Urteil des OLG Köln vom 07.07.2004

OLG Köln: glücksspiel, unternehmer, veranstalter, dienstleistung, anbieter, gegenleistung, veranstaltung, werbung, wette, genehmigung

Oberlandesgericht Köln, 6 W 65/04
Datum:
07.07.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 W 65/04
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 33 O 157/04
Normen:
UWG § 1 a.F.; 4 Nr. 11 n.F.; StGB § 284
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 11.06.2004 (Blatt 168
ff. d.A.) gegen den ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
zurückweisenden Beschluss der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln
vom 24.05.2004 (Blatt 158 ff. d.A.) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
G r ü n d e :
1
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, ohne dass
es entscheidend auf die Antragsfassung, die Dringlichkeit des Verfügungsbegehrens
und namentlich die von der Antragsgegnerin zu Recht problematisierte Frage nach der
Aktivlegitimation der Antragstellerin ankommt. Denn das Verfügungsbegehren ist
jedenfalls in der Sache unbegründet, und zwar deshalb, weil das Sachvorbringen der
Antragstellerin das auf § 1 UWG in Verbindung mit § 284 Abs. 1 und/oder Abs. 4 StGB
gestützte Unterlassungsbegehren nicht trägt. Die im österreichischen Wels
geschäftsansässige Antragstellerin hat nämlich keinen Anspruch darauf, dass die
Antragsgegnerin mit Geschäftssitz in Hamburg es künftig unterlässt, die
Entgegennahme und Weitervermittlung von O.-Wetten in der Weise zu vollziehen, dass
sie die entgegengenommenen Wettaufträge ohne Rücksicht auf den Wohnort des
Kunden bei den Lottogesellschaften in Brandenburg, Hamburg, Niedersachsen,
Schleswig-Holstein und/oder Rheinland-Pfalz durch einen dort geschäftsansässigen
selbstständigen Agenten einreicht.
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Allerdings trifft es im Grundsatz zu, dass der Veranstaltungsbegriff des § 284 StGB weit
auszulegen ist, und dass derjenige, der ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein
Glücksspiel veranstaltet, sich gemäß § 284 Abs. 1 StGB strafbar macht und regelmäßig
zugleich auch wettbewerblich unlauter im Sinne des § 1 UWG handelt. Das entspricht
der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. zuletzt etwa BGH, Urteil
vom 01.04.2004, WRP 2004, 899, 902 "Schöner Wetten" m.w.N.). Deshalb hat der
Senat es einem österreichischen Unternehmen, das über eine entsprechende Erlaubnis
der Salzburger Landesregierung verfügte, verboten, im Bereich des Bundeslandes
Nordrhein-Westfalen ohne Genehmigung nach dem Sportwettengesetz Nordrhein-
Westfalen Sportwetten anzubieten und/oder zu bewerben (Urteil vom 22.10.1999,
veröffentlicht in GRUR 2000, 538 ff., bestätigt durch das in WRP 2002, 688 ff. = NJW
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veröffentlicht in GRUR 2000, 538 ff., bestätigt durch das in WRP 2002, 688 ff. = NJW
2002, 2175 f. = GRUR 2002, 636 f. = WM 2002, 1464 ff. = MDR 2002, 1082 f.
veröffentlichte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.03.2002 "Sportwetten"). Im
Streitfall liegen die Dinge indes anders: Wenn es üblicherweise heißt, ein unerlaubtes
Veranstalten eines Glücksspiels im Sinne des § 284 Abs. 1 StGB liege schon dann vor,
wenn der Abschluss entsprechender Spielverträge angeboten werde (BGH a.a.O.
"Sportwetten"), dann ist allein die jeweilige, über eine entsprechende landesrechtliche
Erlaubnis verfügende Lottogesellschaft Anbieter in diesem Sinne. Veranstalter im Sinne
dieser Vorschrift ist nämlich nur der Unternehmer, der die Spielgelegenheit in
wirtschaftlich und organisatorisch verantwortlicher Weise eröffnet und die
Spielbedingungen bestimmt (vgl. Wohlers in Nomos Komm. zum StGB § 284 Rz 39;
Hoyer in SK - StGB § 284 Rz 28). Nur die Lottogesellschaft eröffnet dem Interessenten
die Gewinnchance. Der von der Antragsgegnerin angebotene Vertrag ist dagegen kein
Vertrag zur Erbringung von Wett- oder Lotteriedienstleistungen. Die Dienstleistung, die
die Antragsgegnerin anbietet, zeichnet sich nicht durch ein spekulatives oder
aleatorisches Element aus und gibt dem jeweiligen Kunden für seine Gegenleistung
gerade keine Gewinnchance, sondern besteht lediglich darin, gegen Entgeltzahlung
den Tipp an eine in einem bestimmten Bundesland ansässige Lottogesellschaft
weiterzuleiten.
Trifft damit die Auffassung der Antragstellerin, die mit dem Verfügungsantrag
angegriffene Vermittlungstätigkeit unterfalle dem Veranstaltungsbegriff des § 284 Abs. 1
StGB, nicht zu, und folgt daraus zugleich, dass entgegen der Auffassung der
Antragstellerin von einer gemäß § 285 StGB strafbaren Beteiligung am unerlaubten
Glücksspiel keine Rede sein kann, liegen im Streitfall auch die tatbestandlichen
Voraussetzungen des § 284 Abs. 4 StGB nicht vor. Dabei kann unterstellt werden, dass
die Antragsgegnerin durch die konkrete Ausgestaltung ihres Angebots in Nordrhein-
Westfalen zugleich für die Teilnahme an der O.-Wette in einem anderen Bundesland
und damit für ein Glücksspiel wirbt. Wettbewerbsrechtlich unlauter unter dem
Gesichtspunkt des Vorsprungs durch Rechtsbruch ist das nicht, weil § 284 Abs. 4 StGB
nur die Werbung für ein von einem Dritten veranstaltetes, aber nicht genehmigtes
Glücksspiel unter Strafe stellt. Die Veranstaltung des Lottospiels ist dem jeweiligen
Konzessionsträger aber in seinem Bundesland erlaubt, und die Antragsgegnerin
bedient sich unwiderlegt (anderes hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht) der
Hilfe eines dort ansässigen selbständigen Agenten, der den Tipp dann einreicht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Beschwerdewert: 50.000,00 EUR
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