992 seine eigene Praxis eröffnet hatte, an diesen
verweisen lassen. Herr E. hatte von daher bereits einen persönlichen Eindruck
von den Besonderheiten dieser höchst seltenen - nach Angaben des
Sachverständigen im Aachener Raum damals einzigen - Privatzahnarztpraxis
gewonnen. Da Herr E. einen ähnlichen Therapieansatz wie Herr S., der für ihn
eine erklärte Vorbildfunktion hatte, verfolgte und die Zahnarzthelferinnen in voller
Besetzung weiter in der Praxis S. tätig geblieben waren, hätte bei einer
Übernahme durch die Partnerschaft E./H. das - wie von dem Sachverständigen
anhand der wesentlichen Bewertungsmerkmale und der bis zum Jahre 1992 stark
steigenden Umsatzentwicklung näher aufgezeigt - überdurchschnittliche
Entwicklungspotenzial jener Privatzahnarztpraxis ausgeschöpft und mit der
eigenen vorwiegend kassenzahnärztlichen Praxis des Herrn E. sinnvoll ergänzt
werden können. Frau H. hat bei ihrer Zeugenvernehmung vor dem Landgericht ihr
besonderes Interesse an einem Erwerb dieser Praxis ebenfalls mit der günstigen
Möglichkeit zur Übernahme des Patientenstammes wie auch des Praxispersonals,
das den Betrieb während der Erkrankung von Herrn S. aufrechterhalten hatte,
begründet. Es leuchtet daher in der Gesamtschau ohne weiteres ein, dass der
ideelle Wert der Praxis, den der Sachverständige bei einer zeitnahen Übergabe
nach dem Ausfall von Herrn S. im Jahre 1992 im ungünstigsten Fall auf
217.000,00 DM und im günstigsten Fall auf 319.000,00 DM (im Mittel bei
268.000,00 DM) veranschlagt hat, bei einer Übernahme durch die Partnerschaft
E./H. (im Sommer 1993) weitaus weniger unter der Zeitspanne des - was die
eigene zahnärztliche Betreuung angeht - Stillstandes der Praxis gelitten hätte, als
dies bei anderen Interessenten, insbesondere bei Herrn S., der Fall war.
3. Das Ergebnis der in der Berufungsinstanz ergänzten Beweisaufnahme vermochte
dem Senat die hinreichend sichere Überzeugung zu vermitteln, dass ein Verkauf
der Praxis an die Partnerschaft E./H. zu einem Preis in der genannten
Größenordnung maßgeblich daran gescheitert ist, dass infolge der drohenden
Kündigung des Mietvertrages das weitere Schicksal dieser Praxis ungewiss war.
Die von Herrn E. seinerzeit geführten Verkaufsgespräche mit Herrn S. ordnen sich
in einen Zusammenhang ein, der es in hohem Maße naheliegend erscheinen
lässt, dass es zu einem Vertragsabschluss mindestens zu dem vom Landgericht
angenommenen und der Schadensberechnung zugrunde gelegten Kaufpreis
gekommen wäre, wenn der Fortbestand des Mietvertrages gesichert gewesen
wäre. Für Herrn S. wäre Herr E. sowohl in persönlicher wie in fachlicher Hinsicht
ein idealer Nachfolger gewesen. Der Einstieg von Frau H. in dessen Praxis
eröffnete die finanzielle Basis für einen solchen Kauf. Aus den bereits
dargestellten Gründen wäre diese Praxisübernahme der Partnerschaft E./H. mehr
wert gewesen als nach dem gewöhnlichen Verlauf, wie er der Bewertung des
Sachverständigen zugrunde liegt, sonst zu erwarten war. Das Verkaufsinteresse
von Herrn S. und das Kaufinteresse der Partnerschaft E/H. trafen sich daher in
dieser Situation günstig. Herrn E. war auch der bestehende Mietvertrag über die
Praxisräume seinem Inhalt nach genau bekannt. Herr S. hatte Herrn E. diesen
Vertrag bereits im Jahre 1992 überlassen, als dieser anlässlich seiner
Praxisgründung gegenüber seinem Vermieter versuchte, ähnlich günstige
Bedingungen auszuhandeln. Zwar lag der Mietzins im Sommer 1993 nicht mehr
bei den anfänglichen 13,80 DM/qm, sondern war auf der Grundlage der -
genehmigten - Wertsicherungsklausel (§ 17 des Mietvertrages) zunächst 1989 (Bl.
566 GA) und erneut 1991 (Bl. 570 GA) angepasst worden. Selbst unter
Einbeziehung der dritten Erhöhung (mit Wirkung vom 01.01.1993 berechnet und
geltend gemacht gemäß Schreiben des Beklagten zu 1. vom 09.11.1993, Bl. 604
GA) war der Mietzins aber mit dann 15,88 DM/qm noch außerordentlich günstig,
wie der Vergleich mit dem Mietzins verdeutlicht, den Herr E. 1992 für seine
Praxisräume ausgehandelt hatte (um die 19,00 DM/qm) und den Herr S. Ende
1993 mit dem Beklagten zu 1.- als Vertreter von Herrn A. - aushandelte (bis zum
01.07.1996 in halbjährlichen Schritten von 22,50 DM/qm auf 25,00 DM/qm
ansteigend). Gemäß § 5 Nr.5 des Mietvertrages vom 15.03.1985 war der Mieter
berechtigt, zu den Bedingungen des Mietvertrages einen Nachfolger in den
Vertrag aufzunehmen und sodann aus dem bestehenden Vertrag auszuscheiden
(die erforderliche Zustimmung des Vermieters zu der Nachfolgeregelung konnte
hiernach nur aus wichtigem Grunde versagt werden). Unter Berücksichtigung der
Verlängerungsoptionen bestand für den Nachfolger daher die Möglichkeit einer
Restmietdauer von mehr als 20 Jahren. Dass der Wert einer Praxis "extrem" von
den Konditionen des Mietvertrages abhängig ist, hat der Sachverständige in
seinem Ergänzungsgutachten noch einmal ausdrücklich betont (Bl. 276 GA). Es ist
daher unschwer nachzuvollziehen, dass die gesicherte Fortsetzung dieses
Mietvertrages Voraussetzung dafür war, die von Herrn S. genannte
Kaufpreisvorstellung zwischen 500.000,00 DM und 600.000,00 DM zu
akzeptieren. Erklärtermaßen hatte Herr E. gemeinsam mit Frau H. bereits den
Steuerberater konsultiert, um mit ihm das Zahlenwerk für einen Kauf der Praxis S.
durchzurechnen, mit dem Ergebnis, dass beide Partner bereit gewesen wären,
einen entsprechenden Kaufvertrag mit Herrn S. abzuschließen. Angesichts der
überragenden Bedeutung, die eine Fortsetzung des Mietvertrages für diese
Kaufentscheidung darstellte, wird auch verständlich, dass Herr E. und Frau H. vor
einer weiteren Vorbereitung eines solchen Kaufs zunächst einmal abwarteten,
was aus der bevorstehenden Zwangsversteigerung werden würde. Nachdem Herr
S. bei seinen Bemühungen, die Teileigentumseinheit selbst zu ersteigern, keinen
Erfolg gehabt hatte und der Mietvertrag vom Ersteher erwartungsgemäß gekündigt
wurde, war die Praxisübernahme für die Partnerschaft E/H. erklärtermaßen
uninteressant geworden. Mit einem Mietangebot, dass für Herrn E. und Frau H.
akzeptabel hätte sein können, war nicht zu rechnen, wie denn auch der
nachfolgende Verlauf bestätigt. Die abschreckende Wirkung einer
Mietpreisforderung von 35,00 DM/qm (wie im Schreiben vom 27.09.1993, Bl. 29
GA) spricht für sich. Aber auch schon ein Betrag von 22,00 DM/qm, an den sich
Herr E. als - nach Angaben von Herrn S. - vom Ersteher geforderten Mietzins zu
erinnern glaubte, lag erklärtermaßen zu weit über dem bisherigen Mietpreis, um für
die Partnerschaft E/H. noch akzeptabel zu sein. Es erscheint vielmehr nach allem
glaubhaft, dass die Fortsetzung des bestehenden Mietvertrages für sie von so
maßgeblicher Bedeutung war, dass daran der Kauf der Praxis gescheitert ist.
4. Dass der Kaufpreis, auf den sich Herr S. mit der Partnerschaft E/H. geeinigt hätte,
nicht unter einem "Mittelwert" von 549.000,00 gelegen hätte, wird auch von
folgenden, an den Wertermittlungen des Sachverständigen orientierten
Erwägungen erhärtet:
5. Den "reellen" Wert der Praxis hat der Sachverständige Dr. H. mit einer
Schwankungsbreite von +/- 10% auf 281.000,00 DM bemessen. Diesen Mittelwert
hat die Zivilkammer übernommen. Der Berechtigung dieser Werteinschätzung
steht nicht entgegen, dass beim Verkauf der Praxis an Herrn S. tatsächlich nur
230.000,00 DM - davon 10.000,00 DM zur Abgeltung des ideellen Werts - erzielt
worden sind. Der Sachverständige - und ihm folgend die Zivilkammer - sind vom
"Arbeitswert" ausgegangen, d.h. von dem Wert, der investiert werden müsste, um
in den Praxisräumen aufgrund einer entsprechenden Einrichtung arbeiten zu
können (s. Bl. 275 GA: "Dieser Arbeitswert beschreibt einen Funktionsstatus der
technischen Einrichtung der Praxis, ist in gewissen Grenzen zeitunabhängig und
addiert sich mit architektonischem Planungszustand und Restvorrat zum reellen
Preis einer Praxis"). Aus der mündlichen Anhörung des Sachverständigen ergab
sich, dass der Sachverständige aufgrund entsprechender Angaben des Herrn S.
und der "einheitlichen Linie" der Praxiseinrichtung davon ausgegangen ist, dass
die Einrichtung zum Zeitpunkt der Besichtigung (am 30.9.1997) vollständig
derjenigen der Praxisübergabe entsprach (sc. mit Ausnahme der
Verbrauchsmaterialien, deren Übergabewert mit rd. 45.000,00 DM von der
Berufung erklärtermaßen nicht angegriffen wird, Bl. 402 oben GA). Dies ist von
Herrn S. bei seiner zweitinstanzlichen Zeugenvernehmung auch als richtig
bestätigt worden. An der Praxiseinrichtung waren in der Zwischenzeit - bis zur
Besichtigung durch den Gerichtssachverständigen - keine Änderungen
vorgenommen worden; insbesondere waren keine Neuanschaffungen erfolgt. Die
von Herrn S. bei seiner Zeugenvernehmung angeführten Arbeiten aus der Zeit vor
der Praxisbesichtigung durch den Sachverständigen (Verlagerung des
Sozialraumes mit Anschaffung einer kleinen Küchenzeile, Erweiterung und
Umgestaltung des Wartezimmers, Malerarbeiten, neue Beleuchtung der
Praxisräume und weitgehender Austausch des Teppichbodens gegen einen
Linoleumboden) fallen insoweit nicht ins Gewicht. Die von Herrn S. in der
Inventarliste (Bl. 640 ff. GA) angesetzten Zeitwerte für die einzelnen
Praxisgegenstände mögen unter dem Gesichtspunkt des Verkaufswertes sowie
steuerlicher Abschreibungsmöglichkeiten im Hinblick auf das Alter der Einrichtung
(rund 8 Jahre) angemessen gewesen sein. Insoweit wirkte sich für Herrn S.
günstig aus, dass sich der Wert der Praxiseinrichtung, je länger sich die getrennt
zu führenden Kauf- und Mietverhandlungen hinzogen, für den Verkäufer wegen
der bevorstehenden Räumungsverpflichtung immer mehr vom "Arbeitswert" zum
"Zerschlagungswert" hin verschlechterte. Die von Herrn S. bei seiner
Zeugenvernehmung geschilderte Entwicklung der Kaufverhandlungen, die sich
über etwa zwei bis drei Monate hinzogen, bestätigt dies. Danach lagen die
anfänglichen Kaufpreisvorstellungen des Herrn S. - bereits maßgeblich beeinflusst
vom Wegfall des günstigen Mietvertrages und der Abhängigkeit des Kaufpreises
von dem vom Käufer auszuhandelnden neuen Mietvertrag - immerhin noch bei
300.000,00 DM. Auch wenn die Reduzierung des Kaufpreises auf schließlich nur
noch 230.000,00 DM von weiteren Faktoren mitbestimmt worden sein mag (wie
etwa durch den Wegfall der von Herrn S. zunächst in Aussicht genommenen
Mitarbeit des Herrn S.), bleibt festzustellen, dass der "reelle" Wert der Praxis mit
den hierfür im Kaufvertrag vom 15.12.1993 angesetzten 220.000,00 DM
(einschließlich Laboreinrichtung, Instrumente und Materialvorräte) im Vergleich zu
dem vom Sachverständigen mit "zumindest" 50% des Anschaffungswertes
eingeschätzten Arbeitswert der als überdurchschnittlich beurteilten technischen
Einrichtung - auch Herr S. hat bei seiner Zeugenvernehmung bestätigt, "dass die
Praxis S. hochwertig eingerichtet war" - erheblich unterschritten wurde.
6. Den ideellen Wert der Praxis hat der Sachverständige Dr. H. für den Fall eines
zeitnah nach der krankheitsbedingten Einstellung der eigenen zahnärztlichen
Tätigkeit S.s erfolgten Verkaufs der Praxis in 1992 zwischen 217.000,00 DM und
319.000,00 DM angesiedelt (gemittelt 268.000,00 DM), für den Fall eines Verkaufs
in 1993 ("sollte der späte Verkauf nicht durch den unsicheren Mietvertrag verzögert
worden sein, sondern aus anderen Gründen") dagegen nur noch zwischen
107.000,00 DM und 174.000,00 DM (gemittelt 140.500,00 DM). Aus den bereits
unter 4. b) dargelegten Gründen wäre der ideelle Wert der Praxis für die
Partnerschaft E/H. eher am oberen Rande des Rahmens anzusiedeln und der mit
dem Zeitablauf verbundene Rückgang dieses Wertes nur gering zu veranschlagen
gewesen, so dass der vom Landgericht - wenn auch auf der Grundlage eines
früheren Verkaufszeitpunktes - seiner Schadensberechnung zugrunde gelegte
ideelle Wert der Praxis im Ergebnis nicht zu beanstanden ist.
1. Nach alledem führt das Ergebnis der Zeugenvernehmung wie auch der
sachverständigen Ermittlung von materiellem und ideellem Praxiswert in der
Gesamtschau mit hoher Richtigkeitsgewähr zu dem Ergebnis, dass für die Praxis
S. ein Verkaufspreis von jedenfalls 549.000,00 DM - und damit 319.000,00 DM
mehr als schließlich beim Verkauf an Herrn S. - erzielt worden wäre, wenn die
Beklagten es nicht zur Zwangsversteigerung des Mietobjekts und Kündigung des
Mietvertrages durch den Ersteher hätten kommen lassen.
2. Im Zinsausspruch ist das angefochtene Urteil auf den gesetzlichen Verzugszins
(4% gemäß § 288 Abs.1 BGB a.F.) zu korrigieren. Angesichts des von der Klägerin
vorgelegten Zahlungsplans über ein langfristiges, mit 7,5% p.a. zu verzinsendes
Annuitätendarlehen (Bl. 148 ff.) kann gerade nicht davon ausgegangen werden
kann, dass dieses Darlehen ohne den Zahlungsverzug der Beklagten vorzeitig
abgelöst worden wäre. Dann wäre nämlich typischerweise eine
Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen gewesen. Es hätte daher schon näherer
Darlegung bedurft, dass die Klägerin sich ohne eine solche
Vorfälligkeitsentschädigung von dem Darlehensvertrag hätte lösen können oder
den von den Beklagten geschuldeten Schadensersatzbetrag, der ohnehin den
Darlehensbetrag weit übersteigt, unter Inkaufnahme (und Anrechnung) einer
solchen Vorfälligkeitsentschädigung zur Ablösung der Darlehensschuld (in der
damals noch valutierenden Höhe) verwendet hätte. Das ist indessen auch nach
entsprechendem Hinweis in der ersten Berufungsverhandlung nicht geschehen.
3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs.1, 108 Abs.1,
708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Streitwert der Berufung und Beschwer der Beklagten durch dieses Urteil: 319.000,00
DM.
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